83. Belauscht du mich?
Dahlia P.O.V.
„Was macht ihr denn hier?", frage ich Anna während sie mich in ihrer Umarmung fast zerquetscht. Ich versuche den Schmerz in meiner Rippe so gut wie möglich zu unterdrücken.
„Mason sagte ihr könntet etwas Gesellschaft brauchen.."
„Hey Kumpel!", höre ich Liam im Hintergrund Mason begrüßen.
Anna lässt mich widerwillig aus der Umarmung los, hält mich jedoch an den Schultern fest. Besorgt sieht sie mich an.
„Wie...wie geht es dir?", fragt sie sanft.
Ich spüre wie unangenehm die Frage mir ist. Verdammt sie hat noch keine Ahnung was alles passiert ist.
„Ähm...Ich weiß nicht wo ich anfangen soll...", beginne ich vor mich hin zu stammeln.
„Hey Anna, alles klar?", befreit Mason mich aus der Situation und stellt sich neben mich.
„Hey Mason...Danke dass wir vorbeikommen können...Ich war echt schon ewig nicht mehr hier..", ihr Blick fällt hinter uns als sie plötzlich die Augen aufreisst als hätte sie einen Geist gesehen.
„Ist...ist das..Tyler...?
Mason nickt.
„Warum? W-wie? Seit wann?"
„Lange Geschichte...Aber wieso kommt ihr nicht einfach mal mit..Eure Sachen tragen wir später ins Haus" Mason deutet Richtung Lagerfeuer.
_________________________
22:37 Uhr
„Bin auf jeden Fall froh, dass es gut läuft im Verein..", sagt Mason nachdem Liam ihm alles über die letzten Wochen berichtet hat. Tyler und seine Freunde sind zum Glück etwas Richtung See gegangen um dort ohne uns „Spaßverderbern" weiter Party zumachen, doch nicht weit weg genug, als dass die Musik und das Gegröle nicht deutlich hörbar sind.
In meinen Magen spüre ich nach wie vor ein Gefühl von Unwohl sein. Anna war seit ich sie kenne eine gute Freundin und ist mir so ans Herz gewachsen. Es muss schrecklich sein seine eigene Freundin im Krankenhaus zu sehen und nicht Mal zu wissen, was passiert ist.
Ein Anflug von schlechtem Gewissen macht sich in mir breit.
„Anna..möchtest du bisschen spazieren gehen?", überwinde ich mich schließlich.
_______________________________
„...und Mason hat zum Glück rechtzeitig die Rettung gerufen.", beende ich meine Gesichte. Ich weiß nicht wie lange wir gesprochen haben, aber es ist bestimmt schon eine Stunde vergangen.
Den Teil mit Bryce habe ich bewusst verschwiegen. Ich weiß nicht ob oder wann ich jemals bereit dazu sein werde mit jemand anderem darüber zu sprechen.
Sprachlos bleibt Anna stehen. Ihre Augen glänzen und ihre Wangen sind nass von den Tränen. Der Schock ist ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.
„Anna es tut mir so leid dass ich dir nicht früher dav-", bevor ich fertig reden kann, schlingt sie ihre Arme um mich und zieht mich in eine Umarmung.
„Wage es nicht dich jemals dafür zu entschuldigen...Ich wünschte nur ich hätte es mitbekommen...Ich wünschte ich hätte für dich da sein können....ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn Mason nicht dagewesen wäre.."
Langsam löst sie sich wieder von mir. „Danke, dass du den Mut hattest mir das zu erzählen.."
Ich nicke lächelnd.
„Ich weiß gar nicht was ich sagen soll...", gibt Anna zu. Man sieht ihr an, dass die Gedanken in ihrem Kopf rasen.
Ich weiß, dass Anna erstmal alles verdauen muss. Und um ehrlich zu sein, fühle auch ich mich etwas aufgewühlt. Wieder an alles zu denken, was passiert ist fühlt sich an wie einen 10km Lauf hinzulegen. Trotzdem tut es gut, dass ich ihr endlich all das erzählen konnte.
„Es ist viel neue Info, ich verstehe das...", sage ich.
Wir verweilen noch einige Minuten schweigsam nebeneinander, doch langsam wird es immer kühler.
„Geh gerne derweil zu Liam und Mason..", sage ich zu Anna und streiche ihr besänftigend über den Arm.
„Ich lass dich doch nicht hier alleine gleich neben dem gruseligen Wald.."
Amüsiert lache ich auf.
„Mach dir keine Sorgen..Ich komm dann gleich nach. Ich brauche nur noch ein bisschen..."
Verständnisvoll nickt sie, bevor sie sich zögerlich wieder auf den Weg zurück macht.
Wir sind fast bis zum See gegangen. Nah genug als dass ich den Duft des Wassers vernehmen kann. Ich schließe meine Augen und versuche mich auf den beruhigenden Duft zu konzentrieren und Tylers Musik auszublenden.
„Drogen also hm?", ertönt eine tiefe Stimme plötzlich.
Erschrocken zucke ich zusammen und blicke in die Richtung der Stimme.
„Tyler!?", frage ich verwirrt, als er vom Ende des Waldes rauskommt. „Belauscht du mich etwa!?"
„Was kann denn ich dafür wenn ihr euer Gespräch genau während meiner Pinkelpause führt.."
Genervt schüttle ich den Kopf.
Er kommt näher. An seinem Gang erkenne ich dass er betrunken ist.
„Wie lang?", fragt er.
„Wie lang was?"
„Wie lang warst du abhängig?"
„Lang genug", weiche ich seiner Frage aus.
„Ist Mason deshalb so drauf? Also...das mit dem Bier wegschütten und alles.."
Ich zucke mit den Schultern.
„Seit wann interessiert es dich wie es deinem Bruder geht? Nichts für ungut Tyler, aber du wirkst nicht gerade als würdest du dich für Masons Gefühlswelt interessieren.."
Genervt seufzt Tyler. „Er ja auch nicht für meine.."
„Kannst du's ihm vorwerfen? Du gibst ihm die Schuld an dem Tod eurer Mutter. Hast du überhaupt eine Ahnung was er durchgemacht hat?"
Ich versuche ruhig zu bleiben. Eigentlich sollte es mich nichts angehen.
„Was soll er denn durchgemacht haben? Er hat einfach den Verein von unserem Vater übernommen, mehr Geld verdient als jeder andere und sein Leben weiter gelebt."
Eigentlich sollte ich nicht mit Tyler darüber diskutieren, vor allem angesichts der Tatsache, dass er betrunken ist. Aber ich kann mir einfach nicht anhören, was er Mason vorwirft.
„Er hat sich bis vor wenigen Wochen nicht mal mehr hinters Steuer setzen können ohne Panik zu bekommen.", fauche ich ihn an.
Tyler schweigt für einen kurzen Moment. Die Info scheint ihn zu überraschen.
„Er war nicht mehr hier in dem Haus seit dem Unfall. Nicht nur du hast deine Mutter verloren, Tyler. Mason musste jedoch zusätzlich zu dem Tod, auch damit kämpfen, dass sein eigener Bruder ihm die Schuld dafür gibt."
Angespannt atmet Tyler ein.
„Verdammt wem soll ich denn sonst die Schuld geben?"
Tylers Stimme wird immer zittriger. Im schwachen Licht des Mondscheins erkenne ich, dass ihm Tränen die Wangen entlang laufen.
Seine emotionale Reaktion verwundert mich etwas. Vor Mason war er immer so kalt und gefühllos.
Langsam gehe ich einen Schritt auf ihn zu.
„Es war ein Unfall und das weißt du. Du hättest auch hinter dem Steuer sitzen können.", sage ich ernst.
Tyler schluckt angespannt runter. Er sagt kein Wort.
„Merkst dus nicht, Tyler? Du versuchst einen Schuldigen zu finden, in der Hoffnung, dass der Schmerz erträglicher wird. Es passieren schreckliche Dinge im Leben und manche haben wir nicht in der Hand. Jemanden zu finden der die Schuld trägt, wird an der Vergangenheit nichts ändern. Es wird den Unfall nicht rückgängig machen."
Tränen beginnen seine Wange entlang zu laufen.
„Ich...ich hätte nicht mit Mason streiten dürfen an dem Tag...er war bestimmt wütend...und dann ist er wütend Auto gefahren...und dann...", beginnt Tyler zu schluchzen.
Langsam beginne ich zu verstehen.
„Tyler..hey..hör mir zu..", versuche ich ihn zu beruhigen. Erwartungsvoll sieht er mich an. „Du bist nicht Schuld an dem Tod deiner Mutter. Euer Streit ist nicht Schuld. Mason ist nicht Schuld. Es war ein schrecklicher Unfall. Du hättest es nicht verhindern können. Du hast nichts falsch gemacht."
Unerwartet schlingt Tyler plötzlich seine Arme um mich. Im ersten Moment erstarre ich perplex, doch dann erwidere ich seine Umarmung.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro