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„Louis! Hier ist jemand für dich!", ruft Liam plötzlich und hämmert gegen die Badezimmertür. „Wer denn?", will ich genervt wissen, da ich gerade dabei bin, mich abzutrocknen. „Gut aussehender Mann, kurze braune Haare, Sonnenbrille und Mantel." Sofort stehe ich vor der Tür und schaue meinen besten Freund schockiert an. „Das ist mein Boss, hast du ihn reingelassen?", frage ich panisch und bin froh, dass ich eine Boxershorts trage. „Im Wohnzimmer. Ich dachte, dein Boss wäre dieser Mister Styles."
„Ja, das ist Mister Styles, Liam! Es gibt Styles Junior und Styles Senior. Danke, dass du mir zuhörst." Ich wuschele mir die Haare trocken und hänge das Handtuch an einen Haken, bevor ich mir meine Jeans schnappe und in diese schlüpfe. „Er ist heiß. Sicher, dass ihr es nicht miteinander treibt?" Kopfschüttelnd drücke ich meine Hand in sein Gesicht und gehe an ihm vorbei ins Wohnzimmer, um meinen Chef zu begrüßen, der sich skeptisch im Raum umschaut.
Wenn ich gewusst hätte, dass er viel zu früh hier aufkreuzen würde, hätte ich noch aufgeräumt, aber ich hatte eigentlich damit gerechnet, auf ihn vor der Tür zu warten. „Sir", mache ich mich aufmerksam und lächle vorsichtig, als er mich erblickt und aufsteht. „Sie sind noch nicht fertig.", entgegnet er und hält den Blick krampfhaft auf mein Geesicht geheftet, während ich einen Klaps gegen meinen Hinterkopf ernte und erschrocken zu Liam schaue. „Du nennst ihn Sir? Der toppt doch sicherlich.", raunt er in mein Ohr, worauf ich den Kopf schüttle und auf Mister Styles deute. „Das ist mein Chef, Harry Styles, mein bester Freund, Liam.", stelle ich beide gegenseitig vor und verkneife mir ein Grinsen, als Liam ihn mit einer Ghettofaust begrüßt und dann wieder zu mir schaut.
„Und Sie wollen wohin mit meinem besten Freund?", fragt Liam ernsthaft nach, weshalb ich ihn mit roten Wangen anschaue. „Liam, musst du nicht heute zu Maya oder so?", brumme ich und würde ihn am liebsten aus der Wohnung schmeißen. „Ne, sie kommt gleich. Sie ist zu spät, eigentlich sollte sie vor zehn Minuten hier sein. Ihr verbringt definitiv viel zu viel Zeit miteinander.", entgegnet mein bester Freund und schaut wieder zu Mister Styles, der gerade damit beschäftigt ist, mich zu mustern. Vielleicht hätte ich mir doch direkt den Hoodie anziehen sollen.
„Auf die Frage zurückzukommen, Ihr Freund und ich wollen uns heute ein Grundstück anschauen, auf welchem bald gebaut werden soll. Dafür muss aber noch alles unterschrieben werden.", erklärt Mister Styles und schaut auf seine Armbanduhr. „Ich bin etwas früh, aber schaffen Sie es, in zehn Minuten fertig zu sein?" Ich nicke und schaue nochmal böse zu meinem besten Freund, damit er bloß keinen Mist reden soll.
„Ich muss mir nur noch was anziehen und meine Haare machen.", wende ich mich an Styles Junior und verschwinde wieder im Badezimmer, wo ich mir schnell die Haare kämme und föhne, bevor ich in meinen Hoodie schlüpfe und mir in meinem Zimmer noch schnell Socken anziehe, ehe ich im Flur in meine Vans schlüpfe und mir die Jacke vom Haken nehme.
Da sehe ich auch Mayas Winterstiefel, weswegen ich lächelnd ins Wohnzimmer gehe, wo sie an Liam gekuschelt auf der Couch sitzt und sich mit Mister Styles zu unterhalten scheint, der sich prächtig amüsiert. Zumindest lacht er so, wie ich ihn selten lachen sehe. Bei ihm ist Lachen generell eine Rarität.
„Lou, hi!", begrüßt mich die Freundin meines besten Freundes grinsend, während ich die Hand hebe und ein leises „Hi" von mir gebe. „Fertig?" Ich nicke und ignoriere die Blicke meines besten Freundes und seiner Freundin, die zwischen Harry Styles und mir wechseln.
„Es war schön, euch kennenzulernen.", verabschiedet er sich von meinen Freunden. Oh, bei ihnen ist er beim »Du« angekommen und mich siezt er seit fünf Wochen. „Bis nachher.", verabschiede ich meine Freunde und winke ihnen zu, bevor ich mir meine Mütze schnappe und vor meinem Chef in den Flur gehe. „Hast du Kondome dabei?", ruft Liam mir hinterher, worauf ich leicht rot werde und zusammenzucke, als Mister Styles leicht hinter mir lacht. „Nein, habe ich nicht, Liam. Kauf du dir Hirn." Ich öffne die Wohnungstür und schnappe mir meinen Schlüssel von der Ablage.
„Ich habe eins, falls Sie es benötigen.", haucht Mister Styles in mein Ohr, worauf ein Schauer über meinen Rücken läuft und ich kurz stehen bleibe. „Gut zu wissen.", bringe ich zittrig hervor und räuspere mich leise, bevor ich aus der Tür in den Hausflur gehe.
Nach anderthalb Stunden Fahrt fährt mein Chef auf ein Grundstück und stellt den Motor aus. „Da sind wir.", seufzt er und fährt sich durch die Haare, bevor er sich abschnallt. „Ziemlich kahl.", stelle ich fest, da hier absolut nichts zu sehen ist. Nur eine unebene Wiese und gelbes Gras, welches so aussieht, als hätte es länger kein Wasser mehr gesehen.
„Und hier soll dieses Gebäude entstehen?", frage ich skeptisch und will aussteigen. „Bleiben Sie noch einen Moment sitzen. Schauen Sie sich das Grundstück an.", flüstert mein Chef und schaut mich kurz an, ehe sein Blick wieder auf die freie Fläche wandert. „Mein Ritual, hinterfragen Sie es nicht.", murmelt er und steigt dann aus. Verwirrt nicke ich nur und steige ebenfalls aus dem Wagen, bevor ich die Tür hinter mir schließe. „Was sehen Sie?" Mister Styles lehnt sich gegen die Motorhaube und deutet neben sich. „Eine vertrocknete Wiese?", gebe ich eher fragend von mir und ziehe mir meine Mütze über den Kopf, bevor ich meine Hände in meinen Jackentaschen verstaue. Für Anfang Februar ist es viel zu kalt.
„Ja, das stimmt.", lacht er, schüttelt aber den Kopf. „Das hier ist ein Ort für so viele Möglichkeiten. Stellen Sie sich verschiedene Gebäude vor, trifft das Mehrfamilienhaus, welches wir gerade entwerfen, hier her?" Ich denke über seine Frage nach und schaue mich um. Abgesehen von dem Grundstück sind hier ein paar Häuser, ich meine etwas weiter die Straße runter einen Spielplatz ausgemacht zu haben. „Ich schätze schon. Ein Einfamilienhaus käme vielleicht noch in Frage, obwohl hier zwei hinpassen würden. Ein Mehrfamilienhaus trifft meine Vorstellungen aber eher. Mit einem Garten hinten dran, den sich die Bewohner teilen können, das könnte schön werden.", sage ich und schaue zu meinem Boss, der mich lächelnd anschaut.
Dann nickt er nur und macht einen Schritt nach vorne. „Hier ziehen drei kleine Familien ein. Ein Klettergerüst im Garten wäre passend.", ergänzt er und holt einen Zettel aus seiner Jackentasche. „Die Straße runter ist ein Spielplatz.", murmle ich und gehe Styles Junior zu und stolpere über eine Unebenheit im Boden, worauf ich mich schon auf dem Boden liegen sehe.
Jedoch schafft Mister Styles es irgendwie, mich an sich zu ziehen, auch wenn sein Zettel somit auf den Boden fällt. Erschrocken kralle ich mich in seine Jacke, nachdem ich meine Hände aus meinen Jackentaschen befreit habe. Deswegen soll man nicht mit Händen in den Jackentaschen gehen. Wieder etwas neues gelernt.
„Alles okay?" Ich nicke und denke nicht daran, einen Schritt zurückzugehen, um Platz zwischen uns zu bringen. Mein Gegenüber genau so wenig. Er löst seinen festen Griff um meinen Arm zwar, legt seine Hände aber auf meine Hüften und schaut wie gebannt auf meine Lippen. Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe herum und schaue zwischen seinen Augen und seinen weich aussehenden Lippen hin und her. „Sir, was-", fange ich hauchend an, jedoch unterbricht mein Chef mich, indem er seinen Griff etwas verstärkt, sodass ich ihn unter meiner dicken Jacke klar und deutlich spüre.
„Hör auf, mich immer so zu nennen. Ich bin Harry, nicht Mister Styles, nicht Sir, nur Harry.", haucht er und nähert sich meinem Gesicht. Wie versteinert stehe ich da, kann nur nicken und meine Augen schließen, als ich die wohl weichsten Lippen auf meinen spüre, die ich jemals auf den meinen gespürt habe.
Anstatt mich von meinem Vorgesetzten zu lösen, lege ich eine Hand in seinen Nacken und ziehe ihn noch näher an mich, obwohl dies eigentlich gar nicht mehr möglich ist. Diese Lippen, die ich sonst immer nur in meinen Träumen auf meinen gespürt habe, fühlen sich in der Realität noch viel besser an.
Vorsichtig, aus Angst, der Kuss endet zu schnell wieder, öffne ich meine Lippen einen Spalt und gebe einen undefinierbaren Laut von mir, als Harrys Zunge hauchzart über meine Lippe fährt und dann in meinen Mund taucht. Wenn dieser Mann im Bett so gut ist, wie beim Küssen, wird er definitiv mein Todesurteil sein. Denn natürlich möchte ich mit ihm ins Bett. Vielleicht hört es sich dumm an, aber selbst heute würde ich mit ihm ins Bett steigen, wenn er die Initiative ergreifen würde.
Seufzend fahre ich mich mit meiner Hand, die seinen Nacken lag, weiter hoch in die kurzen Locken und muss feststellen, dass sie beinahe so weich wie meine Lieblingskuscheldecke sind, welche jedes Mal mitkommt, wenn ich woanders schlafe. Seitdem ich klein bin.
Irgendwann müssen wir uns trotzdem voneinander lösen, was mir ganz und gar nicht gefällt, was ich Harry mit einem jammernden „Nein" auch mitteile und meine Augen aus Angst vor Ablehnung geschlossen halte. „Wir brauchen ein wenig Luft, dann machen wir weiter." Dieser Satz bringt mich dazu, meine Augen zu öffnen und in die geweiteten, grünen Augen meines Gegenübers zu schauen. „Sie- du hast mich geküsst.", stelle ich fest und denke nicht daran, mich von meinem Chef zu lösen. „Und du hast erwidert.", entgegnet Harry leise und fährt mit seinen Händen weiter runter, bis sie meine Jacke etwas hoch schieben und sich dann auf meinen Hintern legen, was meine Wangen noch dunkler färbt.
„So wurde ich noch nie geküsst." Okay, ich bin definitiv neben der Spur. „Dann schlage ich vor, wir machen da weiter, wo wir aufgehört haben?" Wild nicke ich und bin derjenige, der den Kuss startet, indem ich mich für einen Moment auf die Zehenspitzen stelle und meine Lippen fordernd auf die von Harry presse. Leise höre ich ihn gegen meine Lippen lachen, konzentriere mich aber voll und ganz auf den Kuss, welcher noch besser ist, als der davor. Verlangender und nicht so ängstlich.
Ziemlich schnell stehe ich wieder mit beiden Füßen auf dem Boden und lege meine andere Hand, die bis jetzt auf seinem linken Oberarm lag, auf seine Wange, welche ein paar kleine Bartstoppeln aufweist.
„Scheiße." hauche ich, als sich der Griff um meinen Hintern verstärkt und ich nicht mehr lange brauche, um hart zu werden. Eigentlich habe ich kein Problem mit sowas, aber ich habe nirgends eine Möglichkeit dies zu beheben, also versuche ich alles dagegen zu unternehmen.
Schweren Herzens löse ich meine Lippen von dem Prachtexemplar und atme tief durch, bevor ich mich von Harry lösen will. Zumindest war das mein Plan, den ich direkt wieder über den Haufen werfe, als ich die geröteten, geschwollenen Lippen meines Gegenübers betrachte. „Wir hätten nie damit anfangen sollen.", nuschle ich und lege meine Lippen wieder auf Harrys. „Ich habe viel zu lange damit gewartet.", nuschelt Harry in den Kuss und leckt über meine Unterlippe, was mich leise die Luft einziehen lässt.
Vor ihm war ich nie ein Fan von Zungenküssen, aber jetzt, Harry macht einen anderen Menschen aus mir.
Für einen Moment küsse ich ihn noch, bis ich tief durchatmend einen Schritt zurück mache und den Mann vor mir beobachte. Das war aller höchste Eisenbahn, sonst würde ich hier mit einem gewaltigen Problem stehen.
„Wieso zu lange gewartet?", will ich wissen und fasse mir unbewusst an die Lippen, welche vom Küssen etwas feucht geworden sind. „Seitdem Sie- du das erste mal in meinem Büro standest. Vom Regen durchnässt und viel zu spät für das Vorstellungsgespräch. Aber ich wusste, dass ich dich einstellen werde. Ich musste dich einfach wieder sehen.", gibt er ehrlich zurück, was mich rot werden lässt. „Ich mochte dich anfangs nicht.", entgegne ich und senke den Blick, bis sich eine Hand unter mein Kinn legt und meinen Kopf etwas hoch drückt.
„Das war mein Plan. Ich wollte diese Gefühle nicht zulassen. Niemals mit einem Angestellten intim werden, aber es hat nicht funktioniert.", seufzt er und fährt mit dem Daumen über meine Wange. Dass er einen Kuss als Intimität darstellt, ist irgendwie süß.
„Bin ich gefeuert?", frage ich leicht ängstlich nach und hoffe, dass dies nicht der Fall ist. Das Praktikum geht zwar nur noch einen knappen Monat, aber wenn ich jetzt gefeuert werde, war alles um sonst und im schlimmsten Fall könnte ich mein Studium nicht fortsetzen. In vier Monaten fangen die ersten Klausuren an, dann ist das erste Semester um. Was ist, wenn ich woanders mein Praktikum machen muss und einen Monat weggeschmissen habe?
„Bist du nicht. Dann könnte ich dich gar nicht mehr täglich sehen und dir deinen Tee mitbringen.", durchbricht Harry meine Gedanken, worauf ich erleichtert ausatme. „Dankeschön.", hauche ich und mustere sein Gesicht für eine kurze Weile. „Ich brauche dich nicht mehr zu siezen?", frage ich lieber nochmal nach und streiche ihm eine verirrte Strähne hinters Ohr.
„Nein, nicht wenn wir alleine sind." Ich nicke nur und greife in meine Jackentasche, um nach dem kleinen Päckchen zu suchen, welches ich gestern noch mit viel Mühe eingepackt habe.
„Lukas hat mir erzählt, dass du heute Geburtstag hast.", wechsle ich das Thema und reiche ihm nervös das kleine Päckchen. „Ihr habt euch am Donnerstag gut verstanden.", murmelt er und nimmt das Päckchen nicht an, weshalb ich es ihm in seine Manteltasche stecke. „Wir haben nur Klavier gespielt, nachdem er mir sein Zimmer gezeigt hat. Er ist ein prächtiger, kleiner Kerl." Ich habe das Bedürfnis mich plötzlich an ihn zu kuscheln, weshalb ich einen Schritt zurück trete und tief durchatme. Das bin nicht ich, ich war nie der Fan von viel Körperkontakt.
„Er hat mir den ganzen Abend noch die Ohren damit vollgetextet, wie toll du bist und wie gut du Klavier spielen könnest." Dass er das Thema mit seinem Geburtstag umgeht, merke ich direkt. „Du hast Geburtstag, wieso freust du dich nicht? Sollte ich dir lieber ein Ständchen singen?" Ich räuspere mich spielerisch, jedoch schüttelt Harry schmunzelnd den Kopf. „Dankeschön, Louis.", bedankt er sich und spricht das erste Mal meinen Namen laut aus. „Kein Problem.", entgegne ich und verstecke meine Hände erneut in meinen Jackentaschen, da es viel zu kalt hier draußen ist. Dazu kommt noch der leichte Wind, welcher eben noch nicht zu spüren war.
„Scheiße, der Zettel.", flucht Styles Junior plötzlich und läuft plötzlich weg von mir, was mich kurz verwirrt, bis ich mir seinen Worten bewusst werde und ihm hinterher renne, um ebenfalls den Zettel einzufangen, den Harry fallengelassen hat, bevor er mich vor einem Sturz gerettet hat.
„Ich habe ihn!", rufen wir beide im gleichen Moment aus, bevor ich nur noch merke, dass ich auf der harten Wiese aufkomme und schmerzerfüllt aufstöhne. Mein Chef landet direkt auf mir. „Oh fuck, alles okay?", bricht Harry die Stille und hievt sich auf, während ich noch erschrocken auf dem Boden liege. Dieser Körperkontakt, der war noch enger, als eben beim Küssen, wo wir unsere Zungen im jeweils anderen Mund hatten.
Ohne etwas zu sagen, halte ich den Zettel hoch, welcher ein wenig zerknittert ist und lächle. „Ich habe ihn.", flüstere ich und zucke zusammen, als ein dicker Tropfen unter meinem Auge landet. „Oh nein.", flucht Harry und zieht mich wieder auf die Beine, bevor er meine Hand in seine nimmt und wieder zu seinem Auto rennt, welches er schnell aufschließt und mich auf den Beifahrersitz drückt. Die Tür schließt er meine Tür, während ich kurz den Kopf schüttle und über meinen Hinterkopf streiche, mit dem ich eben ziemlich unsanft auf den Boden geknallt bin.
Immer noch den Zettel in der Hand beobachte ich meinen Chef, wie er um das Auto läuft und im letzten Moment die Fahrertür hinter sich zu zieht, ehe es anfängt, wie aus Eimern zu schütten.
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