
..Just let me Love you..
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Dancing Hearts
Nie hatte es einer von beiden ausgesprochen. Nie die schwere Wahrheit ausgesprochen, die ihre beiden Herzen wie ein Anker in die Tiefe eines Ozeans zog und in den Fluten unterzugehen drohte. Sie konnten nicht. Sie durften nicht. Sie liessen sich vorschreiben, wie sie zu leben hatten. "Eine anständige Frau, ein angesehener Job, ein Haus und Kinder." Das war es, was als 'normal' empfunden wurde und das Einzige, was von allen akzeptiert werden würde. Wenn sie doch bloß alle wüssten, wie lächerlich es war anzunehmen, dass auch nur einer der Beiden glücklich mit einem solchen Leben wäre.
Einzig die Musik führte sie zusammen. Liess sie sich nah sein, ohne sich verstecken zu müssen. Liess sie die so schmerzlich ersehnte Nähe zueinander fühlen. Tiefgründige Gespräche waren etwas, was sie nur selten miteinander teilen konnten, denn niemand durfte sie zusammen sehen. Niemand durfte auch nur ahnen, dass sie tiefe, ehrliche Gefühle füreinander hegten. Diese Tatsache an sich sorgte dafür, dass weder Jimin, noch Jungkook ein halbwegs normales Leben führen konnten. Sich zu verstecken zerrte an ihren Kräften, laugte sie aus und liess sie regungslos am Boden liegen, sobald alle Energie aufgebraucht war. Wie lange hätten sie das noch durchgehalten? Wie lange hätten sie noch verleugnen müssen, dass es für sie nichts anderes gab, als einander zu lieben, um sie glücklich zu machen? Sie wussten es nicht.
"Hör endlich auf mit diesem sinnlosen Hobby, Jungkook. Du wirst später die Firma deines Vaters übernehmen, das Rumgehopse wird dich nicht weiterbringen." krakelte seine verbitterte Mutter durch das viel zu große, viel zu luxuriöse Haus, indem Jungkook zu seinem Bedauern lebte. Er machte sich nichts aus Reichtum und teuren Besitztümern. Viel mehr interessierte ihn die Musik, und wie es eine simple Melodie schaffte, Menschen, egal woher und aus welcher sozialen Schicht zu verbinden. Welche Gefühle sie in einem auslösen konnte und wie sie ihn zu dem einen Menschen geführt hat, der ihm unwiederruflich sein Herz gestohlen hatte. Wieso nur meinte es das Schicksal nicht gut mit ihm? Was hatte er getan, um ein Leben wie dieses zu verdienen? Eingesperrt und gezwungen zu sein, das Leben anderer zu Leben. Ihre Fehler auszubügeln und Dinge zu tun, die er hasste.
Aber er hatte keine Wahl.
Jungkook hatte es aufgegeben, seiner Situation krampfhaft entfliehen zu wollen und sich mit seinem Schicksal abgefunden. Doch leider war die Liebe wie ein starker Magnet. Eine so unheimlich große Anziehungskraft, dass er es einfach nicht schaffte, ihr zu wiederstehen. Sie ließ sich nicht einfach ausblenden, oder umgehen. Nein, sie schrie ihm ins Gesicht, kratzte an seinem Gewissen und erdrückte seinen Willen. In seinem Innern begann das ihm bekannte Tauziehen der Gefühle. Auf der einen Seite seine Familie, die alles auf ihn setzte und sein Pflichtgefühl ihr gegenüber. Er wollte sie nicht enttäuschen, es war immernoch seine Familie. Auf der anderen Seite die Liebe. Die bedingungslose Liebe, die Jimin galt und an der er sich mit aller Kraft festzuhalten versuchte. Zwischen beiden Seiten war nichts als Leere. Ein tiefer Abgrund, dem er mit jeder kräftezehrenden Situation näher kam und in der er zu verschwinden drohte. Irgendwann würde diese Leere ihn restlos verschlingen und all sein Dasein auslöschen. Viel zu oft wollte er ihr einfach nachgeben und sich kopfüber hineinstürzen, nur um alldem endlich ein Ende zu setzen.
"-kook? Jungkook! Hörst du mir überhaupt zu?" entriss seine Mutter ihn seiner endlosen Gedanken und baute sich -wie so oft- kritisch musternd vor ihm auf. "Ja doch, Mutter." sprach er bedeckt respektvoll und senkte entschuldigend seinen Kopf. Er konnte sie nicht ansehen. Zu groß waren die seelischen Schmerzen, die ein erneutes Kratzen an seinem Gewissen verursachen würden. Enttäuschte er am Ende alle? Konnte er es nicht wenigstens einer Seite recht machen? Nein, konnte er nicht und das war ihm schmerzlich bewusst. Es würde keinen Ausweg geben. "Ich werde mir Mühe geben, Mutter." seufzte er ergeben und wandte sich langsam von ihr ab. Eomma hatte er sie noch nie genannt, jedenfalls konnte er sich nicht daran erinnern. So lange schon sehnte er sich nach einer liebevollen, einfühlsamen Mutter, die sich ehrlich dafür interessierte, wie es ihrem Sohn geht. Doch sie war einfach nur 'Mutter', sonst nichts. Eine lieblose, nötige Ansprache für eine Frau, die er sein halbes Leben kaum gekannt hat.
"Jeon Jungkook, ich bin noch nicht fertig!" brüllte sie ihm aufgebracht nach und schritt energisch auf ihn zu. Wie erstarrt blieb der junge Mann stehen, rührte sich keinen weiteren Millimeter. Schon wieder hatte er er geschafft, dass die Frau, die ihn zur Welt gebracht hatte sauer auf ihn war. Zu seiner Verteidigung: Es gab kaum einen Tag, an dem sie es nicht war, er musste garnichts getan haben, sie fand immer einen Grund.
Abwartend, was nun folgen würde, stand Jungkook weiterhin mit gesenktem Kopf einfach da. "Wir haben endlich eine geeignete Frau für dich gefunden." Da war er. Der Satz, vor dem er sich so lange gefürchtet hatte und der ihn innerlich gänzlich in Panik ausbrechen ließ. Seine Hände begannen zu zittern und eine quälend unangenehme Gänsehaut uberzog seinen gesamten Körper. Nein, bitte nicht! Er schrie in sich hinein, wehrte sich dagegen und rannte davon. Doch nach außen musste er den Schein wahren, durfte sich nicht dagegen auflehnen. Er wusste, was sonst passieren würde. Nein, das durfte er nicht riskieren, nicht noch einmal. "Wann?" war alles, was er fragen konnte. Nicht, dass es ihn tatsächlich interessierte, aber irgendwas musste er sagen. Jungkook hätte auch nach ihrem Namen, Alter oder Aussehen fragen können, doch es interessierte ihn einfach nicht. Offenbar schien ihn seine Mutter dieses Mal aber nicht fertig machen zu wollen und beantwortete ihm seine einzige Frage: "In drei Wochen." Drei Wochen also. In 21 Tagen würde er ein verheirateter Mann sein. Er würde eine Frau heiraten, was an sich schon lächerlich war. Er würde mit ihr leben und mit ihr das Bett teilen müssen. Kinder zeugen, um das Erbe zu sichern.
Übelkeit breitete sich in ihm aus und sein Puls beschleunigte sich rasant. Wie sollte er das schaffen? Wird er das hinbekommen, oder wieder alle enttäuschen? Was wird Jimin dazu sagen? Oh Gott, Jimin! Er würde ihn hassen. Sofort hätte er sich für diesen Gedanken selbst Ohrfeigen können. Jimin hätte ihn niemals hassen können, nicht in 1000 Jahren, denn er wusste, was für ein Leben Jungkook gezwungen war zu führen. Enttäuscht von sich selbst und von seiner Unfähigkeit, irgendetwas gegen dieses ihm so zuwideren Lebens zu unternehmen, griff er nach seiner Sporttasche, um an den einzigen Ort zu gehen, an dem er frei sein konnte. Wo ihn niemand kritisierte, verurteilte oder zu irgendwas drängte. Einem Ort, an dem er atmen konnte, ohne daß Gefühl zu haben, an seinen Gewissensbissen zu ersticken.
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Jimin legte gerade seine Sporttasche auf eine der freien Bänke und ließ sich seufzend daneben nieder. Wann wird das aufhören? Wie lange müsste er noch den Schein des perfekten vorzeige-Idols wahren? Er war Koreas aufstrebender Stern, die Perfektion in Person. Und doch fühlte er sich so unglaublich leer. Jeder einzelne Tag, jede Stunde und jede verdammte Sekunde in seinem Leben waren genaustens durchgeplant und strukturiert. Fremde planten sein Leben und zwangen ihn, sich danach zu richten. Nur in diesen zwei Stunden in der gesamten Woche konnte er für sich sein. Natürlich war auch das Tanztraining geplant, allerdings wurde er dort nicht rund um die Uhr beobachtet und kontrolliert, wozu auch? Was kann beim Tanzen in einem Studio schon passieren? Die Antwort war eindeutig: Jungkook.
Dieser leidenschaftliche, talentierte und herzliche junge Mann, der es schaffte, Jimins Herz so schnell schlagen zu lassen, dass er jedes Mal, wenn er ihn sah Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten und nicht gleich in Ohnmacht zu fallen. Ein einziger Blick hatte gereicht, um ihm restlos zu verfallen, mit allem was er hatte. Er hätte ihm alles gegeben, und selbst das wäre nicht genug gewesen.
Heute hatte er seinen neuen Song dabei, für den er die Choreografie lernen sollte. Jungkook kannte das Lied noch nicht, wie denn auch? Er war erst ein paar Tage vorher fertig geworden. Jimin war unglaublich aufgeregt und gespannt, wie Jungkook wohl auf sein Lied reagieren würde, denn es war das Erste, an dem er selbst schreiben durfte und nichts vorgegebenes singen musste. Das Lied war seines, sein ganz Eigenes. Entstanden aus der Liebe, die ihn mit Jungkook verband und niemand könnte ihm das je wieder nehmen.
Die Anlage gab ein lautes Piepen von sich, als Jimin auf den Power - Knopf drückte und er legte die CD ein. Noch ein kleiner Druck auf Start ⏯️ und die Musik erklang. Sie war nicht aufdringlich, nicht laut, sondern sanft und umschmeichelnd. Mit geschlossenen Augen bewegte Jimin's Körper sich automatisch wie in Trance zu den milden Klängen und es zog ihn in eine Welt, die er nur hier haben konnte. Er war frei und tat das, was er immer tun wollte. Er tanzte sich dem Schmerz von der Seele, der ihn sonst in eine ungewisse Zukunft zog. Während er tanzte gab es nur ihn und die Musik, sonst nichts.
Jimin spürte, wie sich der laue Wind aus seinem Paradies um seinen Körper legte und sanft über seine Haut strich. Natürlich wusste er, dass er nicht wirklich im Paradies war, und es war auch kein Wind, der ihn berührte. Aber für diesen Augenblick wollte er sich dieses berauschende Gefühl der Wärme wahren und festhalten, so lange er nur konnte. Viel zu lange war es her, dass er die Nähe zu seiner Liebe spüren durfte und es zauberte ihm ein zufriedenes, wohliges Lächeln auf die Lippen. "Du hast mir gefehlt." flüsterte ihm die bekannte Stimme hauchzart ins Ohr und schickte ihm ein warmes Kribbeln durch all seine Knochen. Er konnte und wollte nicht leugnen, dass Jungkook ihm mindestens genauso gefehlt hat, sogar mehr als das.
Wie zwei Frühlingsblumen, umweht von lauwarmem Wind bewegten die beiden Liebenden sich zur Melodie, als hätten sie nie etwas anderes getan, obschon es genau das war, was sie immer wollten. In den Armen des jeweils Anderen liegen und mit Herzen, die im gleichen Takt schlugen, tanzen. Doch das Schicksal hatte andere Pläne für sie. Doch wieso -und das fragten sich beide immer wieder- führte sie das verräterische Schicksal dann überhaupt erst zusammen? Dieser unsichtbaren Übermacht hätte doch klar sein müssen, dass sie sich ineinander verlieben. War es ein Test? War es ein mieses Spiel, weil sich das Schicksal langweilte? Oder wollte es einfach nur zwei Menschen leiden sehen? Leiden unter bedingungsloser Liebe, die sie nie aussprechen oder gar zeigen durften.
Das Lied war schon längst zu Ende und alles, was zu hören, oder eben nicht zu hören war, war die grenzenlose Stille, die sie umgab. "Weil das Schicksal weiterhin eifersüchtig auf uns ist.." wiederholte Jungkook diese eine Zeile, die sich ihm wie ein Parasit ins Gedächtnis gefressen hatte. Sie war so exakt und zutreffend, dass es ihm unwillkürlich Tränen in die Augen trieb. Er wusste, er musste Jimin von der bevorstehenden Hochzeit erzählen, doch wusste er nicht wie. Wie sollte er der Person, der sein Herz gehört sagen, dass er jemand anderes heiraten wird? Es war zu viel. Einfach alles war zu viel und seine Beine vermochten es nicht länger, ihn aufrecht zu halten, sodass er schluchzend zusammensackte. Getrieben von Sorge und Angst kniete Jimin sich sogleich neben ihn und nahm Jungkook's Gesicht in beide Hände.
"Jimin, ich... Ich werde... Ich werde heiraten." brachte er erstickt heraus. Die Worte waren wie Rasierklingen, die ihm den Hals zerrissen und es ihm unmöglich machten, weiteres zu sagen. "Wir beide wussten, dass es irgendwann passieren wird, mein Liebster." flüsterte Jimin dem weinenden jungen Mann zu und strich ihm möglichst beruhigend über die bebenden Schultern. Er würde lügen, wenn er sagen würde, dass es ihn nicht genauso zerriss und ihm die Luft zum atmen nahm. Aber er durfte sich dem nicht hingeben, musste stark sein. Stark für Jungkook. "In.. In drei Wochen.. Sch-Schon.." schnitten die Worte durch Jungkooks Kehle und ließen ihn erneut in einem unaufhaltbaren Gefühlschaos versinken. Nun war es Jimin, der seine Tränen nicht mehr aufhalten konnte. Wie ein Tsunami verwüsteten diese Worte die Stärke, die er sich so mühsam aufgebaut hatte. Rissen jede Schutzmauer nieder und hinterließen nichts als Trauer und Chaos in seinem Inneren.
War es das jetzt? War das hier das letzte Mal, dass sie sich sahen, sich nah sein könnten? Bedeutete diese Heirat, dass sich ihre Wege nun für immer trennen würden? "Vielleicht ist das der Weg des Universums.." fielen ihm seine eigenen, gesungenen Worte ein und ihm wurde schlagartig bewusst, dass genau das gerade passierte. Das Universum, das Schicksal.. Beide waren gegen sie, es war so offensichtlich, und doch war da noch immer dieses winzige, einzelne Sandkorn namens Hoffnung, das sich zur Verzweiflung dazugesellte. Wie ein Krümel eines Brotes, das sich im Hals festsetzt und das man auch mit wiederholtem Husten und literweise trinken nicht wegbekam. Aber wieso war es dort? Alle Hoffnung schien mit der Hochzeit verloren. Weggewischt, ausgelöscht.
Schritte waren zu hören, sie kamen näher und näher. Das würde wohl Jimin's Fahrer sein, der ihn nach dem Training jedes Mal abhole. Und alles, was blieb, waren die unausgesprochenen Worte, die beiden tief in der Seele brannten und darum bettelten, ihre Münder endlich zu verlassen. Nie hatten sie die Möglichkeit, es auszusprechen, es endlich rauszuschreien. Doch dieses Mal wollte sich keiner der beiden damit zufrieden geben. Noch bevor die Schritte verstummen platzte es wie eine Kanonenkugel aus beiden heraus: "Ich liebe dich." Es war das erste Mal, dass sie es laut aussprachen und doch blieb ihnen keine Zeit, es zu verdauen und komplett zu realisieren. Die Tür öffnete sich und der Fahrer stand in der Tür. "Mr Park, wir können fahren, man erwartet Sie bereits." verkündete er höflich, aber bestimmend und Jimin nickte mit gesenktem Kopf, darauf bedacht, dass man ihm seinen Schmerz nicht anmerkt. So, wie er es immer tat. An der Tür drehte er sich noch ein letztes Mal zu Jungkook um und sah ihm direkt in die ihm so vertrauten, mit Tränen gefüllten Augen. Es war ein Blick des Abschieds. Ein endgültiges "Lebewohl".
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Fünf Jahre waren vergangen. Fünf Jahre, in denen beide Männer sich ihrem Schicksal fügten. Doch sie lebten nicht. Sie funktionierten einfach nur, zu mehr reichte ihre Energie nicht aus. Sie beide wollten dieses Leben nicht führen, das Einzug dazu diente, die Zwecke anderer zu erfüllen. Fünf Jahre voller Bedauern und Schmerz. Jungkook hatte die junge Frau geheiratet, die ihm so gewaltsam aufgedrängt wurde und baute sich nach Außen hin eine Fassade des guten Willens auf. Zu Kindern kam es aber nie, denn Jungkook konnte sich einfach nicht überwinden. Zu schwer hätte das schlechte Gewissen an ihm gezerrt und es wäre Verrat an seiner Liebe gewesen.
Auch Jimin wurde zu einer Beziehung mit einer vorzeigbaren Frau gezwungen und genau wie in Jungkook's Ehe gab es in dieser Beziehung nichts liebevolles. Aus Jimin war ein kalter, gebrochener Mann geworden, der alle Anweisungen wie eine Maschine erfüllte. Als einflussreiche Persönlichkeit war er natürlich zu Jungkook's Hochzeit eingeladen und musste zusehen, wie Grund seines noch immer schlagenden Herzens eine Andere ehelichte. Er sag das Lächeln, als seine Liebe mit der Frau an seiner Seite die Kirche verließ, aber er wusste und erkannte, dass dieses Lächeln mehr von Schmerz geprägt, als von Freude gezeichnet war. Und es bohrte sich wie eine ätzende Flüssigkeit in sein Herz, dessen Wunden nichtmal das stärkste Heilmittel schließen konnte.
Es war ein Tag wie jeder Andere, als Jimin an seinem perfekt ausgesuchten Esstisch saß und in der für ihn bereit gelegten Zeitung blätterte. Er fragte sich schon lange nicht mehr, wieso ihm dieses wertlose Stück Papier jeden Tag vor die Nase gesetzt wurde, denn er las es sich nie durch. Aber an diesem Tag war etwas anders. Was genau, konnte er nicht beschreiben, doch dieses eine Mal las er sie. Aufmerksam. Und da stach ihm eine Todesanzeige ins Auge, die ihn gebannt die Luft anhalten ließ. Zum ersten Mal seit fünf Jahren spürte er Leben in seinem Körper und formte beim Lesen jedes Wort mit den Lippen nach.
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Einflussreiches Ehepaar bei
Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
Am gestrigen Abend ereignete sich auf der Autobahn Richtung Busan ein schwerer Verkehrsunfall, bei dem eines der bekanntesten und einflussreichsten Ehepaare Korea's ums Leben kamen.
Nähere Umstände, und ob sich weitere Personen im Fahrzeug aufhielten ist noch nicht bekannt.
Unser herzliches Beileid gilt den Angehörigen.
Die Beisetzung von Mr und Mrs Jeon findet am kommenden Samstag statt. Wir bitten Sie, von Beileidsbekundungen am Grab Abstand zu halten.
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In Jimin brach ein Sturm aus. Schrieben sie da von Jungkook und seiner Frau? Nein, das kann nicht sein. Das darf einfach nicht sein. Er prägte sich die Daten der Beisetzung genau ein, denn er würde auf jeden Fall hingehen. Sich ein letztes Mal von Jungkook verabschieden und ihm all das sagen, was er ihm immer sagen wollte.
Und so kam der Tag, vor dem Jimin so eine panische Angst hatte. Heute würde es enden, endgültig. Wenn er sich bisher noch ein wenig daran klammern konnte, dass es Jungkook wenigstens gut ging, war nun auch das vorbei. Eine Geschichte ging zu Ende, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Es gab keine sanfte Einleitung, keinen spannenden, vor Glück sprudelnden Hauptteil, bloß dieses bittere, traurige Ende.
Heute war es Jimin egal, wer ihn sah, und ob er erwünscht war, er musste sich einfach von der Liebe seines Lebens verabschieden. Koste es, was es wolle.
Er saß weit hinten, sodass er von Jungkook's Eltern, die wohl weit vorne saßen nicht gesehen werden konnte. Die Worte des Predigers bekam er überhaupt nicht mit, zu sehr war er in seiner nie enden wollenden Trauer gefangen und damit beschäftigt, nicht laut aufzuschreien und in purer Verzweiflung um sich zu schlagen. Die Särge wurden geschlossen und von einigen Männern hinausgetragen. Jimin konnte nicht aufsehen, er wollte es nicht sehen. Nicht die Särge und nicht die Gesichter der Menschen, die mitverantwortlich an seinem Schicksal waren. Er hielt sich zurück, senkte den Kopf und entschwand in seiner Trauer.
Nach einer weiteren Stunde, in der er leer vor sich hinstarrend in der Kapelle saß, raffte er sich doch auf, um zu den frischen Gräbern zu gehen und seine letzten Worte an Jungkook zu richten. Dort angekommen blickte er auf die vielen Blumenkränze, an denen überall schön beschriftete Bänder befestigt waren und sie alle hielten nette Worte des Beileids bereit. Zitternd sank der gebrochene junge Mann auf seine Knie und legte seine Hände schützend vor sein Gesicht, als sich plötzlich eine warme Hand auf seine Schulter legte. Unfähig, sich umzudrehen brachen alle Dämme in ihm und er begann herzzerreissend zu weinen.
"Noch bevor das Universum entstand, war alles geplant. Lass mich dich einfach lieben." drang es urplötzlich mit einer Wucht in sein Ohr, die ihn augenblicklich hochschrecken ließ. Vor ihm stand ein schief und gequält lächelnder Mann, dessen Gesicht Jimin nur zu gut kannte, denn er sah es beinahe jede Nacht in seinen Träumen: Jungkook. Er war irritiert. Bildete er sich das ein, oder was passierte hier? Spielte ihm sein Verstand einen grausamen Streich? Hatte das Schicksal ihn nicht schon genug gequält? "Wieso weinst du? Ich bin hier Jimin." sprach der Mann vor ihm sanft auf ihn ein und legte beide Hände auf seine Schultern. "Ich...aber...wie...Jungkook? Bist das wirklich du?" brachte er krampfhaft heraus und tastete jeden Zentimeter dieses zarten Gesichts ab. "Ja Jimin, ich bin es und ich bin hier bei dir. Und ich werde dich nie wieder loslassen." und da dämmerte es Jimin. Nicht Jungkook und seine Frau lagen in den Gräbern zu seinen Füßen, sondern Jungkook's Eltern. Sie waren es, die bei diesem schrecklichen Unfall ihr Leben verloren, nicht ihr Sohn und seine Frau.
"Aber wo.. Wo ist deine Frau?" fragte Jimin mit rasendem Herzen und versuchte, die aufkommende Übelkeit zu überwinden. "Ich weiss es nicht, wir lassen uns scheiden." antwortete Jungkook leise, aber hörbar. Es dauerte einige Zeit, bis die Worte ihren Weg in Jimin's Bewusstsein drangen, doch sie taten es. Und beide realisierten es in diesem Moment: Sie waren frei.
"Denn unser Glück wurde geplant." hauchte Jungkook seinem Liebsten ins Ohr und schloss ihn fest in seine Arme. Ihre Beine bewegten sich automatisch und führten einen Tanz weiter, den sie vor Jahren begonnen hatten. Nach einem tiefen Atemzug sprach Jimin dann endlich die Worte aus, die schon immer Jungkook galten:
"Lass mich dich einfach lieben."
Und in dieser Nacht tanzten sie sich all den Schmerz von der Seele, den sie für so lange Zeit ertragen mussten.
Aber sie liebten sich.
Endlich.
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E n d e
❤️
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