|| 1. || P H I B I
„Phibi! Phiiibiii!", höre ich die verrückte Nudel, auch bekannt als meine beste Freundin Lisa, schon in der Ferne kreischen. Bei ihrem Anblick muss ich mir ein Grinsen verkneifen, denn sie wartet bereits vor unserem Lieblingskaffeeladen und springt hysterisch auf und ab während sie meinen Namen schreit. „Danke fürs Bringen Cesar! Ich warte dir dann um 17 Uhr auf dem Uniparkplatz", bedanke ich mich beim Aussteigen noch bei meinem Fahrer. Dann mache ich mich schnell auf den Weg zu der Person, die offensichtlich versucht einem Gummiball Konkurrenz zu machen.
„Mensch Lisa, die Leute drehen sich schon nach dir um! Hast du heute Morgen wieder einmal vergessen deine Tabletten zu nehmen?", begrüße ich sie. „Ich freue mich auch dich zu sehen", gibt sie mit einem breiten Lächeln zurück. „Komm wir besorgen dir einen Kaffee, damit du Morgenmuffel auch wieder zu deinem Sonnenschein findest." „Es kann ja nicht jeder so übertrieben fröhlich sein. Ich spare mir meine Energie lieber für die 6 Stunden Training, die heute noch auf mich zukommen", grummle ich vor mich hin, während mich Lisa voller Elan in den Laden zieht.
Als wenig später dann die erste Dosis Koffein meinen Körper erreicht, bin ich tatsächlich schon optimistischer gestimmt. „Du musst übrigens das nächste Mal weder so laut schreien, noch so wild auf und ab hüpfen. Vielleicht bist du etwas kleiner als die Durchschnittsperson, aber man könnte dich trotzdem nie im Leben übersehen", erkläre ich Lisa lachend, als wir uns Kaffee schlürfend auf den Weg zur Universität machen.
Glücklicherweise ist diese nur einen Häuserblock von unserem Kaffeeladen entfernt, weshalb wir uns beinahe jeden Morgen und manchmal auch in der Mittagspause dort treffen. Da Lisa nicht wie ich Tanz, sondern Film und Fotografie studiert, haben wir nicht sonderlich viele Lehrveranstaltungen an der Universität gemeinsam. Nur in wenigen allgemeinen Fächern, wie „Recht" oder „Marketing", sehen wir uns, da diese von allen Studienrichtungen belegt werden müssen.
Unsere Universität hat ja eigentlich einen künstlerischen Schwerpunkt, daher gibt es auch die Studienrichtungen Kunst, Film und Fotografie, Schauspiel, Gesang, Instrumental sowie Tanz. Trotzdem müssen wir alle diese allgemeinen Fächer belegen, damit wir uns später einmal selbstständig machen und unabhängig von Agenturen oder Firmen arbeiten können.
Lisa vertritt jedoch die Ansicht, dass wir diese Fächer nur belegen müssen, weil dies eine Privatuniversität ist und die Direktorin damit die Seriosität des Studiums trotz des künstlerischen Schwerpunktes wahren will.
Für mich klingt ihre Theorie da eigentlich auch ganz einleuchtend, denn ich habe selbst schon viel zu oft gehört, dass Tänzerin doch kein richtiger Beruf sei und ich etwas „Ordentliches" studieren soll.
Viele Leute gehen aber auch einfach grundsätzlich davon aus, dass ich, nur weil meine Familie Geld hat, nicht wirklich gut tanzen können muss, um für größere Veranstaltungen gebucht zu werden. Aber die Menschen, die solche Dinge behaupten, haben keine Ahnung davon, wie es in der Tanzindustrie abläuft und wie viel Herzblut und Durchhaltevermögen es erfordert, um auch nur kleinere Erfolge in dieser Branche erzielen zu können.
Meine Eltern haben dies zu Beginn auch nicht erkannt und das Tanzen nur als Hobby in Betracht gezogen. Zu meinem Glück leben sie immer nach dem Motto „wenn ich etwas mache, dann zu hundert Prozent" und haben mir auch für mein „Hobby" von klein auf eine gute Ausbildung in den besten Tanzstudios ermöglicht. Mittlerweile haben meine Mum und mein Dad jedoch erkannt, dass Tanzen meine wahre Leidenschaft ist und unterstützen mich größtenteils in meinem Vorhaben.
Völlig überzeugt habe ich sie jedoch noch nicht, da es ihnen trotzdem lieber wäre, wenn ich ein geregeltes Einkommen bekäme. Sicherheit hat man in diesem Beruf aber leider nun mal nicht. Selbst die besten Choreografen und Tänzer, die für die größten Events gebucht werden, können mit einer schlimmeren Verletzung plötzlich einen großen Schritt Richtung finanziellen Ruin machen.
Ihr denkt euch jetzt wahrscheinlich: „Waaas? Die ist doch reich, was redet die hier von finanzieller Sicherheit!?", und ihr habt ja auch recht, denn irgendwann werde ich wohl die Hotelkette meines Vaters erben und auch meine Mutter verdient als Architektin gutes Geld, aber dennoch ist es den Beiden wichtig, dass ich unabhängig von ihrem Geld ein eigenes Leben führen kann.
So wurde ich schon von Kindheit an erzogen, daher ist das auch für mich selbst sehr bedeutsam.
„Erde an Phibi! Ist da noch jemand zuhause oder fängst du gleich zu sabbern an?", reißt mich Lisa plötzlich aus meinen Gedanken. Belustigt beobachte ich sie dabei, wie sie mit ihren kleinen Händen versucht vor meinem Gesicht herum zu wedeln und zu schnipsen. Tatsächlich geschieht das Ganze jedoch eher auf der Höhe meines Halses, da sie einen ganzen Kopf kleiner ist als ich. „Bist du dann fertig?", frage ich kopfschüttelnd. „Ich muss dann auch schon los, weil ich mich noch umziehen muss. Sehen wir uns in der Mittagspause?", frage ich sie, während wir auf einen der Eingänge zu steuern. „Klar, du kannst auch ruhig noch Duschen gehen, bevor du kommst. Ich kann dir ja schon das Übliche vorbestellen", antwortet mir Lisa, als wir vor den Garderoben stehen bleiben. „Danke du bist ein Schatz! Wir sehen uns später", verabschiede ich mich und drücke ihr noch einen Kuss auf die Wange, bevor ich in der Umkleide verschwinde.
Da ich schon zu den Letzten gehöre, ziehe ich mir meine Sportsachen in Rekordgeschwindigkeit an und geselle mich sogleich zu meinen Studienkollegen in das Tanzstudio.
Alle sind schon dabei sich aufzuwärmen und zu dehnen, daher versuche ich mich möglichst unauffällig unter die Menge zu mischen. „Na, wolltest du dir heute das Aufwärmen sparen Phibi?", neckt mich da aber auch schon Laurel zwinkernd im Vorbeilaufen.
Mist, Mission fehlgeschlagen.
„Naja man kann es ja mal versuchen", seufze ich gespielt leidend und laufe dann lachend neben Laurel her. Wenig später taucht aber auch schon Megan, meine Dozentin für Contemporary auf.
Ja ich darf manche meiner Lehrenden beim Vornamen oder bei ihrem Künstlernamen nennen, weil dies in den praktischen Tanzeinheiten oft leichter ist und für eine bessere Atmosphäre sorgt.
„Sophie!", spricht mich Megan gleich an, „die Direktorin erwartet dich in ihrem Büro."
Verdammt! Bekomme ich etwa eine Ermahnung, weil ich zu spät gekommen bin? Megan war ja selbst noch gar nicht hier und kann das gar nicht bemerkt haben. Außerdem ist eine Verspätung jetzt auch kein Grund für ein Gespräch mit der Direktorin. Toll, jetzt beginne ich schon Dialoge mit mir selbst zu führen... als ob die ewigen Monologe nicht genug wären.
„Sophie, die Direktorin lässt man nicht warten!", ermahnt mich Megan und so werde ich mal wieder beim Tagträumen gestört.
Nervös laufe ich in die Umkleide und überlege kurz, ob ich mich für dieses Gespräch noch einmal umziehen soll. Aber eigentlich will ich die Direktorin nicht länger warten lassen und da ich bisher noch nicht ins Schwitzen gekommen bin, beschließe ich so zu gehen.
Wenn ich weiter so nervös bin, dann komme ich auch ganz ohne Sport ins Schwitzen. Bei der Kleidung glaubt die Direktorin wenigstens, es kommt von meinem harten Tanztraining.
Ich sollte mich echt beruhigen und nicht selbst noch mehr aufwühlen. Wahrscheinlich ist es gar nicht so schlimm und sie will mir nur mitteilen, dass mein Dad vergessen hat, den Studienbeitrag für dieses Semester zu zahlen. Oder vielleicht soll ich die Mentorin für einen der Erstsemester-Studenten werden... Ja genau, das wird es sein.
Etwas selbstsicherer und ruhiger richte ich mich nun auf, drücke meine Schultern zurück, atme ein letztes Mal tief durch und klopfe an der Tür. „Herein", ertönt die Stimme der Direktorin und ich öffne die Tür. „Sophie Moreno, nehmen Sie doch Platz meine Liebe!", begrüßt mich die Universitätsleiterin und deutet auf einen roten Ledersessel vor ihrem Schreibtisch. Eigentlich klingt sie, als wäre sie erfreut mich zu sehen. Das ist doch schon mal ein gutes Zeichen. „Nun es ist so, dass ich sie zu diesem Gespräch gebeten habe, weil es Neuigkeiten gibt..."
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1284 Wörter... findet ihr die Länge okay so? Oder wollt ihr kürzere/längere Kapitel?
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Wir sehen uns im nächsten Kapitel :))
Eure Lexa
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