05 || Ash - Zehn Monate davor ||
- Ash -
05 || Zehn Monate davor ||
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Während all meine Freunde sich bereits seit geraumer Zeit auf die Schule gefreut hatten, war ich wohl der einzige, der sich die freie Zeit wieder herbeisehnte.
Ich vermisste das lange Ausschlafen und auch die Ruhe. Ich vermisste diese dramafreie Zeit, in der es so etwas wie Zickenkrieg nicht gab. Zumindest nicht auf den Partys , auf denen ich eingeladen gewesen war.
In den Sommerferien liebte sich jeder. Die größten Feindinnen wurden zu besten Freunden, die Jungs kamen nicht einmal auf die Idee sich ohne Grund zu prügeln. Der Alkohol war das Heil aller Dinge und mit dem Beginn der Schulzeit kehrte auch die Nüchternheit zurück, die ich so sehr hasste.
Man konnte nicht mehr am Strand tanzen, die Flasche in der einen, die Kippe in der anderen Hand. Man konnte sich nicht mehr an die Mädchen ranmachen, weil alles wieder und wieder von ihrer Clique aufgedröselt wurde. Jetzt war nicht mehr Freiheit und Spaß an oberster Stelle. Jetzt sprach man wieder von Liebe und Gefühlen und Wer-wird-mit-wem-zusammenkommen.
Dabei interessierte es doch eigentlich niemanden. Nicht, wenn das nächste Wochenende bereits so nah war, in dessen Nächten all die Wünsche und Ziele der Mädchen über Bord geworfen wurden.
So würde es kommen. Der Junge, den sich ihre Augen rausgepickt hatten, war tunlichst vergessen, wenn sie die Lenden eines anderen an ihren Hüften spürten.
Ich hatte Mädchen noch nie verstanden, was diese Dinge betraf. Dabei waren Jungs noch tausendmal dämlicher als sie.
„Ich glaube Taylor will dich dieses Jahr ganz allein für sich." George, Jared, Jack und ich. Seit der ersten Party der Sommerferien unzertrennlich. Und diese Bindung hielt noch immer an, auch wenn ich fest damit gerechnet hätte, dass Jack und Jared sich von uns beiden lossagten, sobald es wieder hieß 'Back to School'. Ich hatte mich geirrt.
Und so standen wir vier, uns mächtig cool fühlend, an George's Spind und lauschten seinen Worten, denen wir zufolgen dieses Jahr jedes Mädchen flachlegen würden.
Wie gesagt, dämlich.
„Wir haben Taylor nicht ein einziges Mal gesehen, George. Also stell nicht wieder irgendwelche Vermutungen auf", versuchte ich ihn zur Vernunft zu bringen. Ich wollte nicht, dass sein Tatendrang bereits jetzt, am ersten Tag nach den Ferien, die Überhand gewann.
„Die hat sich wie eine Irre an dich rangeschmissen, Alter!", rief George. Natürlich in einer Lautstärke, die die anderen Schüler auf dem Gang zu uns umdrehen ließ.
George winkte den Interessiertesten von ihnen zurück, die ihre Augen weit aufrissen und sich daraufhin fast erschrocken umwandten. Er lachte über sich selbst.
„Meine Güte, die kleinen Zehntklässler scheißen sich ja fast in die Hosen, wenn die uns sehen."
Jack und Jared fielen in sein Lachen ein, ich hielt meinen Mund und blickte weiterhin über die Massen der Schüler. Manche von ihnen suchten bekannte Gesichter, andere von ihnen schlenderten auf und ab, um zu sehen und gesehen zu werden.
„Da ist dein Prachtstück." Ich wies kopfnickend in die Richtung von Taylor Mackenzie, Cheerleader, blond und blauäugig und wenn man so wollte, seit dem Sommer eine sehr enge Bekannte von uns. Vielleicht zu eng.
„Sie sieht schon gut aus." Jack hatte sich an George's Spind gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, und beobachtete gespannt den Spießroutenlauf unserer Mitschülerin.
An jeder Ecke blieb sie stehen, grüßte, lächelte, umarmte. Sie sprach mit Menschen, die ich teilweise noch nie zuvor an unserer Schule gesehen hatte. Wow, beliebt musste man sein.
Als sie uns erreicht hatte, empfing sie uns mit einem lauten „Hey Jungs! Wie gehts?" und schloss jeden einzelnen in ihre Arme. Ich konnte nicht anders, auf meinen Lippen bildete sich ein fettes, gewaltiges Grinsen, das auch in George's Gesicht erschien. Vielsagend hielten wir Blickkontakt, bevor unsere Augen zurück zu Taylor tigerten.
Man konnte nicht sagen, dass sie hässlich war. Sie war sogar eine der Hübscheren. Das typisch nette Mädchen von nebenan. Mit dem ständigen Grinsen, mit den immer krampfhaft freundlichen Worten. Everybody's Darling hatte sie sich einst selbst genannt.
Zumindest wenn ich das Gespräch korrekt und ohne Fehler rekapitulierte.
„Uns geht's gut!" Der Unteron in Jareds Stimme war nicht zu überhören. Er konnte seine Augen nicht von ihr abwenden, starrte sie fast schon besessen an. Sein Bruder neben ihm war von den gleichen weiblichen Reizen gefesselt.
George und ich mussten uns das Prusten unterdrücken.
„Mir auch." Sie zwinkerte den beiden zu, lachte ihre Schüchternheit weg. Noch immer hatte sie weder George noch mir einen Blick zugeworfen. Sie war mit unserem Anblick geradezu überfordert.
Über ihren Kopf hinweg fanden meine Augen die seinen. Amüsiert schüttelte er seinen Kopf und verschränkte seine Hände im Nacken. Ein leises Lachen stieg aus meiner Kehle.
Trotz meines offensichtlich belustigten Lautes, der die Aufmerksamkeit Jacks erzielte, wandte sie sich mir nicht zu. Ihr Blick wurde fahrig, sie zog die Winkel ihrer pinken Lippen weiter nach oben.
„Na dann, Jungs. Man sieht sich!" Taylo hob ihre Hand, winkte uns zu und drehte sich dann mit einem Haareschwenker weg.
„Bye!", rief ich ihr lachend hinterher.
„Ciau, Taylor! Wir sehen uns!" George fiel in mein Lachen ein und streckte mir seine Hand entgegen. Während wir einklatschten, schüttelte Jack seinen Kopf.
„Was lief da zwischen Taylor und euch?", fragte Jared, beide Augenbrauen nach oben gezogen.
„Nichts, niiiichts!" George grinste, lehnte sich nach hinten und seufzte. „Taylor wird sich bestimmt nicht dran erinnern, aber wir beide tun es!"
„Wow! Und uns wollt ihr's nicht erzählen?"
Ich wandte mich von der Menge ab, richtete meine vollste Aufmerksamkeit auf die Zwillingsbrüder. Ihre Augen flehten geradezu nach den Informationen, die wir vor ihnen verstecken.
Während ich mich erbarmte und ihnen davon berichtete, dass vielleicht George und vielleicht auch ich Dinge von ihr gesehen hatten, die man so einfach nicht sah, beobachtete mein bester Freund die neu in den Gang strömenden Schüler.
„Und ja, dann hat sie uns nach der Party beiden ein Bild geschickt..." Ich wollte ausholen, als George's Augen einen Punkt hinter mir fixierten und groß wurden. Das Grinsen wurde, wenn das überhaupt ging, noch breiter und seine Hand suchte meinen Arm und drückte fest zu.
Seine Lippen formten den Namen Fleur Chevalier und ja, auch mein Grinsen wurde breiter.
„Dreht euch jetzt nicht direkt um." George hatte seine Stimme gesenkt, damit Jack und Jared und auch ich uns nicht wie gestochene Taranteln zum Eingang wandten.
„Fleur ist grad reingekommen, mit Sophie." Sein Blick linste wieder herüber. „Und scheiße, sie sieht noch besser aus als auf dem Bild."
Er sprach von jenem Foto, das in der vorletzten Woche der Sommerferien Aufsehen erregt hatte. Sophie Lewis, beste Freundin und nicht mehr von ihrer Seite wegzudenken, hatte ein Bild von Fleur Chevaliers Hinteransicht gepostet und anstatt das Hauptaugenmerk auf ihre frisch und rot gefärbten Haare zu lenken, hatte jeder, aber wirklich jeder Testosteron geleitete Junge auf ihren Hintern gestiert. Den Gerüchten zufolge fungierte er bereits bei einigen als Hintergrundbild.
„Ihr könnt euch jetzt umdrehen. Sie redet mit... Lauren Jones. Sie lachen, die sehen uns noch nicht. Jetzt dreht euch doch um!"
Versucht unauffällig, es gelang mir natürlich nicht, schaute ich über meine Schulter. Und sah direkt in die blauen Augen Fleurs. Sie hatte sich mir zugewandt, ihr Blick verträumt in meine Richtung gedreht, als würde sie mich nicht einmal wahrnehmen. Sie biss sich auf die Unterlippe. Blinzelte, erkannte mich.
Und dann... dann lächelte sie mir zu.
Ich grinste zurück und wandte mich dann wieder von ihr ab. Man wollte nicht bereits am ersten Tag von Fleur Chevalier, Sophie Lewis und Lauren Jones als Stalker abgestempelt werden.
George, Jared und Jack sahen mich alle drei mit weit aufgerissenen Augen an. Mein bester Freund suchte nach Worten, doch ich hatte es tatsächlich geschafft, ihn sprachlos zu machen.
„Hat die dich gerade wirklich und wahrhaftig angelächelt?" Oder auch nicht.
„Jap. Fleur ist immer freundlich."
Aus George's Kehle entwich ein hohes Lachen. Dann applaudierte er mir zu. Ich ahmte eine Verbeugung nach, immer darauf bedacht nicht in Fleurs Richtung zu blicken, damit, falls sie mich beobachtete, nicht glaubte, dass sie das Hauptthema dieser Konversation war.
„Verdammt, Ash!" George schlug sie mit der flachen Hand gegen seine Stirn und erlaubte sich erneut einen Blick auf Fleur.
„Die reden über uns." Jared grinste seinen Bruder an. „Und wenn mich nicht alles täuscht, dann schaut Lauren zu dir."
„Läuft da was?" Ich war so dankbar, das Thema endlich wechseln zu können.
George zog seine Augenbrauen nach oben, doch ich ignorierte ihn gekonnt.
„Naja, nicht wirklich. Wir haben uns bei Taylors Party ganz gut unterhalten..."
„... und auch getanzt", fügte Jared hinzu. „Und später dann auch geknutscht. Und dann habt ihr euch nochmal 'ne Woche später getroffen, aber sonst läuft da ja eigentlich nichts, richtig?"
Jack schlug seinem Bruder gegen die Brust.
„Meine Güte, Jack. Sei nicht zu empfindlich." George und Jared verfielen in lauthalses Lachen, ich dagegen grinste nur.
„Da kommt sie." George sprach die Worte in einem leisen Singsang, seine Augen der Mädchengruppe zugewandt, die sich uns langsam näherte.
Mein Blick blieb an Fleur Chevalier hängen und ihrem breiten Grinsen.
„Wink ihr zu, Jack!" Jared boxte ihm in die Seite, woraufhin Jack seine rechte Hand tatsächlich hob und sie leicht unschlüssig hin und her bewegte. Auf seinen Lippen war ein schüchternes Grinsen erschienen.
„Siehst du, sie hat dich gesehen. Und tadaa, sie kommt." Beim Sprechen öffnete Jared kaum die Lippen, was die ganze Sache umso auffälliger machte. Wenn die drei es bisher noch nicht gemerkt hatten, dann wussten sie spätestens jetzt, das sie das Hauptthema unseres Gesprächs waren.
Ich lehnte mich seitlich gegen den Spind und versuchte aus der Situation das Beste zu machen. Wenn wir uns schon blamierten, dann mussten wir uns dennoch, irgendwie, lässig verhalten, sobald sie bei uns waren.
„Hi Jack."
Lauren war genauso schüchtern und zurückhaltend wie ihr neuer Geliebter, sie konnte uns, George, Jared und mich nicht einmal begrüßen.
Sophie und Fleur sahen sie in dem Moment der unangenehme Stille kurz und verwirrt an, als würde sie nicht das machen, was abgesprochen war. Fleur räusperte sich, als noch immer nichts geschah, trat sie einen Schritt nach vorn und grinste uns an.
„Hi George, Jack, Jared und hi Ash! Wie geht's?" Sie roch nach Honig.
„Gut und dir?" George hatte nur Fleur fixiert, achtete in keiner Weise auf Sophie und Lauren. Die Hände vor der Brust verschränkt tastete er mit seinen Augen jeden Winkel ihre Körpers ab.
„Alles bestens." Und dann zwinkerte Fleur ihm tatsächlich zu. „Wie geht's dir, Jack?" Sie wandte sich von ihm ab, das siegessichere Lächeln wich nicht von ihren Lippen.
Der Angesprochene blinzelte kurz, wandte sich von Lauren, sah Fleur an, blinzelte erneut und sah dann zurück zu Lauren. „Gut." Er atmete kurz durch, nahm dann seinen ganzen Mut zusammen. „Lauren? Wollen wir zusammen zum Klassenraum gehen?"
„Ja." Sie sah von Sophie zu Fleur und als diese aufmunternd nickten, nickte auch sie. „Gerne."
Jack und Lauren lächelten sich an und entfernten sich langsam von uns. Wir, die Übrigen, blickten ihnen hinterher und erst als sie im Klassenzimmer verschwanden, wich die Starre aus unseren Körpern.
Wir wandten uns einander wieder zu und Fleur nahm erneut den Raum ein und vertrieb somit die Stille.
„Na dann Jungs, wir sehen uns." Sie hakte sich bei Sophie unter, lächelte erneut und fuhr sich durch ihr rotes Haar. Bevor sie gänzlich aus unserem Blickfeld verschwand, drohte sie uns.
Sie drohte uns wirklich.
Einen Zeigefinger erhoben, gleichzeitig ein honigsüßes Lächeln auf den Lippen, wandte sie sich an uns und taxierte uns mit ihren Augen.
Ihre blauen, klaren Augen waren wunderschön.
„Wenn Jack Lauren verarscht, dann kriegt ihr es mit uns zwei zu tun, okay?"
„Also passt lieber auf, Jungs!", ergänzte Sophieund zwinkerte.
Ohne eine Antwort abzuwarten, marschierten die beiden los und verschwanden in dem Klassenzimmer, das auch Jack und Lauren zuvor angesteuert hatten.
Wir sahen, lechzten, ihnen hinterher, zu 100%iger Sicherheit unsere Augen alle auf Fleurs Hintern gerichtet. In Natura war er noch perfekter geformt.
George's und mein Blick trafen sich genau in dem Moment, in dem die beiden Mädchen im Klassenraum verschwanden.
„Fuck!", murmelte George, seine braunen Augen freudig funkelnd. „Dieses Jahr krieg ich dieses Mädchen! Ich schwör's euch!"
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