65. Bleib bei mir
Mason P.O.V.
Zeitlupe. Alles läuft in Zeitlupe. Ich höre Stimmen doch verstehe nicht was sie sagen. Ich bin wie gelähmt. Mitten in einem einzigen Albtraum, von dem ich weiß dass ich aus ihm nicht aufwachen werde.
„Spritze!" ruft der Notarzt dem Sanitäter nun schon zum 5. Mal zu. Das 5. Mal dass sie ihr diese Flüssigkeit spritzen.
„Bringt sie endlich ins Krankenhaus verdammte Scheisse!", brülle ich einen Sanitäter an.
„Wir müssen sie stabilisieren..in diesem Zustand überlebt sie den Transport nicht.", sagt er ernst.
Die Panik beginnt sich in Wut zu äußern und ich packe den Sanitäter am Kragen.
"Sie wird es schaffen, verdammt noch mal! Sie muss!", schreie ich, meine Atmung so schnell, dass mir beinahe die Luft wegbleibt.
Mit einem Ruck lasse ich ihn los. Es ist nicht seine Schuld.
„Wir werden alles, wirklich alles, was in unserer Macht steht, tun", versichert er mir.
Ich kämpfe den Drang an, ihn anzuschreien, ihm die Schuld zu geben. Doch jetzt muss etwas passieren, irgendetwas, um diesen Albtraum zu beenden.
Der reglose Körper von Dahlia auf dem Boden meines Badezimmers zu sehen, ist, als würde jemand mein Herz lebendig aus meiner Brust reißen. Ich fühle mich so verdammt hilflos.
„Legt sie auf die Liege für den Transport", höre ich den Notarzt plötzlich eindringlich sagen.
Die Sanitäter platzieren sie gekonnt auf der Liege. Ich greife nach ihrer Tasche und folge den Sanitätern nach draußen, während meine freie Hand fest ihre Hand umklammert.
Vor dem Krankenwagen halten sie inne.
„Sie können nicht mitfahren. Wenn Sie ins Krankenhaus möchten, da-", beginnt der Sanitäter zu mir zu sagen.
„Ich lasse sie nicht alleine", antworte ich kalt.
„Ich verstehe, dass Sie sich Sorgen machen, aber es ist be-", versucht er erneut.
„Nein, du verstehst nicht.Ich. Lasse. Sie. Nicht. Alleine. Das war keine Frage, und jetzt bringt uns ins Krankenhaus", sage ich drohend, während ich ihre kalte Hand noch fester umschließe.
Ungeduldig sieht der Sanitäter mich an, bis er schließlich nachgibt. „Gut, aber das hier ist eine Ausnahme."
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Wir sind schon etwa 10 Minuten unterwegs. Der Überwachungsmonitor piept in langsamen aber regelmäßigen Abständen. Es ist so still hier. Niemand spricht. Ich sitze neben ihr und streiche ihr sanft über ihre Hand.
Doch plötzlich ändert sich diese Stille schlagartig, als der Monitor beginnt einen Alarm zu schlagen.
Alle Augen fallen auf das Display.
„Herzstillstand. Herzdruckmassage!", befielt der Notarzt mit drängender Stimme.
Nein. Nein. Nein. Nein.
„W-was? Was passiert?", stammle ich ungläubig vor mich hin und spüre wie mein ganzer Körper kalt wird und zu zitternd beginnt.
Panik erfüllt die Luft, während ich hilflos neben ihr sitze.
„Weg!", brüllt mich ein Sanitäter an, und schubst mich von ihr weg sodass ihr Hand aus meiner gerissen wird. Überfordert taumele ich nach hinten. Er springt auf die Liege und beginnt mit zwei kräftigen Händen unter Dahlias Brustbein mit der Herzdruckmassage. „1...2...3...", zählt er mit jedem Schlag.
Unter Schock verfolge ich die Situation. Jeder Druck auf ihr Herz scheint ein Schlag gegen mein eigenes zu sein.
Ich atme einmal tief durch und löse ich mich aus der Schockstarre. Ich laufe zu ihr und falle hinter ihrer Liege auf die Knie. Behutsam nehme ihr Gesicht von hinten in meine zitternden Hände.
„Dahlia, du musst jetzt kämpfen!", flehe ich sie mit zittriger Stimme an. Tränen laufen meine Wangen entlang. „Hörst du? Du musst jetzt kämpfen!! Bitte!"
„29....30...Beatmen!", ruft der Sanitäter, woraufhin ein anderer ihr zweimal Luft mit der Beatmungsmaske in die Lunge befördert.
„Weiter! Wir verlieren sie!", brüllt der Notarzt.
„N-nein nein nein....Dahlia...bleib bei mir! Du musst bei mir bleiben!...bitte bleib bei mir.." verzweifelt umklammer ihr ihr Gesicht und drücke ihr meine Lippen auf die Stirn.
Der Sanitäter, dessen Stirn mittlerweile von Schweiß benetzt ist, gibt nicht auf und setzt die Herzdruckmassage fort. Er drückt so tief nach unten, dass eine ihrer Rippen bricht, und ein unangenehmes Knacken durchdringt den Raum.
„Bitte bleib bei mir Kleine..", flüstere ich ihr zu. „Es gibt noch noch so viel was wir nachholen müssen...ich wollte mir dir zum See..nochmal zu dem Wasserfall bei dem wir waren..."
Plötzlich schnappt sie nach Luft.
Ein erlösendes Geräusch durchbricht den Moment. Der Monitor gibt einen Ton von sich.
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Ich weiß nicht wieviel Zeit vergangen ist oder wieviele Spritzen sie noch bekommen hat.
Doch jetzt sitze ich hier, an ihrem Bett im Zimmer des Krankenhauses. Ihre Augen sind geschlossen, sie schläft. Ihre Atemzüge sind regelmäßig und jeder Atemzug den sie macht macht mich unendlich glücklich.
Der Monitor neben ihr piept in langsamen regelmäßigen Abständen, bunte Kabeln verbinden sie mit den Überwachungsgeräten.
Sanft streiche ich ihr über ihre Hand und weiß nicht ob ich mich selbst oder sie beruhigen möchte. Ich kann nicht aufhören, sie anzusehen.
Plötzlich vibriert etwas in ihrer Tasche. Ohne sie loszulassen, bücke ich mich nach unten und nehme ihr Handy. Auf dem Display erscheint Nicos Name.
Sofort steigt die Wut in mir auf. Ich streiche ihr noch einmal über ihren Handrücken bevor ich sie loslasse und aus dem Zimmer gehe.
Ich nehme den Anruf entgegen.
„Hallo?! Dahlia?! Bist du dran?!", Nicos Stimme wird von der Clubmusik fast komplett übertönt.
„Nein Dahlia ist nicht dran.", antworte ich kalt und muss mich beherrschen um hier nicht gleich loszubrüllen.
„Mason?! Wieso hast du ihr Handy? Wo seit ihr? Kannst du sie mir mal geben? Ich finde sie nicht."
„Weil sie im Krankenhaus ist du Arschloch! Wegen dir!"
Für mehrere Sekunden höre ich nur die Musik aus dem Club. Plötzlich wird sie etwas leiser. Es scheint als wäre er vor die Tür des Clubs gegangen.
„S-sie ist im Krankenhaus? W-was ist passiert?"
„Sie hatte eine verdammte Überdosis wegen den Scheiss Fentanyltabletten!! Ich denke ich muss nicht fragen von wem sie die hat..Wenn sie das nicht übersteht, bist du tot."
Wütend drücke ich den Anruf weg.
Leise um sie nicht zu wecken, gehe ich wieder zu Dahlia. Ich schiebe den Sessel näher ans Bett, nehme vorsichtig ihre Hand und betrachte ihr wunderschönes Gesicht.
„Ruh dich gut aus...ich pass auf dich auf.", flüstere ich ihr zu.
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Es vergeht etwa eine Stunde als plötzlich jemand an der Tür klopft. Übermüdet wende ich meinen Blick zu der Tür als ich sein Gesicht sehe.
„Das ist jetzt nicht sein ernst..", flüstere ich vor mich hin. Nico.
Wütend springe ich auf und starte in seine Richtung.
„W-was ist passier?", stammelt er als er sie sieht, doch als er gerade einen Schritt ins Zimmer setzten möchte packe ich ihn am Hals.
Ich drücke zu und ziehe ihn mit einem Ruck aus ihrem Zimmer hinaus in den leeren Gang. Kraftvoll drücke ich ihn gegen die Wand und verstärke denn Griff um seine Kehle noch mehr, sodass er beginnt panisch nach Luft zu schnappen.
„Und? Wie fühlt sich das an? Keine Luft zu bekommen, hm? So gings Dahlia. Und du bist daran Schuld. Nur du.", flüstere ich ihm zu.
Er möchte etwas sagen.
„Wie blöd...Ich kann dich leider nicht verstehen. Wie ist das so wenn man etwas sagen möchte doch keine Luft dazu hat?"
Ich drücke noch fester zu und seine Augen tränen mittlerweile. Sein Kopf ist knallrot. Ich weiß genau wie weit ich gehen kann bevor er komplett sein Bewusstsein verliert, doch das muss er nicht wissen. Er soll wissen wie es sich anfühlt, wenn man nicht weiß welcher Atemzug der letzte sein wird.
„Es läuft jetzt folgendermaßen ab. Du fährst in die Unterkunft, packst deinen Scheiss und verpisst dich aus dieser Stadt und aus Dahlias Leben. Und wenn du es nochmal wagst in ihre Nähe zu kommen, stopf ich dir deine scheiss Fentanyltabletten in deinen Rachen bis du daran verreckst. Verstanden?"
Angsterfüllt starrt er mich an während sein Gesicht immer roter wird und sein Blick mir zeigt, dass er kurz davor ist sein Bewusstsein zu verlieren.
„Ich hab gefragt ob du verstanden hast!!" Ich drücke ihn noch stärker gegen die Wand.
Panisch nickt er.
„Gut."
Aprupt lasse ich los. Sofort beginnt er nach Luft zu schnappen.
„Und jetzt verpiss dich."
Er wirft mir noch einen angsterfüllten Blick zu bevor er endlich aus meinem Sichtfeld verschwindet.
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