Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Kapitel 29.2 - Der erste Ätherkristall

Echo

,,Siehst du, ich habe recht gehabt. Die Sonne ist noch nicht einmal untergegangen und wir sind da!"

Stolz und mit zur Seite ausgebreiteten Armen, deutete Pan eine Art Verbeugung an, als wäre es Teil eines zauberhaften Tricks, dass wir den Berg vor Sonnenuntergang erreicht hatten.

Wortlos stampfte ich an Pan vorbei, verpasste ihm aber dennoch einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. ,,Hat trotzdem lange gedauert", murmelte ich dabei.

Lachend nahm Pan einen seiner Beutel von der Schulter. ,,Wenigstens haben wir es geschafft, oder?"

Damit hatte er recht: Wir hatten es geschafft und standen direkt vor der Kammer.

Genauer gesagt standen wir direkt vor einem gigantischen Tor. Tatsächlich war der Berg, in dem sich die Kammer befand, nicht so groß wie die anderen Berge in naher Umgebung, aber dieses Tor war beinah genauso so breit und hoch wie das Gestein. Riesig, robust und glänzend. Ich sah nirgendwo eine Öffnung zum Durchgehen und auch keine Art Schlüsselloch. Einzig ein unförmiges Loch befand sich in der Fassade. Es war kein tiefes Loch und kaum größer als meine Hand – als hätte jemand versucht mit der Faust durch das Tor zu schlagen. Wie länger ich das Tor ansah, umso mehr fragte ich mich, ob man es überhaupt öffnen konnte. Vielleicht gab es auch einen ganz anderen Eingang.

Kopfschüttelnd trat ich zurück. Es macht keinen Sinn ein Tor zu bauen, wenn man auf einer anderen Seite nach drinnen gelangt.

,,Du hast nicht zufällig einen Schlüssel?", fragte Pan, der neben mich getreten war. In den Händen hielt er das Brot, aus dem unsere letzten zwei Mahlzeiten stammte. Als ich den Kopf schüttelte, setzte sich Pan in den Sand. Sein Blick war genauso wie meiner auf das Tor gerichtet, während er eine Scheibe vom Brot abschnitt. ,,Und wie möchtest du dann hinein?"

,,Ich weiß nicht einmal, ob ich rein möchte."

Ziellos setzte auch ich mich in den Sand und ließ dabei enttäuscht die Schultern hängen. ,,Ich wollte unbedingt hier her, um den Kristall beschützen zu können...Aber ich weiß nicht wie ich das machen soll."

,,Mhm. Vor was möchtest du denn den Kristall beschützen?"

Seufzend nahm ich das Stück Brot, welches Pan mir auf ausgestreckter Hand anbot. ,,Es ist kompliziert. Kennst du den Namen Osmium?"

,,Du meinst Der Osmium? Der Blinde Bruder der Zeit, der mit dem Allvater starb?"

Energisch schüttelte ich den Kopf. ,,Er ist nicht tot! Er lebt und er möchte den ersten Ätherkristall zerstören, deswegen möchte ich den Kristall beschützen. Und woher kennst du ihn?"

,,So viel weiß ich nicht von ihm", sagte Pan und zog sich langsam die Tücher von seinem Gesicht. ,,Ich weiß nur das, was in den Geschichten meines Volkes erzählt wird."

,,Und was wird über ihn erzählt?"

Nachdenklich richtete Pan seinen Blick zum Himmel. Zwischen dem Nachdenken biss er von seinem eigenem Stück Brot ab. Langsam – sehr langsam – zerkaute er das Brot, bevor er mit monotoner Stimme begann zu erzählen: ,,Die Geschichten meines Stammes besagen, dass Osmium das fünftälteste und drittjüngste Kind des Allvaters war und seit der Allvater seine Magie unter seinen Söhnen aufteilte, stand Osmium für die Zeit dar. Doch...noch bevor die Blinden Brüder den ersten Ätherkristall als Kraft der Ordnung und des Friedens erschufen, starb der Allvater an einer Krankheit, die seinen Körper jahrelang mit Schmerzen quälte. Es heißt, dass Osmium Angst hatte, die Krankheit könnte auch ihn treffen und er dadurch dieselben Qualen erleiden musste. Und deswegen...tötete er sich mit seiner eigenen Magie. Er ließ sich von seiner eigenen Magie töten, die seinen Körper verfaulen und sterben ließ..."

Pan begann zu schweigen und aß weiter sein Brot, dennoch starrte ich ihn noch abwartend an. Erst als wir klar wurde, dass dies all seine Informationen waren, biss ich ein wenig frustriert von meinem Stück ab.

,,Ich möchte nichts gemeines über dein Stamm und dein Volk sagen", begann ich dann zögerlich. Ruhig und abwartend blinzelte Pan mich an. ,,Aber mit dem Teil von Osmiums Tod, liegt die Geschichte schon einmal falsch. Osmium lebt, glaub mir. Ich habe ihn schon mehrmals getroffen und er hat sehr schlimmes getan."

,,Zum Beispiel?"

,,Er hat eine sehr gute Freundin getötet."

,,Echo, natürlich möchte ich dir glauben. Aber..." Er machte eine wegwerfende Handbewegung, als würde er nach dem richtigen Wort suchen. ,,...aber, jeder Blinde Bruder war einst Teil der natürlichen Ordnung unserer Welt. Warum sollte ein Blinder Bruder auf einmal alles zerstören wollen?"

,,Gier? Macht? Wut? Klingt doch nach guten Gründen."

,,Und warum hat er es dann nicht schon lange zuvor zerstört – wenn er denn wirklich noch lebt?"

Mein Mund öffnete sich schon für die nächsten Worte, doch gleichzeitig stockte ich. Natürlich hatte ich mich dies auch schon gefragt. Die Antwort darauf kam mir beinah lächerlich in Vergleich zu Osmium und seinen Taten vor, aber es war die einzige Antwort, die Sinn machte. Zumal ich die Antwort schon bei letzten Aufeinandertreffen erkannt hatte. Osmium hatte mir bei meinem Traum etwas anderes sagen wollen, aber auch diese Wahrheit war mir klar geworden.

Wehmütig lächelte ich und meine Hand wanderte sofort in die Innentasche meiner Jacke, um die Taschenuhr rauszufischen. Mit einer Hand hielt ich die dünne Kette fest, die andere umschloss das Gehäuse der Uhr. Sand klebte am Deckel meiner Uhr und der sonst silbrige Glanz war einem matten Schimmer gewichen.

,,Alles will er auch nicht zerstören", flüsterte ich.

Aufmerksam hatte Pan verfolgt, wie ich die Uhr hervorgeholt hatte. Anhand seines interessierten Blicks wusste ich, dass er gerne nach der Uhr gefragt hätte, aber stattdessen folgte er meinen Worten.

,,Es geht ihm um Kontrolle – nicht um Macht, Wahnsinn oder Rache. Und wer Kontrolle möchte, muss deswegen nicht alles zerstören. Vielleicht denkt er genau dies, aber jeder Mensch, der den Tod seiner Familie überstanden hat, möchte etwas von ihnen behalten. Einen eigenen kleinen Schatz, der von Erinnerungen und Gefühlen gefüllt ist."

,,Ich nehme an, du sprichst aus Erfahrung." Pans Blick fiel zurück auf meine Uhr.

Nickend strich ich über die eingravierte Rose auf dem Deckel. ,,Diese Uhr hatte einst meinem Vater gehört. Nachdem ich seine Leiche fand, nahm ich diese Uhr mit. Alles andere war von meiner Familie verbrannt oder zerstört worden. Sogar...sogar die Murmeln, mit denen mein Bruder und ich immer gespielt haben."

,,Das tut mir leid."

Dankbar lächelte ich ihm zu, bevor ich allerdings gleichgültig mit den Schultern zuckte. ,,Danke...aber es tut mir nicht mehr weh an sie zu denken. Ich habe mein altes Leben mit dem Tod meiner Familie abgeworfen und es geschafft mir eine neue Familie zu suchen. Deren Verlust schmerzt mir mehr als...als der Verlust meiner Eltern."

,,Das verstehe ich. Meine Familie lebt zwar noch, aber als ich verbannt wurde war es als ob-"

Abrupt erstarb Pans Stimme. Wie versteinert blickte er zum Tor, als hätte es sich auf magische Weise geöffnet. Doch es war unverändert und dennoch starrte Pan es so durchdringend und beinah schockiert an. Dann wanderte sein Blick zurück auf meine Uhr. Er blinzelte ein paar Mal und starrte danach wieder zum Tor.

Verwirrt und ein wenig besorgt, beugte ich mich vor. ,,Pan, was ist los?"

Sofort hob Pan dem Arm und deutete auf das Tor. ,,Dieses Loch. Kommt dir die Form nicht bekannt vor?"

Weiterhin verwirrt folgte ich seinem Blick. Ich wusste welches Loch er meinte, doch verstand ich nicht, woher mir die Form eines Kreises so bekannt vorkommen sollte. Erst als Pan zurück auf meine Uhr blickte, wurde mir klar, was er meinte – auch wenn ich es nicht glauben konnte.

Das kann nicht sein! Wieso sollte es...

Trotz meiner Zweifel stand ich auf und stampfte zum Tor. Das Loch stach mir bei jedem Schritt mehr ins Auge, bis ich direkt vor ihm stand. Mein Blick umfasste das Loch, während meine Hände meine Taschenuhr umfassten. Zittrig hob ich meine Hände mit meiner geliebten Uhr und genau diese Uhr schob ich in das runde Loch. Und...sie passte genau. Meine Uhr fügte sich in dieses Loch ein, als wäre sie ein Teil vom Tor. Weder musste ich sie passend drehen noch feste in die Öffnung drücken. Es passte einfach perfekt.

Kaum hatte sich die Uhr in die Öffnung eingefügt, begann das Loch zu Leuchten. Zuerst nur sanft, doch dann gewann das gelbe Leuchten an Stärke, bis es beinah meine Uhr verschluckte. Panisch von diesem Gedanken zog ich meine Uhr schnell wieder raus, wobei das Leuchten jedoch nicht erlosch. Zu dem Leuchten mischte sich ein Geräusch dazu, ein knarrendes und lautes Geräusch, als würde sich Stein bewegen. Und tatsächlich...öffnete sich das Tor in zwei Hälften, die nach innenschwankten, als würden sie ins Innere des Berges einladen.

Doch statt einzutreten, stand ich wie erstarrt nur da. Mein Kopf wollte nicht verstehen was eben geschehen war. Wieso sollte meine Uhr der Schlüssel sein? Es war doch nur eine alte, normale Uhr...

Eine sanfte Berührung an meinem Arm riss mich aus meiner Starre. Pan war an meine Seite getreten und sein Blick schien zu fragen, ob alles in Ordnung war.

,,Das...das kann nicht möglich sein!" Obwohl ich mit eigenen Augen gesehen hatte, wollte ich es nicht akzeptieren.

,,Hat dein Vater dir jemals erzählt, woher diese Uhr stammt?", fragte Pan mit ruhiger Stimme. Diese Ruhe in der Stimme und auch seine allgemein ruhige Körperhaltung, wirkten sofort auf mich ein. Ich spürte, wie sich meine Anspannung löste und mein Verstand nicht mehr länger Widerstand leistete.

Kopfschüttelnd steckte ich die Taschenuhr wieder an ihren Platz, wo ich die Härte des Metalls an meinem Körper spürte. ,,Sie ist ein Familienerbstück. Nicht mehr und nicht weniger."

,,Aber aus irgendeinem Grund, ist sie auch der Schlüssel für die Kammer. Und jetzt liegt es an uns, ob wir diesen Vorteil nutzen wollen."

Beinah spöttisch schnaubte ich auf. ,,Hast du Angst?"

Schmunzelnd deutete Pan wieder eine Verbeugung an und wies dabei in die Kammer. ,,Nach dir."

Eben noch hatte ich die geöffnete Kammer angestarrt und mein Körper hatte sich bei dem Gedanken gewehrt auch nur einen Schritt reinzugehen. Doch nun war diese Angst weg, denn...Pan war bei mir. Seine Ruhe gab mir Mut und durch seine Nähe wurde ich von Entschlossenheit erfüllt. Dieser Mut und diese Entschlossenheit waren es, die mich dazu brachten durch das geöffnete Tor einzutreten.

Hinter dem Tor befand sich eine Art Vorraum und dies von einer ganz besonderen Art. Der Boden und die Wände bestanden aus dunkelblauem Marmor, der zu meiner Überraschung so sauber und poliert wirkte, als hätte hier jemand kürzlich erst geputzt. Kein Staub, kein Sand, nicht einmal ein winziger Riss im Marmor zerstörte das Bild eines makellosen und von Magie erfüllten Raums. Passend dazu hing von der Decke ein riesiger Kronleuchter aus Silber, an dem goldgelbe Flammen brannten.

Hinter mir keuchte Pan ehrfürchtig auf. ,,Tek om Schonaya Teslee."

,,Wie bitte?"

,,Bei der heiligen Brut der Wurmmutter", übersetzte Pan, wobei sein Blick weiterhin durch den Raum glitt und er selbst mit dem Staunen nicht mehr aufhören konnte. ,,Dieser Raum lebt unberührt von der Magie der Blinden Brüder. Sie haben mit ihrer Magie viele geheime Konstruktionen erschaffen – die Kammer ist nur ein Sandkorn davon."

Schmunzelnd wies ich ans andere Ende des Raumes. ,,Wenn dich das hier schon in Staunen versetzt, möchtest du dann wirklich wissen was dahinter liegt?"

Am Ende des Raumes befand sich eine große Tür. Sie war nicht so groß wie das Tor vom Berg, aber sie reichte dennoch fast bis zur Decke. Sie wirkte durch und durch wie aus Glas. Es sah aus, als bestünde sie aus gefärbtem Milchglas.

Pans Augen schienen vor Spannung zu Glühen. Das Licht der Fackeln schimmerte im Dunklem seiner Augen. ,,Denkst du dort befindet sich der Kristall?"

,,Willst du es herausfinden?"

,,Du nicht?", scherzte Pan.

Nicht wissend was uns erwarten würde, traten wir an die Milchglas-Tür. Anders als das Tor war die Tür offen und man konnte einfach die geschwungene Türklinge runterdrücken. Als wir die Tür öffneten und sich dahinter ein Raum für uns öffnete, verschlug es mir beinah den Atem.

Ich kannte diesen Raum!

Ich erkannte die dunkelblauen Felswände an denen Fackeln mit himmelblauen Flammen brannten und vor denen in gleichmäßigen Abständen schwarze Säulen mit verschnörkelten, leuchtenden Mustern standen. Ich erinnerte man an die glatte Ebene des Bodens der ein goldenes Muster aus Marmor besaß. Und ich sah die kristallenen Auswüchse an der hohen Decke, die farbige Flecken aus Grün, Lila, Rosa und Blau in Richtung Boden warfen. Auch wenn ich diesen Ort nur einmal in einem Traum gesehen hatte, kam er mir so bekannt vor, als würde ich ihn ein zweites Mal betreten. Diesen Raum hatte mir der Zeuge bei unserem ersten Treffen gezeigt und genauso wie in meinem Traum, befand sich hier wahrhaftig der erste Ätherkristall.

Im Traum war mir diese Schönheit von einem Kristall schon aufgefallen. Nicht wegen seiner Größe, nicht wegen den sechs Farben, in denen er schimmerte, auch nicht wegen diesem goldenen Konstrukt aus schmalen Schnüren, welches ihn festhielt. Mir war er wegen seiner Aura aufgefallen und wie er die Luft mit Magie erfüllte. Die Magie lebte in ihm wie ein mächtiger Herzschlag, doch drang die Magie in sanften Wellen aus ihm heraus. Seine Magie erdrückte niemanden oder zwang einen in die Knie. Sie fuhr wie eine sanfte Brise über die Haut und erfüllte den Körper mit einem Gefühl der Klarheit und Zufriedenheit. Als gäbe es keine Sorgen und keine Probleme mehr, die einem plagen und zerstören konnten.

Doch auch wenn ich diesen Einfluss genoss, konnte ich nicht vergessen, dass die Sorgen und Probleme noch da waren. Ich war hier, genauso wie der Ätherkristall, aber noch immer wusste ich keine Antwort auf meinen Plan. Was sollte ich nun tun? Wie könnte ich verhindern, dass der Zeuge hier auftauchte und dieses Werk der Magie zerstören konnte?

,,Wir müssen wieder hier raus", wandte ich mich an Pan.

Der Wüstenmensch hatte wie zuvor im Vorraum, sich auch hier wie verzaubert umgeschaut. Sein Blick war wie hypnotisiert auf den Kristall gerichtet und kurz bildete ich mir ein, dass Leuchten seiner Farben in Pans Augen widerspiegeln zu sehen. Doch diese Einbildung verschwand schnell, da sich Pan bei meinen Worten sofort zu mir umdrehte.

,,Wir müssen hier raus", wiederholte ich. ,,Wir müssen hier raus, das Tor wieder verschließen und so schnell wie möglich von hier verschwinden. Solange nur wir wissen, was der Schlüssel für die Kammer ist, kann niemand anderes hier reinkommen. Vielleicht ist es besser, wenn der Kristall hierbleibt, aber niemand erfährt wie die Kammer zu öffnen ist."

,,Aber...wenn jemand herausfindet, was der Schlüssel ist?", fragte Pan besorgt. ,,Sollte jemals irgendwer erfahren, dass deine Uhr der Schlüssel ist, könntest du in Gefahr geraten, Echo."

Beruhigend legte ich eine Hand auf Pans Schulter. ,,Von mir wird es niemand erfahren. Ich möchte nur wissen, ob du auch schweigen wirst?"

Pan zögerte keine Sekunde. Er nickte und ergriff meine Hand, die auf seiner Schulter lag. Und schon wieder spürte ich dieses angenehme Kribbeln, kaum dass sich unsere Finger berührten. ,,Ich schwöre dir, von mir wird niemals jemand etwas erfahren. Das ist ein Versprechen, für die Ewigkeit."

,,Auch ich schwöre für die Ewigkeit. Kein Wort über den Schlüssel, wird jemals über meine Lippen kommen!"

Erschrocken fuhr ich herum. Auch Pan zuckte vor Schreck zusammen und schaute sich alarmiert um. Die Quelle der Stimme, der eiskalten und vor Gift triefenden Stimme, kam aus dem Schatten einer der Säulen hervorgetreten. Selbst so dunkel gekleidet wie ein Schatten, aber mit einer auffälligen weißen Haut die darunter hervorstach wie Schnee zwischen Kohle.

,,Zeuge", flüsterte ich erschrocken. Ich behielt ihm in Auge, während ich eine Hand hinter meinen Rücken schob, um die hervorgerufene Magie zu verbergen.

Doch bevor ich etwas tun konnte, wurde von jemanden mein Handgelenk ergriffen und mit einem hartem, schmerzlichen Ruck nach hinten gezogen. Wie aus dem nichts, war hinter mir eine Gestalt aufgetaucht, genauso wie der Zeuge so dunkel wie ein Schatten, aber ohne Gesicht. Hinter mir stand eine Gestalt die ganz und gar aus Schatten bestand, die sich wie dunkler Nebel bewegten und in der Luft kräuselten. Noch während meine Magie versagte, packte der Schatten meinen anderen Arm und verdrehte mir beide Arme so auf den Rücken, dass jegliche Gegenwehr schmerzte. Pan zog sofort sein Schwert, um mir zu helfen, doch der Zeuge hob eine Hand und Pan wurde durch die Luft nach hinten geworfen, wo er gegen eine der Säulen knallte auf den Boden fiel.

,,Eine Sandschlange", stellte der Zeuge nüchtern fest.

Pan hatte gerade noch Zeit sich aufzurichten, bevor sich aus den Schatten eine weitere Gestalt löste, ihn an der Kehle packte und gegen die Säule drückte. Lange Krallen bohrten sich durch Pans Halstücher in die Haut und hinderten auch ihn an Gegenwehr. Pan war schlau genug, um zu wissen, dass ihm der Schatten sofort das Genick brechen würde, sollte er sich wehren.

Der Zeuge wandte sich nun von Pan ab und drehte sich stattdessen zu mir. ,,Oh Echo, ich danke dir! Es war sehr gnädig für mich die Tür zu öffnen. Ich habe immer gewusst, dass du einen Weg finden wirst. Aber dass ausgerechnet so eine alte Uhr der Schlüssel ist – wer hätte denn darauf kommen können?"

,,Hast du uns die ganze Zeit beobachtet?", fuhr ich ihn wütend an.

Als würde er überlegen hielt der Zeuge kurz inne. ,,Ja...und nein. Das spielt sowieso keine Rolle." Bevor er sich ganz abwandte, befahl der dem Schatten hinter mir: ,,Halte sie ruhig."

Der Schatten reagierte seiner Meinung nach am besten und trat mir in die Kniekehle. Mein getroffenes Bein knickte ein und sofort zwang mich der Schatten runter auf die Knie, wobei er seine Krallen tief in meine Arme drückte.

Der Zeuge trat dabei von uns weg, geradewegs auf den Kristall zu. Er ging aber langsam, als würde er sich nicht trauen in die Nähe des Kristalls zu kommen. Doch mit jedem seiner Schritte, veränderte sich die Atmosphäre im Raum. Der Einfluss des Kristalls sank und verlor seine Wirkung. Irgendetwas schien die Macht des Kristalls einzudämmen – nach demjenigen musste man aber nicht lange suchen. Schließlich stand der Zeuge direkt vor dem Kristall. Das Leuchten warf ein schauriges Licht auf ihn, bei dem seine weiße Haut aufleuchtete wie das Licht eines unschuldigen Geschöpfs. Zumindest so lange, bis er eine Hand auf das Gestein legte und das Leuchten erstarb. Das Leuchten erstarb und mit ihm der letzte Funke Magie, den der Kristall verbreitet hatte. Übrig blieb nur ein Kristall, der in sechs Farben aufschimmerte.

Von der Seite hörte ich, wie Pan trotz dem Druck an seiner Kehle erschrocken auf keuchte: ,,Was hast du getan?"

Der Zeuge ignorierte ihn. Er trat noch ein Stückchen näher an den Kristall heran und zu meiner Überraschung, legte er die Stirn gegen die glatte Fassade.

Und dann zerbrach der Kristall.

Zuerst hörte man nur ein leises Knacken und feine Risse stoben unter der Hand des Zeugens hervor. Diese feinen Risse verteilten sich über die ganze Fassade des Kristalls und wurden dabei immer größer und breiter – als würde Glas zersplittern. Mit jedem neuem Riss wurde das Knacken lauter, bis es den ganzen Raum erfüllte. Und in dem Moment als der Zeuge zurücktrat und seine Hand vom Kristall nahm, zerfiel der Kristall in tausende von Splittern.

,,Nein!", schrie ich und versuchte aufzustehen. Der Schatten packte mich fester und immer tiefer bohrten sich seine Krallen in meine Haut, dass es mir beinah Tränen in die Augen trieb. Mir war es egal, ich wehrte mich immer und immer wieder. ,,Tue das nicht! Hört auf!"

Ich wusste, dass egal was ich sagte oder tat, es nichts mehr ändern konnte. Der Kristall zerbrach und seine Splitter – in den Farben Rot, Blau, Gold, Grün, Silber und Violett – verteilten sich auf den Boden um den Zeugen herum. Die Magie, die den Kristall Jahrtausende lang zusammengehalten hatte ruhte als weißer Nebel in der Luft. Reine, unschuldige Magie wie ich sie noch nie gesehen hatte.

,,Wunderschön", hörte ich den Zeugen sagen. ,,Welch Schönheit ihr mit hinterlassen habt, meine geliebten Brüder."

Langsam streckte der Zeuge eine Hand nach dem Nebel aus. Kurz hatte ich die Hoffnung der Nebel würde sich auflösen oder verschwinden, bevor er ihn berühren konnte. Doch er blieb in der Luft und als der Zeuge ihn berührte, legte sich der Nebel auf ihn nieder und verschwand. Ich brauchte nicht den Triumph in den Augen des Zeugens zu sehen, als er sich zu uns umdrehte. Die Aura seiner Magie war stets erdrückend und machtvoll gewesen, doch nun war da viel mehr. Statt der Magie des Kristalls, erfüllte seine Magie den ganzen Raum und wahrscheinlich darüber hinaus. Sie nahm mir beinah den Atem und brachte keine Klarheit und Zufriedenheit mehr. Ich spürte nur noch die Last des Versagens in mir und eine tiefe Hoffnungslosigkeit. Nur konnte ich nicht sagen, ob diese Hoffnungslosigkeit vom Einfluss des Zeugens aus ging oder von mir selbst kam.

,,Der...der Kristall!", keuchte Pan auf. Seine Stimme bebte und ich hörte ein unterdrücktes Schluchzen heraus. ,,Wieso...Wie konntest du das nur tun!"

Unbeeindruckt zuckte der Zeuge mit den Schultern. Er beugte sich runter und pickte einen Splitter vom Boden. Einst hatte er unter dem Einfluss von blauer Magie geleuchtet und glänzt, nun war das blau ausgewaschen und seine Schönheit verflogen.

,,Also an sich, war es ganz einfach." Mit dem Splitter in der Hand trat er an Pan heran. ,,Vor nicht allzu langer Zeit habe ich mir nämlich was gewünscht. Nämlich, dass ich dazu in der Lage bin alles zu zerstören, was meine Brüder erschaffen haben. Mit meinen eigenen Händen!" Zum Beweis zerdrückte er den Splitter in seinen Händen zu feinem Staub, denn er knapp vor Pan zu Boden rieseln ließ.

Obwohl der Zeuge vor Pan stand, schaffte ich es seinen Blick zu erhaschen. In seinen Augen sah ich Angst, wie ich sie niemals bei ihm hatte sehen können. Doch er versuchte sie zu verdrängen und obwohl sein Körper zitterte, nickte er mir knapp und zuversichtlich zu.

Als der Zeuge in die Hände klatschte, zuckten wir beide zusammen. Mit einer scheuchenden Handgeste befahl er dem Schatten sich zurückzuziehen. Pan schnappte hustend nach Luft, kaum verschwand der Druck von seiner Kehle. Der Schatten blieb noch nah neben ihm, als der Zeuge sich in die Hocke setzte und Pan mit schief gelegtem Kopf musterte.

,,Aus welchem Clan stammst du?", fragte er überraschend ruhig.

Pan zögerte. Wahrscheinlich aus Überraschung. ,,Eshaii."

,,Du bist ein Verstoßener, oder?"

Pan nickte.

Auch der Zeuge nickte. ,,Also, liebe Eshaii-Schlange. Du wirst nun die Kammer verlassen – sofort und ohne Umschweife. Und wenn du draußen bist, wirst du so freundlich sein und die beiden riesigen Flugechsen suchen, mit denen Echo in die Südlanden kam. Und denen wirst du sagen, was hier passiert ist, damit sie den Sternenkindern Bescheid geben können und diese den Turm Schnellwasser angreifen werden. Hast du mich verstanden?"

Pan blinzelte verwirrt. Natürlich hatte er verstanden, aber er konnte es nicht verstehen – genauso wie ich. Der Zeuge wollte ihn gehen lassen? Und er sollte Schattenpfeil und Sternengold warnen? Warum? Und warum sollten die Sternenkinder Schnellwasser angreifen? Die Sternenkinder hatten doch niemals vorgehabt den ersten Schritt für einen Konflikt mit dem Imperium zu machen. Und nun verlange ausgerechnet der Zeuge, dass sie den Gefängnisturm des Imperiums angriffen?

Aber ich wusste auch, weshalb Pan zögerte. Er wollte mich nicht hierlassen, dies allein sah ich in den Blick, den er mir über der Schulter des Zeugens zuwarf. Der Zeuge wollte nur ihn gehen lassen und diese Chance sollte er nutzen.

,,Geh!", rief ich ihm deshalb zu. ,,Tue was er sag und geh – bitte!"

Pan zögerte noch immer und ich verzweifelte.

Mit einem übertriebenen Seufzen drückte sich der Zeuge hoch. ,,Junge, entweder du gehst jetzt oder ich muss dich leider töten. Was wäre dir lieber?"

Bei seinen Worten zuckte Pan zusammen. Ich wollte schon wieder den Mund öffnen und ihn anflehen zu gehen, doch ich sah den vor Wut schäumenden Blick, mit dem er zum Zeugen hochsah. Ich erlaubte es mir erleichtert aufzuatmen, als Pan sich aufrappelte und zügig am Schatten in Richtung Tür huschte. Dabei warf er mir einen sehr langen Blick zu und ich erwiderte mit einem knappen Lächeln.

Als er durch die Tür gelaufen war, hob der Zeuge die Hand und die Tür fiel zu. Ich war nun allein, mit ihm und zwei Schatten, die seinen Befehlen folgten.

,,Wie süß", säuselte der Zeuge und setzte sich wie zuvor bei Pan vor mir in die Hocke. ,,Dein Freund wollte dich gar nicht mehr verlassen." Seine blutroten Augen schienen an Intensität gewonnen zu haben, was mich bei der Menge an Magie nicht wunderte. Doch genauso wie das Blutrot stärker geworden war, hatte sich auf der Blutgeruch verstärkt, der dauerte am Zeugen zu haften schien. ,,Entweder diese Sandschlange hat dich gern, oder sie ist ein Trottel."

,,Und das vom größte Trottel, der jemals in Eridia gelebt hat!"

Mahnend hob der Zeuge einen seiner schneeweißen Finger. ,,Der stärkste Trottel."

,,Was willst du noch?", fuhr ich ihn an. ,,Du hast den Kristall zerstört, so wie du es wolltest. Was willst du also noch von mir?"

,,Ist das nicht offensichtlich?"

Seine erhobene Hand streckte der Zeuge nun in meine Richtung. Sofort versuchte ich nach hinten zu weichen, doch ein schmerzhafter Druck an meinen Armen hinderte mich sofort. Eiskalt fuhren die Finger über meine Schläfe und meine Wange, bis sie an meinem Kinn ruhten und es festhielten. Die Angst – die ich mit aller Macht zu verbergen versuchte – schien meinen zitternden Körper zu betäuben. Ich konnte mich nicht rühren und diese Gewissheit, diese Machtlosigkeit, machte mich allmählich panisch.

,,Echo. Du hast immer noch etwas, was mir gehört. Und auch wenn ich nun die Macht meiner Brüder besitze, möchte ich meine Gabe wiederhaben."

Trotz meiner Angst schaffte ich es höhnisch zu antworten. ,,Denkst du etwa, ich werde sie dir nun freiwillig geben?"

Kurz verkrampften sich die Finger an meinem Kinn, doch bevor es auffallen konnte, ließ der Zeuge mich los, stand auf und streckte die Hände seitlich aus. Mit einem Mal verdunkelte sich die Welt um uns herum. Ein Meer aus Schatten erhob sich und umhüllte uns wie ein dunkler Kokon. Dabei fühlte sich die Luft so schwer an, als würde der Kokon uns auch von dieser abschneiden. Panisch schaute ich mich um und mein Blick blieb an den Augen des Zeugens hängen. War das etwa sein Plan, mich ersticken lassen damit er die Gabe von meinem toten Körper nehmen konnte? Die Augen des Zeugens starrten mir leer entgegen. Erst als er die Arme senkte, kehrte das kalte Leben in ihnen zurück und die Schatten zogen sich wieder zurück.

Aber dafür hatte sich die Umgebung stark verändert. Wir befanden uns nicht mehr in der Kammer mit dem zersplitterten Kristall. Statt festem Boden befand sich unter mir weiches, grünes Gras. Ich spürte einem kühlen Wind, der durch mein Haar glitt und wie strahlendes Sonnenlicht meine Haut erwärmte. Wir befanden uns nicht mehr in der Kammer, aber auch nicht mehr in den Südlanden. Um uns herum erstreckten sich weite Wiesen und in der Ferne streckten sich Bäume dem Himmel entgegen. Wir befanden uns in einem anderen Land, den weiten Wiesen und den Wäldern nach mussten wir uns in Thyra befinden.

Kurz verwirrt, erinnerte ich mich daran, dass der Zeuge die Schatten zu mehr benutzte als mit ihnen zu kämpfen. Vermutlich konnte er sich durch sie an andere Orte begeben und allem Anschein nach, hatte er diese Fähigkeit genutzt und auch mich mitgenommen. Doch warum ausgerechnet nach Thyra?

Plötzlich vernahm ich einen merkwürdigen Geruch. Ich roch noch immer den Blutgeruch vom Zeugen, aber dazu vermischte sich noch ein ganz anderer Geruch. Es roch salzig und als ich meinen Mund öffnete, meinte ich diesen Geruch auch auf der Zunge schmecken zu können. Befanden wir uns an einer Küste von Thyra?

Schlagartig schloss ich meinen Mund wieder. Hat er mich wirklich hierhergebracht?

Schmunzelnd beugte sich der Zeuge zu mir herunter. Seine Hand schoss nach vorne, vergriff sich in mein Haar und zog meinen Kopf so nach hinten, dass ich gezwungen wurde ihm ins Gesicht zu schauen. ,,Du weißt vor wir sind, oder?"

Ich antwortete ihm aus zwei Gründen nicht. Erstens, weil er wusste das ich die Antwort kannte. Und zweitens, weil mir vom Blutgeruch übel wurde.

Lachend packte mich die Hand nun an der Schulter. Gleichzeitig ließ der Schatten mich los und der Zeuge konnte mich auf die Beine ziehen und drehte mich dabei um. So konnte ich einen Blick auf den riesigen Turm werfen, der sich an der Küste in den Himmel streckte. Möwen flogen in seiner Nähe, als würden sie nach Leben suchen. Doch auch wenn ich diesen Turm noch nie in meinem Leben gesehen hatte, wusste ich, dass es in ihm hauptsächlich nur den Tod gab.

,,Willkommen in Schnellwasser!"

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro