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9. Kapitel: Großartige Aussichten

Ich war ungefähr acht Jahre alt gewesen, als ich meiner besten Freundin Annika ein Geheimnis anvertraute, das ich seit Wochen gehütet hatte wie einen kostbaren Schatz.
Die Neugierde in ihren blauen Augen war erst Unglauben, dann Ekel gewichen.
»Du bist doch nicht normal!«, hatte sie gekreischt, war aus unserem Zimmer und auf direktem Weg zu einem Betreuer gelaufen, um mich zu verpetzen.

Schluchzend blieb ich zurück, drückte die kleine Plastikkiste, die ich so sorgfältig unter meinem Bett versteckt hatte, an meine bebende Brust und wusste, dass ich erneut einen Fehler begangen hatte. Das Schütteln der Kiste ließ Herbert unruhig werden. Obwohl er sich in den letzten Tagen in sein Schicksal gefügt und bereitwillig die Asseln, Ameisen und Spinnen vertilgt hatte, die ich ihm mit einer gestohlenen Pinzette aus dem Verbandskasten im Gemeinschaftsraum vor sein breites Maul gehalten hatte, spürte er die drohende Gefahr. Mit einem Satz sprang er an den Rand der Kiste, streckte seine ungelenken Beinchen aus und versuchte, sich hochzuziehen. Doch Krötenbeinchen waren nicht dafür gemacht, an einer glatten Oberfläche Halt zu finden, und so rutschte Herbert die Kröte immer wieder auf seinen dicken Bauch.

Im verzweifelten Versuch, sowohl ihn als auch mich zu retten, tat ich das Einzige, was in meinem kindlichen Kopf Sinn ergab: Ich packte Herbert und warf erst ihn, dann die Kiste aus dem Fenster.

Es war ein guter Plan. Herbert würde wieder frei sein und ich alles abstreiten können, was Annika über mich und mein verbotenes Haustier erzählte.

Natürlich hatten sie Annika und nicht mir geglaubt. Wer einmal lügt und so weiter.

Herbert hatte ich am nächsten Tag gefunden. Er lag unter meinem Fenster, der Leib aufgeplatzt wie eine überreife Pflaume und bedeckt mit wuselnden Ameisen, die gierig an ihm fraßen wie er zuvor an ihnen.

Bei seinem Anblick hatte ich ein eisiges Entsetzen gespürt, das sich in meinem Herzen einnistete und nie wieder ganz weichen sollte. Es war nicht Annikas Verrat, der mich so sehr aus der Fassung brachte, dass ich tagelang kein Wort sprach. Auch nicht Herberts geplatzter Körper, der irgendwann einfach verschwunden gewesen war. Es war die Angst vor mir selbst. Davor, etwas Falsches zu tun. Den Falschen zu vertrauen. Die falschen Gedanken zu denken. Denn als ich Herbert unter meinem Fenster fand, da dachte ich nicht daran, dass sein Tod meine Schuld war, sondern dass ich statt der Kröte Annika aus dem Fenster hätte werfen sollen.

Ich hatte in den darauffolgenden Jahren eine Kunst daraus entwickelt, dieses mich verfolgende Entsetzen zu betäuben. Eine Stadt wie Berlin bot dafür zum Glück eine Fülle natürlicher wie auch synthetischer Möglichkeiten, die für eine Minderjährige zwar nicht billig, dafür aber reichlich vorhanden waren. Irgendwann hatte ich geglaubt, das Grauen vor mir selbst erfolgreich abgetötet zu haben.
Selbst Evelins und Roberts Tod hatten es nicht wiederbeleben können, diese Mischung aus Scham und Angst.
Elions Worte hingegen schon.

Ich weißt nicht, was du bist, Marika, aber mit Sicherheit bist du nicht bloß ein Mensch.

Jäh wurde ich mir meines eigenen penetranten Geruchs bewusst. Schweiß, Blut und Erbrochenes klebten an mir und am liebsten hätte ich mir die Haut vom Körper gezogen, so sehr ekelte ich mich vor mir selbst. Brennende Säure stieg meinen Hals hinauf und ich schluckte krampfhaft. »Ich glaube, ich muss gleich wieder kotzen.«

»Fuck. Ruhig atmen, Marika!« Elion klang alarmiert. »Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist dass du durchdrehst.«

Ein unkontrollierbarer Druck baute sich in meiner Brust auf, vermischte sich mit der Magensäure, und ich schaffte es gerade noch, meinen Kopf zur Seite zu drehen, bevor ich bittere Galle über die Sitze spuckte.
»Zu spät«, keuchte ich und wischte mit dem Arm über mein beschmutztes Kinn. Es war mir nicht einmal peinlich, dass ich mich erneut vor Elion übergeben hatte. Immerhin hatte ich ihn diesmal nicht getroffen. Vermutete ich zumindest. »Da hättest du einige Jahre früher aufkreuzen müssen.«

Es knisterte leise. »Endlich sind wir mal einer Meinung. Hier.« Elion berührte mich leicht an der Schulter.

Gequält sah ich auf. In seiner ausgestreckten Hand lag ein kleiner dunkler Würfel. »Was ist das?«, fragte ich misstrauisch.

»Kaugummi.«

Ich verengte die Augen zu schmalen Schlitzen.

Elion seufzte leise. »Mit Kirschgeschmack und nicht vergifftet, versprochen.«

Widerwillig beschloss ich, ihm zu vertrauen. Nicht nur, weil ich etwas gegen den widerlichen Geschmack in meinem Mund unternehmen musste. Kirschgeschmack war darüber hinaus auch meine Lieblingssorte. Also griff ich zu. Zuerst dachte ich, mich erneut übergeben zu müssen, als sich der süßliche Geschmack des Kaugummis mit dem von Kotze und Asche mischte. Doch dank der ausgeklügelten Rezeptur, in der alles Mögliche stecken mochte außer Kirschen, breitete sich das künstliche Aroma rasch in meinem Mund aus und ich kaute auf der zähen Zuckermasse herum, als hinge mein Überleben davon ab.

»Gern geschehen«, murmelte Elion lakonisch.

Mich bei meinem Entführer für einen Kaugummi zu bedanken ging mir gewaltig gegen den Strich und es dauerte einige aggressive Kaubewegungen, bis ich etwas ausstieß, das mit etwas guten Willen wie ein Danke klingen mochte.

»Das war mein letzter, also versuch vorerst, deinen Mageninhalt bei dir zu lassen«, warnte er mich. »Ich sorge dafür, dass wir hier lebend herauskommen, dafür behältst du die Nerven und stellst nichts Dummes an. Ich will mich nicht einer Unsterblichen entgegenstellen und dabei befürchten müssen, dass du mir noch einmal in den Rücken fällst.«

Das Aroma des Kaugummis verflüchtigte sich bereits. »Es würde mir leichter fallen, wenn ich dabei nicht wieder mit den Innereien eines durchsiebten Zombies konfrontiert werde und mich gleichzeitig fragen muss, was verflucht noch mal nicht mit mir stimmt.«

Zu meiner Verwunderung lachte Elion leise. »Wenn du die Innereien eines Gottes siehst, ist das ein gutes Zeichen, Marika. Es bedeutet, dass du Zeit hast abzuhauen. Und Antworten auf deine Frage wirst du nur bekommen können, wenn du überlebst. Mein Vater wusste etwas über dich, sonst hätte er dir keine Erklärung am Ende des Tages versprochen. So ein Versprechen ist bei uns bindend, über den Tod hinaus, und es gibt andere, die es einhalten werden, da bin ich mir ganz sicher.« Während Elion ruhig, fast schon gelassen über den Tod seines Vaters gesprochen hatte, klangen seine letzten Worte bitter.

Vorsichtig fuhr ich mit der Kuppe meines kleinen Fingers über den Rand der Münze. Elion hatte wirklich keine Ahnung, was mit mir los war. Jemand hatte ihm den Befehl erteilt, mich in Sicherheit zu bringen, und ihm dabei entscheidende Details über mich verschwiegen. Vielleicht war es sogar sein eigener Vater gewesen.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, bei der nächstbesten Gelegenheit abzuhauen. Doch dann würde ich mich selbst um Antworten bringen, nach denen ich seit Jahren suchte. Die Frage war, welchen Preis diese Antworten haben würden.
»Diese Organisation, von der sprachst – ihr bekämpft diese Zombies?«
Elion brummte zustimmend.
»Und was geschieht mit mir, wenn ich dir folge? Werde ich dann auch bekämpft weil ich ...« Ich ballte meine Linke fest um die Münze. »... weil ich nicht menschlich bin?«

»Du bist menschlich«, widersprach Elion mir sofort.

»Aber du sagtest doch –«

»Dass du nicht bloß ein Mensch bist. Etwas an dir ist ... anders. Das macht dich nicht automatisch zu unserem Feind, Marika.« Elion fuhr sich mit dem Unterarm übers Gesicht. »Wäre es anders, hätte der Orden dich schon längst beseitigt.«

Fast verschluckte ich mich an dem Kaugummi, als ich scharf einatmete. »Na da bin ich aber jetzt beruhigt.«

Etwas schlug hart gegen die verschlossene Abteiltür in Elions Rücken. Ehe der Schreck mir in die Glieder fahren konnte, hatte Elion sich lautlos vor mich geschoben und zielte mit der Shotgun auf die Tür.
Wir versteckten uns im letzten Waggon. Hinter der Tür war nichts als die Dunkelheit der Berliner U-Bahn-Tunnel. Und eine Göttin, die sich von hinten angeschlichen hatte, statt uns direkt zu folgen.

»Weißt du noch?«, flüsterte Elion so leise, dass mein panischer Atem ihn beinahe übertönte. »Wenn ich sage lauf, dann läufst du.«

Der hohe, wimmernde Ton, den ich ausstieß, bedeutete sowohl Zustimmung als auch Ablehnung. Mein Überlebensinstinkt schrie mich an, nicht erst auf Elions Kommando zu warten, sondern sofort das Weite zu suchen. Angesichts des unkontrollierten Zitterns, das meinen Körper befallen hatte, war ich mir allerdings nicht sicher, ob meine Beine mich auch nur einen Schritt weit tragen würden.
Der nächste Schlag gegen die Tür war lauter und ich wusste, wenn es so weit war, würde ich nirgendwohin laufen.

»Elion, bist du da drin?« Die Stimme klang gedämpft. Männlich. Hatte Elion nicht gesagt, der Zombieengel sei eine Göttin? Bevor meine hysterischen Gedanken darum kreisen konnten, ob die Stimme eines Gottes vagen Geschlechterstereotypen zugeordnet werden konnte, stieß Elion ein inbrünstiges Fuck aus und sackte kurz in sich zusammen. Dann sicherte er die Shotgun, stützte sich mit einer Hand auf den Sitz und kam wankend auf die Beine.

»Was tust du?«, rief ich entsetzt, als Elion nach dem abgewetzten Hebel griff, mit dem sich die Tür öffnen ließ, ihn umlegte und sich mit der Schulter gegen die Tür warf.

In dem Moment, in dem sie aufschwang, rollte ich schutzsuchend unter die Sitze, die dafür viel zu niedrig waren. Ich schaffte es noch, meinen Oberkörper und die Beine unter sie zu zwängen, doch mein Becken war zu breit, sodass ich zusammenklappt unter den Sitzen lag, während mein Hintern eine gut sichtbare Zielscheibe abgab. Kurz gesagt: Ich war buchstäblich am Arsch.

»Hätte ich nicht Munition sparen müssen, hätte ich dich durch die Tür hindurch erschossen«, sagte Elion mit derselben schneidenden Herablassung, mit der er mich auf dem Weg zum Gerichtssaal abgekanzelt hatte.

»Man, wie habe ich dich doch vermisst«, kam die eindeutig zynisch klingende Antwort. »Ich freu mich auch riesig, dich zu sehen, Elion, und dir ganz nebenbei den Arsch zu retten. Bitte, gern geschehen, ein Danke erwarte ich nicht, wie immer.«

Elion knurrte ungehalten, während ich versuchte, mich aus meiner wenig vorteilhaften Position zu quetschen und herauszufinden, wer da sprach. Ohne Zweifel kein Zombiegott.

»Wo sind die anderen?«, wollte Elion wissen, als ich es endlich schaffte, erst meine Schultern und dann meinen Kopf unter dem Sitz hervorzuschieben.

In der Tür stand ein Soldat in sandfarbener Kampfausrüstung, das Gesicht verborgen unter einem Helm und einer bis über die Nase gezogenen Sturmhaube. Die eine Hand hatte er locker auf das schwarze Maschinengewehr gelegt, das an einem Gurt von seiner Schulter hing. Mit der anderen stützte er sich am oberen Türrahmen ab. Obwohl er sich leicht vorbeugte, war er groß genug, um mit seinem Helm beinahe gegen den Rahmen zu stoßen.

»Die holen Arved«, antwortete der Soldat und ließ seinen Blick über Elion gleiten. »Nichts für Ungut, Mann, aber du siehst echt scheiße aus.« Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf mich. Unverhohlene Neugierde glomm in seinen braunen Augen. »Und sie übrigens auch. Ihr tragt quasi Partnerlook.« Mit Daumen und Zeigefinger zog er sich die Sturmhaube bis unters Kinn. Ein silberner Ring durchbohrte die Mitte seiner schmalen Unterlippe. »Sag nicht, sie ist das geheimnisvolle Päckchen, das du und Nabor abholen wolltet.«

»Ist sie.« Elion trat zwischen die Sitze und streckte mir die Hand entgegen, um mir aufzuhelfen. »Die Idrin ist hinter ihr her, also hör auf rumzublödeln und erklär mir, wie der Evakuierungsplan aussieht.«

Der Soldat stieß einen überraschten Pfiff aus, und neben der Neugierde trat ein Glanz in seine Augen, den ich nicht deuten konnte.

Nur zu gerne hätte ich Elions Hand ignoriert, doch ich traute den angespannten Muskeln in meinen Beinen nicht über den Weg. Also ließ ich es geschehen, dass er mich hochzog, und funkelte den Soldaten dabei wütend an. »Ist das so ein Ding bei euch, über Anwesende in der dritten Person zu sprechen? Hat euch niemand beigebracht, wie unhöflich das ist?«

Die Lippen des Soldaten verzogen sich zu einem breiten Lächeln. »Welch reizende Krallen dein Päckchen hat, Elion. Und sie hat vollkommen recht: Auch in Zeiten des drohenden Weltuntergangs sollten wir unsere Manieren nicht vergessen. Ich finde, du solltest uns bekannt machen.«

»Weltuntergang?«, keuchte ich erschrocken. »Was für ein Weltuntergang? Von Weltuntergang hat niemand etwas gesagt!«

Elion stöhnte gequält auf. »Es gibt keinen Weltuntergang, Marika.«

Das Lächeln des Soldaten wurde eine Spur schmaler. »Abwarten. Ich bin übrigens Simon, und ich entschuldige mich aufrichtig für das rüpelhafte Verhalten meines Hauptmanns. Für alles, was er angestellt hat, seitdem ihr euch kennengelernt habt, und vorweg für jeden Fauxpas, den er sich mit Sicherheit noch leisten wird.«

»Simon!«, brach es ungehalten aus Elion hervor. »Der Evakuierungsplan, jetzt

Simon zwinkerte mir vertraulich zu. »Diesen zum Beispiel.« Dann wandte er sich an Elion. »Beruhig dich, Elion. Lay hat den Koeffizienten auf unter Vier Punkt Drei berechnet, als wir hier eintrafen. Seit einer guten Dreiviertelstunde gab es keinen Signaturausschlag. Die Idrin ist abgezogen, von der Legion fehlt jede Spur. Wir haben«, er schaute auf seine schwarze Armbanduhr, »ein Zeitfenster von siebenunddreißig Minuten und achtzehn Sekunden, ehe der Koeffizient neu berechnet werden muss. Den Bumby erreichen wir durch den Tunnel in weniger als zwanzig Minuten, vorausgesetzt, keiner von euch beiden ist ernsthaft verletzt.« Erneut musterte er Elion von oben bis unten.

Ich verstand nur die Hälfte von dem, was Simon sagte, doch wenn er meinte, Elion dadurch beruhigen zu können, hatte er sich getäuscht. Der Mann sah aus, als würde er gleich explodieren.

»Marika hat vermutlich eine Gehirnerschütterung und eine Fleischwunde am Rücken, die ich geklebt habe«, informierte er Simon ungehalten. »Bring sie zum Bumby und sorg dafür, dass sie ihre linke Faust geschlossen hält. Notfalls mit Gewalt.«
»Hey!«, entfuhr es mir empört, doch Elion achtete gar nicht auf mich.
»Warte nicht auf die anderen. Bring Marika nach Delta-Drei und warte dort auf weitere Anweisungen der Ältesten.«

Simons Augenbrauen schossen in die Höhe. »Delta-Drei? Ist der Ort überhaupt noch gesichert?«

»Ist er, ich habe mich selbst davon überzeugt«, erwiderte Elion ungeduldig und reckte das Kinn. »Gib mir deine Sig.«

»Was hast du vor?« Simon griff nach dem Holster an seiner Hüfte und zog eine Waffe, die er Elion mit dem Griff voran reichte, dann in eine der vorderen Taschen seiner schusssicheren Weste, aus der er zwei Magazine zog.

»Ich werde euch den Rücken freihalten.« Elion schob sich die Waffe hinten in den Hosenbund, dann nahm er die Munition entgegen und steckte sie in seine Hosentasche. »Die Legion wagt einen offenen Angriff, nicht nur auf eine der größten Städte des Kontinents, sondern noch dazu auf einen Ältesten der Quradim. Kurz darauf taucht die Idrin auf, zufällig in der Gesellschaft eines Propheten, dem es beinahe gelungen ist, einen fanatischen Mob auf mich zu hetzen.« Simons Mund klappte während Elions Schilderung wie in Zeitlupe auf. »Die Idrin war kurz davor, uns zu erwischen, Simon, und plötzlich soll sie verschwunden sein? Wo es für sie ein Leichtes sein wird, unserer Spur bis hierher zu folgen?« Elion schnalzte mit der Zunge. »Das klingt für mich nicht bloß nach einem taktischen, sondern nach einem Scheinrückzug, der in einem Hinterhalt enden wird.«

»Heilige Scheiße«, entfuhr es Simon. »Wie sind die denn so schnell an Propheten rangekommen?« Elions grimmiges Lächeln war Antwort genug – zumindest für Simon, dessen Augen sich deutlich weiteten. Dann schlug er mit der Hand gegen den Türrahmen. »Heilige Riesenscheiße«, wiederholte er, diesmal mit einer Inbrunst, die meine angespannten Nerven in zitternde Schwingung versetzten. »Sobald Euphelia davon erfährt, wird sie den Sehern die Hölle heiß machen.«

Ich räusperte mich vernehmlich. »Könnten wir vielleicht abbhauen, bevor die Zombiegöttin zurückkommt und uns die Hölle heiß macht?«

»Marika hat recht.« Elion tippte auf seine Uhr, bis ein leises Piepen ertönte. »Euch bleiben jetzt noch etwas mehr als dreiundreißig Minuten, also haut endlich ab.«

Zum ersten Mal, seitdem wir uns begegnet waren, hatte ich nichts dagegen einzuwenden, Elions Befehl zu befolgen.

Ich trat einen Schritt auf Simon zu, doch der rührte sich nicht vom Fleck.
»Warum bringst du das Mädchen nicht nach Delta Drei und ich decke euren Rückzug?«, fragte er Elion. »Ich krieg das hin, Elion. Meine Trefferquote ist fast so hoch wie deine.«

»Fast ist nicht ausreichend«, erwiderte Elion hart. »Das Risiko ist zu hoch«, fügte er etwas weniger streng hinzu, als Simons Lippen schmal wurden. »Gelingt es der Idrin, eure Spur aufzunehmen und euch zu folgen, wird es nicht lange dauern, bis Delta-Drei entdeckt und von der Legion ins Visier genommen wird. Simon, unterläuft uns hierbei auch nur ein Fehler, verlieren wir den Krieg, noch ehe er richtig begonnen hat.«

»Schon klar.« Simon trat einen Schritt zur Seite, sodass der Weg hinaus frei war, und deutete mit einer übertriebenen Geste seines Arms in den dunklen Tunnel hinaus. »Dann wollen wir mal, Marika, bevor wir den Helden noch bei seiner Arbeit stören.«

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, auch wenn Simons Aufforderung nur so vor Sarkasmus triefte. Weder ging mich der schwelende Konflikt zwischen den beiden Männern etwas an, noch interessierte er mich. Dafür aber die Aussicht, so viele Kilometer wie möglich zwischen mich und den Zombiegott zu bringen.

Doch bevor ich mich an Simon vorbeiquetschen konnte, hielt Elion mich am Arm zurück. Ich widerstand dem Drang, mich loszureißen. Immerhin würde Elion zurückbleiben, um die Zombiegöttin in Schach zu halten, während wir abhauten. In mir schlummerte genug Anstand, um zumindest zuzuhören.

»Denk daran, Marika: Mach keine Dummheiten. Simon wird dich an einen Ort bringen, an dem die Götter dich nicht finden können, solange du dich an seine Anweisungen hältst, verstanden?«

»Schon klar.« Ich konnte mir ein Augenrollen nicht verkneifen. »Falls du es nicht mitbekommen haben solltest: Ich war die ganze Zeit anwesend und habe euer Gespräch mitbekommen.«

»Das muss bei dir nicht unbedingt etwas heißen«, murmelte Elion, ließ mich aber los.

Ich lächelte ihn unschuldig an. »Irgendetwas mit Zombiegöttern, Weltuntergang und Krieg, oh, und wenn ihr etwas Dummes tut, sind wir alle am Arsch.« Immer noch lächelnd wandte ich mich Simon zu. »Habe ich etwas vergessen?«

Er neigte den Kopf zur Seite und musterte mich. »Ziemlich präzise Zusammenfassung, würde ich sagen.«

»Und wirklich großartige Aussichten«, ergänzte ich, schob mich an Simon vorbei und trat auf die schmale Stufe hinter der Tür. Unter mir sah ich Schienen, die sich nach wenigen Metern in der pechschwarzen Dunkelheit verloren.
Jap, wirklich großartige Aussichten.

Ich atmete tief durch. Dann sprang ich auf die Gleise.


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