37) Meine persönliche Hölle
Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich aus dem Becken heraustieg, in das mich die Rutsche ausgespuckt hatte.
Behalte dich unter Kontrolle, sagte ich mir immer wieder, dabei setzte ich einen Fuß vor den anderen.
Behalte dich unter Kontrolle.
Zumindestens noch.
Was Adam gerade neben mir vor sich hin brabbelte, hörte ich wie so oft die letzten Male schon gar nicht, weil ich es irgendwie automatisch ausblendete. Wenn ich nicht aufpasste, dann würde dieser Zustand noch zur Gewohnheit werden - und das wollte ich nun wirklich nicht.
Wie aus weiter Ferne nahm ich das Lachen der anderen wahr, drehte mich aber nicht zu ihnen. Ich wollte einfach gerade nicht wissen, ob mein Bruder schon wieder seine Finger bei ihr hatte, was garantiert so sein wird, aber... im Moment beruhigte mich der Gedanke, dass ich heute auch mal dran war.
Heute gibt es kein Verstecken, jedenfalls nicht vor ihr.
Die nächsten Minuten vergingen tatsächlich wie im Flug, wir probierten mehrere Rutschen aus, stellten allmöglichen Mist an und ich musste echt zugeben, dass ich schon lange nicht mehr so ausgelassen war.
Mein Grinsen war wie im Gesicht festgetackert - bis ich es einfach nicht mehr ignorieren konnte, dass es mich extrem nervte, wie Adrian klettenhaft an ihr dranhing.
Ich kam einfach nicht an sie heran.
Nur aus diesen Gründen und weil ich Adam nicht zeigen wollte, wie sehr ich innerlich schon wieder kochte, hielt ich mich oft an ihn und zusammen verließen wir die große Gruppe ab und zu, um unser Ding im Sportbecken durchzuziehen. Glucksend ahmten wir die Sportschwimmer nach, ruderten wie die Bekloppten in den Bahnen umher und sprangen wie quietschende Mädchen von den großen Sprungbettern herunter. Und weil wir nunmal so krass unauffällig waren, wurden die Sportler auch auf uns aufmerksam, sodass die uns tatsächlich ein paar ihrer, wie sie es nannten, geheimen Techniken beibrachten.
Komischerweise waren die uns gar nicht böse, dass wir uns so offentsichtlich über ihre dezent engen und freizügigen Badehosen lustig gemacht hatten oder über die trendigen Badekappen.
Zwischen unseren Alleingängen gesellten wir uns ab und zu auch wieder zu unserer eigentlichen Hauptgruppe... wo ich Cassie immer wieder erwischte, wie sie mich aus den Augenwinkeln anlinste, wann immer sie dachte, ich beachtete sie nicht. Und jedesmal wurde ich verdammt nochmal ungeduldiger.
Wusste sie überhaupt, was sie da anrichtete?
Wusste sie überhaupt, auf was sie sich einließ?
Ich glaubte nämlich, sie hatte keinen Schimmer.
Mein Glück, wenn ich es so nennen konnte.
Aber mein Unglück, weil ich nicht so genau wusste, auf was ich mich mit ihr einließ... aber darüber konnte ich mir Gedanken machen, wenn es so weit war.
Die Stunden vergingen und langsam, aber sicher, wurde die Zeit knapp, sie rieselte mir absolut davon und das frustrierte mich zutiefst.
Weil ich nicht restlos von diesem Tag enttäuscht werden wollte, entschied ich mich doch dazu die letzte knappe Stunde wieder mit Adam einen Abstecher zum Sportbecken zu machen.
Es war mir tausendmal lieber, dass ich eben jetzt davon abließ, als wenn meine Hoffnungen auf diesen Tag einfach nicht erfüllt werden konnten.
Ich hasste Enttäuschungen, dieses Gefühl war einfach nur... schlimm. Irgendwie nicht ganz zu beschreiben, aber definitiv schlimm.
Während Adam Bahn um Bahn zog und ich mich schwer wunderte, woher er jetzt noch die Energie zog, setzte ich mich auf den Rand und betrachtete meine Umgebung. Dabei fiel mir ein Schild auf, dass mit vielen Ausschmückungen das Salzbecken in diesem Schwimmbad anpries, vorallem den Draußenbereich.
Das hörte sich doch eigentlich ganz gut an... und die Aussicht auf warmes Wasser war ziemlich verlockend.
Nur dieses Salz mochte ich nie, gefühlt klebte der ganze Körper danach... so ging es mir jedenfalls.
Aber ich war schon lange nicht mehr in dem Zeug baden und irgendwie...
Ich sollte meinem Körper mit diesem Bad zumindestens etwas von der Anspannung nehmen können.
"Adam", rief ich zu ihm herüber.
Er hielt in seiner Bewegung inne, um zu mir herüberzuschauen. "Ja?"
"Ich geh nochmal zu diesem einem Salzbecken, wir können uns ja in paar Minuten bei den anderen wieder treffen. Soweit ich weiß, sind die doch bei den Liegestühlen", schlug ich vor, gleichzeitig hatte ich mich auch schon hochgestemmt und war im Inbegriff zu gehen.
Adam zuckte mit den Schultern. "Joa... okay", meinte er schließlich nachdenklich. "Aber lass dich nicht wieder von irgendwelchen Mädchen aufhalten." Spielerisch warnend hob er den Zeigefinger.
Ganz bestimmt nicht.
Als Antwort darauf lachte ich nur, bevor ich mich auf den Weg zum Salzbecken machte. Bereits als ich meinen Fuß in das warme Wasser tauchte, wusste ich jetzt schon, dass diese Entscheidung defintiv kein Fehler gewesen ist.
Tatsächlich entspannte ich mich sofort, gleichmäßig durchteilten meine Arme das Wasser.
Es wunderte mich ziemlich, dass sich hier fast gar keine Leute aufhielten, obwohl das ein ziemlich schöner Bereich war.
Außer eben dieses hässliche Salz in diesem Wasser.
Ausatmend versuchte ich mich nur auf die Wärme zu konzentrieren und nicht auf den Gedanken, wie das Mineral später an meinen Hautporen haften würde.
Mittlerweile hatte ich die Absperrung nach draußen passiert - und wäre beinahe in die nächstbeste Richtung abgebogen, als mir eine Person auffiel.
Mit zusammengekniffenen Augen musterte ich Cassie ungläubig.
Das Schicksal ist manchmal von überraschenden Wendungen her nicht zu übertreffen.
Aufmerksam beobachtete ich, wie sie an ihrem Bikinioberteil herumzuppelte. Anscheinend gab es da wohl ein ziemlich großes Problem...
Meine Atmung wurde bei der Vorstellung abgehackter, wie sich das Teil mit einem Mal lösen und sie so natürlich wie sie ist nur einige Meter vor mir im Wasser stehen würde.
Ich schluckte schwer.
Fuck, nein, das durfte ich mir jetzt nicht vorstellen.
Beinahe wollte ich einen Rückzieher machen, weil ich vor Ungeduld nahezu platzte. Und wenn ich das tat, dann war ich nicht sanft. Dann wurde ich ein Tick zu drängend und zu energisch, keine Spur von Sanftheit würde sich hervorschlängeln können und ich könnte erst recht nicht daran denken, mich erst vorsichtig zu nähern und sie nach und nach mit dieser langangeübten Kunst einzuwickeln.
Außerdem würde sie meine Aufregung bestimmt spüren, mein Puls hatte schon längst nicht mehr die normalen und gesunden Werte.
Allerdings war es zu spät.
Sie hatte mich bemerkt und den Fluch, den sie ausstieß , den konnte ich bis hierher hören.
Sei es darum.
Ich hatte die ganze Zeit auf diesen einen Moment hingefiebert... und den werde ich mir jetzt auch nehmen.
Halte dich dennoch zurück, zischte mir meine innere Stimme zu.
Bestimmt.
Nach außen hin wie die Ruhe in Person wirkend nahm ich die Verfolgung auf, denn natürlich musste sie vor mir wieder die Flucht ergreifen.
Indizien dafür, dass sie einer Konfrontation mit mir aus dem Weg geht.
Und meistens geht man Sachen aus dem Weg, weil man Angst vor ihnen hat oder überfordert ist oder nicht weiß, was man tun soll, sprich unsicher ist.
Vielleicht auch alles zusammen.
Ein Grinsen formte sich auf meine Lippen und ich hasste mich etwas dafür, dass ich immer und stets wie ein arroganter Idiot herüberkomme, obwohl ich ihr gegenüber mal etwas anderes heraushängen lassen wollte.
Da sie in dem tiefen Wasser langsamer als ich vorankam, hatte ich sie schnell eingeholt.
It's showtime.
"Cassie, versuchst du etwa vor mir zu flüchten?", fragte ich sie und erschrak mich fast selbst vor meiner dunklen Stimme.
Wenn sie nur wüsste, was das eigentlich bedeutete.
Sie zuckte vor Schreck zusammen. "Nein", lautete ihre schlichte Antwort, sie riskierte nichtmal einen Blick über ihre Schulter hinweg zu mir herüber. Ihre Hände werkelten unterdessen ununterbrochen an den Bändern weiter, nur brachte das nichts.
Leise versuchte ich tief ein und wieder auszuatmen, dabei verbiss ich mir einen ziemlich anzüglichen Kommentar, der weit unter die Gürtellinie reichte.
Ich konnte ihr doch nicht einfach so plötzlich gestehen, dass ich sie mir öfter nackt vorgestellt hatte. Heimliche Fantasien und ziemlich heftige Träume waren leider nicht selten in unserem Alter, gerade bei Jungs nicht. Wie es bei Mädchen war, keine Ahnung, aber die waren bestimmt auch nicht immer nur mit Unschuld befleckt.
Natürlich, eigentlich wollte ich ihr gar nicht helfen, dieses Teil wieder festzubinden.
Erstens war es sehr unterhaltend, ihr dabei zuzuschauen und zweitens... naja, zweitens... nein, soweit konnte ich nicht gehen.
Sie wäre nicht der Mensch dafür, sie einfach so zu überfallen, so nenne ich es jetzt mal.
Ich war unglaublich froh, dass mich gerade mein Verstand regierte, sonst wäre ich jetzt sehr arm dran.
Verdammt arm dran.
"Lass mich mal", versuchte ich es in meiner sanftesten Stimmlage zu sagen.
Genau das Gegenteil von dem, was ich nunmal eigentlich ausdrücken wollte.
Ich zog ihr bestimmend, aber auch sehr darauf bedacht vorsichtig zu sein, die Bänder aus ihren Händen.
Zugegeben, einen Bikini musste ich noch nie zu oder aufknoten, aber das konnte doch wohl nicht so schwer sein.
Als meine Finger durch Zufall auf die warme, weiche Haut ihres Rückens trafen, brannte mir der nächste Atemzug unfassbar schmerzhaft in der Kehle.
Ach du scheisse.
Das wird hier eine Katastrophe, ich werde meine gesamten Pläne über Bord schmeißen... mir viel es sogar schwer einen einfachen Knoten zu machen, wenn ich nicht verhindern konnte, dass meine Fingerspitzen unaufhörlich mit ihrer Haut in Kontakt kamen.
Mit Mühe konnte ich eine ruhige Atmung vortäuschen - was ihr widerum deutlich misslang.
Ich hörte ganz genau, dass sie unregelmäßig Luft holte, auch wenn sie es geschickt zu verstecken versuchte. Dazu war ich zu sensibel.
Nervös verlagerte ich mein Gewicht auf das andere Bein und genau jetzt verfluchte ich das warme Wasser. Mir war heiß, abnormal heiß, in sämtlichen Regionen.
Reiß dich zusammen.
Reiß dich verdammt nochmal zusammen.
Wenn sie ein anderes Mädchen wäre, hätte ich sie schon längst zu mir herumgewirbelt, nur sie ist ja nicht irgendwer.
Das hier war eindeutiges verbotenes Territorium und mein Bruder würde mich umbringen, wenn er das hier herausfindet.
"So. Jetzt müsste es wieder halten", sagte ich... eine Spur zu rau.
Heiliger, sie musste schon längst gemerkt haben, dass mich das hier nicht kalt ließ.
Jetzt wäre der Moment zurückzuweichen.
Mach ich es?
Ich linste herunter zu ihren freien Schultern und verfolgte die Spur der Wassertropfen, die sich aus ihren kurzen Haaren lösten.
Das alles mit meinen Lippen zu erkunden...
Stocksteif blieb Cassie immer noch vor mir stehen.
Wenn sie abgeneigt wäre, wäre sie schon längst wieder weggegangen, da war ich mir vollkommen sicher.
Ich wagte einen weiteren, ziemlich waghalsigen Versuch.
Meine Hände strichen langsam über ihre Schultern hinab, dann umfasste ich um Sanftheit bemüht ihre Handgelenke, die ich schließlich überkreuzt festhielt.
Noch könnte sie sich immer noch aus dieser Situation herausziehen, sowohl wörtlich als auch praktisch.
Sie tat es aber nicht.
Mit einer fließenden Bewegung schloss ich den letzten kleinen Abstand zwischen unseren Körpern und schmiegte mich von hinten an sie.
Oh, verdammt, dieser Hautkontakt fühlte sich viel zu gut an.
Viel zu gut.
Cassie schnappte zischend nach Luft und ihr entwich heiser mein Namen.
Alleine das sendete elektrische Impulse durch meinen Körper. Mir reichte das aber immer noch nicht, ich brauchte mehr...
Ich senkte meinen Kopf, vorsichtig lehnte ich mich zu ihrem Hals hervor, um dort Küsse zu verteilen, untypisch zärtlich für mich strich mit meinen Lippen an ihrer Haut entlang bis zu ihrem Nacken.
Mit einem Mal fiel sämtliche Anspannung von ihr ab und sie ließ sich komplett gegen meine Brust fallen.
Ich war darauf ja so gar nicht vorbereitet und stöhnte leise unkontrolliert in ihr Ohr.
Jetzt ging die Fahrt in meine ganz persönliche Hölle los.
Ich bin es, nach Ewigkeiten wieder.... ich hoffe, ihr seid mir nicht allzu böse... und ich hoffe, ihr mögt das Kapitel.
Verzeiht mir irgendwelche Grammatikfehler, ich wollte das jetzt nur unbedingt endlich mal hochladen und es später überarbeiten.
Hab euch lieb.
❤
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro