- Ringe -
"Ja, wir kommen zu dir hin!", antwortete ich laut zurück.
Leandro nickte. "Okay, dann bis gleich", rief er noch zu uns herüber und verschwand gleich darauf wieder hinter der Abtrennung.
Toll, jetzt hatte er mich doch mit Adrael nochmal alleine gelassen.
Dieser schlang wieder einen Arm von hinten um mich herum, gerade, als ich losschwimmen wollte. Meine nackte, warme Haut traf nochmal auf seinen Oberkörper und mein gesamter Rücken fing wieder zu brennen an. Ich konnte mich nur schwer beherrschen, die Augen zu schließen, um seine unglaubliche Wärme, die ebenfalls von ihm ausging, zu genießen.
"Hiergeblieben", sagte er bestimmend.
Auf den Wangeninnenseiten beißend, versuchte ich seinen Arm von mir wegzuschieben, doch wie erwartet, klappte das nicht so recht. "Adrael", fauchte ich. "Kannst du mich jetzt nichtmal loslassen?!"
Seine Finger an der anderen freien Hand fuhren ganz leicht über mein Schlüsselbein, weshalb mein Atem immer mehr stockte. "Nein."
"Nein?", fragte ich ihn schrill. "Warum nein?"
Er drückte mir wieder einen Kuss auf die Schulter, die ganze Stelle fing zu glühen an. "Ach, das ist gerade so toll hier. Und vielleicht habe ich ja noch Glück und mein Bruder sieht uns, wenn er sich zufällig an eins der Fenster stellt und herausguckt."
Ich schluckte geschockt. "Was?"
Er antwortete nichts.
Plötzlich konnte ich mich doch irgendwie aus seinem Arm herauswinden. Anscheinend hatte mich die Wut ziemlich zum Tatendrang angestachelt, denn das, was er hier abzog, war mehr als nur daneben. "Sag mal, ist dir langweilig oder so? Such dir doch mal jemand anderen, mit dem du irgendwen ärgern kannst und den du aus heiteren Himmel überfällst-"
Adrael stoppte mich am Weiterreden, indem er einen Finger auf meine Lippen legte. Unter der Berührung keuchte ich leise auf, worauf seine Augen wieder lustvoll aufblitzten. "Schht, jetzt reg dich doch nicht gleich so auf. Jeder will mal Spaß haben und unter Garantie hattest du den gerade auch, oder?"
Sein bohrender und stechender Blick, der mahnte, nein, beinahe schon drohte, jetzt aufjedenfall ehrlich zu antworten, ließ mich deutlich für ihn sichtbar erschaudern.
Zufrieden hob er einen Mundwinkel an. "Was frage ich dich eigentlich überhaupt? Natürlich hattest du den."
Zum ersten Mal seit langer Zeit sprachlos, konnte ich ihn nur stumm anstarren. Aber dieser Trancezustand hielt nicht lange an. "Du spinnst doch", konterte ich eindeutig ziemlich lahm zurück.
"Nein, du willst es einfach nur nicht zugeben", legte er noch eins drauf. Seine jetzt wieder hellblauwerdenden Augen funkelten mich provokant an.
Ich schwieg.
Nicht, weil ihm nicht widersprechen konnte, sondern eher, weil mein Kampfgeist nun vollständig erweckt wurde. Ich wollte ihn auch ärgern, ihn jetzt mal endlich auch zur Weißglut bringen. Und im Moment fiel mir nur eine Möglichkeit ein, die ich jetzt ausnutzen konnte.
Mein Mund verzog sich zu einem teuflischen Grinsen. "So, du willst also Spaß haben, ja?" Ich streckte meine rechte Hand aus, unseren Blickkontakt nicht unterbrechend, und legte sie auf seinen trainierten Bauch, der sich unter meiner Berührung noch mehr anspannte. Ganz langsam fuhr ich über sein Sixpack hoch, über seine Brustmuskeln, entlang vom Schlüsselbein, seitlich an seinen Hals weiter, bis ich diesmal einen Finger auf seine Lippen legte.
Meine Fingerspitzen kribbelten unaufhörlich.
In seinen Augen brodelte es nur so vor weiteren Emotionen. Verwirrung wurde überlagert von Gereiztheit, aber darauf flackerte gleich wieder dieses Unkontrollierbare auf. Verlangen. Begehren.
Mir wurden die Folgen meiner spontanen Entscheidung von Sekunde zu Sekunde mehr bewusst. Was sagt man immer? Spiel nicht mit dem Feuer.
Aber Adrael war nunmal das Feuer.
Und dieser beschissenen Herleitung machte er alle Ehre. Bei meinem nächsten Wimpernschlag waren seine Lippen nun wieder unglaublich dicht an meinen, dabei merkte ich, wie er meine Handgelenke wieder festhielt, sodass ich ihn nicht zurückstoßen konnte.
"Liebe Cassandra", knurrte er. "Solltest du das nochmal machen, werde ich mich das nächstemal wirklich nicht zurückhalten und dir mal zeigen, was ich noch so unter... Spaß verstehe."
Ich schnappte hörbar nach Luft.
Er lächelte mich nochmal arrogant an, während er den Griff um meine Handgelenke lockerte, bis er sie ganz los ließ.
Ich schaute ihn ein letztesmal deutlich unsicher an, bevor ich mich von ihm wegdrehte und die vielen Meter bis zur Abtrennung in rekordverdächtiger Geschwindigkeit kraulte. Diesen Vorhang von der Abtrennung klatschte ich zur Seite, kämpfte mich schweratmend durch das Salzbecken drinnen, ehe ich an irgendeinem Rand ankam und mich aus dem Wasser heraushievte.
Zeitgleich stand Adrael unerwartet auch neben mir und lief entspannt vor mir weg, ohne mir einen weiteren Blick zuzuwerfen.
Oh Gott, wie ich ihn hasse.
Wie ich ihn hasse.
Hasse.
Hasse!
Sauer über meinen missglückten Plan und über das ganze andere Dilemna, stapfte ich ihm hinterher zu den anderen, die ausgelassen lachend auf den Liegen hangen und sich fröhlich unterhielten. Als wir beide bei ihnen ankamen und sie uns bemerkten, lag erstmal die gesamte Aufmerksamkeit wieder auf uns.
Schnell setzte ich mein bestes Fakelächeln auf, hierbei taten mir jetzt schon die Mundwinkel weh.
"Da seid ihr ja", gluckste Ian, dabei stützte er sich kurz an Liv's Schulter ab, um nach einer Tasche, ziemlich weit von ihm entfernt, zu greifen.
Sie wurde prompt rot und ich konnte nicht anders, als närrisch anfangen zu grinsen.
Nawwww, die sind so niedlich.
"Adrael, Mensch, wo warst du denn?", begann Adam seinen besten Freund zu fragen, der nebensich nach einem Handtuch griff und sich damit leicht den Rücken abtrocknete. "Wir haben dich schon vermisst."
Wie jetzt? Hatte Leandro gar nicht gesagt, dass Adrael bei mir gewesen war?
Verwundert blickte ich in die Runde und stellte erleichtert fest, dass alle offenbar ziemlich neugierig auf Adrael's Antwort warteten. Selbst Adrian, der nach seinem Bruder vorhin wohl vielleicht an einem der riesigen Fenster gestanden und uns beobachtet haben könnte. Grimmig sah ich mit verschränkten Armen zu Adrael, der mich geflissentlich ignorierte. Trotzdem konnte ich ein amüsiertes Lächeln ausmachen, als würde er meinen wütenden Blick merken.
Jetzt hasse ich ihn noch mehr.
Und mich gleich mit, weil ich mich immer so einwickeln ließ.
Leandro war der Einzige, der sich nur verächtlich schnaubend abwendete und etwas aus seinem Rucksack kramte.
Und was war mit ihm aufeinmal los? War er nicht vor ein paar Minuten noch so gut gelaunt gewesen?
"Ich habe mir Beschäftigung gesucht, die ziemlich unterhaltsam war", erklärte Adrael schließlich ohne Umschweife. "Also ich hatte ausnahmsweise mal mehr als nur Spaß."
Ahaha.
Adam verdrehte nur leise lachend seine Augen.
"Erspar uns jegliche Details", winselte Ace gespielt gequält, während in der kleinen Plastikdose herumwühlte, die Leandro ihm hinhielt.
"Bin ganz deiner Meinung", witzelte Ian mit.
Adam lehnte sich nur interessiert vor. "Ich will aber Details", nörgelte er. "Schließlich will ich nicht später die gleiche wie er haben. Wie sah sie denn aus? War sie schlank? Körbchengröße?"
Angewidert verzog ich das Gesicht.
So sahen also Jungsgespräche aus. Na hammer. Aber die Erleichterung, die im Gegenzug in mir aufkroch, dass niemand tatsächlich hier von meinem Ausrutscher mit Adrael ahnte, war einfach nur göttlich.
Es war für mich selbst gerade schwer vorstellbar, dass wirklich was vorgefallen war.
Adrael schüttelte nur grinsend den Kopf. "Ich werde nichts verraten. Vielleicht... vielleicht später."
Vielleicht... vielleicht kidnappe ich dich vorher noch, Adrael Fray.
Dieser beugte sich nun ebenfalls zu der Plastikdose in Leandro's Händen - und hielt wenige Sekunden später einen silbernen Ring in der Hand, den er sich gleich auf einen Finger steckte - genauso wie die ganzen anderen der Clique. An jeder Hand befand sich nun aufeinmal ein Ring.
Mir blieb der Mund offen stehen und auch Liv schaute mich etwas überfordert an.
Na super, die Indizie, den Typen von Dark Room mit dem Ring an der Hand zu überführen, konnten wir wohl nun komplett ausschließen.
Verdammt.
Nach weiteren kurzen belanglosen Unterhaltungen, befanden wir uns alle auf den Weg aus der Halle heraus, duschten uns in den Bädern ab, um uns dann Umzuziehen. Ich gab Liv derweil nichtmal die Möglichkeit, nachzufragen, warum ich denn so geladen vorhin angelaufen kam, denn sie hatte es definitiv bemerkt. Zum Glück nur sie. Deshalb lenkte ich unser Gespräch immer wieder auf unkomplizierte Themen, wie zum Beispiel kaputte Föhne oder zu weiche Handtücher.
Bei der Lobby vom Schwimmbad trafen wir wieder auf die Jungs, die bis jetzt auf uns gewartet hatten.
"Okay", redete Ace beim Aufstehen und zum Ausgang gehend los. "Soll ich euch wieder mitnehmen, Liv und Cassie?"
Ich wollte gerade nicken, als Adrian mir zuvorkam. "Ist schon gut, ich kann beide auch fahren. Ein Freund von mir hat mein Auto vorhin hergebracht", bot er lächelnd an. "Liv müsste mir nur ihre Adresse verraten, sonst sollte ja alles wohl klappen." Er nahm mir meine Tasche ab, dessen Riemen mir schien voll die Furche in die Schulter gebohrt hatte.
Dankbar lächelte ich ihn kurz an.
"Ich kann auch beide zurückbringen, hab damit kein Problem. Für dich, Adrian, wäre das ja auch voll der Umweg", mischte sich Ian strahlend mit ein und bekam gleich, wegen seinem Vorschlag, einen anhimmelnden Augenaufschlag von Liv geschenkt.
"Würdest du echt?", hakte Liv gleich begeistert nach.
"Könnt ihr euch jetzt bitte mal entscheiden? Dieses super zuvorkommende und rücksichtsvolle Gehabe geht mir gerade so auf den Sack", zischte Adrael aufeinmal los, der vor uns stehengeblieben war. "Immer dieses Süßholzgeraspel. Ich bin mit jeder Entscheidung zufrieden, nur, wenn ich die beiden nicht fahren muss."
Ich hab nicht wirklich im Geheimen das Vorhin genossen, oder? Wie dumm war ich bitte gewesen? Wo war mein Verstand zu dieser Zeit? Tauchen gegangen?!
Oh, wie ich mich jetzt noch mehr verabscheue.
Ich kniff die Augen zusammen. "War klar, du Egoist. Aber danke, du wärst der letzte gewesen, den ich gefragt hätte. Lieber würde ich sogar die ältere Dame dort ein paar Meter vor uns fragen, mit der ich garantiert erst morgen Zuhause bin, weil sie bestimmt nur 30km/h fährt."
Er schenkte mir ein gefälschtes Lächeln. "Perfekt. Wir wollen doch anderes vermeiden, stimmts?", gab er listig zurück, bevor er sich wieder mit Adam nach vorn umdrehte, der widerum kurz mit hochgezogenen Augenbrauen flüchtig zwischen uns noch hin und hergeguckt hatte.
"Jetzt komm mal beide herunter", warf Leandro mürrisch ein.
Bin ich doch. Ich stehe hier auf dem Boden, weiter herunter wäre hinknien oder sich hinliegen. Sich Adrael noch mehr unterlegener machen, das ist doch perfekt.
"Okay", griff Ace ein, wahrscheinlich, um Weiteres zu vermeiden. "Ian kann ja Liv mitnehmen, schließlich wohnt er ziemlich zentral in der Stadt. Und Cassie kann von-"
"Von mir mitgenommen werden", stellte Adrian gleich klar.
Ja. Habt ihr das jetzt auch erwartet?
Ich gehe jetzt wieder heulen, weil meine Matheklassenarbeit die Katastrophe überhaupt war. Oh man.
Hab euch lieb.
♡
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