Honsool
"Was machst du eigentlich für Musik?" Ich saß am Küchentisch und beobachtete Ashley dabei, wie sie auf der Fensterbank des Küchenfensters saß und an einer Zigarette zog. Sie riss sich von dem faszinierenden Anblick des schwarzen Nachthimmels los und blickte mich kurz schweigend an. Es schien, als würde sie überlegen, ob sie den Satz, der ihr auf der Zunge lag, wirklich aussprechen sollte, doch schließlich schien sie sich dafür zu entscheiden.
"Ich kann dir, wenn ich hier fertig bin, mal bisschen was zeigen, wenn du möchtest." Sie lächelte schüchtern und es war das erste Mal, dass ich sie nicht selbstbewusst und bestimmt erlebte, was mir wiederum klarmachte, dass sie es ein wenig Überwindung gekostet hatte, mir dieses Angebot zu machen. Ich nickte schließlich und stellte mich neben sie.
"Kein Stress, ich hab die ganze Nacht Zeit." Sie nickte dankbar und fixierte wieder den Nachthimmel. Ihre Aura hatte sich ein wenig verändert, anstatt selbstsicher, war sie nun nachdenklich, aber ich mochte diesen Gemütszustand mindestens genauso sehr, wie all die anderen, die sie an den Tag legte.
"Yoongi?" Sie drückte ihre Kippe aus und drehte den Kopf wieder in meine Richtung. Ich sah sie ebenfalls an und nach einem kurzen Zögern fuhr sie fort.
"Glaubst du an wahre Liebe? Also so richtig mit allem drum und dann?" Sie biss sich nachdenklich auf die Lippe und fixierte etwas hinter mir, anscheinend wollte sie mir nicht in die Augen schauen, was ich allerdings völlig verstehen konnte.
"Früher ja, aber jetzt nicht mehr", antwortete ich wahrheitsgemäß und nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie ihre Hand nach einem Wasserglas griff. Sie nahm nachdenklich einen Schluck und sah mich dann mit einem weichen Blick an.
"Warum nicht mehr?" Ihre Stimme war nicht drängend, sie lud dazu ein es zu erzählen, legte Neugier an den Tag, aber ich fühlte mich nicht, als sei ich ihr einer Antwort schuldig. Sie unterstrich diese Geste, indem sie nach meiner Hand griff; sie schien zu fühlen, dass sie feinfühlig vorgehen musste und wieder spürte ich Bewunderung und Zuneigung im inneren meines Körpers aufsteigen. Alles an Ashley war so pur, so ehrlich und ich konnte mich nicht erinnern, dass ich jemals so jemanden, wie sie, getroffen hatte. Sie war außergewöhnlich, sowohl in ihrer Person als auch in ihrem Ausdruck.
"Ich habe zwei Jahre eine Beziehung geführt, von der ich dachte, dass es wahre Liebe sei. Am Ende hat sie sich von mir getrennt, ich hab den Grund bis heute nicht erfahren." Ich löste meine Hand wieder aus ihrer und lehnte mich ein Stück weit aus dem Fenster. Der Gedanke an Amber tat immer noch weh, aber inzwischen war es nur noch ein kleiner Stich, nicht mit dem Brennen zu vergleichen, das ich noch vor ein paar Wochen verspürt hatte.
"Das tut mir leid." Ihre Stimme war sanft und tröstete mich ein wenig.
"Aber weißt du Yoongi," Sie legte ihre Hand vorsichtig auf meiner Schulter ab.
"du wirst noch so viele tolle Leute kennenlernen, mach dir da mal keine Sorgen, du bist noch jung, das Leben wird dir schon nicht schlecht gestimmt sein." Ich konnte hören, dass ich ihr leidtat, andererseits war da noch etwas in ihrer Stimme, etwas was ich nicht so genau zuordnen konnte.
"Vielleicht hast du recht." Ich schüttelte die Trauer von mir und drehte mich zu ihr.
"Ich hab ganz sicher recht, glaub mir. Ich hab auch schon Trennungen erlebt, von denen ich dachte, dass ich nie wieder so einen wundervollen Menschen finden würde, aber am Ende kannst du Menschen nicht vergleichen. Deine Ex-Freundin ist auf ihrer Art wundervoll und deine nächste Freundin wird auch wundervoll sein, außer du bist bisexuell, dann wird es vielleicht ein Freund." Sie schmunzelte und nun schlich sich auch ein Lächeln auf meine Lippen. Es war schön ihr zuzuhören und ihre Worte waren wie Balsam für meine verletzte Seele. Es machte so Spaß ihr zuzuhören und ihr Lächeln zu sehen, wenn sie glücklich war und vielleicht, aber nur vielleicht, war ich ein wenig verliebt in ihrer Art.
"Du bist wundervoll", erklärte ich nach einer kurzen Pause, in der wir uns einfach nur angeschaut hatten. Ich wusste nicht genau, was es war, was da zwischen uns vorherrschte, aber es gab etwas, da war ich mir sicher.
"Du lügst." Sie lächelte spöttisch, wandte aber nicht den Blick ab, sondern intensivierte ihn nur noch.
"Tu ich nicht, ich lüge nie." Auch ich schmunzelte nun ein wenig über die Situation, aber ich genoss sie ungemein, sie war neu und fühlte sich erfrischend an, denn in den letzten Jahren hatte ich mich niemandem mehr so neu angenähert, wie ich es gerade bei Ashley tat.
"Ach, Yoongi, du bist schon irgendwie eigenartig." Betont beiläufig verschränkte sie die Hände in meinem Nacken und kam mir ein Stückchen näher. Ich ignorierte das wohlige Prickeln in meiner Magengegend und musterte noch einmal ihrer Augen.
Sie hatten die Farbe von grünem Gras, auf das die Sonne schien und der Mond spiegelte sich ein wenig in ihrer Iris.
"Du auch Ashley", murmelte ich und rückte noch ein Stückchen näher. "Aber deswegen mag ich dich so", schob ich noch hinterher und lächelte unbeholfen. Auch sie grinste nun breit.
"Ich mag dich auch Yoongi, aber nur manchmal", erwiderte sie neckend und stupste mich leicht mit ihrem Fuß an, dann schweig sie für einen Moment.
"Kann ich dich küssen?", brach ich das Schweigen und fixierte ihre Lippen, die zart glänzten.
"Ich weiß nicht, kannst du das?" Sie lachte, löste sich aber nicht aus der Haltung, in der sie sich befand, im Gegenteil, sie verstärkte den Griff in meinem Nacken nur noch ein wenig.
"Gut, wenn du nichts dagegen hast, dann-" Ich kam nicht dazu meinen Satz zu beenden, denn im nächsten Moment hatte sie die letzten Zentimeter zwischen unseren Lippen überwunden.
"Du redest zu viel, Min Yoongi", sagte sie, als sie sich nach einem kurzen Kuss wieder von mir gelöst hatte und lächelte, dann küsste sie mich ein zweites Mal.
Ihre Lippen schmeckten ein wenig herb und dennoch waren sie so unglaublich angenehm, dass ich mir wünschte, wir könnten ewig in dieser Postion verweilen. Ashleys Lippen hatten etwas Vertrautes und Unbekanntes zu gleich, sie schmeckten süß und bitter im selben Atemzug und spiegelten ihrer Persönlichkeit wunderbar wider. Alles an ihr faszinierte mich, ihre Meinungen, ihre Ansichten, ihr Charakter, ihr Aussehen einfach alles und ich fühlte mich fast ein wenig schuldig, dass ich sie anfangs nur aufgrund ihres Äußeren negativ beurteilt hatte. Der Kuss zwischen uns beiden machte mir klar, dass ich Menschen, die sich anders kleideten oder verhielten, die nicht in mein – wie ich selbst realisierte – sehr konservatives, Weltbild passten, nicht einfach so abstempeln konnte, ohne jemals mit ihnen gesprochen zu haben und später war mir klar, dass dieser Kuss mein Leben und meine Einstellung zu dieser Welt von Grund auf verändert hatten, dass Ashley mich verändert hatte. Sie hatte mich zu einer ganz neuen Person gemacht, eine Person, die ich im Nachhinein viel lieber mochte, als den alten Yoongi. Das alles hatte mir ein einziger Kuss gezeigt und ich war ziemlich enttäuscht als dieser Moment vorbei war und Ashley sich leicht lächelnd wieder von mir löste.
"Da ich jetzt schon meine Lippen mit dir geteilt habe, kann ich auch meine Musik mit dir teilen", sagte sie und zog mich aus der Küche.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro