- 21 / Ric -
Eugene hatte Erfolg. Zum Glück gab es in Burton nicht so viele mit dem Namen Antonio und ich klapperte jeden einzelnen ab. Von möglichen zehn blieben mir am Ende noch zwei - die restlichen acht konnte ich getrost abhaken. Meist waren es bereits ältere Herrschaften die einen routinierten Ablauf, eine Familie hatten. Ich verfolgte sie egal wohin sie gingen.
« Noch zwei. Schick mir die Adressen, Eugene. »
« Das ist doch gut, oder? Ich schick sie dir sofort, Chef. »
Er war voller Energie, steckte mich damit an. Er wusste wir kamen unserem Ziel näher und dieser Optimismus breitete sich auch als kleine, zerbrechliche Blume in meinem düsteren Gedanken Garten aus. Wir kamen näher... Näher an Avery, näher an Jess, aber auch an Georgia, sollte sie wirklich dort sein.
Jeder, der bei dieser ganzen Sache involviert war würde gejagt werden. Und am Ende würde ich bekommen was ich wollte.
†
Antonio Gonzales war ein Mann in den 50ern. Geschäftig lief er von einem Standort zum nächsten, huschte von Termin zu Termin. Laut Datenbank war er in der Immobilienbranche tätig und eher mittelmäßig erfolgreich, weshalb man ihn auch nicht auf irgendwelchen großen Reklame Tafeln zu sehen bekam. Dennoch strotzte jeder Schritt den er zurück legte vor Arroganz und Stolz.
Ich folgte ihm.
Unauffällig wie ein Schatten hatte ich mich an seinen Rücken geheftet. Blieb er stehen tat ich es auch, die Kapuze des Hoodies tief ins Gesicht gezogen. Er bemerkte mich nicht. So ging das den ganzen Tag und ich hatte jeden noch so kleinen Routineablauf gesehen, war gelangweilt. Aber ich hatte eine Mission.
Spät Abends war der offensichtlich letzte Halt dieses Mannes eine Bar, in die ich ihm unauffällig folgte. Zuerst dachte ich keine Sekunde darüber nach, doch dann wurde mir bewusst wo wir überhaupt waren... Denn es war nichts anderes als eine Schwulenbar. Homosexualität machte mir nichts aus, aber als einziger Heterosexuelle war es ein leicht seltsames Gefühl hier zu sein. Ich schüttelte es ab, setzte mich an einen freien Platz in der letzten Ecke, die mir ein wenig Sichtschutz bot und ging weiter der Aufgabe nach diesen Mann zu beschatten, selbst als ich bereits dachte dem falschen zu folgen.
Antonio war hier offenbar ein geschätzter Mann. Eine Traube an Männern jeden Alters bildete sich um ihn und er genoss die Aufmerksamkeit die ihm zuteil wurde. Er tanzte, trank und lachte mit den anderen während ich - der Freak - einfach nur wie eine erstarrte Figur da saß und alles in mir aufnahm. Jedes einzelne Bild, jede Bewegung.
†
« Okay... Das war... Interessant. Aber leider nicht der, den ich suche. »
Ich war gerade auf dem Weg zurück zum Wagen als ich Eugene ein kurzes Update gab. « Was hast du über den letzten Antonio herausgefunden? »
Eugene gähnte. Er war überarbeitet, hörte aber nicht auf. Der Drang einen wichtigen Fortschritt zu machen nagte auch an ihm. Ich war froh, daß ich ihn an meiner Seite hatte. « Nicht viel. Die Aufzeichnungen beginnen vor etwa 15 Jahren. Er ist hierher gezogen. Woher weiß ich nicht, darüber gibt es nicht mal einen Anhaltspunkt. Ein Jahr nach seinem Auftauchen erwarb er ein Haus etwas außerhalb, in dem öfter Dinner Parties stattfinden. Beruflich finde ich keine Aufzeichnungen, aber er ist nicht gerade arm. Vielleicht Erbe, Glücksspiel? »
« Oder Menschenhandel und explizite Videos. Im Dark Web finden sich genug Interessenten die eine Stange Geld liegen lassen um sich auf ihren Gore Fetisch einen runterzuholen. »
Eugene schwieg. Es schien als würde er über meine Worte nachdenken, das tat ich selbst. Als er schließlich wieder sprach hörte ich das Unbehagen deutlich in seiner Stimme. Er war beunruhigt. « Denkst du, daß ist unser Mann? »
Ich wusste es nicht sicher... Ich konnte nur hoffen das er es war.
†
Ich stand vor dem Haus. Versteckt zwischen Bäumen und Sträuchern. Beobachtete... Wartete... Mein Kopf war leer und gleichzeitig mit tausend Dingen gefüllt, die ich alle nicht zuordnen konnte - eines davon die Frage, was als nächstes passieren würde. Ich war mir sicher das, wenn es der richtige war, ich ihn töten würde. Das stand außer Frage. Aber die quälende Ungewissheit überhaupt einen Anhaltspunkt bei ihm zu finden war es, die mich zögern ließ.
Als ein Wagen sich näherte blieb ich in den Schatten. Ich verbarg mich wie ich es immer tat, lauerte. Durch die freie Sicht zum Haus konnte ich einen kleinen Mann sehen der aus dem Wagen kroch. Das Haus selbst war groß, im viktorianischen Stil gehalten und gepflegt. Ein Garten säumte die Auffahrt. Nichts daran war ungewöhnlich. Sobald der Mann das Haus betrat richtete ich mich auf und ging darauf zu.
Ungewiss, was im inneren auf mich wartete.
†
Über das Küchenfenster stieg ich ins innere. Alles war hell beleuchtet. Freiliegende Holzbalken unterstützen den viktorianischen Stil einer eher funktionalen Küche. Langsam und leise bewegte ich mich Schritt für Schritt, bis ich den Eingangsbereich von meiner Position aus sehen konnte. Schwere Kronleuchter und Vorhänge an den Fenstern zeugten von Reichtum und Eleganz. Dann...
« Ich bin morgen früh wieder da. Ich habe dir gesagt das ich mich heute um jemand anderen kümmern muss. Die kleine Schlampe braucht eine Abkühlung um meinen Anweisungen zu folgen. »
Allein die Wortwahl reichte aus um das Gefühl in mir zu verstärken, hier richtig zu sein. Ich biss die Zähne zusammen, blieb erst einmal versteckt.
« Wenn unsere Gäste nicht vollumfänglich zufrieden sind dann schicken wir die F*tzen eben zu Standort A. Dann sind sie wenigstens noch für etwas gut. »
Standort A? Hieß das, es gab mehrere Verstecke oder Orte, an denen sie Frauen festhielten? Das konnte definitiv ein Problem werden. « Eugene... Ich bin jetzt da. Er redete eben mit jemandem über Standorte. Klang für mich nach mehreren. Besitzt er noch Immobilien? »
Eugene's Finger rasten über die Tastatur. Es dauerte einen Moment, doch dann bestätigte er das. « Ruinen, um genau zu sein. Baufällig. Er hat sie günstig erworben aber sie sind nicht bewohnt. Genauer gesagt handelt es sich um drei Gebäude, weitläufig verteilt, aber alle außerhalb von Burton... Du bist dir also sicher das du den Richtigen hast, ja? »
Oh, daran bestand kein Zweifel. Die Dunkelheit breitete sich in meinem Kopf aus und bereitete mich darauf vor den nächsten Schritt zu gehen. « Die Adressen, Eugene. Ich brauche die Adressen. Schick sie mir, ich muss das hier erledigen. »
†
Antonio hatte den Eingangsbereich verlassen und war in den nächsten Stock verschwunden. Ich folgte ihm. Ich spürte hölzerne Verzierungen am Lauf der Treppe, die sich zu beiden Seiten des Eingangs erstreckte. Hier und da schien es einen Bruch zu geben, gefolgt von Kerben. Für einen Moment dachte ich sogar daran das diese Kerben von den Klingen eines Messers stammten.
Sobald ich die letzte Stufe erreicht hatte blieb ich stehen. Mehrere geschlossene Türen zu beiden Seiten kamen zum Vorschein. Es war still in diesem Haus, so still, das man einer Stecknadel beim fallen zuhören konnte... Doch ich wusste es besser. Er war hier, irgendwo. Ich konzentrierte mich, lauschte... Und dann hörte ich seine Stimme erneut. Dumpf und scheinbar ein gutes Stück von mir entfernt - aber klar genug um von mir verfolgt zu werden.
Mit dem Messer in der Hand schlich ich vorwärts, der Stimme entgegen. Seine Worte wurden klarer, je näher ich kam und als ich sie hörte wuchs der Hass in mir erneut auf ein völlig neues Level.
« Ich zeig's dir, du kleine N*tte. Jetzt hör auf zu flennen! »
Das Geräusch eines Schlages erfolgte, dann war alles still... Das war jedoch egal, denn ich hatte die richtige Tür bereits gefunden... Und sie stand einen kleinen Spalt breit offen, der auf den ersten Blick kaum aufgefallen war.
†
Schwach beleuchtet nahm ich das innere ich mich auf. Ich zögerte eine Sekunde als ich die Szene vor mir war, aber dann... Ging alles sehr schnell. Antonio stand dort vor einer Wand, an der an einem Kreuz befestigt eine junge Frau hing, mit herunter gelassener Hose, seinem erbärmlich winzigen Schwanz in der Hand. Die Klinge legte sich um seinen Hals und ich flüsterte, obwohl mir nach schreien zumute war.
« Weißt du wer ich bin? »
Mein Blick huschte über die Frau. Ihr Gesicht war so verdreckt und mit Blut besudelt, das man sie fast nicht erkannt hätte und die Angst das es Jess war hielt mich in einem festen Würgegriff - aber ich erkannte sie.
Georgia.
« Ihr habt etwas das mir gehört... Und ich bin gekommen um es mir zurück zu holen. Also wirst du mir Informationen geben und ich verspreche im Gegenzug das dein Tod schnell über die Bühne geht... Wenn nicht... Tja... Ich habe so ein paar spannende Ideen um dein Leiden möglichst lange zu strecken. Also... Wie hättest du es gerne? »
Antonio begann zu lachen. Ich roch seinen Schweiß, rümpfte die Nase. Dieser kleine Bastard war abartig. « Du willst also die kleine hörige Schlampe retten. Ohhh, ich kann sie noch immer riechen. Ich sehe noch immer wie sie vor mir kniet und meinen Schwanz lutscht. Ich glaube es gefällt ihr. Womöglich will sie gar nicht gerettet werden, du kleiner Scheißer. »
Er provozierte mich... Absichtlich.
†
In seinem eigenen Blut lag der Bastard zu meinen Füßen, das Messer steckte noch fest zwischen seinen Rippen. Er röchelte bereits und spuckte Blut, was mich allerdings nicht davon abhielt weiter zu machen. « Wo sind sie? Wo habt ihr sie hin gebracht? »
Zwischen all dem Schmerz den er spürte schaffte er es mich trotzdem noch zu verhöhnen. Wieder ertönte etwas das entfernt nach einem Lachen klang, doch diesmal war es deutlich abgehackter als zuvor. Ich verschränkte die Arme, ließ den Kopf in den Nacken fallen und schloss die Augen. Das hier würde länger dauern als ich erwartet hatte... Aber zumindest hatte ich den richtigen Bastard gefunden um meinem Ziel, Jess und Avery zu finden, näher zu kommen. « Okay... Versuchen wir es anders... Woher wusstet ihr wo ihr Avery finden könnt? »
Wieder lachte er. Diesmal regte es mich aber so auf, daß ich gegen das Messer in seinem Leib trat und es noch tiefer zwischen die Rippen presste. Das rasche ein und ausatmen hielt Antonio davon ab lauthals zu schreien - was ihm, selbst wenn er es getan hätte, nichts gebracht hätte. Ich war hier und ich würde nicht aufhören. Er musste sterben. « Wir haben... Gute Informanten... Seitdem du uns permanent angreifst. Es war leicht für uns. »
Er verlor viel Blut. Viel zu viel für das was ich noch mit ihm vor hatte. Ich nahm etwas Abstand und sprach mit Eugene. « Du musst Emmett her schicken... Und am besten kommst du auch... Wir werden deine Hilfe brauchen. »
« Warum? Was ist los? »
Ich sah zu Georgia. Emmett würde sich ewig Vorwürfe machen aber das brachte uns nicht weiter... Trotzdem wollte ich das er wenigstens die Chance bekam sie angemessen herzurichten und ihrer Familie zu überführen. « Es gibt eine Leiche... Und Antonio wird uns noch eine Weile begleiten. Beeilt euch. »
†
Im Bates war es unangenehm still. Georgia lag auf einer Bahre, ihr geschundener Körper erzählte von den schmerzhaften Torturen die sie erlebt hatte. Emmett riss sich zusammen auch wenn es ihm schwer fiel. Ich konnte sehen wie verletzt und geschockt er noch immer war. « Geht's denn? »
Er atmete geräuschvoll aus.
« Du musst sie finden und dafür sorgen das so etwas nie wieder geschehen kann, Ric. Ich... Ertrage den Anblick kaum. »
Er tat mir leid. Der Tod war sein ständiger Begleiter und durch meine Arbeit hatte er hunderte wie Georgia gesehen - doch das es hierbei um jemandem ging der ihm näher stand brachte ihn an den Rand der Verzweiflung. « Was hast du gefunden? »
« Sie ist bereits seit Tagen tot. Stumpfe Gewalteinwirkung auf den Kopf kann ich allerdings ausschließen. Sie hat keinen Tropfen Blut mehr in ihrem Körper. Ihr Tod muss qualvoll gewesen sein. Diverse Schnittwunden im Torax sowie Intim Bereich zeigen deutlich, daß sie für irgendwelche kranken Dinge missbraucht wurde. Ich habe auch Rückstände gefunden, die zu unserem Gast gehören könnten. Sperma Spuren im Intimbereich sowie Gesicht. Als sie starb hing sie bereits an diesem Ding an der Wand, aber zuvor... Ich schätze sie wurde extra 'aufgebaut'. »
Sie war bereits seit Tagen tot und doch erinnerte ich mich daran das Antonio kurz bevor ich den Raum betrat mit ihr sprach als würde sie noch leben. War es eine Psychose oder geilte ihn der Anblick derart auf, daß er es in eine Art Spiel verwandelt hatte? Er war gestört, vollkommen geisteskrank - das stand außer Frage. Aber das hier übertraf selbst Dinge, die ich schon zigfach gesehen hatte. « Ich kümmere mich um unseren Gast... Ihr Tod ist nicht umsonst gewesen, Emmett. »
Ich ließ ihn mit Georgia alleine und ging den Gang entlang. Die Stille um mich herum war nichts im Vergleich zu dem tosenden Lärm in meinem Kopf. Ich musste daran denken das Jess und Avery noch immer in der Gewalt dieser Monster war und konnte den Gedanken nicht abschütteln, daß sie bereits ein ähnliches Schicksal ereilt hatten. All das genügte um mich rasend vor Zorn werden zu lassen und ich stieß die Tür zu einem Raum auf, in dem unser Gast an Geräte angeschlossen am Leben erhalten wurde... Doch ich war nicht dafür da dies zu einem Dauerzustand werden zu lassen, nein. Ich wollte Informationen die nur er mir geben konnte und danach würde ich dafür sorgen das sein elendiger Kadaver in wilden Flammen aufging.
« Hallo Antonio. »
Ich grinste ihn an. Erschöpft hob er den Kopf in meine Richtung. « Lass uns ein bißchen spielen. »
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