Kapitel 7
Ich starrte auf seinen Rücken. Wunderte mich noch immer darüber, dass er mir diesen Abschied gewährte. Voller Vorfreude und Verwirrung wartete ich und erschrak, als er seine Gestalt mit einem mal änderte und vor mir das Wesen aufragte, welches mich am ersten Tag meiner Ankunft hier, vor diesen knochigen Wesen gerettet hatte.
>>Du...<< wisperte ich und wehrte mich nicht, als er mich in seine Arme nahm. >>Ja. Ich.<< erwiderte er fast still und hob dann mit wenigen Flügelschlägen von der Terrasse ab.
Es hätte mich nicht wundern dürfen, dass er es war. Immerhin lebte ich hier bei ihm, statt tot in diesem Graben zu liegen. Und doch konnte ich nicht umhin auf seine ledernen Flügel zu starren und mich zu fragen, ob er all die Jahrtausende dabei zugesehen hatte, wie all die Engel dort starben, während Jubel und Gelächter sie in den Tod begleitete. Doch fürs erste beschloss ich es hinzunehmen. Denn so selbstsüchtig wie ich war, wollte ich nichts tun, was ihn dazu bringen könnte mir diesen Besuch zu verweigern. Also ließ ich mich still durch die Luft fliegen.
Es dauerte nicht lange, da erreichten wir den größten, spitzesten Turm, den ich je zu Gesicht bekommen hatte. Und inmitten der Spitze war ein Portal aus Asche und Licht. >>Das ist der einzige sichere Weg hinaus. All die anderen Wege wären der Tod für jeden, der es wagen sollte.<< Ich verstand die Drohung dahinter. Er sagte es um mir zu verdeutlichen, dass das mein einziger sicherer Weg hinaus war. Der einzige Weg, den ich nicht mehr eigenständig nehmen konnte, weil meine Flügel fort waren. >>Können wir?<< fragte ich und konnte dabei den Schmerz in meiner Stimme nicht unterdrücken.
Scharf sog ich die Luft ein, als Deimos mit seinen Fingerkuppen über meine Wirbelsäule strich. Vorsichtig tat ich einen Schritt nach vorne und schüttelte mit dem Kopf. >>Geh hindurch<< verlangte er nur und konnte dabei ebenfalls den Schmerz in seiner Stimme nicht unterdrücken. Es war fast, als würde ich durch das Portal hetzen, nur um dem ganzen zu entfliehen.
Noch bevor ich auf der anderen Seite ankam, roch ich die Blumen und fühlte die kühle Frühlingsluft auf meiner Haut. Dann gesellte sich das pure Licht dazu, bevor ich durch das Portal glitt und mir drei Engel entgegenblickten.
Ihre Augen fuhren sanft über mich, bevor sie sich zu Schlitzen verengtem, als sie hinter mich sahen. Ich musste nicht hinter mich sehen, um zu wissen, dass es Deimos zu verschulden war.
>>Ihr habe ihr einen Tag versprochen. Bei Sonnenuntergang werden wir wieder verschwinden.<<
Einer der Engel schüttelte den Kopf. >>Du wirst keinen Fuß hinaus setzen. Aber du darfst hier auf Nayeli warten.<<
Deimos Hand legte sich auf meine Schulter. Fest und unnachgiebig. >>Du hast bis Sonnenuntergang Zeit. Bist du dann nicht hier, werde ich wenn es sein muss diesen Ort in Trümmern legen.<<
Meine Lunge fühlte sich eng an. Erst als er seine Hand von meiner Schulter löste, konnte ich wieder aufatmen. >>Danke<< flüsterte ich stumm zu den Engeln, bevor ich ich mich an den Ausgang wagte. Mir blieb keine Zeit verzweifelt darüber zu sein, wie ich ohne Flügel unten ankommen sollte. Denn der dritte Engel, mit der wunderschönen dunklen Haut und den blassblauen Augen, hielt mir seine Hand hin, nur um mich dann hinunter zu fliegen. Er machte erst halt bei meinem Elternhaus, bevor er mich absetzte.
>>Ich warte vor den Toren auf dich, exakt kurz vor dem Sonnenuntergang. Genieße die Zeit Nayeli.<< verklang seine Stimme, bevor er verschwand.
Mit zitternden Fingern, griff ich nach der undichten Tür aus Holz. Sog die reine Luft unseres Gartens ein, bis ich endlich dazu in der Lage war die Tür zu öffnen. Mein Herz klopfte wie wild gegen meinen Brustkorb und als ich dann das entsetzte Gesicht meiner Mutter sah, brach ich an Ort und Stelle zusammen. Ihre Arme umschlangen meinen Körper, hielten mich fest, während ich Träne um Träne vergoss. Auch dann, als mein Blick zu meinem Vater fiel, der erschüttert hinter mich sah. Ich sah, wie er fast verzweifelt nach dem suchte, was mir genommen wurde. Und als er es nicht fand, war nun er derjenige, der sich an unserem alten Holztisch festkrallen musste, um nicht ebenfalls zu Boden zu fallen. Und so schwiegen wir, weinten wir und trösteten uns gegenseitig. So lange, bis ich wieder fähig war zu sprechen.
>>Ich habe nur diesen einen Tag. Der Herrscher der Unterwelt hat mich in seine Obhut genommen und mir diesen einen Tag zum Abschied gewährt. Ich weiß nicht, was mit all den anderen Engeln geschehen ist, die mit mir von hier gerissen wurden, ich..<< Mein Vater schüttelte den Kopf. >>Nayeli<< brach die Stimme meiner Mutter. >>Du bist die einzige, die hinfort gerissen wurde.<< wisperte mein Vater. >>Aber der Junge..<< brach ich ab, als mein Vater abermals mit dem Kopf schüttelte. >>In jenem Moment, als du fort warst, war er zurück. Unversehrt, bis auf seine Flügel, die Feuer gefangen hatten.<<
Ich verstand all das nicht. Und an den Gesichtern meiner Eltern erkannte ich, dass sie es ebenfalls nicht verstanden. Also beschlossen wir all das zu vergessen und uns auf die letzten Stunden zu konzentrieren, die wir gemeinsam hatten. es vergingen zwei Stunden, bevor mein Blick hinaus schweifte, wo die Sonne ihren Höhepunkt zeigte. >>Du willst zu ihm.<< stellte meine Mutter fest, woraufhin ich sie verwirrt ansah. >>Koa hat uns alles erzählt mein Kind.<< Abermals stiegen Tränen in meine Augen, bevor ich meinen Vater endlich ansehen konnte. >>Ares. Lass sie gehen. Lass sie Abschied nehmen.<< flehte meine Mutter statt meiner. Mein Vater senkte seinen Kopf und schloss gequält seine Augen, bevor er nickte. >>Doch das wird kein Abschied sein.<< beschloss er mit neu gewonnener Kraft. >>Geh du zu Koa. Geh zu dem Jungen und ich. Ich werde mich darum kümmern, dass du hier bleiben kannst. Ich gebe nicht auf..ich..<< brach er ab, ehe er meine Mutter und mich abwechselnd ansah. >>Ich lasse sie dafür büßen, was sie meiner Tochter angetan haben.<< Ich sprang auf, schlang meine Arme um ihn und genoss es ein letztes mal von meinem Vater umarmt zu werden. Es dauerte, bis wir endlich Abschied nehmen konnten. Doch sie versicherten mir, dass sie auf mich am Tor warten würden. Vor Sonnenuntergang und auch danach. Mit diesem Wissen löste ich mich von ihnen und machte mich auf den einzigen Ort, den Koa und ich alleine besuchten. Denn von meiner Mutter wusste ich, dass er nie unter ihnen war, sondern immer mit einem Hauch von Weide und Gras nach Hause kam.
Ohne Flügel dauerte es fast eine halbe Stunde, bis ich dort ankam. Und weitere etliche Minuten, bis ich Koa am kleinen Bach erkannte. Ich blieb stehen. Machte mich gefasst und doch traf es mich unvorbereitet, als er sich zu mir drehte. Ein herzzerreißender Schluchzer verließ meine Lippen, ehe ich auf ihn zu rannte und im nächsten Moment den Boden unter den Füßen verlor, weil er mich hochhob. Fest in seine Arme.
>>Wie kann das sein? Nayeli deine Flügel?<< Er setzte mich ab, sah mich an als wäre ich ein Traum. Tränen liefen unaufhörlich über meine und vermischten sich mit den seinen, als seine feuchten, salzigen Lippen sich auf meine legten. Koa bettete seine Stirn gegen meine und ich nahm den Moment, den er mir gab, um zu erklären. >>Der Herrscher der Unterwelt hat mich vor dem Tod bewahrt. Ihm verdanke ich, dass ich hier sein darf. Doch nur bis die Sonne untergeht. Ich darf nur Abschied nehmen.<< Koa presste noch fester seine Stirn gegen meine, bevor er mich begann stürmisch zu küssen. >>Ich dachte du wärst fort. Ich dachte...ich habe so viel bereut. Dass wir dachten wir hätten alle Zeit der Welt. Dass wir nicht gelebt haben, als wir uns hatten. Dass ich deine Hand losgelassen habe und ... Nayeli. Ich habe dich so vermisst.<< brach er ab. Dieses mal war ich diejenige, die ihn küsste.
Wir hörten auf zu sprechen. Ließen unsere Lippen erforschen, was wir nie erforscht hatten und auch als Koa an meinem Kleid ankam, es hochzog, hielt ich ihn nicht auf. Ich nickte nur. Ließ zu, dass die unausgesprochene Wahrheit hinauswanderte, so wie seine Hände über meine Haut fuhren. Ich ließ ihn gewähren, als er sanfte Küsse auf meinen Rücken und auf jene Narben hauchte.
Irgendwann lag ich nackt unter Koa und wusste, dass ich nirgendwo anders sein wollte, als hier. >>Wir haben genug gewartet.<< hauchte ich in die Stille, als Koa inne hielt, weil er mich stumm fragte. Dann, ohne weiter nachzudenken, zog er seine Leinenhose aus und stützte sich mit den Händen auf der Wiese ab. Ein stummer Schrei verließ meine Lippen, als Koa langsam in mich drang. Der Schmerz nahm meinen ganzen Unterleib ein und bereitete mir kurz Sorgen es könnte die ganze Zeit so weh tun. Koa aber nahm meine Lippen hingebungsvoll ein und wartete bis der Schmerz verflog. Irgendwann schlang ich meine Beine voller Verlangen um seine Hüften und stöhnte, als der Schmerz verflog und stattdessen ein Hochgefühl sich in mir breit machte. Noch nie hatte ich ihn so intensiv gespürt. Es war, als würde seine Haut unter meiner brennen und mein innerstes pulsieren, lechzend nach mehr. Koa war sanft, bewegte sein Becken vorsichtig, sodass es nicht lange dauerte, bis mein erster Höhepunkt mich überrollte und mir das Denken versagte.
ich kicherte, als er mich mit Küssen überhäufte und erschrak im selben Moment, als die Sonne hinter dem Gipfel verschwand. Angst erfüllt stieß ich Koa von mir und zog mein Kleid über. >>Nayeli<< versuchte er mich zu beruhigen, aber da erklang auch schon ein lauter Knall, bevor eine finstere Gestalt vor uns aufragte.
Ich sah geradewegs in Deimos Augen, die erst mich voller Verletzlichkeit und dann Koa voller Wut fixierten. Deimos Faust flog auf Koa zu, bevor ich ihn daran hindern konnte.
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