"Die Dämmerung"
Nach viel zu langer Zeit, ein neues Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch.
-----------------------------------------------------------------------------------------
„Ihr seid gekommen," keuchte Robb, ehe er ins Jons Armen zusammenbrach.
Jon bewahrte Robb vor dem Fall und legte ihn sanft auf dem Boden ab. Traurig betrachtete er das geschundene Gesicht seines Ziehbruders.
„Ich habe es dir versprochen.", sagte er leise. Das Unterholz um ihn herum knackte leise, als drei Schattenwölfe auf ihn zu kamen. Grauwind schnupperte kurz an ihm und ging dann zu Sommers leblosen Körper. Vorsichtig stupste er seinen Bruder mit der Schnauze an, doch Sommer bewegte sich nicht. Grauwind legte sich neben ihn und begann laut zu fiepen. Struppel ignorierte Jon und kauerte sich neben Grauwind. Der schwarze Schattenwolf stieß ein langes Heulen aus, das so voller Trauer war, dass es Jon in der Seele traf.
Und dann spürte er ihn. So leise wie fallender Schnee, mit einem Fell in der gleichen Farbe kam Geist langsam auf ihn zu. Starr blickte der weiße Schattenwolf ihn an, mit Augen so rot wie Blut. Jon wandte den Blick nicht ab. Ohne zu auch nur zu blinzeln stellte er sich seinem alten Weggefährten.
Geist gab keinen Ton von sich. Weder knurrte noch jaulte oder kläffte er. Er sah Jon nur an. Doch viel lag in dem Blick des Schattenwolfs.
Trauer. Freude. Frieden.
Jon erwiderte den Blick. Er hatte so viel mit Geist geteilt. Seitdem der Schattenwolf ein Welpe gewesen war, hatte er ein innige Beziehung zu ihm geteilt. Sie hatten ihre Kammer in der Schwarzen Festung geteilt. Sie waren lange nördlich der Mauer gewesen, hatten gemeinsam gekämpft und gelebt. Sie waren eine Einheit gewesen. Wolf und Mensch. Doch Jon hatte ihn zurück lassen müssen. Ein Schattenwolf gehörte nicht in den Süden und schon gar nicht nach Essos. Doch der Verlust ihrer Verbindung hatte Jon erschüttert.
Langsam legte sich Geist hin und legte seinen Kopf auf die Pfoten. Die roten Augen schlossen sich und er begann leise zu atmen.
Jon entspannte sich. Vor der Begegnung mit seinem ehemaligen Weggefährten, hatte er sich immer gefürchtet. Und das war nicht die Einzige, die im bevorstand. Robb lag noch immer bewusstlos am Boden, doch sein Atem war ruhig und er schien nicht schwer verletzt zu sein. Jon stand auf und drehte sich zum Wehrholzbaum um.
Bran sah ihn aus dunklen Augen an, in denen die Weisheit aus Jahrtausenden sprach. „Jon.", sagte er nur. Seine Stimme war leise. Von Angst oder Freude, war nichts zu hören.
„Bran," Jons Stimme zitterte. Sie hatten sich so viele Jahre nicht mehr gesehen. Bran war nicht mehr länger der abenteuerlustige Junge, der gerne geklettert war. Er saß in einem Stuhl mit Rädern und sein Gesicht war wie aus Stein gemeißelt und verriet nichts.
Doch auch Jon hatte sich verändert. Auch er war ein anderer geworden. Ein Priester. Ein Eroberer. Ein Vater.
Jon wollte zu Bran gehen, doch dieser hielt ihn nur mit einem Blick davon ab. „Bring Robb in die Burg. Die Toten wurden vertrieben, doch das ist noch nicht das Ende.", sagte er leise.
Das völlige Fehlen von Emotionen in Brans Stimme jagte Jon einen Schauer den Rücken hinab. Bran wandte den Blick wieder von ihm ab. „Es geht ihnen gut. Robb Kindern. Sag ihm das. Sie sind sicher, dort wo sie jetzt sind.
„Was?...", Jon starrte Bran ungläubig an. Woher wusste er das?
„Du hast dich nicht als Einziger verändert, Ser Jon. Prinz von Drachenstein.", sagte Bran.
Jon viel der Mund auf. Er konnte nicht anders. Dann fiel ihm ein, was auf Hohenehr passiert war. „Diese Briefe. Woher wusstest du, was Kleinfinger alles getan hat?"
Bran Antwortete zuerst nicht. „Ich habe eine Gabe erhalten, Jon. Die Gabe, alles zu wissen. Ich kann dir das sagen, was du vergessen hast. Die Nacht in der Höhle. Deine Kämpfe als Lord Kommandant. Ich weiß es."
Jons Hals wurde trocken und er musste schlucken. Hunderte von Fragen wirbelten in seinem Kopf umher, doch er stellte nur eine: „Kannst du den Nachtkönig sehen?"
Bran sah wieder zum Wehrholzbaum. „Ich werde es versuchen." Sein Kopf fiel zurück und ein Schwarm Raben stieg über dem sich langsam verfärbenden Himmel auf.
Jon beobachtete, wie die Raben zu kleinen schwarzen Punkten wurden, dann drehte er sich wieder zu Robb um.
Der König des Nordens hatte sein Bewusstsein wiedererlangt. Mühsam, erhob er sich. Jon ging zu ihm und half ihm auf.
Mit fiebrigem Blick sah Robb ihn an. „Jon. Du bist es wirklich."
„Ja.", antwortete Jon. „Ich bin gekommen."
Robbs Blick wanderte über den roten Himmel. „Ist es vorbei? Ist meine Familie in Sicherheit?" Seine Stimme war noch immer rau und sein Hals hatte eine unschöne dunkle Farbe angenommen.
„Nein. Es ist noch nicht vorbei. Das ist gerade mal der Anfang.", antwortete Jon düster. Sie wollten den Götterhain verlassen, doch eine leise, hustende Stimme nahe dem Eingang ließen sie aufhorchen.
„Bitte. Helft mir.", die Stimme war so leise, dass man sie kaum hören konnte.
„Wer ist da?", fragte Jon laut.
„Bitte. Helft... mir...", kam es voller Schmerzen zurück.
Robb erbleichte und eilte zu dem Verwundeten. Jon folgte ihm.
Robb kniete neben einem jungen Mann, dessen lange Haare so blutig waren, dass das goldene Blond kaum noch zu sehen war. Mit blauen Augen, die vor Schmerz verhüllt waren, sah er blind nach oben und versuchte Robb anzusehen. „Euer Gnaden. Haben wir gewonnen? Sind die Wanderer besiegt?"
Robb sah zu Jon. Noch nie hatte Jon ihn so hilflos gesehen.
„Wir haben gewonnen, Tommen. Du hast die Reiche der Menschen geschützt," sagte Robb leise.
Tommen hustete und als er lächelte, waren sein Zähne rot. „Mehr wollte ich nicht. Ich wollte nur... helfen..." Die blicklosen Augen wanderten in den Himmel. „Die Sonne. Ich kann sie spüren."
Robbs Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. „Du wirst noch viele Sommer sehen, Tommen. Du wirst noch oft die Sonne sehen.", versprach er ihm.
Doch Jon wusste, das es eine Lüge war. Tommen war so schwer verletzt, dass es ein Wunder war, dass er überhaupt noch lebte.
Tommens Hand, die noch immer in Robbs steckte, wurde schlaff. Der Blick der blauen Augen wurde leer und sein Kopf fiel zur Seite.
Robbs Schultern zitterten und er stieß einen lauten Schrei der Verzweiflung aus. Seine Tränen fielen auf Tommens Gesicht, das an Farbe verlor und weiß wurde. „Das hatte er nicht verdient. Er war ein guter Mann. Unschuldig."
Jon wollte etwas sagen, Robb irgendwie trösten, doch er fand keine Worte. Er konnte Robb nur eine Hand auf die Schultern legten, die vor Trauer und Zorn bebten. Schwankend stand Robb auf. Gemeinsam blickten die Brüder auf Tommens Körper.
„Das war nicht das Ende, oder?"
Erneut musste Jon den Kopf schütteln. „Der letzte Kampf, steht und noch bevor."
Robb ballte seine Hände zu Fäusten und sah ihn an. „Dann werden wir uns ihm erneut stellen. Und wir werden ihn bezwingen. Endgültig. Komm," er ging voran aus dem Götterhain, „Ich will zu den Männern."
In Winterfell herrschte das totale Chaos. Die Körper von unzähligen Toten, Wiedergängern wie Menschen, lagen überall. Pferde liefen wild umher. Blut tränkte den Boden. Verstümmelte und abgetrennte Körperteile waren überall zu sehen. Der Blick der Menschen war leer oder voller Panik. Die meisten hockten am Boden, bedeckt mit Blut. Sie sahen ihn und Robb nicht an, wenn sie an ihnen vorbei gingen. Und es gab kaum einen, der nicht verletzt war. Es war schrecklich. Nie hatte sich Jon vorstellen können, das die Menschen so gebrochen aussahen.
„SCHNEE!", brüllte eine tiefe Stimme. Dann kam ein Mann mit roten Haaren auf ihn zugerannt und zerrte Jon in eine bärenstarke Umarmung.
Jon wurde von der Kraft des Mannes, der blutgetränkte Felle trug, völlig überrascht. Doch auch als er in das grinsende, von einem roten Bart verborgene Gesicht sah, wusste er nicht, wer ihn da begrüßte.
Der Mann schien Jons Verwirrung zu bemerken, denn er entließ ihn aus seiner Umarmung. „Erkennst du mich nicht, Krähe?", fragte er und wirkte ehrlich verletzt.
Robb rettete Jon aus dieser misslichen Lage. „Tormund.", sagte er laut und deutlich. „Wie geht es deinen Männern?"
Tormund sah Jon noch einmal verwirrt an, wand sich dann aber an Robb. „Schlecht. Sehr schlecht. Es sind nicht mehr viele von uns da und fast alle sind verletzt."
„Geh zu ihnen. Sag ihnen: das ihr Kampf nicht umsonst war und das sie Helden sind.", sagte Robb mitfühlend. „Ich werde bald zu euch kommen. Und Tormund: Der Kampf ist noch nicht vorbei."
Tormund grummelte etwas in seinen Bart und ging.
„Du hast ihn nicht erkannt?", fragte Robb erstaunt, als er sich zu Jon umdrehte. „Er hat viel von dir gesprochen. Ihr wart doch gute Freunde."
Jon verzog sein Gesicht, während er in seinem Geist nach Erinnerungen suchte, die der Herr des Lichts ihm genommen hatte. „In Essos ist viel passiert. Ich wurde erneut ins Leben zurückgeholt. Das hat Spuren hinterlassen."
Ein Schatten wanderte über den Boden und Drogon flog über sie hinweg.
Während Jon ihn kaum beachtete, starrte Robb mit großen Augen nach oben.
„Es war doch kein Traum.", sagte der König des Nordens ehrfürchtig. „Drachen im Norden. Das hat es seit den Tagen des Drachentanzes nicht mehr gegeben."
Drogon landete vor Winterfell und Daenerys betrat Winterfell. Entschlossen kam sie auf Robb und Jon zu. Die Menschen beachteten sie kaum. Die meisten waren noch zu sehr von dem Grauen der Nacht gefesselt.
Jon trat etwas zwischen Robb und Daenerys. Er wollte keinen Streit riskieren. „Robb. Das ist Daenerys Targaryen. Königin der Sieben Königslande. Euer Gnaden. Das ist Robb Stark. Der König des Nordens."
Bei der Erwähnung seines Titel, schien Robb wieder in seine Rolle hinein zu finden. „Königin Daenerys. Willkommen auf Winterfell.", begrüßte er sie. Doch er kniete nicht nieder. Es war eine Begrüßung zwischen ebenbürtigen Herrschern, nicht zwischen Königin und Vasall.
Und Daenerys akzeptierte das, zumindest im Augenblick. „König Robb. Die Toten haben sich zurück gezogen. Wir haben viele verbrannt, doch sie sind noch immer zahlreich. Aegon kreist noch immer über dem Wald. Sobald er etwas Verdächtiges seht, wird er uns benachrichtigen." Ihr Ton war höflich, aber nicht herzlich, was Robb nachvollziehen konnte. Immerhin kannten sie sich noch nicht.
„Das sind gute Nachrichten. Zumindest teilweise.", antwortete Jon. „Wir sollten uns aber auch überlegen, wie wir weiter vorgehen wollen. Und zwar schnell. Der Nachtkönig ist noch lange nicht geschlagen."
„Ich werde nach den Männern sehen. Bevor wir etwas unternehmen, muss ich wissen, wie viele von ihnen noch kämpfen können.", sagte Robb. „Ihr und Jon werdet in der Burg unterkommen. Zumindest, wenn wir ein Zimmer finden."
„Es muss nichts Gutes sein. Ich habe bei den Dothraki auf Stroh und Erde geschlafen. Ich kenne Entbehrungen. Ser Jon, auf ein Wort, bitte."
Jon neigte den Kopf vor Robb, der ihn mit gerunzelter Stirn ansah, sich aber zurück zog.
Schweigend gingen Jon und Daenerys durch die Gänge von Winterfell. Auch hier standen und saßen die Überlebenden der Nacht. Es waren Nordmänner. Söldner von jenseits der Meerenge. Wildlinge und Männer aus dem Süden. Doch sie alle hatten den gleichen leeren Blick. Sie hatten den Horror der Wiedergänger und der Weißen Wanderer gesehen. Jon konnte es ihnen nachfühlen.
„Erinnerst du dich an diese Mauern?", fragte Daenerys leise, als sie durch die große Halle gingen. All die verletzen Männer und die Überreste der erschlagenen Toten, scheinen sie zu bedrücken.
Jon ließ den Blick über die Wände und Mauern wandern. „Ja. Und nein. Ich weiß, dass dies die Hallen meiner Kindheit waren. Das ich hier gespielt habe und mit Robb und Theon Spaß hatte. Ich weiß, wie einsam ich mich trotzdem gefühlt habe. Lady Catelyns Abneigung war immer zu spüren. Und auch wenn wir, Robb, Theon und ich, wie echte Brüder waren, wussten wir immer, das uns etwas trennte. Robb war der Erbe des Nordens. Der legitime Sohn von Lord Eddard. Ich war der Bastard. Lord Eddard nahm mich zwar in seine Halle und nannte mich offen seinen Sohn, aber ich war dennoch ein Bastard. Und Theon... Er war ein Graufreud und wir alle wussten, das Lord Eddard ihn köpfen würde, sollte Balon Graufreud sich erheben."
Jon hob einen Stuhl auf, der umgefallen war und stellte ihn zurück an die hohe Tafel. Gedankenverloren strich er über die Stuhllehne. „Aber über all diesen Erinnerungen liegt ein Schatten,
ein Schleier. Ich weiß, dass es passiert ist und dass ich da war und es erlebt habe, aber ich kann mich nicht wirklich daran erinnern. Es ist, als würde ich das Leben eines Anderen betrachten." Er sah zu Daenerys, die ihn aufmerksam ansah. „Ich bin ein Targaryen. Genau so wie ich ein Stark bin. Ich werde dir dienen. Solange ich das kann."
Daenerys lächelte ihn an. Doch das Lächeln verschwand schnell und sie wirkte merkwürdig unsicher. „Ich hätte früher auf dich hören sollen.", entfuhrt es ihr dann. „Du hattest recht mit den Weißen Wanderern. Und die Toten," ihre Hände schlossen sich um die Stuhllehne, „Ich habe nicht viel von ihnen gesehen, doch was ich gesehen habe, hat mich mit Grauen erfüllt. Und die Wanderer... Ich habe sie gesehen. Ich sah ihre Augen. Ich konnte die Wut auf das Leben in ihnen sehen. Und es hat mir Angst gemacht."; sie sah ihn direkt an und Jon konnte die Angst, aber auch die Entschlossenheit in ihrem Blick sehen. Er legte einen Arm um sie und umarmte sie kurz. „Du hast das getan, was du für richtig gehalten hast. Du bist die Königin. Du entscheidest.", sagte er sanft.
„Die Sieben Königslande mögen mir gehören, doch es bringt nichts, sie zu erobern, wenn die Weißen Wanderer uns alle bedrohen. Ich schwöre, dass ich all meine Macht gegen diese Bedrohung ins Feld führen werde," sagte Daenerys und löste sich von Jon.
„Das ist gut zu hören." Robb hatte den Raum betreten, ohne das Jon es bemerkt hatte. Er kam entschlossen auf Jon und Daenerys zu. „Doch Winterfell kann nicht mehr als Festung dienen. Die Mauern wurden von den Toten und ihren Herren schwer beschädigt. Und die meisten meiner Männer sind verletzt, sie würden einen weiteren Angriff nicht überstehen. Wir müssen uns also in den Süden zurückziehen." Robb schienen die Worte beinahe körperlich zu schmerzen.
„Wir müssen Tausende zurücklassen und den gesamten Norden zu evakuieren wird auch nicht möglich sein." Er sah Daenerys feindselig an. „Ihr werdet euch also nicht lange mit dem Norden rumschlagen müssen, Königin Daenerys."
Daenerys begegnete Robbs wütendem Blick, mit kühler Zurückhaltung.
„Meine Hilfe hat keinen Preis, König Robb. Wenn der Norden seine Unabhängigkeit wünscht, dann wird er sie bekommen."
„Darüber können wir uns später Gedanken machen.", warf Jon schnell ein. „Zuerst müssen wir uns überlegen, wohin wir uns zurückziehen."
„Das ist einfach. Maidengraben und Weißwasserhafen. Sie sind die besten Wege in den Norden. Und auch, um ihn zu verlassen.", antwortete Robb.
„Dann werden meine Schiffe in Weißwasserhafen auf die Nordmänner warten. Und die Eiserne Flotte wird ebenfalls dort sein."
Robb warf der Silberkönigin einen misstrauischen Blick zu. „Und wenn wir sie in Maidengraben nicht aufhalten können?", fragte er.
„Wir sollten es gar nicht erst versuchen.", gab Jon zurück. „Die Burg ist nicht große genug, um zehntausende von Männern aufzunehmen, oder auch nur ein Zehntel. Und die Eng wird uns mehr behindern als die Wanderer."
„Was schlägst du vor?" fragte Daenerys.
Jon stützte sich auf den Tisch. Hier hatte damals, Lord Eddard Stark, mit Olenna Tyrell, der Dornenkönigin, die Verlobung zwischen Robb und Margaery ausgehandelt. Hier hatte alles angefangen.
„Euer Gnaden, ihr solltet eure Männer aus Königsmund und den Sturmlanden in Harrenhal sammeln. Die Burg ist groß genug, um sie aufzunehmen und sie kann als Ausgangspunkt für den Kampf gegen die Wanderer genutzt werden."
„Ich werde die Raben nach Königsmund schicken."
„Du solltest die Befehle selber überbringen.", widersprach Jon, „der Süden braucht seine Königin. Sie müssen dich sehen, dich als Königin erkennen, wenn du über sie herrschen willst. Aegon und ich, wir werden den Norden beschützen."
Daenerys schien nicht völlig überzeugt zu sein, doch sie nickte. „Pass auf dich auf. Ich werde nach diesem Krieg nun gezwungenermaßen einen neuen Erben bestimmen müssen."
Sie nickte Robb noch einmal höflich zu und verließ dann die hohe Halle.
Jon war nun mit Robb alleine und er wappnete sich für dessen Zorn.
„Jon. Was wird hier gespielt?", fragte Robb und seine Stimme bebte vor Wut. „Warum nennt die Drachenkönigin dich ihren Erben? Und was meint sie 'mit Truppen in Königsmund'?"
Jon überlegte kurz, ob er lügen sollte, doch die Wahrheit würde eh bald ans Licht kommen. „Ich bin kein Stark-Bastard. Ich bin als ehelicher Targaryenprinz geboren. Lady Lyanna Stark ist meine Mutter. Und Prinz Rhaegar Targaryen ist mein leiblicher Vater. Ich fand die Wahrheit heraus, während ich in Volantis war. Königin Daenerys ist meine Tante. Um ihre Hilfe gegen die Weißen Wanderer zu bekommen, habe ich ihr versprochen, die Sieben Königslande zu erobern und ihr auf den Eisernen Thron zu helfen. Wir haben die Sturmlande und Königsmund eingenommen. Das Grüne Tal, Dorne, die Eiseninseln und der Westen, haben sich der Königin angeschlossen und Renly hat seine Krone abgegeben. Nach diesem Krieg, wenn die Wanderer besiegt sind, wird Daenerys als Königin herrschen. Doch sie hat dem Norden Unabhängigkeit versprochen."
„Vergiss den Norden," knurrte Robb und für einem Moment wirkte er ebenso wild wie die Schattenwölfe, „weißt du, was du getan hast? Meine Frau ist in Königsmund. Und meine Kinder! Ich dachte immer, wir wären wie Brüder. Doch du hast mich ebenso verraten wie Theon!"
„Deinen Kindern geht es gut!", antwortete Jon und auch in ihm kam nun Wut auf. „Margaery war nie in ernsthafter Gefahr. Und eure Kinder hatten Königsmund schon längst verlassen. Du solltest mir danken, dass sie sicher sind."
„Was meinst du damit?", Robbs Wut wich der Angst. „Wo sind meine Kinder?!"
„Sie sind in Dorne. Bei meiner Frau Arianne. Und meinen Töchtern. Königin Margaery hat ihr Vertrauen in die falsche Person gesetzt. Sie bat Ser Davos Seewert, sie nach Essos zu bringen, doch der Zwiebelritter nimmt dir den Tod von Stannis noch immer übel. Ohne die Hilfe von Varys wären Hazel und der kleine Eddard vielleicht schon in Volantis als Sklaven verkauft worden! Verdammt Robb! Ich habe deine Kinder gerettet!"
Robb schien einem Zusammenbruch nahe, doch er fasste sich,. Mit den Händen fuhrt er sich über das Gesicht. „Das werde ich dir nicht vergessen, Jon. Doch noch sind die Weißen Wanderer nicht besiegt. Du solltest übrigens noch einmal mit Bran reden, wenn du einen Schlachtplan entwickelst. Der Nachtkönig hat es auf ihn abgesehen. Nur auf ihn. Er würde ihn überall finden."
Er stand auf und sah ihm fest in die Augen. „Ich werde meine Männer für den Abmarsch bereit machen, Ser Jon. Ich danke euch für eure Hilfe.", mit stolzer Miene verließ Robb die Hohe Halle.
Jon sah ihm nach. Seine Hände umklammerten noch immer die Stuhllehne. Mit einem wütendem Aufschrei, warf er den Stuhl gegen die Wand, wo er knallend zu Boden fiel.
Das lief alles nicht so wie er das wollte.
Winterfells Grundfeste erbebte. Ein weiterer Drache war gelandet. Jon hörte das Brüllen von Viserion und wie Drogon und Rhaegal antworteten. Jon hatte ein ungutes Gefühl, als das Brüllen immer weiterging und lauter wurde. Er rannte aus der Hohen Halle. Rhaegal und Viserion waren hinter den Mauern zu sehen. Die beiden Drachen brüllten sich an und spien Flammen in den bleichen Himmel.
„Jon! Jon!", Aegon rannte auf ihn zu. Seine roten Roben wirkten wie frisches Blut.
„Aegon. Was ist los? Warum drehen die Drachen so durch?", fragte Jon.
Aegon wirkte merkwürdig verstört. „Komm mit in den Götterhain."
Verwundert sah Jon ihn an. „Aegon?"
Aegon winkte ihm mit dem Arm. „Lady Melissandre. Sie ist im Hain." Aegon war bleich und sah verstört aus. „Komm, komm."
Jon runzelte die Stirn , folgte seine Blutsbruder aber erneut in den Götterhain.
Noch immer saß Bran in seinem Stuhl. Sein Kopf war starr in den Himmel gerichtet, aber seine Augen waren leer.
Aegon rannte an Bran vorbei. Mit vor Schreck geöffneten Augen sah er zu einem kleinen Bündel, das in Schnee lag.
Jon kniete sich neben das Bündel. Die Gewänder waren dunkelrot und feucht. Jon zog seinen Dolch und hob das Bündel an. Ein Windstoß kam auf und ein grauer Staub wurde aufgewirbelt. Jon meinte einen Schädel zu erkennen, ehe dieser zu Staub zerfiel und vom Wind weggeweht wurde. Und dann sah er das Halsband. Es war aus rotem Gold, aus Sechsecken geformt, die einem großen Rubin umfassten. Mit zitternden Händen, hob Jon das Halsband auf. Er kannte dieses Schmuckstück. „Lady Melissandre. Sie war hier."
Er sah zu Aegon und seine Hände zitterten.
Der Priester nickte langsam. „Herr des Lichts.", begann er auf Valyrisch zu beten. „Dieser, dein Diener, hat seinen Funken verloren. Nimm sein Licht bei dir auf. Lass seine Flamme in deinem Ewigen Feuer aufgehen. Valar Morgulis."
„Valar Dohaeris.", antwortete Jon leise. Er umklammert das goldene Halsband. „Sie hat mich zurück ins Leben geholt. Zweimal. Ohne sie wäre ich jetzt nicht hier.", zitternd holte er Luft.
„Sie hat mir mein Leben gerettet.", sagte Bran mit leise Stimme.
Jon und Aegon drehten sich zu ihm um.
Bran sah die beiden an. „Die Rote Frau hat den Nachtkönig mit ihrer Magie verletzt. Er ist verwundet. Ohne sie wäre der Krieg bereits verloren."
Jon sah zuerst zu Bran, dann zu Aegon und wieder zu Bran. „Können wir darauf hoffen, das sie ihn getötet hat?"
„Nein. Der Nachtkönig lebt. Und er wird mich verfolgen. Und Maidengraben wird seinem Angriff nicht standhalten," sagte Bran mit tonloser Stimme.
Über ihnen erhob sich Drogons mächtige Gestalt. Brüllend schwang sich der schwarze Drache in den Himmel und nach Süden.
Beim Anblick des geflügelten Schattens kam Jon eine Idee.
Bran schien das zu spüren. „Was planst du?"
„Etwas Wahnsinniges. Etwas Irres. Aber vielleicht rettet es uns.", murmelte Jon leise.
Aegon legte eine Hand auf Schwarzfeuer. „Wahnsinniger als einen Kontinent zu erobern kann es nicht sein.", sagte er, doch seiner Stimme fehlte jeder Humor.
Jon sah erneut in den Himmel, der allmählich dunkler wurde. Es wurde Nacht. Und mit der Nacht kam der Tod.
„Hoffen wir es. Hoffen wir auf den nächsten Morgen.", doch seine Worte erschienen sogar ihm selber hoffnungslos und er musste an die Phrase denken, die die Roten Priester gerne nach ihren Gebeten sagten:
Valar Mohrgulis.
Alle Menschen, müssen Sterben.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro