- Fantastisch -
"Für wen, wenn ich fragen darf, machst du dich denn so hübsch?"
Unsicher visierte ich mein Outfit nochmal in meinem körpergroßen Spiegel an, in dem nicht nur natürlich ich mich wiederspiegelte, sondern auch ein etwas kleinerer halber Jona, der hinter meiner Zimmertür zur Hälfte stand und neugierig zu mir hinschaute. "Für niemanden", murmelte ich.
Er lachte im Hintergrund laut auf, ehe er richtig in mein Zimmer hereintrat und sich neben mir hinstellte. "Natürlich."
"Warum glaubst du mir nicht?", hakte ich verärgert nach, während ich an dem dunkelblauen fließenden Kleid, das mir bis zur Mitte meiner Oberschenkel reichte, etwas zupfte. Dazu hatte ich mir einen dicken Pullover über die freien Schultern gelegt. Meine nicht so langen hellen Haare fielen mir etwas darüber und stachen im Kontrast zu dem dunklen Farbton des Kleides stark hervor.
Jona betrachtete mich ebenfalls nochmal gründlich. "Also ich finde schon, dass du dich sehr hübsch gemacht hast. Und ich würde gerne wissen wollen, für wen." Das wen betonte er nochmal besonders stark.
Die Röte breitete sich wieder auf meinem Gesicht aus. "Ich sagte doch bereits für niemanden."
"Du lügst doch", unterstellte er mir mit zusammengekniffenen Augen direkt. "Wo ist denn eigentlich diese Party, zu der du gehen wirst?", fragte er mich weiter aus. "Und soll ich dich fahren oder holt dich jemand ab?"
Ach, wollte er es jetzt auf dieser Schiene probieren?
Ich konnte mich endlich von meinem Spiegelbild losreißen und drehte mich nun zu ihm. Seine grauen Augen sahen mich immer noch sehr interessiert an einer ehrlichen Antwort an. "Du musst mich nicht fahren, jemand holt mich ab. Und uhm... du kennst den nicht, bei dem die Party stattfindet."
Warum nochmal log ich ihn jetzt an?
Jona hob zusätzlich skeptisch eine Augenbraue an. "Mit Sicherheit kenne ich diesen gewissen Jemanden, Schatzi."
Der hässliche Klingelton unserer Tür ertönte im Hintergrund.
"Ich mach auf", sagte ich hastig und wollte mich schnell an ihm vorbeischieben, doch Jona war schneller. Lässig drückte er mich leicht zur Seite, sodass ich fast über meine Tasche auf mein Bett fiel, dann war er auch schon aus meinem Zimmer verschwunden. "Jona!", schrie ich schon beinahe hysterisch und rannte nun ebenfalls in den Flur.
Ace lugte neben dem an der geöffneten Tür stehenden Jona vorbei und winkte mir grinsend zu. "Hiii, Cassie. Gut siehst du aus."
Ich stellte meine wütende Miene auf... freundlich um. In der Hoffnung, ich sah jetzt auch wirklich einigermaßen freundlich, erfreut und etwas fröhlich aus. "Hi, Ace-"
"Also läuft doch etwas zwischen euch", vermutete Jona nun gleich, dabei musterte uns beide und lehnte sich an die weiße Tür an. "Wusste ich es doch gleich. Und warum sagt mir das niemand?"
Nochmal stöhnte ich genervt auf, lief zu Jona hin und nahm sein Gesicht in beide Hände. "Liebster Jona", fing ich meine Predigt an. "Zwischen mir und Ace läuft nichts, weil er... uhm.... weil..."
"Ich bin schwul."
Perplex drehten wir uns nun zu ihm.
Ich, weil ich nie im Leben damit gerechnet hätte, dass er das so ehrlich aufeinmal vor jemanden zugeben würde und dann auch noch vor Jona, den er nichtmal richtig kannte. Da war es sogar wahrscheinlicher gewesen, dass er ein Geständnis vor seinen Freunden machen würde.
Und mein Cousin starrte ihn mit leicht geöffneten Mund und erstmal völlig sprachlos an. "Ach..." machte er nur komplett überrumpelt. "Ach... Mensch.... Ach...."
"Ja", meinte Ace und wirkte trotz seiner Aussage ziemlich gelassen.
In diesem Augenblick musste ich wohl die Initiative ergreifen, sonst blieben wir noch den ganzen Abend in diesem Dreieck stehen. "Ähm ja... dann hätten wir das nunmal geklärt. Siehst du, Jona. Zwischen uns läuft nichts und du kannst nun beruhigt auch zu deiner komischen Studentenparty abhauen."
Jona schien sich langsam wieder zu fassen, denn er guckte mich wiederholt misstrauisch an. "Ich bin nie beruhigt, wenn du unterwegs bist." Ehe ich sagen konnte, wie unglaublich süß er sich manchmal benahm, richtete er seinen Blick auf den wartenden Ace, der ihn etwas unsicher entgegen schaute. "Ich gebe dir diesmal nicht die Verantwortung, dass du auf sie aufpassen sollst. Also du kannst es versuchen, wenn du willst... ähm... Wo ist denn jetzt eigentlich eure Party?"
Irritiert linste Ace flüchtig zu mir.
An seiner Stelle wäre ich auch etwas verwundert, wenn sein Cousin mich ausfragen würde, wo denn die Party stattfand. Normalerweise verriet man es diesen Mitgliedern der Familie, weil sie wie Freunde waren. Aber normalerweise hatte ich damit auch keine Probleme, nur...
Ach, keine Ahnung.
Ace entschied sich wohl für die Wahrheit. "Bei Adrael und Adrian."
***
"Dein Jona hat aber ziemlich sparsam geguckt, als ich ihm verraten hatte, wo es heute hingeht." Ace lächelte mich belustigt an, während wir in die Straße einbogen, in der das Haus der Frays stand.
Ich wickelte mir eine Haarsträhne um den Finger. "Mhm."
"Und dann noch sein hinterhergeschobener Satz, dass du und Adrael bitte die Kondome nicht vergessen sollt", amüsierte er sich weiter köstlich. "Erstens, wie kommt er bitte darauf, dass du und Adrael im Bett landen könntet? Zweitens, warum hätte er nichts dagegen? Und drittens, was halten eigentlich eure Nachbarn von euch, wenn er sowas durch das ganze Treppenhaus brüllt?"
Ich winkte nur ab. "Die sind mindestens alle genauso verrückt."
"Und was ist mit einer Antwort zu meinen restlichen beiden ersten Fragen? Und die für mich deutlich Wichtigeren?"
Das schnuckelige Holzhaus kam in Sicht und wie nicht versprochen, sah die Party nicht gerade klein aus. Gefühlt standen schonmal dreißig Auto's auf der gegenüberliegenden Seite vom Haus. Auf der gepflasterten Einfahrt, die von bunten Lichtern beleuchtet wurde, tummelten sich schon mehrere lachende Leute, mindestens jeder eine Bierdose oder eine Zigarrette in der Hand. Blaue Lichter leuchteten abwechselnd hinter dem Haus, wahrscheinlich im Garten, auf. Die Gardinen im Haus waren alle zugezogen, aber anhand der Lautstärke des Bass, den ich sogar durch die geschlossene Autofensterscheibe wahrnahm, konnte man sich vorstellen, was im Innern abging.
Ace hielt einige Meter entfernt langsam an. "Krass", kommentierte er das Geschehen und vergaß vollkommen unser Gesprächsthema. "Einfach nur krass."
"Ja", meinte ich genauso geschockt. "Ist... ist das Adrael's Vorstellung von einer kleinen Party und wir haben alle einfach verschiedene Ansichten oder...?"
"Nö", entgegnete Ace gleich. "Das war bestimmt nicht seine Schuld. Garantiert hat Adrian wieder etwas missverstanden und alle Leute, die ihm in die Quere kamen und die er halbwegs mag, heute eingeladen."
Ich nickte langsam. "Nett."
"Na toll. Ich weiß jetzt schon, dass Adrael deswegen bestimmt wieder super gut drauf sein wird." Genervt stieß Ace die Luft aus, nebenbei parkte er den Wagen im Vorgarten von der Nachbarin mit der angeblichen Sucht nach Schlaftabletten. Im ihrem Haus war zumindestens alles dunkel. Dass er dabei den guten Rasen etwas demolierte, versuchte ich einfach mal zu umgehen.
Gemeinsam stiegen wir aus, knallten die Türen zu und näherten uns zielstrebig dem Haus der Fray's. Und mit jedem Schritt machte mir mein Unterbewusstsein mehr klar, dass ich einer Katastrophe geradezu ins Messer lief.
Fantastisch.
Fantastisch war auch der Empfang, der viel mehr aus einem wieder völlig betrunkenen Ian bestand, der uns wie ein schwerer Teddybär lange umarmte. "Schuper, dasch ihr da scheid. Wir haben schon ein bisschen vorjeglüht, nischt wahr, Liwy?"
Liv, die genauso von der Rolle wirkte, hakte sich bei ihm unter und nickte wild. "Ja." Und dann küssten sich beide.
Unter anderen Umständen hätte ich jetzt begeistert losgekreischt, aber...
Sie küssten sich nicht wie ein frisch verliebtes Paar, was sie eigentlich waren, sondern wie zwei ausgehungerte Raubtiere. Mehr brauchte ich dazu nicht sagen und mehr wollte ich mir auch nicht mitansehen, um das mir noch mehr Details auffielen.
"Na das... fängt ja schon gut an", sagte Ace blinzelnd.
"Ja...."
Ian löste sich endlich von meiner langjährigen besten Freundin, die jetzt wie eine Irre losstrahlte, und schlang einen Arm um meine Schultern. "Kommd mid. Die Jungsch warden schon alle auf eusch. Wir wollen nämlisch wieder Darg Room spielen."
Oh Gott, die Katastrophe näherte sich.
Ian zog uns, begleitet von Liv, durch den langen Flur, der mit den vielen Jugendlichen und den leeren Bierdosen nicht mehr wiederzuerkennen war, Richtung Wohnzimmer. Auf einer riesigen Couch lehnten die anderen der Clique, umgeben von noch anderen tanzenden Leuten. Adam's Mundwinkel hoben sich unerwarteter Weise, als er uns sah. Im Gegenteil zu ihm sahen Adrael, was keine große Überraschung war, und Leandro, was eine große Überraschung war, total abgenervt aus und starrten irgendwo einen Punkt im Raum an. Adrian saß neben ihnen und unterhielt sich zutiefst glücklich mit einem blauhaarigen Punktypen.
"Da seid ihr ja", begrüßte uns Adam. "Ich kriege hier bald Platzangst."
"Hey, Adam."
Als Leandro und Adrael Ace' Stimme hörten, wanderten ihre Augen zu uns herüber und meine wie gesteuert zu diesen gewissen Hellblauen.
Adrael ließ seinen Blick deutlich langsam über meine nackten Beine, das blaue Kleid hoch, über meinen leichten Ausschnitt hinweg zu mir wandern. Er lächelte mich natürlich nicht an, dafür stand aber wieder dieses Unbeschreibliche zwischen uns.
Etwas Ähnliches wie eine Anziehungskraft.
Denn mindestens genauso intensiv wie er mich betrachtete, wanderten meine Augen ihn ab und mir entging nicht, dass er mit den pechschwarzen etwas unordentlichen Haaren, dem gewissen Ausdruck auf dem Gesicht, dem weißen körperbetonten engen Shirt und der schwarzen Jeans einfach nur wieder heiß aussah.
"Hat Adrian die ganzen anderen Leute eingeladen?", fragte Ace gleich in die Runde.
"Erfasst", kam es gleich von Leandro zurück. "Und das nehme ich ihm diesmal echt übel."
"Alscho spielen wir gein Darg Room?", erkundigte sich Ian beinahe schon enttäuscht. "Verdammt, ich habe mich darauf schon soooo gefreut."
Leandro zuckte nur mit den Schultern. "Wer sagt, dass wir das nicht tun? Alles lass ich mir jetzt nicht versauen. Wir müssten jetzt nur noch ein paar Mädchen zusammen bekommen. Ihr macht doch alle mit oder?"
Lesenacht Ende.
Ich weiß, ich bin fies. Und ich werde gleich noch unsympathischer, weil ich euch an dieser Stelle leider beichten muss, dass sich dieses Buch dem Ende nähert. So langsam. Es werden noch vielleicht circa fünf Kapitel. Je nachdem, wie sich das ein oder andere in die Länge zieht. Aber wenn die letzten drei Kapitel online kommen, gibt es nochmal eine spontane Lesenacht. Sie wird sich auch wieder überraschend ereignen.
Und sorry für die Grammatik- und Rechtschreibfehler, aber ich bin so verdammt müde und wollte aber trotzdem unbedingt die Lesenacht durchziehen.
An dieser Stelle hoffe ich mal, dass mir diese Überraschung gelungen ist und wünsche euch frohe Pfingsten haha.
♡
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