Kapitel 41
Die nächsten Tage verbrachten Draco und ich überwiegend im Raum der Wünsche. Noch immer war meinem Kopf nicht ganz klar, was genau wir da taten. Und welches Ausmaß das annehmen würde, was wir da taten.
Draco übte den Zauber mehrere Male am Tag und er wurde immer besser, sicherer.
Ich hielt Wache, schaute mich zwischen den vielen Schränken und Regalen um oder unterstützte ihn einfach nur. Die Hauptsache war, dass ich meinem Vater nicht über den Weg laufen würde.
Wir schwänzten viel Unterricht und auch oft das Essen.
Aber zumindest ging unser Plan langsam auf.
Es war Mittwoch und wie immer war ich anstatt Essen zu gehen auf dem Weg in den obersten Stock. Mein Herz stockte, als ich meinen Vater am anderen Ende des Flures stehen sah.
Sein Rücken war zu mir gekehrt, er sah mich also nicht.
Ohne darüber nachzudenken bog ich in den nächsten Flur ein. Hier musste ich zwar nicht lang, aber ich würde schon irgendwie einen Weg finden, an dem ich nicht genau an ihm vorbeilaufen musste. Ich wollte ihm wirklich solange wie nur irgendwie möglich aus dem Weg gehen.
Irgendwann würde er mich bestimmt zum Schulleiter zitieren lassen, doch bis dahin hatte ich dann wenigstens meine Ruhe.
Ich hörte schnelle Schritte, bevor ich Harry sah, der in ein verlassenes Badezimmer stürmte.
Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch. Sein Gesicht sah angestrengt aus, er hatte mich nicht einmal bemerkt.
Seine Stimme kam dumpf durch die Tür, ich konnte jedoch nicht verstehen, was genau er sagte.
Mit wem sprach er?
Ich machte einen Schritt dichter, doch mein ganzer Körper begann zu zittern.
Wie eine böse Vorahnung, obwohl mein Kopf noch gar keine Ahnung hatte wie das zusammenpassen sollte.
Dann hörte ich einen lauten Knall, noch einen dicht gefolgt.
Mein Herz begann zu rasen. Was bei Merlin war dort los?
Mit schnellen Schritten eilte ich zur Tür, bevor ich sie aufstieß.
"Sectumsempra!", hörte ich Harry schreien, das Badezimmer wurde für einen Moment in weißes Licht getaucht. Mein Kopf realisierte nicht, dass er diesen Zauber noch nie irgendwo gehört hatte, da fiel Draco schon zu Boden.
Harry fuhr herum, schaute mich mit weit geöffneten Augen an.
Doch mein Blick lag nur auf Draco. Sein weißes Hemd färbte sich binnen Sekunden rot. Überall erschienen neue Flecken auf seiner Brust.
Augenblicklich stürmte ich zu ihm, ließ mich neben ihm auf die Knie fallen.
Sein Gesicht war schmerzverzerrt, Tränen liefen ihm über die Wange.
"Tu doch was!", schrie ich Harry an. Dieser stand jedoch nur regungslos einige Meter neben uns, schaute Draco fassungslos an.
"Du elender Bastard, was für ein Zauber war das?", kreischte ich. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Dracos Blut vermischte sich mit dem Wasser auf dem Boden, färbte es rosa.
Ich drückte mit meinen Händen eine Wunde zu, da erschien jedoch schon die nächste auf seiner Brust.
"Ich - ich weiß nicht. Ich hab ihn noch nie-.", stammelte Harry.
Meine Hände waren in das Blut des Mannes getränkt, den ich über alles liebte.
Mein Kopf setzte aus. Ich konnte Draco nicht verlieren, ich durfte ihn nicht verlieren.
Heiße Tränen rannen mir über die Wange, tropften auf Draco's zittrigen Körper.
"Sieh mich an, Draco.", sagte ich leise, nahm sein Gesicht in meine Hände.
Er war unglaublich blass, wimmerte vor Schmerzen.
Mein Herz brach in Millionen Einzelteile. Ich hatte noch nie von diesem Zauber gehört, doch er schien ihm den Körper aufzuschneiden, Stück für Stück. Er würde schmerzhaft verbluten, wenn mir nicht gleich etwas einfallen würde. Aber wie konnte ich einen Zauber aufheben den ich selber nicht kannte?
Panik machte sich in mir breit. Übernahm mein Herz, meinen Kopf, meinen ganzen Körper.
"Bleib bitte bei mir.", flüsterte ich unter Tränen, also Draco die Augen schloss.
"Du musst die Augen auflassen. Bitte lass die Augen auf."
Ich sah wie viel Anstrengung es ihn kostete. Wie sich sein ganzer Körper dagegen wehrte.
"Ich wollte nicht - ich weiß nicht -." stammelte Harry noch immer vor sich hin.
Doch ich konnte mich nicht auf ihn konzentrieren, ich wollte nicht.
Draco könnte sterben - und wenn das hier unsere letzten Minuten sein sollten -.
Aus jeder Wunde lief so unendlich viel Blut. Tränkte meine Anziehsachen in die Farbe rot. Ich hatte diese Farbe immer gemocht. Jetzt würde ich sie nie wieder in meinem Leben sehen können.
"Ich liebe dich.", wimmerte er. Seine Stimme war kaum noch zu hören, so leise war sie. Alles an Kraft schwand dahin. Ich drückte meine Lippen auf seine Stirn. Konnte das Schluchzen nicht länger unterdrücken.
"Bitte sag mir das nochmal, wenn es dir wieder besser geht. Das hier war nicht das letzte ich liebe dich was ich von dir hören werde." Meine Stimme zitterte.
Bei Merlin, ich durfte ihn nicht verlieren, dass würde ich nicht überleben.
Dracos Hand entglitt langsam meiner.
"Nein. Nein. Draco, bleib mir. Bitte bleib bei mir.", flehte ich. Die Tränen trübten meine Sicht.
Auch Harry schluchzte leise, vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein.
Wenn Draco sterben würde, wenn mein Leben seinen Sinn verliert, würde ich ihn genauso mit in den Tod nehmen.
Die Tür schwang mit einem lauten Knall auf. Schnelle Schritte machten sich auf den Weg zu mir.
"Sie dämlicher Junge. Was für ein Zauber war das?"
Snape.
Es war Snape.
Mein Herz wurde für einen Moment leichter.
Ich sah seine große Gestalt, die sich ebenso neben Draco fallen ließ.
Dann hörte ich seine Stimme. Sie war leise, und sie klang ein wenig wie Gesang.
Wie ein Lied, dass Draco vielleicht das Leben retten könnte.
"Vulnera Sanentur.", flüsterte Snape immer wieder, während sein Zauberstab über Dracos Körper glitt. Die Wunden schlossen sich, das Blut verschwand, die Farbe in Dracos Gesicht kam nach und nach wieder zurück.
Mein Herzschlag beruhigte sich vollständig. Er würde es überleben.
Er war am Leben.
Doch woher kannte Snape diesen Zauber und wusste den passenden Gegenzauber?
Und woher wusste er, dass wir hier waren? Das Draco hier am Boden lag?
Wäre er in der Nähe gewesen und hätte die lauten Geräusche gehört, wäre er doch schon viel schneller hier gewesen, oder?
Aber Draco lebte, mit dem Rest würde ich mich später befassen.
"Wie kann man einen Zauber ausprechen, den man nicht einmal kennt.", sagte ich, legte so viel Verachtung in meine Stimme wie nur irgendwie möglich.
Das war reine Dummheit - und ein riesen Glück das Snape rechtzeitig gekommen war.
Sonst hätte Harry jetzt den Tod eines Mitschülers auf dem Gewissen.
Dracos Hand schloss sich erneut um meine. Seine Augen öffneten sich leicht, er blinzelte einige Male. Snape sprach die Zauberformel noch zwei weitere Male aus, bevor er sich wieder erhob.
Seine Augen funkelten böse in Richtung des schwarzhaarigen, der unter dem Blick förmlich schrumpfte.
"Woher haben Sie diesen Spruch, Mr. Potter?", fragte er. Seine Stimme durchschnitt das gesamte Badezimmer.
"Ich -."
"Zeigen Sie mir Ihre Tasche.", wies er ihn nun an, unterbrach ihn mitten im Satz. Harry nahm seinen Tasche ab, zeigte Snape die darin enthaltenen Bücher. Doch Snape schien das keineswegs zu besänftigen.
"Wir sprechen uns noch. Ich werde diesen Vorfall keinesfalls ungestraft lassen. Und Sie." Er wendete sich zu mir und Draco.
"Mrs. White, bringen Sie ihn in den Krankenflügel. Madame Pomfrey soll ihn untersuchen und ihn zur Sicherheit eine Nacht da behalten."
Bevor ich etwas erwidern konnte, rauschte er davon. Zurück ließ er nur einen Schatten ungesagter Dinge, die sich wie eine Wand zwischen uns dreien aufbaute.
"Es tut mir leid, Draco. Ich habe das nicht - ich wollte das nicht.", sagte Harry leise.
Draco schenkte ihm keine Beachtung, er schaute ihn nicht einmal an. Sein Blick war auf die Decke gerichtet, seine Brust hebte und senkte sich regelmäßig.
Er war am Leben.
"Ich dachte ich verliere dich.", flüsterte ich leise, strich ihm durch die wirren weißblonden Haare.
Seine Augen wanderten zu mir, unsere Blicke verwoben sich miteinander.
"Niemals, Prinzessin. Mich wirst du so schnell nicht mehr los."
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