- Kreativität -
Oh mein Gott.
Ich habe das jetzt nicht wirklich gemacht. Ich habe ihm jetzt nicht das Schokoladeneis gegen das weiße Shirt geklatscht, nur weil ich meine Körperteile nicht unter Kontrolle hatte. Ich habe ihm nicht das Eis vor Wut gegen das Shirt geklatscht -
"Ist das dein beschissener Ernst?"
Ich schluckte schwer.
Ja, ich habe es tatsächlich gemacht.
Für mich blieb gerade wieder gefühlt die Zeit stehen - oder sie verging ausnahmsweise mal langsamer, denn ich bekam wirklich detailliert genau mit, wie die Reaktionen der Menschen in meinem Umfeld aussahen.
Jona schaute ziemlich überrascht und sehr, sehr verblüfft auf den dunklen Schokoladenfleck, während er mühsam seine Mundwinkel herunterzudrücken versuchte und erneut zum Kaschieren wie ein Verrückter loshustete. Es hörte sich so an, als würde er jeden Moment an irgendetwas ersticken.
Adrian machte einen noch überrumpelteten Eindruck als Jona, denn ihm stand der Mund weit offen, gleichzeitig war er komplett in seiner Sitzhaltung erstarrt.
Und Adrael...
Ich holte tief Luft.
Er fixierte erst den Fleck an, der sich langsam auf sein helles Shirt ausbreitete, bevor er mich dann mit zusammengekniffenen Augen wütend anstarrte und seine rhetorische Frage von vorhin wiederholte. "Ist das jetzt wirklich dein beschissener Ernst?!"
Räuspernd stützte ich mich auf der Stuhllehne ab. "Ähm ja - ich meine nein. Oder ja?" Verwirrter konnte ich ja nun auch nicht antworten.
Adrael musterte mich. Und zwar für seine Verhältnisse ziemlich lange und... sehr gereizt. Meine Nackenhaare stellten sich auf und langsam bekam ich eine ungute Vorahnung, die tatsächlich auch eintraf. Plötzlich prankte auch ein brauner Schokofleck auf den hellblauen ausgeborgten Hoodie von Jona.
"Spinnst du?!", zischte mein Cousin da auch schon los. "Das ist mein verdammter Pullover und der war schweineteuer, du Affengesicht!"
"Und mein Shirt war zufälligerweise auch schweineteuer, du Lackaffe", schoss Adrael sauer zurück und stellte den langsam durchgeweichten Pappeisbecher auf den Tisch vor dem noch immer stillsitzenden Adrian ab. "Ich kann leider nichts dafür, wenn Cassie zu den trotteligsten Menschen auf diesem Planeten gehört."
Empört schnappte ich nach Luft. "Ich bin nicht trottelig! Das war voll beabsichtigt gewesen, weil ich ja wohl nichts dafür kann, dass du zu den unsympathistischen Menschen auf diesem Planeten gehörst!"
"Aha, das ist ja interessant, dass es beabsichtigt war." Adrael beugte sich ein Stück zu mir vor, dabei spannte er seinen markanten Kiefer an.
Ich wich keinen Zentimeter zurück. "Den Tag vergisst du nie wieder, weil er so interessant war, Adrael Fray", fauchte ich aufgebracht.
Er grinste böse. "Tut mir leid, aber ich muss dich enttäuschen. Es gab schon weit aus interessantere Tage als diesen hier in meinem Leben, Cassandra Steven", ahmte er meinen Ton nach.
Mir entging seine Zweideutigkeit natürlich nicht. "Noch kannst du es dir leisten, so viele Mädchen das Herz zu brechen, aber irgendwann-"
"Dann was?", hakte er spöttisch nach. "Hetzt du deine Katze namens Barbara auf mich?!"
Er hat sich den Namen gemerkt?
Schnell versuchte ich mein Erstaunen zu verbergen. "Das wäre ein nettes Beispiel, Fray. Ziemlich untaktisch von dir, dass du dir deine Strafen schon selbst ausdenkst oder? Normalerweise behält man das doch für sich oder?"
"Ich wollte deine nicht vorhandene Kreativität anregen."
Ich knallte meine flache Hand auf den Tisch neben mir, das Pärchen am Tisch zuckte zusammen, doch ich ließ mich nicht weiter stören und achtete auch nicht weiter darauf, dass bereits die ganze Kundschaft, inklusive die Bedienung von Burger King auf uns aufmerksam wurde. "Ich bin ja wohl sehr kreativ!", bellte ich.
"Du bist genauso kreativ wie du naiv bist", bekräftigte Adrael selbstbewusst seine vorige Antwort.
"Wieso, verdammt, bin ich denn jetzt aufeinmal naiv?!"
"Das ist wahrscheinlich nicht aufeinmal passiert, sondern du bist es, Cassandra. Das ist ja das Tragische an der ganzen Geschichte."
Ich funkelte ihn hasserfüllt an.
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Jona um unseren Tisch herumlief und an meinem Ärmel zupfte. "Cassie. Das Ausdiskutieren nützt doch jetzt nichts und außerdem werden die Burger kalt. Und den Teppich müssen wir auch noch austauschen", raunte er in mein Ohr.
"Gleich", nuschelte ich nur zurück, dann wendete ich mich gleich wieder an Adrael. "Wenn ich naiv bin, dann bist du..."
Er hob seine Augenbrauen an. "Ja?"
Uhm... Ja okay. Er ist so vieles. "Dafür reicht mein Wortschatz gar nicht aus. Das ist noch weitaus tragischer, weil mir sonst immer etwas einfällt", konterte ich.
"Das ist ja so verdammt schade", lächelte er mich schadenfroh an. "Na los, geh mal deine alte Bettwäsche gegen die neue Katzenbettwäsche eintauschen und heul dich dann in Ruhe über mich gemeinen Menschen aus. Na? Was hälst du davon?"
Ich hasse ihn.
Frustriert schnaufte ich. "Du bist so ein Arsch, Adrael, ich könnte dich erwürgen und erhängen und qualvoll misshandeln, bis zum nächsten Tod foltern-"
"Mir das Herz ausreißen, zerstückeln, auf mich einschlagen wie eine Psychopathin et cerera et ceterea et cetera." Er schüttelte lachend den Kopf. "Das habe ich schon alles mal gehört, Cassandra."
"Um so schlimmer!"
"Tut mir leid, wenn ich ihre Unterhaltung unterbreche, aber entweder verlassen sie jetzt den Laden oder setzen sich wieder ruhig auf ihre Plätze, denn ich dulde so ein Verhalten in meiner Filliale nicht." Ein kleiner Mann mit wirren grauen Haaren umd einem schmierigen Anzug stand mit verschränkten Armen vor uns. "Entscheiden sie sich jetzt."
Adrael's Gesichtsausdruck verhärtete sich noch mehr. "Und sonst haben sie keine Probleme?", fragte er giftig.
Das war zu viel.
"RAUS HIER!", brüllte er völlig außer Kontrolle. Wie auf Kommando tauchten zwei Securitytypen auf und flankierten diesen wohlmöglichen Chef.
Adrian schob demonstrativ langsam seinen Stuhl heran, Jona griff nach seiner Burgertüte und zusammen, Schulter an Schulter, folgten Adrael und ich den beiden aus dem Laden unter einer hohen Anzahl an Augenpaaren aus dem Laden heraus.
"Ihr habt hier erstmal Hausverbot", verkündete der kleine Mann, um darauf die Ladentür hinter uns zu zu schmeißen.
"Sie verlieren jetzt aber Stammkunden", murmelte Adrian schmunzelnd, dann drehte er sich zu mir. "Ich glaube, es ist besser, wenn wir jetzt gehen. Bis morgen, Lovely", zwinkerte er mir zu und packte seinen Bruder am Ellbogen, um ihn von uns wegzuziehen.
"Ja, genau, Lovely. Bis morgen", äffte Adrael ihn nach und folgte Adrian nur widerwillig.
Als beide endlich aus unserem Blickfeld verschwanden, atmeten Jona und ich laut aus. "Ihr liebt euch wirklich beide, oder?", fragte Jona genervt.
Ich schaute immer noch zu der Ecke, hinter der sie gerade verschwunden waren. "Ja. Total. Liebe auf den ersten Blick."
Er seufzte. "Wäschst du mir wenigstens den Pullover aus?"
"Es gibt da so Teile, die nennen sich Waschmaschinen. Man drücke ein paar Knöpfe und nach ein paar Minuten ist dein Pullover auf wundersamerweise sauber, Jona."
"Habs noch nicht gemacht."
"Dann wirds mal Zeit."
"Ich mache es, wenn du den Teppich austauschst und den Alten in den Müll bringst. Einverstanden?"
"Meinetwegen."
Immer noch Team Adrael?😏
♡
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