- 18 / Avery -
« Überrascht? »
Tränen brennen in meinen Augen und eine Mischung aus Wut und tiefer Traurigkeit breitet sich in mir aus, infiziert mich. Ungläubig schüttle ich den Kopf, will etwas sagen... Aber ich stehe total unter Schock und meine Stimme verweigert ihren Dienst. « Antonio. Geleite alle hinaus. Avery bleibt bei mir... Und nur damit ihr es wisst - wir beginnen bereits morgen früh euch für unsere Gemeinde tauglich zu machen. »
Antonio, der kleine hässliche Kerl mit dem perversen Blick leckt sich über die Lippen ehe er dem, was der Boss sagt nachkommt. Schon kurz darauf jagen er und Miguel die Mädchen und Frauen aus dem Raum. Nur noch ich bin übrig. « Freust du dich denn gar nicht, Avery? »
« Worüber? Das ich dachte du seist tot, grausam gequält von Monstern? Ich habe getrauert Eve. Ich habe mir Vorwürfe gemacht. »
Meine Worte sind anklagend und ich bin wütend, allerdings kann ich die Tränen nicht zurück halten. Viel zu sehr schmerzt mich dieser bittere Verrat. Es ist schon grausam genug hier zu sein, aber zu wissen wer tatsächlich der Boss ist... Ich kann es nicht glauben, muss wissen wieso.
« Warum, Eve? Erklär es mir. Du gehörst zu diesen kranken Leuten? »
Ein schiefes Lachen quetscht sich aus Eve's Mund, die Lippen schmal aufeinander gepresst. Sie bewegt sich, langsamer und eleganter als ich es von ihr gewohnt bin - aber offenbar hat sie ihre Rolle mir gegenüber einfach nur perfekt geschauspielert und ich kenne diese Person hier überhaupt nicht. « Erinnerst du dich an Massimo? Diesen wunderbaren Italiener, mit dem ich eine Weile zusammen war? Nach der Trennung bin ich in den Urlaub geflogen den ich für uns als Überraschung geplant hatte. Nur er und ich, Sand Strand, Cocktails und jede Menge Sex. »
Ich erinnere mich tatsächlich - schließlich bin ich es gewesen die Eve von der Untreue dieses Mannes erzählt hat. Ich habe ihn erwischt in einem der Clubs, während Eve brav zuhause geblieben war um auf ihn zu warten - weil er angeblich ja noch arbeiten musste. Doch statt der Arbeit im Büro hat er sich vor meinen Augen mit einer sehr viel jüngeren Frau vergnügt und sie regelrecht auf der Tanzfläche bestiegen... Also habe ich es ihr erzählt, nachdem ich ihm die Meinung gesagt hatte. « Ja. »
« Ich saß da also in diesem super teuren Hotel das ich gebucht hatte und heulte diesem Bastard hinterher, bis du auf die Weisheit kamst mich in Clubs zu drängen. Du hast gesagt ich solle mich ablenken und amüsieren und es war dir egal ob ich bereit dazu war. Du hast auf meine Meinung und Gefühle nicht gehört. »
Ich bin geschockt. So wie sie es schildert war es niemals gemeint. Ich wollte für sie immer nur das Beste... Und als ich ihr genau das sage kassiere ich eine Ohrfeige die meinen Kopf dermaßen zur Seite schleudert. « Halt deine verdammte Klappe du Miststück. Ich bin noch nicht fertig und du wagst es nicht mir zu widersprechen sonst ziehe ich ganz andere Seiten auf... Aber um fortzufahren... Ich habe auf dich gehört und ich ging aus. Ich dachte ich hätte den teuersten Club der Welt verdient, nur das beste für mein armes Herz. Und genau dort traf ich einen Mann. Groß, muskulös. Augen so klar wie das Meer und einem Gesicht zum niederknien. Ich erinnerte mich an deine Worte und wollte mich ablenken. Ich verbrachte den gesamten Abend und die Nacht an seiner Seite. Er war ein Gentleman... Zumindest bis wir in meinem Hotelzimmer waren. Als er merkte das ich keinen Sex wollte fing er an mich zu würgen und zu schlagen. Ich war fast ohnmächtig als weitere Männer ins Zimmer kamen, allesamt ihm zugehörig. Und während die einen mich fest hielten vergewaltigten mich die anderen während er zusah und sich einen runter holte. Er beschimpfte und schlug mich weiter und ich dachte das ich so gut wie tot sei. »
Ich sollte es nicht, aber ich empfinde Mitleid. Irgendwo tief in ihr drin ist die zerstörte Seele, die einst meine Freundin war. Die, die so grausam misshandelt wurde. « Eve... »
Der nächste Schlag in mein Gesicht brennt wie Feuer und ich taumele. Sie schreit etwas, doch ich bin zu sehr darauf konzentriert nicht um zu fallen, als das ich es verstehen könnte. Plötzlich kommt Antonio wieder ins Zimmer und die Temperatur fällt schlagartig um einige Grad. Seine Anwesenheit bereitet mir ein Unbehagen das ich nicht beschreiben kann.
« Ich habe dich gewarnt, Avery. Antonio... »
Ein kurzes nicken in seine Richtung genügt und er löst den Gürtel seiner Hose. Dabei leckt er sich erneut über die Lippen und kommt auf mich zu. Gegen ihn alleine komme ich irgendwie an, was ich allein auf meinen Überlebenstrieb schiebe - doch sobald Miguel hinzukommt und mich zu Boden drückt sieht das ganze etwas anders aus. Eve steht nur daneben und sieht zu, wie Antonio mich schlägt und den Gürtel wieder und wieder gegen meine Wangen schnellen lässt. Schließlich gibt er Miguel den Befehl mich so fest wie möglich zu halten.
Ich ahne was kommt, kann aber nichts tun um es zu verhindern. Antonio öffnet bereits seine Hose, legt mir aber vorher den Gürtel um den Hals. Egal wie heftig ich mich zu wehren versuche, egal wie laut ich schreie... Nichts und niemand kann mir helfen.
« Jedenfalls... Antonio hat mich gerettet. Er hat gesehen das in mir eine Kämpferin wohnt. Er nahm mich unter seine Fittiche und machte mich stärker als ich es je war. Und durch ihn fand ich meinen Frieden in Nemesis, der Göttin des Zorns. Ihr huldigen wir. Diese Familie... Die, die dein beschissener Loverboy angreift und tötet... Ist meine Familie und ich bin ihr Anführer. Und du, kleine Ave... Du wirst leiden und brechen bis an deine Grenzen und darüber hinaus. Das verspreche ich. »
Antonio dringt in mich ein und ich schreie aus vollem Halse - bis der Gürtel um meinen Hals so eng wird, daß ich bereits Sterne sehe. Ich weine und schreie, will um mich schlagen und sie büßen lassen, aber ich habe keine Chance.
In diesem Moment stirbt etwas in mir.
○
Ich bekomme kaum mit wie mich Miguel auf seine Arme hebt und mich weg trägt, viel zu arg hat mich der Schmerz und der Schock in seinem Griff. Ich kann nicht glauben das Eve das zugelassen, es sogar noch befürwortet hat. Für sie scheint das Teil von einer Art Test zu sein... Und offenbar überleben diesen Test nicht viele. Meine Kehle tut weh aber ich kann nicht definieren ob es mehr der Gürtel oder meine Schreie waren, die dafür verantwortlich sind. « Weißt du, meine Schöne. Ich habe dir vorhin einen guten Rat gegeben, aber du wolltest wohl die Grenzen testen. Du kannst hier keine Diskussion starten. Schon gar nicht mit dem Boss oder Antonio. Du wirst verlieren, immer. Und der Einsatz ist sehr hoch. »
Wir betreten einen Raum den ich nicht richtig wahrnehme. Nichts hiervon ist im Moment relevant für mich. Miguel lässt mich auf etwas weichem nieder, aber ich kann nicht mal für einen Moment darüber nachdenken wo ich bin oder was ich tun soll, weil der Schmerz so übermächtig ist. Das brennen und bluten zwischen meinen Beinen verstärkt das Gefühl in mir mich übergeben zu wollen.
Miguel weicht indes nicht von meiner Seite. Er fragt nicht um Erlaubnis sondern beginnt einfach mich vorsichtig zu 'säubern'. Als er jedoch daran ist sich meinen Intimbereich ansehen zu wollen fauche ich leise. Es ist alles was ich noch heraus bekomme. « Okay, verstehe. Dann mach dich selbst sauber. Aber mach es gründlich. Du kennst jetzt eine der möglichen Strafen falls du es nicht tust. Ich sehe morgen nach dir. »
« Warum? »
Miguel zögert.
Er seufzt und sein Gesicht liegt halb im Schatten als er leise spricht. « Weil ich der einzige bin, der nicht so abgef!ckt ist. »
○
Die nächsten Tage sind verhältnismäßig ruhig. Miguel schaut alle paar Stunden nach mir, ansonsten hört man Schreie der anderen Gefangenen, die wohl dieselbe Qual durchleben müssen wie ich.
Gefangen in einem Nebel voller Angst und Selbstzweifel denke ich an Alaric und die anderen. Sogar an Eve, obwohl sie es nicht verdient hat. Immer wieder keimt in mir die Frage ob es Eugene und Jess gut geht, ob Alaric noch am Leben ist und wenn ja, ob er nach mir sucht... Oder hat er mich bereits vergessen? Nein. So darf ich nicht denken. Ich weiß das er nach mir sucht und ich muss fest daran glauben das er mich finden wird... Oder das ich, wie durch ein Wunder, einen Weg aus dieser dreckigen Hölle finde. Als die Tür sich öffnet und ich schon fast mit dem Anstandsbesuch von Miguel rechne halte ich inne... Es ist Eve. Sie schlendert in den Raum als gehöre ihr die Welt und als hätte sie nicht zugelassen, daß man mir weh tut. « Ich wollte nach dir sehen. »
In meinem Kopf schreie ich sie an. Ich schreie, daß sie sich f*cken soll und das ich sie umbringen werde sobald ich auch nur die geringste Chance dazu bekomme. Aber nach außen hin schweige ich... Weil ich weiß was passieren wird, wenn ich auch nur ein Widerwort gebe. « Miguel sagt das es dir besser geht. Deine Wunden heilen schnell, das ist gut. Du bist robuster als du glaubst, Avery. Das heißt wir können bald beginnen. »
« Womit? »
Eve hebt eine perfekt manikürte Braue und ich will ihr am liebsten ins Gesicht schlagen, so sehr widert diese Arroganz mich an. Sie lächelt, aber es ist kein freundliches Lächeln. « Ich nehme die Bedürfnisse meiner Familie sehr ernst, Ave. Wir brauchen nicht nur stetigen Zuwachs sondern auch ein Gemeinschaftsgefühl. Alles was wir besitzen teilen wir. Manche von euch wurden auserkoren Teil unserer Familie zu sein... Andere jedoch... Sie sind nur Futter. Sie dienen dem Zweck der Unterhaltung. Der Opferung. Du gehörst zu denen, die Teil dieses großartigen Zusammenseins sein können. Wir müssen nur sicher gehen das du stark genug für all das bist, was wir für dich vorgesehen haben... Deswegen werden wir dich brechen, wieder und wieder... Und du wirst eines Tages erkennen das du stärker und besser aus den Trümmern wieder empor steigst. »
Was soll das heißen? Ich will kein Teil dieser kranken Sekte sein... Nicht heute und auch nicht sonst wann. Alles was ich will ist diese Schweine leiden zu sehen... Für all die Qualen, die sie anderen zufügen.
« Dein Loverboy Alaric hat dein Potenzial bereits erkannt. Auch er testet deine Grenzen aus. Er hält sie nicht einmal ein. Aber wenn du erkennst das wir deine Familie sind wirst du dich gegen ihn stellen. Bis dahin... Solltest du brav das tun was man dir sagt. Du weißt das Konsequenzen ansonsten unabdingbar sind. Nun gut,... Ruh dich aus. Ich denke in ein paar Tagen bist du soweit mit den anderen zusammen geführt zu werden. Stärker zu werden. »
Ich habe keine Ahnung wovon sie überhaupt spricht, bin aber mehr als schockiert wie abgedreht sie in Wirklichkeit ist. Eine vollkommen andere Person in einem schwarzen Gewand. Sie spricht von Familie und das ich mich gegen Alaric stellen werde, als wäre das schon so sicher wie das Amen in ihrer ekelhaften Gemeinde. Ich muss unbedingt herausfinden, was sie mit uns Gefangenen hier vor haben...
○
Später am Abend kommt Miguel vorbei, bringt mir wie es mittlerweile schon üblich ist etwas zu essen und zu trinken. Eigentlich will ich es ihm entgegen werfen, aber ich hungere und kann nicht anders. Die meiste Zeit ist er still und beobachtet mich, aber heute will ich sein Schweigen brechen. « Erklärst du mir etwas? »
Er schnaubt theatralisch, nickt dann aber.
« Was haben Sie mit uns vor? Wozu all das Gerede über Gemeinschaft und Familie? »
Miguel wirkt nervös. Als er mich ansieht sind seine Augen glasig. « Hat sie von Zuwachs gesprochen? Dann kannst du es dir denken... Und falls du wirklich so unbeholfen bist... Ihr werdet versklavt, aber nicht in traditionellen Sinne. Es kommen keine Käufer die auf euch bieten und euch dann mitnehmen. Ihr seid Freiwild, für jedermann in dieser Gemeinschaft zugänglich. Sie dürfen tun und lassen was sie wollen, während ihr es ertragen müsst. Am Ende wird sich zeigen welche von euch den stärksten Willen zum Überleben hat. Diejenige wird dann in einer rituellen Zeremonie an die Gemeinschaft gebunden. Meist passiert das sogar freiwillig. Ich weiß nicht ob es das Stockholm Syndrom oder etwas anderes ist... Es passiert einfach. »
« Und was, wenn man sich gegen die Bindung wehrt? Oder gegen die... Menschen der Gemeinschaft? »
« Dann landest du in Standort A. Jetzt bist du noch im erträglichsten Standort : C. Aber wenn du dich wehrst, nicht gehorchst... Dann werden sie dir weh tun und das was noch von dir übrig ist landet in A... Bereit der Masse vor den Bildschirmen zum Fraß vorgeworfen zu werden. »
Ich traue mich gar nicht zu fragen... Aber ich muss es wissen. Ich muss so viel wie möglich in Erfahrung bringen.
« Was ist mit Standort B? »
Miguel zögert erneut. Leichter Schweiß klebt an seiner Stirn. « Standort B... »
« Miguel! »
Wir beide schrecken zusammen als wir Antonio Miguel's Namen schreien hören. Das Gespräch endet abrupt und er geht ohne mir meine Frage zu beantworten. Zusammen gekauert denke ich über all das nach, was er gesagt hat...
Ich muss hier raus, schnellstmöglich... Aber ich kann nicht gehen ohne die anderen zu befreien... Und Eve zu töten.
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