Chapter Nine: Falling Like The Stars
Sein Kopf schnellte in die Höhe, als er Schritte bemerkte, die sich zielstrebig der Bank näherten. Als er allmählich den Blick hob, erkannte Ben, dass es Rey war. Wie von selbst glitt sein Blick an ihr auf und ab, um sie einer genauen Betrachtung zu unterziehen. Zuerst bemerkte er, dass sie blass war. Ihre Augen gerötet und zeugten von Tränen, die längst getrocknet waren. Der Anblick versetzte ihm augenblicklich einen Stich. Stumm setzte sie sich neben ihn und starrte ins Nichts. Ihr Blick war leer und ihre Gedanken waren aufgewühlt, wie die unruhige See. Unwillkürlich legte er seine Hand auf ihren Oberschenkel. Ob er es tat, weil er es wollte, oder um ihr Trost zu spenden, wusste er nicht. Er begann ihre Gedanken zu durchforsten, bis er fand, wonach er gesucht hatte.
,,Er hat über Exegol gesprochen", sagte er in die Stille.
Kaum hatte er Exegol ausgesprochen, versteift sich ihr gesamter Körper. Es war allein das Wort, was sie bereits ängstigte. Abrupt hob Rey die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Die Stille war, wie eine Mauer zwischen ihnen.
,,Sie ist fort", kam schließlich leise über ihre Lippen.
Sofort wusste er, von wem sie sprach. Astria.
,,Wohin ist sie?"
Eigentlich kannte er die Antwort, doch er wollte es aus ihrem Mund hören. Ihr Blick glitt zu ihm.
,,Exegol."
Ihre Stimme zitterte ein wenig, als sie fortfuhr.
,,Ich habe das Gefühl, ein bisschen wahnsinnig zu werden, dass etwas außer Kontrolle gerät."
Eine Ratlosigkeit begann sich tief in ihm einzugraben. Und er hatte sich schon lange, bevor alles auf den Kopf gestellt wurde, so gefühlt. Auf einmal war es so, als wüsste er gar nichts. Nichts über die Macht, die Rolle, die sie ihm zugedacht hatte und am wenigsten über Rey. Ben spürte förmlich, wie sie ihm immer mehr entglitt. Er ließ den Kopf nach hinten sinken und schloss die Augen, zwang seinen Geist zur Ruhe. In diesem Augenblick wollte er nicht denken. Nichts als Stille umgab Rey und ihn, selbst die sonst so aktiven Vögel in den Tiefen des Dschungels waren verstummt. Ein vages Gefühl von nahenden Unheil überkam ihn. Vielleicht war es auch er, der den Verstand verlor. Bei dem Gedanken trat ein verbittertes Grinsen auf seine Züge. Allmählich öffnete er die Augen, um die Arme vor der Brust zu verschränken. Er schwieg und wartete. Was typisch für ihn war. Still und kalt. Es war Rey, die ihn beobachtete, als erriet sie die Wahrheit, als wisse sie es besser.
,,Ben, da ist noch mehr auf Exegol, als nur das Trümmerfeld, das wir zurückgelassen haben. Und du weißt, was das bedeutet."
,,Ich weiß", entgegtete er stoisch.
Die Furcht, die in ihren Augen lag schnürte ihm die Kehle zu. Ihr Schmerz ging so tief und war so roh, dass die Qualen zu etwas Greifbarem wurden. Er brauchte sich nicht einmal der Verbindung zu öffnen, um all das zu spüren. Es ging in dunklen Wellen von ihr aus, und verschlang dabei ihr Licht. Ein Licht, das er begonnen hatte zu lieben. In seinem Magen begannen sich winzige Eisklumpen zu bilden, als er daran dachte, dass es erlöschen könnte. Abermals suchte seine Hand die ihre, um sie sanft zu umfassen. Ein Versuch ihr zu zeigen, dass er sie mit all dem nicht alleine lassen würde. Er wusste, dass sie sich ihren Freunden nicht anvertrauen würde, also war er der Einzige, der ihre dunkelsten Geheimnisse mit ihr trug. Zaghaft zeichneten seine Fingerspitzen Kreise auf ihrem Handrücken.
,,Vertraust du mir?", fragte er leise, sodass sie zu ihm auf sah.
Liebe brauchte Vertrauen.
Vertrauen war das Wurzelwerk einer Beziehung. Das, was zusammenhielt und Stabilität sowie Sicherheit schenkte. Das, was den Baum nährte.
Eine Beziehung war ein komplexes Konstrukt. Kaum greifbar und vollkommen individuell. Eine mögliche Form von Beziehung war die Liebesbeziehung, also die partnerschaftliche Beziehung. Der Moment, in dem sich zwei Menschen fanden und sich für ein gemeinsames Leben entschieden. Kaum etwas barg so viel Konfliktpotential und Schönheit in einem. Egal, ob "Gegensätze ziehen sich an" oder "Gleiches und Gleiches gesellt sich gern", es rankten sich viele Geheimnisse darum, wie sich eine Beziehung zu gestalten hatte, um über Jahre bestand zu haben. Noch immer versuchte Ben zu verstehen, wie es entstand, das Gefühl von Einheit, das Gefühl von Liebe. All die Jahre voller Zorn hatten ihn abgestumpft. Die Erinnerung an das Gefühl geliebt zu werden war kaum noch vorhanden. Doch in dieser Sekunde, als Rey ihm in die Augen sah, wusste er, dass sie es tat.
,,Ich vertraue dir."
Und diesen Worten vertraute er. Rey lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. Es würden dunkle Zeiten kommen, aber zusammen würden sie einen Weg finden. Das Kribbeln, dass sich begann auf seiner Haut auszubreiten, war längst nicht das Einzige, was er fühlte. So viele Emotionen überschwemmten ihn, dass er sich ein wenig verloren fühlte. Er konnte ihr Herz wild schlagen hören. Plötzlich kitzelten kleine, kalte Tropfen seine Haut. Es dauerte bis Ben es bemerkte.
,,Rey ... Es beginnt zu regnen."
Nun huschte Reys Blick zu den dunklen Wolken am Himmel, die sich unbemerkt aufgetürmmt hatten. Es war nicht kalt und die wenigen Tropfen, die wie silberne Perlen vom Himmel fielen, machten ihr nichts aus. Im Gegenteil es kühlte ihre erhitzte Haut. Unwillkürlich stand sie auf und begann zu tanzen. Sie bewegte sich, während sie ihr Gesicht der Nässe entgegenstreckte, die an ihrer Haut abperlte. Rey kicherte. Der Klang, die Wärme, die darin verborgen lag, durchdrang die unheilvolle Stille von Ajan Kloss. Es brachte sogar die verstummten Vögel zum Zwitschern.
Wie gebannt starrte Ben sie mit leicht geöffneten Lippen an. Als ob seine Augen nie etwas Schöneres gesehen, oder gehört hätten. In diesem Augenblick war sie perfekt und das Licht, dass sie umgab, strahlender denn je. Allmählich bewegte sie sich auf ihn zu. Sie wirkte befreit, wie ein Vogel, der seinem Käfig entfliehen konnte. Ein einladendes Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie ihm die Hand entgegen streckte, die er ungläubig betrachtete.
Sie glaubte doch nicht wirklich, dass er mit ihr tanzen würde?
Als würde sie seine Furcht in seinem Blick erkennen, umfasste sie seine Hand und zog ihn auf die Füße.
,,Komm schon, Ben", bat sie ihn.
Erneut zögerte er.
,,Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist."
Wild entschlossen und vollkommen überzeugt von ihrer waghalsigen Idee umfasste Rey sein Handgelenk. Sie wirkte in ihren Bewegungen zart und gleichzeitig stark, zerbrechlich und doch unbeirrbar. Im Gegensatz zu ihm. Er war steif, gleichzeitig ungelenk und doch gekonnt, tollpatschig und unsicher und dabei höchst virtuos, drückte all die Bockigkeit und Schüchternheit beim Tanzen mit den Füßen aus, die ihm so im Wege standen wie er sich selbst. Rey begann laut zu lachen.
,,Hör auf damit!", warnte er sie, wobei seine Wangen eine zarte Rötung aufwiesen.
Sie trat einen Schritt auf ihn zu, dabei spritzte ein wenig Wasser auf, das sich mittlerweile auf dem Erdboden gesammelt hatte. Ihre Hand berührte seine vom Regen feuchte Wange, was ihn schlucken ließ, während er auf sie hinab sah.
,,Es ist wirklich süß, wie du versuchst die Kontrolle zu behalten."
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um seine Lippen flüchtig zu berühren, bevor sie sich mit einem Lächeln zurückzog. Wie zuvor begann sie sich im Regen zu bewegen, um sich danach im Kreis zu drehen. Ben blinzelte, noch immer überrascht von der Berührung, die seine Lippen prickeln ließen. Keine Sekunde ließ er sie aus den Augen, obwohl ihm allein vom Zuschauen der vielen Drehungen schlecht wurde. Tatsächlich stolperte Rey wie eine betrunkene auf ihn zu, wobei sie lauthals lachte. So gelöst hatte er sie noch nie zu Gesicht bekommen. Atemlos und mit Tränen in den Augen, die durch das Lachen verursacht wurden, sank sie in seine Arme. Ben begann sich vorzustellen, dass so ein Leben mit ihr aussehen könnte. Ein Leben gefüllt von Lachen und Abenteuern.
,,Du bist wirklich verrückt", wisperte er dicht vor ihren Lippen.
Ihre Mundwinkel hoben sich.
,,Ich glaube, dass Gleiche trifft auf dich zu."
Er schmunzelte, während er auf sie hinab sah. Womöglich hatte sie recht, aber zugeben würde er das nicht. Vorsichtig stellte er sie wieder auf ihre Füße, darauf gefasst sie aufzufangen, falls sie sich noch ein wenig wackelig auf ihren Füßen bewegen sollte. Doch zu seinem Erstaunen bewegte sich Rey ohne zu wanken.
,,Wir sollten aus dem Regen raus", warf sie ihm über die Schulter zu.
Rasch holte er zu ihr auf, sodass sie nebeneinander zu den Gebäuden zurückkehrten. Rey schlüpfte als erstes durch die Tür in ihre Räume, um nach Handtüchern zu kramen. Sie warf eines Ben zu, bevor sie begann sich die Haare zu trocknen. In Gedanken rubbelte Ben kurz mit dem Handtuch durch sein Haar, ehe er versuchte das nasse Shirt über seinen Kopf zu ziehen. Er hörte Rey scharf Luft einziehen. Erst jetzt wurde er sich ihrer Anwesenheit wieder bewusst und das sein unbedachtes Handeln unpassend war. Hastig versuchte er das bereits halb über den Kopf gezogene Shirt wieder nach unten zu ziehen, um seinen Oberkörper zu bedecken.
Rey war schneller, als sie sagte: ,,Du brauchst das nicht tun. Es ist ja nicht so, als hätte ich deinen nackten Oberkörper nicht bereits gesehen."
Eine gewisse Befangenheit schwang in ihrer Stimme mit und ihre Wangen schienen in Flammen zu stehen vor Scham.
,,OH", kam von Ben.
An ihr Treffen durch die Verbindung auf Ahch-To hatte er gar nicht mehr gedacht.
,,Wenn es dich wirklich nicht stört", versicherte er sich noch einmal ihrer Zustimmung.
,,Ach Quatsch", brachte sie hastig hervor, bevor sie sich wieder ihren Haaren zuwandte.
Aus dem Augenwinkel verfolgte sie jede Bewegung von ihm, als er sich das nasse Shirt über den Kopf zog. Sie spürte ihr Herz rasen und bei dem Anblick förmlich aus ihrer Brust springen. Schnell begab sie sich ins angrenzende Bad, um sich ihrer nassen Kleidung zu entledigen. Ihre Gedanken begannen Achterbahn zu fahren, als ihr bewusst wurde, dass Ben die Nacht bleiben würde. Was nach Finns Störung aus Reys Sicht in weite Ferne gerückt war. Aber, dennoch war er hier. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie rot wie eine Tomate war. Ihre Haare waren ein grauenhaftes Durcheinander und ihre Kleidung zum Schlafen auch nichts Besonders. Was die Sache nicht gerade verbesserte. Auf einmal fühlte sie sich überfordert. Die Situation war ihr vollkommen fremd und verursachte ihr Kopfzerbrechen. Was würde Ben erwarten?
,,Rey?", fragte Ben aus dem Nebenzimmer.
Wie ein aufgeschrecktes Reh begann Rey in dem kleinen Bad auf und ab zu laufen.
,,Rey, ist wirklich alles in Ordnung?", fragte er nach, als sie nicht antwortete. Als wieder keine Antwort kam, sagte er: ,,Ich komme rein."
Oh Gott, nein.
Was sollte sie jetzt tun?
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