s e c h s ✔
Der Tag des großen Kampfes ist da.
Bevor es aber richtig anfängt, hält Hicks' Vater noch eine Rede:
,,Jetzt kann ich mich endlich wieder unters Volk trauen.
Hätte mir jemand noch vor ein paar Wochen gesagt, dass sich Hicks aus einem . . . äh . . . Hicks eben zum Klassenbesten im Drachentraining entwickelt, den hät' ich an einen Mast gefesselt und ins Meer getrieben, aus Furcht, er wäre wahnsinnig.
Aber . . . jetzt stehen wir hier und niemand ist freudiger überrascht . . . und stolzer als ich.
Heute wird mein Sohn zum Wikinger.
Heute wird mein Sohn einer von uns!"
Freudiges Jubeln ertönt aus der Menge, als das Stammesoberhaupt seine Rede beendet.
Doch Kora hat Haudrauf nur mit einem Ohr zu gehört. Sie steht unten im Gang und geht schließlich rüber zu Hicks:
,,Hey, Drachenbezwinger.
Oder sollte ich besser sagen, Drachenreiter?"
Geschockt schaut er sie an:
,,Woher weißt du . . . ? Ich meine, ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst . . ."
,,Du warst noch nie ein guter Lügner."
,,Seit wann weißt du es?"
,,Seit gestern Abend."
,,Und sagst du es meinem Vater?"
,,Was? Denkst du etwa, ich würde meinen besten Freund verpfeifen?"
Ein wenig erleichtert schaut er seine Freundin an.
,,Aber auch wenn ich es tun würde, es würde jetzt eh keinen Unterschied mehr machen. Du hast also die Wahrheit gesagt, hm?
Dass du den Nachtschatten gefangen hast. Aber was willst du jetzt tun?"
Er zuckt mit den Schultern.
Sie seufzt:
,,Hey, egal was passiert, ich bin für dich da, ok?"
Er nickt knapp, als Astrid zu den Beiden stößt:
,,Hey, kann ich mal mit Hicks reden, alleine?"
,,Schon gut, sie weiß es."
Ertappt blickt sie zu Kora, doch sie winkt ab:
,,Wenn ihr euch was zu sagen habt, sagt es jetzt. Ihr habt nicht mehr viel Zeit."
Sie dreht sich um und läuft zu ihrem Bruder, der mit den Anderen auf den Kampf wartet:
,,Wo warst du?" fragt der sie.
,,Bei Hicks."
Dann öffnen sich die Tore.
Hicks betritt mit seinem neuen Helm die Arena und die ganze Menge jubelt ihm zu.
Haudrauf sitzt oben, gegenüber vom Eingang und beobachtet seinen Sohn genau, als er eine Waffe auswählt.
Seine Wahl fällt auf einen kleinen Dolch und einen Schild.
Dann öffnen sich schließlich auch die Tore des Riesenhaften Alptraums und der Drache, voll entflammt, läuft raus, schaut sich nach einem Ausweg um.
Gebannt verfolgt die Schwarzhaarige, wie sich das Tier zu Hicks hinunter hangelt.
Langsam nähert sich der gefährliche Drache dem jungen Wikinger.
Er geht langsam zurück, dabei lässt er, mit einem Blick zu seinem Vater, den Dolch und den Schild zu Boden fallen.
Ungläubig beobachten die Wikinger das Treiben da unten.
Schlussendlich nimmt Hicks seinen Helm ab:
,,Ich bin keiner von denen."
Sagt er zu dem Drachen und streckt seine Hand aus.
Besorgt schaut Kora sich das Spektakel an und blickt dann rüber zu Haudrauf, der schon aufgestanden ist und sich dem Stahlgitter nähert:
,,Sofort aufhören."
Doch Hicks widerspricht:
,,Nein! Ich will, dass ihr das alle seht. Wir haben ein völlig falsches Bild von ihnen. Es besteht kein Grund, sie umzubringen."
Er schafft es, den Drachen zu besänftigen.
,,Ich habe gesagt, sofort aufhören!"
Er schlägt mit seinem Hammer gegen den Käfig, was den Drachen wieder aggressiv macht.
Dann passiert alles sehr schnell.
Denn als plötzlich der Nachtschatten aufgetaucht ist, sind alle Wikinger runtergesprungen, um zu helfen.
Kora rennt so schnell sie kann runter und versucht mit Astrid Hicks festzuhalten, der sich verzweifelt wehrt.
Es tut ihr im Herzen weh, als die Jorgenson beobachtet, wie der Drache gefesselt auf einen Anhänger verfrachtet wird.
Haudrauf hat Hicks einfach gepackt und ihn mitgezerrt.
Als er wiederkommt, befiehlt er den Männern, sie sollen ihn auf eines der Schiffe bringen und alle wassertauglichen Schiffe abfahrt bereit machen.
Hicks steht oben an der Kante eines Holzplateaus und beobachtet alles mit traurigem Blick, als Kora ihn anspricht:
,,Ganz schönes Chaos?
Das muss furchtbar für dich sein.
Du hast alles verloren, deinen Vater, deinen Stamm, deinen besten Freund-"
,,Ja, schön, dass wir darüber gesprochen haben."
Traurig blickt er in die Richtung, in der die Schiffe verschwunden sind.
,,Warum hab ich den Drachen, als ich ihn fand, nicht einfach umgebracht? Wäre für alle Beteiligten besser gewesen."
,,Jap, jeder von uns hätte es gemacht, wieso du nicht?"
Sie schaut ihn abwartend an:
,,Wieso du nicht?"
,,Keine Ahnung.
Ich konnte nicht."
,,Das ist keine Antwort."
,,Wieso ist dir das alles plötzlich so wichtig?"
,,Weil ich mir merken will, was du jetzt sagst. Jetzt und hier."
,,Ach, was weiß denn ich. Ich war zu feige, ich war zu schwach. Ich wollte keinen Drachen töten."
,,Du hast gerade 'wollte' gesagt."
,,Argh, ist doch egal. Ich wollte nicht. Nach dreihundert Jahren bin ich der erste Wikinger, der sich weigert, Drachen zu töten."
,,Und der erste, der auf einem reitet."
Überrascht schaut er seine beste Freundin an.
,,Also?"
,,Ich wollte nicht, weil er genauso viel Angst hatte, wie ich. Als ich in seine Augen sah, da-da sah ich mich selbst."
,,Er hat jetzt bestimmt auch wahnsinnig Angst. Was willst du unternehmen?"
,,Ach, wahrscheinlich irgendwas dummes."
,,Gut, aber das wär nichts Neues."
,,Dann irgendwas Verrücktes."
,,Das wollte ich hören."
Sie laufen in die Drachenkampfarena, als plötzlich Astrid mit den Anderen im Schlepptau, kommt.
,,Dachte, ihr könntet ein wenig Hilfe gebrauchen."
Kurz darauf öffnet Hicks die Tür zum Riesenhaften Alptraum und kommt langsam mit dem Drachen raus.
Er steuert Rotzbakke an, der rechts neben seiner Schwester steht.
Unsicher hebt er eine abgebrochene Spitze eines Speers auf, doch Astrid haut ihm leicht gegen den Arm und schüttelt den Kopf.
Vorsichtig tastet Hicks nach Rotzbakkes Hand und legt sie auf die Nüstern des gewaltigen Drachens.
Nach ein paar Sekunden wird er selbstsicher, doch das verliert sich wieder, als Hicks ihn allein lässt
,,Wo-wo willst du hin?"
Er steuert auf eine Kiste zu:
,,Du brauchst etwas, woran du dich festhalten kannst."
Taff kommen fast die Tränen, als Hicks die anderen Drachen herausholt.
,,Kora, du fliegst mit Rotzbakke. Das sind die einzigen Drachen."
,,Das kannst du vergessen."
Mit einem vielsagenden Blick schaut sie auf die noch verschlossene Tür vom Schattenbrecher.
,,Ich weiß nicht."
,,Ach komm, Hicks. Du hast einen Nachtschatten gezähmt."
,,Aber dieser Drache wird seit Jahren gefangen gehalten."
,,Dann wird es Zeit, dass er mal da raus kommt."
Gesagt, getan.
Nun steht Kora vor dem Stahltor.
Was, wenn Hicks recht hat.
Was, wenn sie mir das Ganze viel zu einfach vorgestellt habe.
Doch der quietschende Ton des hochfahrenden Tors holt sie aus ihren Gedanken.
Dieses Geräusch sagt, dass dieses Tor wohl schon seit langer Zeit nicht mehr geöffnet wurde.
Im Augenwinkel sieht sie ihren Bruder, der alles angespannt beobachtet und das Vorhaben eigentlich stoppen wollte.
Dann kommt der Drache, man sieht nur seine leuchtenden Augen.
Sie streckt ihm meine Hand entgegen.
Doch dann rast er förmlich auf sie zu.
Rotzbakke will schon in ihre Richtung laufen, was überraschend ist, wenn man bedenkt, dass er solchen Situationen eigentlich lieber aus dem Weg geht.
Doch Kora bleibt wie angewurzelt stehen:
Nein, du läufst jetzt nicht davon, du wolltest es doch schließlich.
Sie erwartet, von dem Drachen zu Boden geworfen zu werden, doch es geschieht nichts.
Langsam schaut sie auf.
Er steht genau vor ihr, seine Augen fixieren die junge Frau.
Ihre Hand immer noch ausgestreckt.
Sie lässt ihm die Wahl.
Dann, ganz unerwartet, überwindet er den letzten Abstand und sie spürt seine kalte, lederne Haut an ihrer Handfläche.
Ein Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen, als das Tier zu ihr schaut.
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