- Nicht voraussehbar [Teil 1] -
Es war nochmal die Hölle, als ich mich durch die tanzende Menge hindurchzwängen musste, um unverletzt in der Küche anzukommen.
Erleichtert aufatmend stützte ich mich mit dem Rücken zum Eingang am Türrahmen ab und betrachtete die einzelnen Leute. Schon alleine im Flur hielten sich über zwanzig Leute auf, wie war es dann erst im Wohnzimmer oder im Garten?
Es gab keine Chance, auch nur einen von der Clique wiederzutreffen. Die Wahrscheinlichkeit lag vielleicht bei einem Prozent.
Wenn überhaupt.
Missmutig stieß ich mich vom Holz schwungvoll ab, wirbelte herum- und konnte gerade nicht entscheiden, ob mir mein Schicksal helfen oder einfach nur den restlichen Abend schwer machen wollte.
Adrael und Adrian, beide oberkörperfrei, lehnten an einem Küchentresen gegenüber von mir und zum Glück noch weit genug von mir weg. Adam grinste mich an, als er meinen geschockten Gesichtsausdruck bemerkte, gleichzeitig schwang er sich sein weißes Shirt, dass er in der einen Hand hielt, über die linke Schulter. Das dichte Haar fiel ihm etwas auf die Stirn, während er den Kopf leicht schräg legte.
"Strippt ihr gleich oder warum seid ihr halb nackt?", rutschte es mir eindeutig zu neugierig heraus.
Fast synchron fingen beide zu schmunzeln an.
"Uns ist warm und außerdem hat uns ein Idiot die Shirts mit Bier vollgeschüttet. Ich will nach dem Zeug nicht unbedingt stinken", erklärte Adam. "Aber egal. Und, Cassie? Wie fandest du Dark Room so?", fragte er mich interessiert.
Anstatt ihm zu antworten, wurde mein Blick unbewusst herüber zu Adrael gelenkt.
Über seine Schulter hing ebenfalls sein weißes Shirt, dass er aber nun auf den Tisch warf, um dann in steifen Bewegungen nach einer angefangenen Bierdose zu greifen. Seine Bauchmuskeln spannten sich etwas an, er schaute auch nicht zu mir, stattdessen fixierte er einen leeren Punkt im Raum neben mir an, nachdem er einen Schluck von seinem Bier nahm.
Verwirrt konzentrierte ich mich wieder auf Adam. "Ja, ähm... war ganz okay...." Ich räusperte mich. "Wie findest du eigentlich gerade die Party? Bleibst du länger oder willst du abhauen? Begeistert warst du ja am Anfang nicht", anwortete ich nun etwas sicherer.
"Hab schon daran gedacht, dass ich vielleicht die Biege mache, aber im Moment gehts noch", entgegnete er schulterzuckend, ehe er sich an Adrael wendete. "Kommst du nun mit zu Leyri?"
Dieser guckte ihn ebenfalls nicht bei der Frage an. "Ja."
"Na dann komm." Adam setzte sich in Bewegung. In dem Moment, in dem er an mir vorbeilief, prostete er mir mit seiner Bierdose, die er Adrael aus der Hand genommen hatte zu und verschwand im Flur. Wenig später folgte ihm Adrael, der beinahe schon wütend den Boden vor sich fixierte, sein weißes Shirt wieder in der Hand haltend und mich beim Herausgehen aus der Küche leicht rammte.
"Gehts noch?", zischte ich ihm irritiert hinterher, doch er ignorierte mich vollkommen. "Arsch." Mit diesen Worten drehte ich mich zu dem Tisch an der rechten Seite, auf der die noch vollen Bierdosen standen und öffnete eine, dabei setzte ich mich, weil mir meine Beine langsam wehtaten, auf die Küchenarbeitsplatte auf einem Schrank, der links stand und sich etwas versteckt vom Eingang befand.
Ich schloss die Augen und setzte die Öffnung an meinen Mund. Die ersten Schlucke kühlten angenehm, auch wenn das Gemisch grässlich schmeckte. Angewidert schüttelte ich mich und öffnete wieder die Augen.
"Ich gebe dir vollkommen Recht, das Zeug, was Adrian eingekauft hat, schmeckt einfach nur scheisse." Adrael stand aufeinmal wieder auf der anderen Seite am Tisch und musterte mich von oben bis unten, weshalb ich es mir ebenfalls nochmal nicht nahm, seinen gebräunten Oberkörper verträumt anzuschauen.
Nun waren wir alleine. Erstmal. Aber die Hauptsache, die zählte, war immer noch, dass wir eben alleine waren. Und jedesmal wenn wir alleine waren, passierte irgendetwas.
Beim Luftholen öffnete ich meine Lippen einen Spalt breit.
Adral kniff sofort seine Augen zusammen, verkrampft umklammerte er mit einer Hand die Tischkante.
Natürlich konnte ich diesen Wunsch, ihn wieder an mir heranzulassen, nicht unterdrücken.
Und es war so schlimm kompliziert, dass ich ihn schon wieder nah bei mir haben wollte, wenn ich doch bis vor kurzen noch in Dark Room mit jemanden noch etwas herumgemacht und Adrael sich mir gerade eben von seiner bekannten besseren Hälfte gezeigt hatte. Und er auch überhaupt durch und durch ein Arsch war.
Bedacht vorsichtig und fast schon die Lage abschätzend, schlenderte er so betont ruhig wie möglich zu mir und lehnte sich mit der Hüfte dicht neben mir an der Arbeitsplatte an.
Panisch rückte ich ein Stück von ihm weg.
Amüsiert hob er gewohnt eine Augenbraue an. Bevor er nachfragen konnte, warum ich das gerade gemacht hatte, kam ich ihm mit meiner Frage zuvor.
"Was willst du eigentlich gerade hier?", skeptisch linste ich zu ihm herüber.
Ein paar Sekunden kehrte zwischen uns Ruhe ein und er blickte zum Eingang der Küche. Die bunten Farben der bunten Beleuchtung im Flur reflektierten etwas auf dem weißen polierten Fliesenboden und die Musik dröhnte weiterhin unaufhörlich in meinen Ohren. Fast verlor ich mich darin, seine wunderschönen schwarze Haare anzuschauen, als er mir plötzlich wiederholt fest in die Augen sah.
Schon wie die einigen Male zuvor, bei dem sie genau gleich funkelten, schimmerte in dem nun dunklen Blau das Unberechenbare. Eine unkontrollierbare Lust.
Meine Kehle wurde staubtrocken.
Fest quetschte ich mit einer Hand das kalte Metall der Bierdose und versuchte nicht zu atemlos wegen meiner Vorahnung zu wirken.
"Du fragst also, was ich hier will, ja?" Gerissen schmunzelte er mich an. Eine Hand legte sich auf mein Knie und ich zuckte vor Schreck sichtbar zusammen. Adrael blieb, obwohl seine Augen vor Ungeduld aufflackerten, noch dort stehen, wo er gerade war. "Und du bist dir sicher, dass du wirklich wissen willst, weswegen ich hier bin?"
Nein.
Oder eher doch.
Wollte ich es echt wissen?
Warum auch immer, was weiß ich, was ich mir dabei gedacht hatte, als ich ihm meine Antwort gab. "Ja."
Arrogant grinste er mich an, während er mir die Bierdose aus meinen nun tauben und schwitzigen Fingern nahm, um sie irgendwo neben sich abzustellen. "Okay", lachte er leise. "Ich will...", er machte eine Pause, in der er demonstrativ nochmal meinen Körper betrachtete.
Und ein leider zu großer Teil freute sich, ihn dazu zu bringen, dass er so immer bei mir reagierte.
"Du willst?", fragte ich flüsternd nach, um meine krächzende Stimme mehr zu verstecken.
Sein Adamsapfel bewegte sich kurz. Blitzschnell stand er mit einem Mal zwischen meinen Beinen und umfasste mit beiden Händen meine Taille. "Ich will dich gerade verdammt nochmal, Cassandra Steven", atmete er schwer an meinen Lippen. "Ich will dort weitermachen, wo wir letztesmal aufgehört haben."
Mein Herz setzte fast nun endgültig aus, um wenig später kraftvoll und in meinen Ohren widerhallend gegen meinem Brustkorb zu schlagen.
"Du willst...?", wiederholte ich ungläubig und unvollständig seinen Satz.
Er biss sich auf seine Lippe. "Du bringst mich zwar jedesmal zur beschissenen Weißglut und ich hasse dich deswegen jedesmal auf's Neue, aber ich will mich nicht mehr zurückhalten", gestand er mir und hielt weiterhin unseren intensiven Blickkontakt stand. "Lass uns heute einfach mal vergessen, dass wir uns nicht mögen. Scheisse nochmal, ich will dich küssen, dich berühren..." Seine Lippen verteilten federleichte Küsse auf meinem Schlüsselbein und automatisch griffen meine Hände fest in seine schwarzen Haare.
Keuchend ließ er von dort ab und guckte mir wieder tief in die Augen.
Wir verabscheuten fast keinen so sehr wie uns untereinander. Aber, oder vielleicht auch gerade deswegen, waren wir beide so voneinander eingenommen.
Und dann passierte es, was ich niemals voraus gesehen habe, als ich das Bad verlassen und mich auf den Weg zu dieser verdammten Küche gemacht hatte, um mir nur etwas zu trinken zu holen.
Adrael fucking Fray küsste mich.
Vor Schock, dass er gerade wirklich die Wahrheit gesagt hatte, saß ich wie gelähmt dar, doch nur nach wenigen Augenblicken erwiderte ich seinen Kuss. Und dieser Kuss war ganz anders, als der, den ich von diesen immer noch Unbekannten beim ersten Mal Dark Room spielen bekommen hatte.
Adrael war keineswegs erstmal sanft und vorsichtig, seine weichen Lippen drängten sich von der ersten Sekunde an hungrig an meinen und entfachte gleich ein unkontrollierbares Feuer tief in mir.
Gierig überkreuzte ich meine Arme hinter seinen Nacken, um ihn so noch näher an mir heranzuziehen...
Ach ja... solche Szenen sind immer sehr schwer zu schreiben. Hoffe, euch hat es trotzdem gefallen.
♡
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