"Tickt er noch ganz richtig?", regte ich mich auf, als wir uns noch mit anderen Nachzüglern in der Umkleide weiterhin befanden, während ein kleiner Teil den Raum bereits verließ.

Adam fasste sich kurz an die Nasenwurzel. "Ich hab doch keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich darauf keinen Bock habe. Bedeutet doch nur wieder Drama."

"Du und dein elendiges Drama", entgegnete ich zutiefst genervt.

"Was denn?", keiner Schuld bewusst blickte er mich an. "Im Grunde ist es doch so."

Ich wedelte mit der Hand, tat so, als könnte ich dieses Thema wegwedeln. Schön wäre es. "Egal, lass uns jetzt erstmal in die Halle gehen."

Schon von weitem erkannte ich, dass die Mädchen vor ihrer Umkleide in einer riesigen Traube angesammelt warteten und kichernd tief in Gespräche vertieft waren.

Und ganz vorn, neben diesem großen Haufen an der Wand standen niemand anderes als Cassie und ihre nerdige beste Freundin, die sich genau in dem Moment umdrehte, als Ian an ihnen vorbeilief.

Natürlich winkte er ohne Scheu den beiden zu und verursachte bei beiden ein fettes Grinsen.

Das Gesicht ihrer Freundin ist bereits feuerrot angelaufen.

Leandro und Ace waren die nächsten, die an beiden vorbeiliefen und ihre Köpfe in die Richtung der Mädchen drehten.

Scheisse, ich musste mich wohl echt mit dem Gedanken anfreunden, dass ich demnächst mit ihr schwimmen gehen musste.

"Oh schau, wer dich da entdeckt hat", raunte mir Adam belustigt zu. Dieses Schmunzeln, das sein Gesicht schmückte, drückte deutlich aus, was für ein Gefallen er an der Situation hatte.

Diese Dramaqueen.

"Schön", war alles, was mir dazu einfiel. Allerdings musste ich darüber milde lächeln.

"Nur schön?", stichelte er weiter. "Ist das alles, was dir dazu einfällt?"

Ich rammte ihm unsanft meinen Ellbogen in die Seite. "Ja, das trifft sich ganz gut. Adrian ist Richtung Toiletten gegangen, das heißt, er kommt noch und muss auf alle Fälle hier lang. So können wir ihm wenigstens schon eine Gelegenheit vermiesen, sie nach diesem Ausflug zu fragen", setzte ich mit einem listigen Lächeln hinzu.

Adam zwinkerte mir verschwörerisch zu. "Alles klar, Kumpane."

Als wir fast auf der gleiche Höhe mit Liv und Cassie waren, uns trennten nur noch wenige Meter, blieben Adam und ich stehen.

Kurz davor hatte ich noch einen flüchtigen Blick zu ihr herübergewagt - was ich lieber hätte nicht tun sollen, denn das Rauschen in meinen Ohren setzte ein, als ich sie dabei ertappte wie sie mich anstarrte.

Es dauerte nicht lange, da kam auch mein Bruder endlich aus der Umkleide. Kaum herausgetreten, fixierte er die beiden Mädchen, besonders eines von ihnen, zielsicher an.

Doch bevor er bei ihnen überhaupt ankommen konnte, schnappte ich mit meiner Hand nach ihm und hielt ihn eisern fest. "Adrian", begann ich mit einer drohenden Tonlage. "Wehe, du fragst sie jetzt. Selbst wenn die anderen damit einverstanden sind, wir sind es nicht."

Besonders bin ich es nicht.

Das war fast ein Todesurteil, sollte er es machen und sie stimmte zu.

Adam und ich konnten nicht wie zwei bockige Kinder nicht mitgehen. Nachträglich ist mir auch eingefallen, dass ich erst Ian letztens versprochen hatte, wieder öfter bei ihren Gruppenaktivitäten dabei zu sein. Und ich wollte ihn wirklich nicht enttäuschen, geschweige, ihn in die Sache hereinziehen und abzusagen.

"Außerdem wollen wir uns nunmal nicht deine schlechte Flirtkunst angucken", steuerte Adam dazu, die Arme hatte er demonstrativ vor seiner Brust verschränkt.

Hinter Adrian's Miene brodelte es vor Wut.

Niedergeschlagen und sauer zugleich wusste ich, dass er es trotzdem machen würde.

Wir könnten solange auf ihn einreden, wie wir wollten.

Mein Bruder spähte kurz zu Cassie herüber, auf die Liv gerade einredete. Sie linsten schon die ganze Zeit verstohlen zu uns, allerdings taten wir das ja auch.

Über was die beiden sich wohl unterhielten?

Ich war davon so abgelenkt, dass ich gar nicht weiter mitbekam, was Adam noch so für Argumente brachte, sie nicht mitzunehmen.

Fast schon automatisch scannte ich das Zentralthema unserer Unterhaltung ab und - heiliger, ihre kurze schwarze Sporthose hatte es mir angetan.

Ihre zarten Kurven, diese langen Beine...

Und eindeutig schon zu viel Haut.

Ich war froh, dass ich nicht gleich zu den Typen gehörte, die bei einem erregenden Anblick Platzprobleme mit ihrer Hose bekamen. Weit war ich davon aber nicht mehr entfernt.

Liv sagte etwas zu Cassie, worauf sie kichernd die Augen verdrehte - die dann bei mir stehenblieben.

Bei diesem intensiven Blickkontakt, bei diesem glitzernden Dunkelblau, bei dem sinnlichen Ausdruck in ihnen...

Bei allem, was mir blieb...

Holy shit.

Mir wurde schlagartig so warm, dass ich dachte, ich stand im Sommer draußen in der prallen Sonne bei 40 Grad Celsius.

Angespannt biss ich mir auf die Lippe, riss meinen Blick endlich von ihr los, um diesen dann auf Adrian zu richten.

"Man Adrian", fiel ich in die hitzige Diskussion zwischen ihm und Adam ein. "Akzeptiere doch einfach, dass wir das nicht wollen", zischte ich mit gesenkter Stimme. Warnend stieß ich ihm gegen die Schulter, worauf er ein paar Schritte zurückgehen musste.

Adam, der ja Drama liebte, setzte sein amüsiertes Grinsen auf und griff nach meinem Arm. "Ich glaube, das hat hier keinen Zweck. Lass uns einfach gehen."

Damit wandten wir uns auch von meinem Bruder ab und gingen in die Halle.

Die Wut brodelte wie ein starker Orkan in mir, gleichzeitig wurde mir meine Hilflosigkeit bewusst.

Diese Hilflosigkeit, was ich machen würde, wenn er zu ihr geht und sie zustimmt.

Dieses elendige Drama, verdammt.

Zehn Minuten lang rannte ich von links nach rechts durch die komplette Halle. Mr Angor hatte seine ganz eigenen Taktiken zum Aufwärmen.

Obwohl ich sonst eher zu den mittelstarken gehörte, da ich mich bei Lockerungsübungen nie anstrengte, schaute mich mein Sportlehrer heute erstaunt an, als ich die ganze Zeit vor der gesamten Gruppe einen gewaltigen Vorsprung ausbaute.

Allerdings hatte ich eine Menge Gründe dafür, meinen Zorn in Energie umzuwandeln.

Alleine der selbstgefällige und zufriedene Ausdruck auf dem Gesicht meines Bruders, der ein paar Minuten nach uns die Halle betrat, sprach Bände.

Sein Plan ist aufgegangen.

Ich bin sowas von mies dran.

Fuck.

"Adrael, bitte, bringe ihn jetzt noch nicht um", schob sich Adam in mein Sichtfeld. "Es reicht, wenn du das nachher ohne Zeugen tust."

Geräuschevoll knirschte ich mit den Zähnen und setzte meine Wasserflasche erneut an die Lippen an. Noch hatten wir kurz eine Pause, aber Mr Angor hatte extra laut und deutlich angekündigt, dass wir heute ein paar Leistungskontrollen in Basketballaufgaben machen mussten.

Freiwürfe oder so ein Schrott.

Wenigstens erforderte das etwas meine Konzentration, weswegen ich bestimmt nicht mehr an den bevorstehenden Kampf denken musste.

Und an das scheiss Schwimmbad.

"Ich bringe ihn nicht um", antwortete ich schließlich Adam, der mich noch immer etwas argwöhnisch musterte.

Anders als mir sah man ihm sehr an, dass ihm warm war. Seine Wangen waren gerötetet und auf seiner Stirn schimmerte ein dünner Schweißfilm, der in dem komischen Hallenlicht ein leichtes Glänzen verursachte.

Ich dagegen fühlte mich noch immer wie ein junges Fohlen und hatte das Gefühl, dass ich noch lange nicht aufgewärmt war.

"Okay", entgegnete er zögernd. "Und was machst du dann mit ihm?"

Mein Grinsen musste beinahe schon wölfisch wirken, dass ich ihm nun schenkte. "Tja. Ich habe mich umentschieden. Er wird leiden."

Erneut huschte ein amüsierter Ausdruck über sein Gesicht. "Und wie willst du das bitte anstellen?"

"Lass das nur meine Sorge sein", gab ich ungerührt zurück. "Sein Handy verschwinden lassen, das Schwimmbad abreißen, Mom auf ihren Lieblingssohn hetzen oder ihm einen Arm brechen, irgendetwas wird mir schon einfallen. Kann ja wohl nicht so schwer sein."

Hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

By the way, hab mir mal wieder paar Szenen aus Dark Room durchgelesen... heiliger, da muss ich ja noch einige gewisse Szenen umschreiben😏

Hier noch ein kurzer Auszug aus meinem neuen Buch Identity , das schon auf dem Profil vorzufinden ist. Vielleicht seid ihr daran ja auch interessiert, würde mich voll freuen:

"Lass uns ein Spiel spielen. Jeden Samstagabend darfst du mir und ich dir eine Frage stellen. Aber wir dürfen beide nur mit Ja oder Nein antworten. Wer es zuerst schafft, herauszufinden, wer der andere in Wahrheit ist, hat einen Wunsch frei."

Eine Wette um die wahre Identität.

Identität - ist das, was den Menschen schon immer ausgemacht hatte.

Was aber tun, wenn sie einem völlig unbekannt ist?

Man mit einer völlig fremden Person, dessen Aussehen man nichtmal komplett kennt, die Zeit einmal in der Woche verbringt?

Wenn sie einen interessiert?

Dann will man das Rätsel lösen.

Doch ist man bereit, dafür gewisse Risiken einzugehen?

Will man die Wahrheit am Ende überhaupt erfahren?

Wer Dark Room mochte, findet das eventuell auch okay haha.

💖