"Hier stehen wir"
ARRRUUUHHH!!!
Drogon brüllte laut und kreischte gequält, als das Horn ertönte. Daenerys Targaryen musste sich fest an den Rücken ihres Drachen klammern, um nicht in die Tiefe zu stürzen. Noch nie hatte Drogon so darum kämpfen müssen, in der Luft zu bleiben. Daenerys Ohren wurden taub und sie verlor das Gefühl in den Händen, während Drogon unaufhaltsam Richtung Boden stürzte. „Flieg! Drogon. FLIEG!" schrie Daenerys und versuchte den Sturm zu übertönen, der um sie herum wütete.
Drogon brüllte. Er schlug wild mit den Flügeln, um den Sturz zu verlangsamen, dennoch fiel der gewaltige Drache mehr, als das er flog.
Die Landung war hart und Daenerys glaubte, sie würde sich jeden Knochen brechen, doch Drogon schaffte es, einige Schritte zu laufen, ehe er zusammenbrach, über den gefrorenen Boden schlitterte und gegen die Mauern von Harrenhal prallte.
Der schwarze Drache schüttelte sich und brüllte gequält.
Daenerys versuchte sich auf seinem Rücken aufzurichten. Ihr tat alles weh. Sie versuchte es zu ertragen. Sie mussten weiterfliegen. „Drogon. Drogon,du musst weiterfliegen. Du musst..." versuchte sie ihm zu befehlen, doch das erneute Brüllten eines Drachen lenkte sie ab. Daenerys und Drogon sahen gleichzeitig nach oben. Eines ihrer Kinder landete strauchelnd auf Harrenhals größten Turm. Mit angehaltenem Atem beobachtet Daenerys, wie der Drache sich an den Turm krallte und langsam hochzog. Sein Brüllen war triumphierend.
Drogon erwiderte das Brüllen und Daenerys war erleichtert. Zumindest Zweien ihrer Kinder ging es gut.
Dann zerriss ein weißer Blitz den schwarzen Nachthimmel.
Daenerys gefror das Blut in den Adern. Entsetzt beobachtete sie, wie ihr Drache vom Königsbrandturm fiel und dabei Feuer und Blut verlor. „NEIN!", rief sie laut und war den Tränen nahe. Ihr Drache war tot. Eines ihrer Kinder war tot! Der Schmerz zerriss ihrdas Herz. Dann wurde der Schmerz zu heißer Wut, die ihre Angst verbrannte. Das würde ihr der Nachtkönig bezahlen! „Drogon! Flieg!", befahl sie Drogon.
Drogon knurrte. Seine glühenden Augen blickten in die Nacht, während der Sturm sich den Mauern näherte.
Erst jetzt wurde Daenerys bewusst, in welcher Gefahr sie sich befand. Sie war jenseits der Mauern von Harrenhal. Sie war im Land der Toten. „Drogon. Du musst mich hier weg bringen!" rief sie. Drogon knurrte.
Dann wurde das Kreischen lauter. Und immer lauter. Bis es sogar das Wüten des Windes übertönte.
Daenerys Atem wurde schneller und panisch, doch sie versuchte ihre Angst zu kontrollieren. Für einen Moment fühlte sie sich wie im Dothrakischen Meer, als Drogon sie nicht mehr hatte tragen wollen und sie von Dothraki umzingelt worden war. Auch da hatte sie sich hilflos gefühlt.
Doch jetzt war sie nicht alleine. Sie war Daenerys Targaryen, die Mutter der Drachen und ihr Drache war nun kein Küken mehr. Daenerys richtete sich auf. Sie würde sich nicht geschlagen geben!
„DRACARYS!"
Drogon schien nicht mehr fliegen zu können, doch sein Feuer brannte noch immer heiß. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und badete die Toten in seinem tödlichen Atem.
Die Hitze schlug Daenerys ins Gesicht und vertrieb die Kälte. Drogons Feuer verbrannte Dutzende von Toten, doch Hunderte folgten ihnen.
„Drogon! Flieg!", rief Daenerys erneut. „Bitte!".
Der schwarze Drache spie weiter Feuer, doch die Toten ließen sich nicht aufhalten. Kreischend erreichten sie Daenerys und Drogon.
Das Feuer ließ abrupt nach, als die Wiedergänger sich auf Drogon stürzten. Er begann wild mit den Flügeln und seinem Schwanz zu schlagen, während ihm die Toten mit knochigen Fingern und rostigen Waffen die schwarze Haut aufrissen. Das Brüllen des Feuers wurde von einem schmerzhaften Kreischen ersetzt.
Hitze wallte auf, als das dunkle Blut des Drachen aus einem dutzend Wunden zu fließen begann. Drogon brüllte gequält. Er begann sich immer heftiger herum zu werfen und nach den Toten zu schnappen, die sich an ihm festkrallten.
Daenerys konnte sich nur mit Mühe auf dem Rücken des Drachen halten. Als ihr einer der Stacheln, den sie zum Festhalten nutzte, aus der Hand glitt, verlor sie endgültig das Gleichgewicht. Drogon warf sich hin und her, jaulte und kreischte. Hektisch versuchte Daenerys, den Stachel erneut zu packen, doch es gelang ihr nicht.
Panisch ruderte sie mit den Armen, als sie von Drogons Rücken fiel. Einen Moment lang hing sie beinahe schwerelos in der Luft, während sich ihre Hände öffneten und schlossen, in dem verzweifeltem Versuch, sich an etwas festzuhalten. Dann landete sie mit dem Rücken auf dem kalten Boden.
Der Aufprall schlug ihr die Luft aus den Lungen und sie konnte sich nicht mehr bewegen.
Unfähig sich zu rühren versuchte Daenerys, wieder zu Atem zu kommen. Über ihr brüllte Drogon laut. Erneut verbrannte Feuer die Untoten und die Nacht wurde Taghell. Dann begann Drogon mit den Flügeln zu schlagen. Mit einem schmerzvollem Kreischen erhob er sich in den Nachthimmel und verschmolz mit der Dunkelheit.
„Drogon. Warte. Hilf... Hilf... Mir.", versuchte Daenerys zu rufen, doch sie konnte kaum Atmen und ihre Worte waren kaum mehr als ein ersticktes flüstern. Sie verstand nicht, was passiert war. Drogon hatte sie alleine gelassen. Alleine bei den Wiedergängern. Warum hatte er sie verlassen?
Tote fielen vom Himmel, als ihr Drache die Wiedergänger abschüttelte. Einen kurzen Moment lang blieben sie am Boden liegen, doch dann erhoben sie sich erneut, bereits zum Angriff.
Keuchend schaffte es Daenerys, sich auf den Bauch zu rollen. Sie musste weg von diesem Ort! Die Toten waren da und Drogon hatte sie alleine gelassen. Mühsam streckte sie ihre Hände aus und begann, sich über den gefrorenen Boden zu ziehen. Ihr Atem kam langsam wieder zurück, doch noch immer fiel es ihr schwer, Luft zu bekommen. Ihre Handschuhe rissen auf, während sie versuchte ihre Finger in den harten Boden zu krallen. Ihr Haarknoten hatte sich gelöst und Strähnen ihres silbernen Haares hingen ihr vor dem Gesicht. Mühsam zog sie sich über den Boden. Zentimeter für Zentimeter kämpfte sie sich vor. Der Wind peitsche über sie hinweg und wehte ihr Schnee und Dreck ins Gesicht, sodass sie die Augen zusammen kneifen und heftig blinzeln musste, um in der Dunkelheit überhaupt etwas zu sehen.
Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte ihren Fuß und Daenerys schrie vor Schmerz.
Ein Toter hatte ihr Bein gepackt und kroch nun langsam auf sie zu. Seine blauen Augen glühten, während er seinen Kiefer öffnete und Reihen fauliger Zähne enthüllte.
Daenerys Atem ging flach und schnell, als Panik sie zu überwältigen drohte. „Weg mit dir! Weg mit dir! Drogon!", rief sie. Doch ihr Drache kam nicht. Verzweifelt trat sie nach dem Untoten. Ihre Absätze brachen dem Wiedergänger das Gesicht, doch den Toten interessierter das wenig. Er biss zu und seine Zähne bohrten sich in ihren Fuß. Daenerys schrie vor Schmerz und versuchte weiter zu zu treten, doch es half nichts. Der Tote kam ihr immer näher. Seine Finger zerrissen ihre Kleidung und hinterließen lange Kratzer auf ihren Beinen.
Blind vor Schmerz, tastete Daenerys den Boden ab. Suchte nach Drachenglas. Einem abgebrochenem Pfeil, einem Stein, irgendwas, das sie als Waffe benutzen konnte, doch um sie herum war nur der harte Boden und die Toten.
Plötzlich wurde der Tote von ihr Weggerissen. „Beschützt die Königin!", rief eine alt vertraute Stimme.
Ein Pferd kam neben ihr zum Stehen und starke Hände packten sie. „Haltet euch fest, euer Gnaden. Wir bringen euch hier weg.", sagte Ser Jorah Mormont.
Daenerys wurde auf den Rücken des Pferdes gehoben. Sie klammerte sich an den Hals ihres alten Freundes und weinte vor Dankbarkeit. So nah hatte sie sich noch nie mit dem Tod konfrontiert gesehen.
Ser Jorah gab seinem Pferd die Sporen. Das Pferd galoppierte los. An der Mauer entlang, zu einem der rettenden Tore.
Daenerys hatte sich genug erholt, um einen Blick über Ser Jorahs Schulter zu werfen. Der alte Ritter war nicht ihr einziger Retter. Eine ganze Armee von Reitern hatte sich um sie versammelt und beschützte sie. Es waren vor allem Männer aus ihrem kleinen Khalasar, das sie von Essos mitgebracht hatte, aber auch Ritter der Goldnen Kompanie und aus Westeros hatten sich um sie herum versammelt. Und sogar ein Elefant war vor die Tore geholt worden.
Die Ritter aus Westeros schwangen ihre Schwerter oder mit Drachenglas versehene Speere und Lanzen, während die Dothraki Arakhs hielten und Drachenglaspfeile abschossen. Mehr als einhundert hatten sich versammelt, um sie zu retten. Der Elefant trompetete laut und schlug eine Schneise durch die Horde der Untoten, die den Tross attackierten,
Daenerys Atem zitterte noch immer, doch sie konnte wieder Luft hohlen, während sie sich an den Hals von Ser Jorah klammerte, der sein Schwert schwang, um die Toten auf Abstand zu halten. Daenerys fiel auf, das es kein gewöhnliches Schwert war, sondern das Valyrische Schwert Schwarzfeuer, das eigentlich von Aegon Schwarzfeuer getragen wurde. Doch Daenerys hatte keine Zeit, um über ihren entfernten Verwandten nachzudenken, denn jetzt kamen die Toten.
Laut kreischend stürzten sie sich auf die Reiter.
Ser Jorah wendete sein Pferd. „Haltet euch fest, Khaleesi!", rief er.
Daenerys fühlte sich machtlos, während der Ritter zu einem harten Galopp ansetzte. Sie war die Mutter der Drachen! Sie war Daenerys Targaryen! Sie sollte nicht wie eine hilflose Jungfrau darauf warten, gerettet zu werden! Doch Drogon hatte sie zurückgelassen und sie besaß weder eine Waffe noch ein Pferd, auf dem sie selber hätte reiten können. Sie war auf die Hilfe ihres ältesten Freundes und Verbündeten angewiesen. Und so schlang sie die Arme um Ser Jorah, während sie zurück nach Harrenhal ritten.
Hinter ihr formierten sich die anderen Reiter und hielten die Toten zurück, während anderen ihnen eine Gasse schlugen. Brennende Tote und Skelette lagen um sie herum, erschlagen und vernichtet. Doch auch Tote Pferde und ihre Reiter waren unter den erschllagenen.
Fackeln erhellten das kleine Tor. Hundert Unbefleckte und weitere Soldaten hatten einen Schildwall gebildet und hielten die Toten zurück, während Bogenschützen ihnen von den Zinnen Deckung gaben.
„Macht Platz für die Königin!" rief Ser Jorah.
Die Unbefleckten machten den Weg frei und ließen Ser Jorah und Daenerys hinter Harrenhals schützende Mauern.
„Ich bin bei euch, Khaleesi.", sagte Ser Jorah sanft, während er ihr vom Pferd half.
Als Daenerys Füße den Boden berührten, gaben ihre Beine nach und sie wäre beinahe auf die gefrorene Erde gefallen, doch Ser Jorah fing sie auf.
„Khaleesi," rief er erschrocken. „wir brauchen einen Maester!"
„Es geht schon, Ser Jorah.", versuchte Daenerys ihn zu beschwichtigen.
„Ihr seid die Königin. Wenn ihr sterbt, dann verlieren wir alles," beharrte Ser Jorah. Er beugte sich vor und hob sie hoch. Daenerys wollte sich ihm verweigern, doch sie hatte keine Chance. Der alte Ritter hob sie hoch, als wäre sie nicht schwerer als eine Feder. Als er sie wegtragen wollte, kamen ihnen etliche Reiter entgegen, angeführt von Lord Lancel Lennister.
„Lord Lennister. Was habt ihr vor?", fragte Ser Jorah.
Der junge Lord von Casterlystein hob das Visier seines Löwenhelmes an. „Die Toten haben mit ihrem Sturm auf den Götterhain begonnen. Die Weißen Wanderer schlagen eine Schneise nach der nächsten und wer fällt, steht meistens wieder auf. König Robb und die Hand haben uns befohlen, die Reiterei zu versammeln und einen Ausfall zu machen. König Robb will, dass wir das Gelände vor der Burg von den Toten säubern. Die Wiedergänger sollen in der Burg gefangen werden. Dann können wir sie vielleicht besiegen." Die Härte in dem jungen Gesicht ließ Lancel älter aussehen, als er tatsächlich war.
„Reitet schnell, Lord Lancel. Reitet hart," sagte Ser Jorah zu dem jungen Lord.
Lancel nickte. Dann weiteten sich seine Augen. „Hinter euch!"
Im nächsten Moment lag Daenerys bereits am Boden, während Ser Jorah herumwirbelte, Schwarzfeuer in den Händen. Die dunkle Klinge zerteilte den ersten Toten, der zu einem Haufen Knochen zerfiel. „Ser Lancel! Bringt die Königin in Sicherheit!", befahl Ser Jorah Lord Lancel.
Lancel hatte sein Schwert bereits aus der Scheide gezogen und sprang aus dem Sattel. Er eilte zu Daenerys und wollte ihr aufhelfen, doch mehrere Toten griffen ihn an.
Wütend hieb Lancel nach ihnen, doch er war den Wiedergängern nicht gewachsen. Er rammte einem von ihnen das Schwert in die Brust, was den Toten jedoch nicht aufhielt. Er stürzte weiter und seine langen Knochenfinger zerfetzten Lancel Brustpanzer. Blut sprudelte hervor, das in der Nacht schwarz wirkte. Lancel jaulte vor Schmerzen und ließ das Schwert los. Fahrig tasten seine Finger an seiner Brust herum. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor, während er zusammenbrach. Dann stürzten sich die Toten auf ihn und er wurde zerfetzt.
Daenerys war im Schock erstarrt. Sie konnte sich nicht bewegen und ihre Beine gehorchten ihr nicht mehr. „Jorah!", rief sie.
„Khaleesi!" Ser Jorah war sofort bei ihr. „Könnt ihr aufstehen?", fragte er, während er sich schützend über sie beugte, Schwarzfeuer in der Hand.
„Ich weiß nicht.", keuchte Daenerys.
„Ich stütze euch.", bot Ser Jorah an. Daenerys griff nach seiner Schulter und er zog sie hoch. Sie kam sich vor wie kurz nach ihrer Hochzeit mit Kahl Drogo. Wie damals war der alte Bär eine Stütze und ihr einziger Vertrauter in einer Umgebung aus Feinden und Fremden gewesen, von denen sie viele tot sehen wollten und nur Ser Jorah sie beschützt hatte.
Um sie herum wurden die Kämpfe intensiver. Fußsoldaten bildeten Mauern aus Schilden und Speeren, um die Toten zurück zu halten, während die Ritter versuchten, auf ihren Pferden einen Ausfall zu machen. Doch der Sturm war näher an Harrenhals Mauern gewandert und tobte nun unmittelbar vor den Toren. Wer hinausritt, erfror nach kurzer Zeit.
Daenerys konnte die Wände des Sturmes sehen. Einmal hatte es in Braavos einen Tornado gegeben, der viele Häuser und Paläste zerstört hatte. Dieser Sturm erinnerte sie daran. Nur bestand dieser nicht aus Wind und Wasser, sondern aus Kälte und Eis.
Humpelnd versuchte Ser Jorah Daenerys in Sicherheit zu bringen, doch die gab es in Harrenhall nicht mehr. Die Plätze und Wege waren voller Menschen. Verwundete schrien vor Schmerzen, während alte und neue Tote aufstanden und die noch Lebenden zerfetzten.
Ritter in Rüstung, Dothraki auf Pferden und Unbefleckte in Leder, jeder Kämpfte um sein nacktes Überleben.
Immer wieder musste Ser Jorah Schwarzfeuer zu ihrer Verteidigung schwingen, wenn Wiedergänger auf sie aufmerksam wurden. Und sie waren überall. In den Hallen, den Wehrgängen und auf den Mauern. Sogar von den hohen Türmen fielen sie, nur um gleich wieder aufzustehen und sich auf ihr nächstes Opfer zu stürzen und es in einen Diener der Nacht zu verwandeln.
Als Ser Jorah sein Schwert erneut schwang, war er zu langsam. Obwohl der Tote fiel, konnte er dem Ritter eine Wunde am Bein zuzufügen. Ser Jorah grunzte vor Schmerz und er sackte zusammen.
„Ser Jorah!", rief Daenerys voller Angst.
Jorah atmete schwer, als er sie packte, herumwirbelte und zu Boden stieß. Dabei verdrehte sich Daenerys linkes Bein und sie schrie auf vor Schmerzen und stürze wieder zu Boden. Alles Königliche war von ihr gewichen. Sie war nicht mehr Daenerys Sturmtochter. Sie war nur eine von zehntausenden armen Seelen, die um ihr Leben fürchten musste. Zum ersten Mal seit der Geburt ihrer Kinder fürchtete Daenerys um ihr Leben.
Ser Jorah fing das Schwert, das für Daenerys bestimmt war, mit seinem Körper ab. Er schrie nicht, brüllte nicht, sondern grunzte nur, während er den Angreifer mit Schwarzfeuer erstach. Dann brach er zusammen, stützte sich jedoch auf seine Klinge, bereit es mit weiteren Feinden aufzunehmen.
„Ser Jorah," Daenerys schaffte es mühsam, aufzustehen und ihn an der Schulter zu packen. Der Ritter sah sie an. Seine blauen Augen waren frei von Angst. Er fürchtete sich nicht vor dem Tod. Er nahm ihn bereitwillig in Kauf, um ihr Leben zu beschützen.
Daenerys verstand zum ersten Mal, dass seine Liebe zu ihr tiefer war, als sie es je vermutet hatte.. Er war loyal und treu und es immer schon gewesen. „Ihr müsst das nicht tun.", sagte sie leise. „Ihr müsst nicht für mich sterben."
Der Ritter antwortete, indem er Schwarzfeuer nach dem nächsten Feind schwang. Trotz seiner Wunden stand er auf und kämpfte weiter. „DAENERYS!", rief er und ihr Name wurde sein Schlachtruf in der dunkelsten aller Stunden und gab ihm die Kraft, weiter zu kämpfen. Immer wieder schlug er auf die Toten ein, ließ keinen von ihnen auch nur in ihre Nähe kommen. Immer mehr Tote rannten auf sie zu, doch jetzt trugen sie Wappen und Farbe von Verbündeten. Ser Jorah erschlug zwei Dornische Wiedergänger, doch ein dritter, aus dem Grünen Tal, stieß ihm eine Klinge zwischen die Rippen.
„Nein!", rief Daenerys und schlug dem Toten den Kopf mit einer Drachenglasklinge ab, die sie zwischen den Leichen gefunden hatte. "Jorah!", rief sie und drehte sich zu ihm um. Ser Jorah Mormont drohte zusammen zu brechen. Seine Knie zitterten und Blut ließ an ihm herunter. Um sie herum stapelten sich die Leichen, doch Daenerys hatte nur Augen für Ser Jorah. Selbst als einer ihrer Drachen über die Zinnen kletterte und alles und jeden in rotes Feuer hüllte, war sie bei ihrem ältesten Freund. Schwarzfeuer fiel ihm aus den Händen. Seine Knie gaben nach. Daenerys stürze zu ihm, ungeachtet ihrer verletzten Beine. Sie fing den Ritter auf. Sanft wiegte sie seinen Kopf in ihrem Schoss.
Sein Gesicht, dieses vertraute Gesicht, war voller Dreck und Blut, doch seine Augen leuchteten. „Khaleesi.", sagte er und Blut hing an seinem Mundwinkel.
„Sch. Sch. Sagt nichts. Du müsst nichts sagen. Du wirst bald wieder gesund sein," sagte Daenerys, doch ihre Stimme bebte und zitterte und sie wusste, dass sie log. Seine Verletzungen waren zu schwer, als das er überleben würde.
Nun sah sie zum ersten Mal Angst in Ser Jorah Augen.
„Bitte. Bleibt.... bei mir... Khaleesi."
Daenerys nickte und Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln. „Ich bin bei dir, Jorah."
Ser Jorah wand den Blick nicht von ihr ab. „Ich... ich habe euch... immer geliebt. Was auch immer es gekostet hat... Ich war euer Diener... Ich stand immer an eurer Seite..." Er schluckte mühevoll. „Vergebt mir, meine Königin."
Daenerys musste die Tränen mit Gewalt zurückhalten. „Es gibt nichts zu vergeben. Ihr wart immer der Treuste. Es tut mir leid, das ich es nicht früher erkannt habe," sagte sie leise.
Ser Jorah versuchte zu lächeln, doch es gelang ihm nicht mehr. Er griff nach seinem Schwert, konnte es jedoch nicht finden. Daenerys beugte sich vor und drückte ihm Schwarzfeuer in die Hand. Die Hand des Ritter schloss sich um das Valyrische Schwert. „Ich wollte immer nur eines: Mit dem Schwert in der Hand für euch sterben. Ich danke euch, das ihr mir diesen Wunsch erfüllt habt. Khaleesi, meine Königin. Meine Liebe..." Er schloss langsam die Augen.
Als sein Körper erschlaffte und Daenerys seinen letzten Atemzug auf ihrem Gesicht spürte, formte ihr Mund einen Laut, den sie bisher nur von anderen gehört hatte. Einen Laut, absoluter Trauer. „Nein. NEIN! Ser Jorah! Ihr dürft nicht sterben! BITTE! Lasst mich nicht alleine hier zurück.", Daenerys rüttelte an seiner Schulter, schlug ihm auf die Brust. Sie weinte wie ein kleines Kind, doch es war ihr egal. Ser Jorah durfte nicht tot sein. Er durfte es einfach nicht!
Daenerys schluchzte und Verzweiflung übermannte sie. Langsam beugte sie sich zu seinem geschundenem Gesicht hinunter und gab ihm das, was er im Leben nie erhalten hatte. Einen Kuss auf die Lippen. Einen Kuss, der die Liebe, Verbundenheit und tiefe Freundschaft ausdrückte, die sie immer für ihn empfunden hatte. Dann legte sie ihren Kopf auf seine Brust und weinte um diesen Verlust, der schwerer wog als alles, die sie erlebt hatte. Sie hatte ihren treuesten Freund verloren.
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