Überraschungen
Minho PoV
Es war ein ruhiger Morgen, die Sonne kroch träge über den Horizont, und der frische Geruch von Leder und Metall erfüllte den Innenraum meines Wagens.
Ich ließ meine Finger über das Lenkrad gleiten, das polierte Holz und kalten Stahl meines Wagens – ein wahres Meisterwerk, das ich selten aus meiner Sammlung nahm.
Aber für heute hatte ich beschlossen, eine Ausnahme zu machen.
Jisung.
Der Gedanke an ihn ließ einen Hauch von Unbehagen, gemischt mit einer seltsamen Vorfreude, in mir aufsteigen.
Was war es an ihm, das mich dazu brachte, Dinge zu tun, die ich normalerweise nie tun würde?
Ich parkte den Wagen vor seinem Wohnheim und überprüfte die Zeit. Noch drei Minuten bis zur vereinbarten Stunde.
Punktgenau.
Es war eine meiner vielen Eigenheiten, und ich erwartete, dass er zu spät kommen würde.
Doch zu meinem Erstaunen hörte ich die Tür des Gebäudes bereits und ein schlanker Schatten bewegte sich auf mich zu.
Jisung war schlicht gekleidet – ein grauer Hoodie und Jeans, die ihm locker auf den Hüften saßen.
Sein Haar war unordentlich, als hätte er es gerade erst mit den Fingern gekämmt, aber irgendwie passte es zu ihm.
Schnell stieg ich aus und öffnete ihm die Beifahrertür.
"Du bist echt pünktlich, huh?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Du solltest dich nicht wundern. Es gibt keinen Grund, Zeit zu verschwenden."
Endlich drehte er sich zu mir, und ich bemerkte, wie seine Augen sich weiteten, als er das Auto genauer betrachtete.
Seine Hand strich ehrfürchtig über das glänzend schwarze Dach.
"Ist das … ein 1967er Chevrolet Impala?"
Ich hob eine Augenbraue. "Beeindruckend, dass du das erkennst."
Ein breites Grinsen breitete sich über sein Gesicht aus, und ich fühlte einen Anflug von Stolz, als hätte ich ihn mit meiner Wahl beeindrucken wollen. Natürlich wollte ich das nicht.
Nicht wirklich.
"Kennst du die Serie Supernatural?" fragte er aufgeregt, seine Augen leuchteten vor Begeisterung.
Ich war einen Moment lang sprachlos. Das war unerwartet.
"Natürlich kenne ich sie. Dean Winchester und sein Baby? Ein Klassiker."
Jisungs Lachen war ansteckend, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht mitzulachen.
"Du siehst nicht aus wie jemand, der solche Serien schaut."
"Und du siehst nicht aus wie jemand, der sich für klassische Autos interessiert."
Er schnaubte.
"Fair."
Ein Moment des Schweigens trat ein, aber es war kein unangenehmes Schweigen.
Vielmehr war es, als hätten wir beide etwas entdeckt, das wir nicht erwartet hatten.
Schließlich stieg er ein und ich setzte mich wieder in mein Auto.
Ich startete den Motor, und das tiefe Grollen des V8 erfüllte den Wagen.
"Also, wohin geht’s?" fragte Jisung schließlich, die Neugierde in seiner Stimme unüberhörbar.
"Das bleibt ein Geheimnis."
Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, bevor ich den Wagen sanft in Bewegung setzte.
"Ein Geheimnis, huh?"
Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. "Das klingt, als könnte es interessant werden."
"Du wirst es mögen."
Sein Blick verweilte einen Moment auf mir, bevor er sich wieder der Aussicht zuwandte.
"Du bist wirklich schwer einzuschätzen, weißt du das?"
Ich schmunzelte, ohne ihn anzusehen.
"Und das macht es dir schwerer, mich aus dem Kopf zu bekommen, oder?"
Sein überraschtes Schweigen war Antwort genug.
Jisung drehte sich abrupt zu mir, seine Augen leicht verengt. "Du bist dir ja ziemlich sicher, dass ich an dich denke."
Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Seine Stimme klang gereizt, aber der Hauch von Röte, der über seine Wangen kroch, verriet ihn. "Nur eine Vermutung," sagte ich gelassen. "Aber anscheinend liege ich nicht falsch."
Er lehnte sich wieder in den Sitz zurück, die Arme verschränkt, und schnaubte leise. "Eingebildet wie immer."
Ich ließ den Kommentar unkommentiert, lenkte den Wagen ruhig durch die Straßen der Stadt. Es war eine bewusste Entscheidung, das Ziel geheim zu halten – nicht nur, um ihn neugierig zu machen, sondern auch, weil ich nicht wusste, wie ich die Idee, die ich hatte, erklären sollte, ohne dass es untypisch für mich klang.
Wir fuhren für einige Minuten in angenehmer Stille, unterbrochen nur durch das tiefe, gleichmäßige Brummen des Motors. Jisung blickte aus dem Fenster, seine Finger trommelten unruhig auf seinen Knien. Er war neugierig, das konnte ich sehen, aber er wollte nicht zugeben, dass ihn das Geheimnis reizte.
"Du weißt schon, dass das hier wie der Anfang eines schlechten Dates wirkt, oder?" brach er schließlich die Stille, ohne mich anzusehen.
Ich zog eine Augenbraue hoch. "Ein schlechtes Date? Glaubst du, ich würde mir so viel Mühe für ein *schlechtes* Date geben?"
Das brachte ihn zum Lachen – ein echtes, ungefiltertes Lachen, das den Raum ausfüllte und etwas in mir zum Vibrieren brachte. Es war eine angenehme Veränderung zu der oft nervösen oder trotzigen Art, wie er mit mir sprach.
"Okay, Punkt für dich," gab er zu, immer noch grinsend. "Aber ernsthaft, was soll das hier? Warum so geheimnisvoll?"
Ich hielt den Blick auf die Straße gerichtet, obwohl ich spüren konnte, wie er mich musterte. "Manchmal ist es gut, sich überraschen zu lassen. Vielleicht solltest du das ausprobieren."
"Ich bin kein großer Fan von Überraschungen," sagte er, und seine Stimme hatte einen leicht defensiven Unterton.
"Das habe ich mir gedacht." Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, mein Mundwinkel zuckte nach oben. "Deshalb mache ich es ja."
Er verdrehte die Augen, konnte aber sein Lächeln nicht ganz verbergen.
Nach etwa zwanzig Minuten Fahrt bog ich schließlich von der Hauptstraße ab, fuhr eine schmale, von Bäumen gesäumte Straße entlang, die zu einem alten Anwesen führte. Es war einer dieser versteckten Orte, die selbst die meisten Einheimischen nicht kannten – ein ehemaliges Landhaus, umgeben von einem weitläufigen Garten.
Ich parkte den Wagen vor dem Tor, stieg aus und ging herum, um ihm die Tür zu öffnen. Er stieg aus, blickte sich verwundert um.
"Wo sind wir hier?" fragte er und schob seine Hände in die Taschen seines Hoodies.
"Ein Ort, den ich liebe," sagte ich schlicht.
"Ich dachte, es könnte dir gefallen."
Sein Blick wanderte über die hohen Bäume, die in der sanften Brise rauschten, und die alten Steinmauern, die von der Zeit gezeichnet waren. Schließlich blieb er an mir hängen, und ich konnte den Zweifel in seinen Augen sehen.
"Warum ich?"
Die Frage war leise, fast verloren im Wind, aber ich hörte sie deutlich. I
ch überlegte einen Moment, bevor ich antwortete.
"Vielleicht, weil du mich neugierig machst. Oder, weil ich das Gefühl habe, dass du ein bisschen Ruhe gebrauchen könntest. Oder vielleicht, weil ich einfach wollte, dass du heute etwas Schönes siehst."
Er sah mich an, und für einen Moment hatte ich das Gefühl, dass er etwas sagen wollte, sich dann aber dagegen entschied.
Stattdessen nickte er nur leicht und wandte sich dem Gebäude zu.
"Also," begann er schließlich und drehte sich zu mir um, die Augenbrauen fragend hochgezogen, "führst du mich jetzt herum, oder soll ich raten, wo wir sind?"
Ich lächelte und machte eine Geste, ihm zu folgen.
"Geduld, Jisung. Manche Dinge sollte man genießen."
Er schnaubte leise, doch ich konnte sehen, dass er lächelte, während er mir folgte.
🌹
[Das Auto über dem Kapitelnamen ist ein sogenannter 1967er Chevrolet Impala. Diesen fährt Minho.
Für alle, die nicht wissen was Supernatural ist:

(Es geht um Übernatürliches und zwei Brüder, die das Vermächtnis ihrer Vorfahren weiterführen.)
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro