67 - Unerwarteter Besuch
Es klingelte ein zweites Mal.
Nun kam zumindestens wieder etwas Leben in Easton, indem er von mir zurücktrat, sich durch die Haare fuhr und sichtbar versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Ich hingegen konnte nach wie vor nur versteinert da sitzen und spürte noch immer seine weichen Lippen auf meinen. Automatisch hob ich meine Hand und fuhr mit meinem Zeigefinger über sie - nur um mitzubekommen, dass Easton meine Bewegung ganz genau mitverfolgte.
Mit diesem Aufblitzen in seinen verdunkelten Augen stand mein Körper weiterhin in Flammen und es bestand keine Aussicht darauf, dass sie demnächst gelöscht werden können.
Oder überhaupt noch einmal.
Wer weiß, ob das überhaupt nochmal passieren würde?
Easton wandte tief durchatmend seinen Blick endlich von mir ab. Sein Kiefer spannte sich an und ich sah, wie unter der leicht geröteten Haut ein Muskel zuckte. Das war jedoch nicht der einzige Musskel, der angespannt war. Sein Oberkörper präsentierte sich so definiert vor mir, wie ich ihn gerade eben noch unter meinen Handflächen gespürt habe und dieser Anblick war auch alles andere als abkühlend.
Wortlos bückte er sich und hob die Schürze vom Boden auf, um sie mir zu reichen. Sein nächster Blick ging eingehend auf meinen Oberkörper und da fiel mir siedend heiß ein, dass mein Hemd ja so gut wie gar nichts verbarg.
Oh man.
Es hatte sich so gut wie gar nichts zwischen uns abgekühlt, im Gegenteil. Es hatte sich nur noch weiter aufgeheizt und ich wurde mit dieser Feststellung nur noch planloser.
Zittrig nahm ich ihm die Schürze ab und als unsere Finger dabei erneut in Kontakt kamen, versteiften wir uns gleichzeitig.
Scheisse.
Wie sollten wir jetzt nur miteinander umgehen nach dieser Sache? Und dann auch noch in der Gegenwart der anderen?
Ich war vollkommen überfordert. Mein Körper war kaum Herr meiner Selbst, als ich von der Arbeitsfläche herunterrutschte und mir die Schürze umhing.
"Kannst... kannst du die Tür aufmachen?" Seine Stimme klang so kehlig und rau, dass sich mein Unterleib gleich wieder entzückt zusammenzog.
Ich linste zu ihm herüber und war mir sicher, dass er in seiner Verfassung schlecht den Empfang an der Tür machen wollte.
Also nickte ich.
"Danke, ich bin gleich da", murmelte er und verschwand wie ein Schatten aus der Küche heraus.
Ich hingegen sammelte noch schnell die Blechdosen auf und stellte sie auf die Arbeitsfläche, machte meine Haare zu einem ordentlichen Zopf, ehe ich endlich zur Tür huschte.
Mein Herz pochte noch immer rasant vor sich hin und ich hatte Sorge in den nächsten Sekunden zu kollabieren.
Ich musste mich dringend ablenken.
Also visierte ich fest die Hauseingangstür der Henrys an. Meine Finger umgriffen die kühle metallische Klinke und drückten sie herunter - als ich jedoch sah, wer davor stand, hätte ich die Tür am liebsten wieder zugeknallt.
Nun, da hatte ich meine Abkühlung, die ich mir so dringend gewünscht hatte.
"Einen wunderschönen guten Abend." Adriana grinste mich breit an, sie war wieder von Kopf bis Fuß durchgestylt und trug zur perfekten Krönung auch noch Eastons braune Lederjacke. "Sorry für die Verspätung."
Mir rutschte gefühlt ein Stein in meinen Magen, vorallem nach der Sache, die eben gerade noch mit dem Besitzer der Lederjacke geschehen ist.
Hinter ihr erblickte ich Charon, der irgendwie versuchte, mit seinem schwarzen Haarschopf an ihr vorbeizugucken. "Hi Iva. Tut mir leid, ich wollte sie echt aufhalten", ertönte seine Stimme. "Aber sie macht ja leider immer das, was sie will."
"Eben", stimmte ihm Adriana, immer noch so gruselig breit grinsend, zu. "Ich bin außerdem wieder seit heute Morgen fit. Also warum sollte ich dann Zuhause bleiben?"
Ja warum auch?
Um mir nicht auf die Nerven zu gehen!
Sofort schlich sich das beklemmende Gefühl von Angst in mir hoch und schnürrte meine Kehle zu. Was wenn Adriana sich jetzt wieder versuchte an ihn heranzumachen und ich wieder abgeschrieben war?
Klar ist er vorhin genervt von ihr gewesen und so weiter. Aber mein Misstrauen blieb standhaft. Und Schuld daran war einfach meine Angst.
Meine Angst von Easton verletzt zu werden hatte sich nach diesem Kuss natürlich um das Doppelte, wenn nicht sogar um das Dreifache gesteigert.
Mist, Mist, MIST.
Wie ein Geist trat ich zur Seite und ließ beide ins Haus.
"Tate und Venice sind auch gleich da", informierte mich Charon, als er aus seinen Schuhen herausschlüpfte.
Adriana tigerte in dem Flur herum, als hätte sie gerade eben wieder ihr Revier betreten und nun würde sie es auf jegliche Veränderungen abprüfen. Die Erste fiel ihr gleich auf. "Wo hast du eigentlich Easton gelassen?"
Ich räusperte mich und wich Adrianas prüfenden Blick aus, stattdessen ging ich lieber zurück in die Küche. "Der ist im Bad glaube ich. Musste mal." Zielstrebig griff ich nach der Pfanne, stellte sie auf den Herd und ließ die von Easton geschnittenden Tomaten hereinplumpsen.
"Oh wir haben die Ehre heute von deinen Kochkünsten zu profitieren?" Charon stellte sich zu mir, strinrunzelnd blickte er auf das kochende Wasser. "Oh, das Wasser kocht ja schon. Wenn das weiter so kocht, dann ist es bald noch verdunstet. Wo sind hier die Nudeln?" Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie er die Regale absuchte. "Sag mal hat dich dieser Schlingel etwa allein in der Küche abgestellt oder was?"
Ich hörte im Hintergrund ein gespieltes Husten, das wohl ihr eigenes hämisches Glucksen überspielen sollte.
Am liebsten war mir in diesem Moment danach den Kochöffel nach Adriana zu schleudern. Alleine, weil ich mich selber so über mich ärgerte.
Scheisse, auf was hatte ich mich die letzten Minuten nur eingelassen? Und wie oft sollte ich noch in Gedanken fluchen? Das half auch nicht weiter!
"Sag mal, was denkst du denn von mir?"
Ich atmete erleichtert auf, dass Easton wieder zu uns gestoßen ist. Alleine hätte ich das nicht mehr lange durchgehalten. Und zum Glück trug er nun wieder ein Shirt.
Charon wirbelte herum und begrüßte grinsend mit einem Einklatschen in Eastons Hand seinen besten Freund.
Natürlich kam ich nicht darum, dass ich zitternd abwartete, wie er Adriana nun begrüßen würde. "Hey, Adriana. "Tatsächlich nickte er ihr sogar nur zu und wollte sich an ihr vorbeischieben, um wohl den Kühlschrank zu erreichen, da schnellte sie vor und schnappte nach seinem Arm.
Easton erstarrte sofort am ganzen Körper und blickte stirnrunzelnd zu ihr herunter. Den komischen Blick, den er vorher ihrer Hand auf seinem Arm zugeworfen hatte, gab mir zunehmend etwas mehr Sicherheit.
Adriana ließ sich aber von seiner alles anderen als einladenden Reaktion nicht verunsichern. "Wir müssen nochmal reden", lächelte sie ihn zuckersüß an.
Das war der nächste Stein in meinem Magen, der sich zu dem anderen gesellte.
Charon vergaß nach ihrer Aussage auch endlich mal die Suche nach den Nudeln und beäugte sie skeptisch aus etwas schmaleren Augen.
Easton sah zu meiner Erleichterung alles andere als begeistert aus.
Allerdings lud Adriana das nur dazu ein, noch weiter - wortwörtlich gesehen - um seine Beine herumzuschleichen. "Ich hatte so einige Zeit zum Nachdenken und ich finde, das sollten wir besprechen. In der Zeit kann ja... Iva das Essen fertig kochen."
Stille.
Bumms, das war der dritte Stein in meinem Magen,
Wie konnte denn eine einzige Person so dreist sein? Sie schien echt mit allen Mitteln der Gunst um ihn zu kämpfen.
Empört riss ich den Mund auf. "Wie bitte?"
Natürlich ignorierte sie mich, sie war ganz auf Easton fokussiert.
Wow, sie hasste mich. Sie machte deutlich klar, dass es ihr missfiel, dass ich hier war und offentsichtlich vor ihr allein mit Easton Zeit verbracht hatte.
Wenn sie nur wüsste, was noch alles passiert ist...
Ich biss mir auf die Lippe und spürte, wie ich schon zu schwitzen anfing. Nervös wartete ich ab, wie Easton auf ihr Angebot reagieren würde.
Dieser entzog sich nun endlich ihrem Griff und schaffte sichtbar etwas Platz zwischen ihnen, indem er einen Schritt von ihr zurücktrat. Er wirkte ihr gegenüber so unnahbar, dass es mir selbst schon eine Gänsehaut bescherte. "So?", fragte er sehr unterkühlt. "Ich finde, wir haben nichts mehr zu besprechen. Es ist alles geklärt."
Ein sichtbarer Ruck ging durch ihren sportlichen Körper und sie wurde etwas blasser unter ihrem Make-Up. Offenbar war es absolutes Neuland für sie, dass Easton sie weiterhin ablehnte. Mein Herz machte einen Sprung.
Nur gab sie sich damit nicht geschlagen. "Das sehe ich nicht so. Ich finde, wir haben noch so Einiges zu besprechen", forderte sie nun mit noch etwas mehr Nachdruck ein.
Easton schüttelte entschieden den Kopf und verschränkte die Arme vor seiner Brust. "Von meiner Seite aus nicht."
"Von meiner Seite aus schon", ihre Stimme hörte sich bissig an. Sie ging auf ihn zu und wollte wieder ihre Hand nach ihm ausstrecken, als Charon sie an ihrem Oberarm sanft zurückhielt.
"Lass gut sein, Adriana", sagte dieser zu ihr.
Ihre Augen funkelten gereizt, schauten erst Charon und dann Easton an, bevor sie wieder bei mir stehenblieben. Ich sah ihr deutlich an, dass ihr etwas auf der Zunge lag, doch sie hielt sich überraschenderweise zurück.
Mit dem hasserfüllten Ausdruck in ihren Augen könnte sie mich problemlos niederstrecken, keinen Zweifel.
Sie hatte ihre Niederlage eingesehen - aber nur in diesem Moment. Es war noch lange nicht vorbei.
Ein Koß setzte sich in meinem Hals fest.
Oh, sie ahnte etwas.
Zu einhundert Prozent tat sie das.
Easton lächelte sie kalt an. "Schön, dass du dich wieder beruhigt hast. Ihr könnt euch ja schonmal ins Wohnzimmer setzen, dann können Iva und ich das Essen fertig kochen."
Adrianas Mundwinkel rutschten nach seiner Äußerung noch weiter nach unten, doch die Eisprinzessin rauschte zu meiner Überraschung auf Befehl ab, im Innern schien sie jedoch mehr als nur zu kochen.
Charon blickte etwas beäugend zwischen Easton und mir hin und her, dann folgte er seine Cousine nachdenklich ins Wohnzimmer.
Halloooo, da bin ich wieder.
Na, was sagt ihr zu diesem Kapitel? Ich teaser schonmal an, dass das nicht nur bei diesem Drama bleibt...
Ich habe mir eure Kommentare vom letzten Kapitel durchgelesen und kam leider nicht so recht zum Antworten, da es mir die letzten Tage schon wieder mies ging... aber ich habe mich sehr über euer Feedback gefreut. Dankeschön. So liebe Worte und sooo viel Begeisterung. Das hat mich mega zum Grinsen gebracht ❤️
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