
Kapitel 40
In diesem Moment wusste Aaron, dass jeder in der Zentrale innehielt. Ihr Blick lag auf Aaron, der keine Miene verzog. Tyra war vorsichtig. Wenn sie einen Fehler machte, würde As Tarnung auffliegen. Ein leises Lachen entkam dem Mann neben ihr.
„Fahren Sie fort", sagte sie.
„Wir haben ihn ausgebildet. Er hat das Training durchlaufen und ist unser bestes Ergebnis. Er hat zahlreiche Menschen ermordet, ohne mit der Wimper zu zucken." Dann begann Ivankov die Opfer aufzuzählen. Aaron kannte jeden Namen aus der Akte, er kannte die Namen seiner Opfer.
Tyras Blick war ruhig. „Nach welchem Kriterium haben Sie ihn und andere Kinder ausgesucht?"
Aaron stand auf, lief hinter Ivankov und lehnte sich vor. „Antworte auf ihre Frage."
Ivankov schnappte nach Luft. Er wollte weg, doch er war an den Tisch gekettet. Das Monster stand hinter ihm. „Er wurde nach einem Muster ausgewählt. Wir können erkennen, welche Kinder hochbegabt und leistungsfähiger als andere sind. Das oblag jedoch nicht mir, sondern einer Person, die nicht mehr unter uns weilt. Wir wissen nicht, wie sie diese Kinder gefunden hat."
Er sagt die Wahrheit. Erleichterung durchströmte ihn, denn es schien, als wäre das Wissen, das den Dämonen gefährlich werden könnte, verloren gegangen. Dennoch würden sie das noch nachprüfen müssen.
„Und wer hat mir die Befehle erteilt? Wer hat mich geschickt?", sprach er weiter.
Tyra schaute zu Aaron. Was hatte dieser vor? Er hatte nicht ein einziges Mal etwas zu seiner Verteidigung gesagt.
„Tyra, wir sollten abbrechen", hörte er Checko in ihrem Ohr. Sie wusste, dass das Team sich Sorgen machte, doch sie würde A vertrauen.
„Das weißt du. Sie hat auch Sharin geschickt, um dich zu überwachen", erwiderte der Russe. Man konnte sehen, wie sehr die Angst ihn im Griff hatte. Er schaute zu der FBI-Agentin. „Nehmen Sie ihn fest und sperren Sie ihn weg, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist. Sie haben sein Gesicht gesehen. Er wird Sie töten und jeden, der von ihm weiß."
Aaron blickte auf die Kamera oben. „Übersetze seine Worte im Büro, Checko", sagte er ruhig.
Stille kehrte ein, dann erklang die Stimme des jungen Mannes durch ein Mikrofon. „Du bist tot. Das kann nicht sein. Ich habe deine Leiche gesehen."
Tyra blickte zu Ivankov, dessen Finger sich in den Tisch krallten. Aarons Hand legte sich an seinen Nacken. Erneut hörte er ein Flüstern. Dieser Mann schürte eine Dunkelheit in ihm, die er nicht greifen konnte. „Wenn ich tot bin und du meine Leiche gesehen hast, wieso stehe ich dann hier?" Darauf konnte Ivankov nichts äußern. „Das lässt doch nur einen Schluss zu, nicht wahr? Was glaubst du, weshalb wir dich gefunden haben, so leichtes Spiel hatten?"
Mit diesen Worten drängte er den Russen so weit in die Ecke, dass er keinen Ausweg fand. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Entsetzen. „Lidina", stotterte er.
„Lidina Yakovna. Nenne sie bei ihrem Namen, Mishin", erwiderte Aaron.
Das war der Knackpunkt. Aaron hatte nur den Namen nennen müssen, den Sharin ihm verraten hatte, und Ivankov war dem Glauben verfallen, dass er von der Organisation verraten worden war.
„Nein, das kann nicht sein. Ich werde nichts mehr sagen."
Das kam unerwartet, war jedoch nicht überraschend. Ivankov schützte sich selbst, traute den Worten nicht oder den Gedanken, die er hatte. Er würde nicht reden, zumindest nicht, solange Aaron anwesend war.
Aaron ging zu Tyra. „Nehmt ihn mit und verhört ihn später erneut. Zerstöre diese Organisation." Er spürte, dass er gehen musste. Er wollte nicht eine Sekunde lang mehr in der Nähe des Abschaums sein, der auf diesem Stuhl saß.
Die FBI-Agentin nickte und sie verließen den Raum. Aaron lief an den anderen Mitarbeitern vorbei, die ihn alle beäugten. „Ist es wahr?", fragte Checko. Er schaute ihn an.
Aaron schaute den jungen Mann. „Meine Aufgabe ist erledigt. Er wird reden, wenn ihr ihn in Amerika verhört." Damit drehte er sich um, doch ein Klicken ließ ihn innehalten. Elisa zielte mit einer Waffe auf ihn und er schaute die junge Frau an.
„Beantworte Checkos Frage."
Tyra wollte einschreiten, doch Aaron hob die Hand. „Er hatte Angst vor einem Monster, das gestorben ist. Er stand neben der Leiche des Mannes, dessen Meisterwerk. Das bin ich nicht, dieser Mann ist tot." Und er würde es bleiben. Diese Dunkelheit würde ihn nicht erreichen. Er wusste, dass hier für ihn Schluss war. Die Sache war in vertrauensvollen Händen und Tyra würde es zu Ende führen. Ich habe keinen Platz mehr in dieser Welt. Es war die Welt seines vergangenen Ichs, das seinen letzten Atemzug getan hatte. Seine Reise war hier zu Ende und damit konnte er Frieden schließen.
Ohne ein weiteres Wort ging er. Sein Dämon wartete vor dem Gebäude auf ihn. „Lass uns heimgehen", sagte Aaron, deutlich mitgenommen. Cypher nickte nur.
Sobald Aaron gegangen war, drehte sich Checko um. Er tippte auf der Tastatur, dann erstarrte er.
„Was ist los?", fragte Elisa. Sie stand neben ihm. Zahlreiche Bilder erschienen, Aufnahmen vom Verhör. Sie sah dasselbe wie Checko. „Was zum Teufel?"
Die anderen gesellten sich zu ihr. „Was ist?"
„Er ist nicht dort", sagte Checko. Die Aufnahme wurde abgespielt. Es war nur Tyras und Ivankovs Stimme zu hören. Aaron war nicht zu sehen, nicht zu hören. Auch auf der Bodycam war nichts zu sehen. Egal, was Checko tat, der Mann war wie gelöscht. Wie ist das möglich? Es machte keinen Sinn, sie hatten ihn alle gesehen.
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Als Aaron wieder sein Zuhause betrat, konnte er durchatmen. „Lass uns Lucifer Bericht abstatten. Ich denke, wir sollten das in die Hand einer Person legen, die herausfinden kann, was Ivankov weiß." Zwar konnte er Lügen erschmecken, doch er konnte niemanden zwingen zu sprechen. Mit dem Verhör hatte er bereits eine Grenze erreicht, das spürte er.
„Alles in Ordnung?", fragte sein Dämon besorgt.
„Ich weiß es nicht. Diesen Mann zu sehen – zu wissen, dass er für all das Leid verantwortlich ist, hat etwas mit mir gemacht. Ich spüre eine Dunkelheit und ich bin ehrlich, ich habe Angst vor ihr. Wenn ich einen Schritt weitergehe, dann-" Werde ich vielleicht zu dem Monster, das ich fürchte. Er war seiner Vergangenheit zu nahe gekommen.
Cypher verstand, was sein Gefährte meinte. Es war Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Aaron musste die Vergangenheit hinter sich lassen und nun war der Zeitpunkt gekommen. Mit den Informationen, die sie hatten, würde Lucifer mit Sicherheit jemand finden, der diesen Auftrag zu Ende bringen würde. Sein Höllenfürst würde den Richtigen entsenden, der dem Menschen die notwendigen Informationen entnehmen würde.
„Wie fühlst du dich damit?", fragte er Aaron.
Sein Engel schaute ihn an. „Es ist in Ordnung. Ich denke, ich habe alles getan, was richtig war. Ich werde in Zukunft weiter Buße tun, doch ich glaube, Tyra wird diese Organisation zerstören und wir können beide Frieden finden. Ich werde nun in die Zukunft blicken und das Beste aus meiner zweiten Chance machen."
Cypher war froh, diese Worte zu hören. Er küsste seinen Liebsten und hielt ihn noch für eine Weile.
Auch wenn er weiter hier hatte liegen wollen, so richtete sich Aaron doch auf. „Lass uns zu Lucifer gehen." Sein Dämon nickte und Hand in Hand reisten sie zu dem Höllenfürsten.
Lucifer entnahm alle Informationen Aarons Geist, der sich ihm freiwillig öffnete, und veranlasste seinen besten Spion, sich auf den Weg in die Menschenwelt zu machen. Er hatte keinen Zweifel, dass dieser den Auftrag zu seiner Zufriedenheit zu Ende führen würde.
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Die Einrichtung, in der sich Ivankov befand, war sicher. Die Zelle auf der höchsten Sicherheitsstufe geschützt. Nicht einmal eine Fliege kam ungesehen hinein. Dieser Mann war zu wertvoll, seine Informationen gefährlich. Er hatte nicht geredet, noch nicht. Doch das würde er.
Schritte hallten durch über den Linoleumboden, die Wände entlang. Ein Mann in schwarzer Kleidung mit schwarzen Haaren und roten Augen lief durch den Gang, der ihn zum gesicherten Bereich bringen würde. Er hatte das Gebäude nicht betreten, war durch keine Türe gekommen. Niemand hatte ihn gesehen, als er einem Mitarbeiter gefolgt war.
Ein melodisches Summen kam ihm über die Lippen und die elektronischen Geräte, Kameras, Mikrofone und weiteres vibrierten, dann stellten sie ihre Funktion ein. Ein Lächeln wanderte auf seine Lippen. Asheron war ein Meister seines Faches. Während er auf die zwei Wächter zum Trakt der gefährlichsten Verbrecher zuschritt, sah er deren Verwirrung. Sie erblickten ihn und sofort versuchten sie um Verstärkung zu rufen, zu melden, dass ein Eindringling hier war, doch die Funkgeräte funktionierten nicht mehr.
Asheron begann leise zu Pfeifen. Daraufhin begann die Luft zu schwingen und sein Pfeifen breitete sich wie eine Welle aus, traf auf die Körper der beiden Menschen. Diese zuckten, krümmten sich, dann fielen sie bewusstlos zu Boden. Der Impuls hatte bei ihnen den Ausschalter betätigt. Davon würden sie jedoch keinen Schaden nehmen, lediglich mit etwas Kopfschmerz in ein paar Stunden aufwachen. Sie würden sich nicht erinnern, was passiert war. Niemand sah Asheron kommen und wenn doch, erinnerten sie sich nicht. Er war nicht umsonst einer der besten Spione von Lucifer.
Mit den Händen in den Hosentaschen lief er zu einem der Wächter, nahm ihm eine Schlüsselkarte ab. Diese steckte er in den Schlitz und die Tür öffnete sich. Die Anlage war durch seine Magie nicht ausgeschaltet worden, dafür war das Netz zu groß, an dem es angeschlossen war. Die Kameras in den Ecken jedoch waren durchgebrannt – zeichneten nichts mehr auf.
Dann wollen wir. Wo versteckst du dich? Er hatte von Cypher klare Instruktionen erhalten, wen er aufzusuchen hatte. Dass die Menschen dem Geheimnis um ihre Existenz so nahe gekommen waren, war mehr als gefährlich. Er würde jegliche Spur, jeden Hinweis auslöschen. Dämonen und Engel würden ein Teil des Mythos bleiben.
Gelassen schritt er den Trakt mit den weißen Wänden und grauen Stahltüren entlang, die mindestens vierzig Zentimeter dick waren, sehr schwer zu knacken oder zu öffnen. Dafür brauchte man zwei Schlüssel. Einen hatte er einer netten Dame im Eingangsbereich abgenommen, den zweiten der bewusstlosen Wache. „Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein. Lauf und schau nie um, denn das Monster kommt zu Besuch", säuselte er.
Der Geruch von Angst lag in der Luft. Seine Stimme begann zu schwingen. „Mishin Ivankov." Der Name wanderte den Gang entlang und eine Tür begann zu vibrieren. Hab dich gefunden. Er grinste und lief zu der Stahltür, hinter der sein Opfer saß. Die beiden Karten wanderten in den vorgesehenen Schlitz, dann tippte er den Code ein, den besagte Dame ihm liebenswerterweise verraten hatte. Ein lauter Piepton erklang. Bolzen wurden verschoben und die Tür öffnete sich.
Er betrat die kleine Zelle mit einem Bett und einer Toilette in der Ecke. Eine zitternde Gestalt saß in der Ecke, die Augen aufgerissen. Asheron konnte den Herzschlag hören, der raste. Anmutig schritt er herein.
Ivankov starrte zu der Person, die gekommen war. Er hatte die Stimme gehört und Angst schnürte ihm den Hals zu. Blutrote, leuchtende Augen schauten ihn an, dann öffnete das Monster den Mund und er sah zwei scharfe Fangzähne.
„Hallo, Mishin Ivankov, ich habe dich gesucht."
In diesem Moment nässte sich der Mensch ein. Er konnte nicht schreien, schnappte nach Luft. Ihm war bewusst, dass ein Raubtier vor ihm stand, das ihn töten würde. Was es war und weshalb es hier war, wusste er nicht. Sein Körper zitterte, als dieses auf ihn zuschritt.
Asheron lehnte sich vor. „Ich habe gehört, ihr habt an kleinen Kindern herumexperimentiert. Habt sie entführt, abgerichtet und in Tötungsmaschinen verwandelt. Haben dir deine Eltern nicht beigebracht, dass man das nicht macht? Dass das verwerflich ist und dir ein One-Way-Ticket zu Lucifer in die Hölle beschert?", sagte er sanft.
Der Mensch schluckte. „Ich habe nicht-"
„Ah, ah, ah. Nein. Wir lügen nicht. Nein, du wirst mir nun alles erzählen", sagte Asheron.
Invankov schüttelte den Kopf. Er würde dem Monster nichts sagen.
Ein leises Lachen erklang. Es ist immer wieder unterhaltsam. Also hob er seine linke Hand und schnipste. Das Geräusch hallte von den Wänden wieder. Seine Magie schwoll an und der Mensch hielt sich die Ohren zu, da es ohrenbetäubend laut wurde. Dann begann Asheron zu singen.
Die Töne umschlossen sein Opfer, das sich wehrte, doch irgendwann stellte er die Gegenwehr ein. Mit leerem Blick schaute Ivankov nach vorne. „Erzähl mir alles über die Organisation."
Für einen Moment zitterten die Lippen, dann begann der Mensch zu sprechen.
Nachdem dieser geendet hatte, richtete sich Asheron wieder auf. Es ist schlimmer als befürchtet. Das Netz der Wissenden war jedoch klein. Er musste diese finden, was anstrengend werden würde, doch dank seines mehr als kooperativen Opfers wusste er, wo er die anderen drei fand. Nicht nur das, auch die Einrichtung, in der sie aktuell forschten. „Dann wollen wir. Zeit für meinen Aufbruch. Genieße die Jahre hier, die Menschen werden deinen Aufenthalt sicherlich angenehm gestalten. Wir werden uns sicher im Inferno wiedersehen."
Ivankov schaute das rotäugige Monster an. Er hatte ihm alles gesagt, hatte sich nicht wehren können, egal wie sehr er auch innerlich geschrien hatte. Würde es ihn nun töten? Doch wider seinem Erwarten trat das Monster zurück und öffnete erneut den Mund. Eine tiefe Melodie entkam diesem und er war nicht schnell genug, sich die Ohren zuzuhalten.
Die Töne wanderten in seinem Kopf und ein entsetzlicher Schmerz setzte ein. Er begann zu schreien, sich zu winden. Es war, als würden Bilder vor seinen Augen erscheinen. Unzählige Bilder, die von der Mitte aus in Flammen aufgingen und eine weiße Leinwand zurückließen. Sie wurden weiß, sie wurden leer. Sein Körper zuckte immer wieder, bis er bewusstlos auf die Matratze fiel.
Pfeifend drehte sich Asheron um, schloss die Türe. Seine Schritte hallten den Gang entlang, bis sie verschwanden.
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Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein. Asheron war zu Besuch und hinterläßt eine tiefgreifende Leere.
Was haltet ihr von Lucifers besten Spion?
Was hat es mit seinen Fähigkeiten auf sich?
Seid ihr mit Aarons Entscheidung einverstanden, die Sache abzugeben?
Eure Mausegöttin
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