#121 Noona
Thannam
Zur. Hölle. Nein.
Thannam steckte genervt den Pieper ein. Sie wollte ihn immer noch nicht sehen. Sie wollte ihn immer noch nicht als Mate. Das war nicht mal seine Schuld, er war eigentlich ganz lustig. (Kennst du diesen Typen? Er ist halb Pole und halb Chinese und wohnt in einem kleinen Haus mit nur einem Raum... Sein Name ist Pawel Yong... Pawel!! Yong!!).
Nichts desto trotz. Sie konnte das irgendwie nicht. Thannam wusste zwar nicht, wie lange sie das noch durchziehen konnte, aber es war ihr so einfach lieber. Es Klappte ja auch so ganz gut. Sie war Meister der Schatten, es war unglaublich. Vorher hatte sie ja keine Ahnung gehabt, wie gut sie schleichen konnte. Die Rose hielt sich mehr in seiner Nähe auf, als ihr lieb war, aber so schaffte sie es auch, ihn zu meiden.
Wenn sie genau wusste, wo er war, wusste die auch, wie sie sich verstecken konnte. Während Thannam darüber nachdachte ging sie langsam den Gang entlang, der zu den Werkstätten führte hinunter und ihr fiel eine Gruppe Leute ins Auge. Einer von ihnen war Taes Nerd.
Die schlanke, hochgewachsene Frau wollte das schon wieder abhaken, als sie sah, wie unkomfortabel der Kleine zu sein schien, was nicht zuletzt daran lag, dass es ein Typ nicht lassen konnte, ihn in einer Tour anzutatschen. Rosen waren manchmal so bescheuert.
Thannam hielt auf die Gruppe zu. "Eh Jae", rief sie schon von Weitem. Doch der Angsprochene wandte sich nur wieder ab. Er wollte es so? Er wollte es so. Dann kam sie eben näher. "Lass ihn los, sonst knallt es", dieses mal hatten ihre Worte mehr Nachdruck. Jae, ein hinreißend hübscher junger Landare, ebenfalls eine Rose, leider verdammt aufdringlich und auch nicht sehr helle, bedachte sie mir einem misstrauischen Blick. Wenn er eins in seinem jungen Leben bereits gelernt hatte, dann dass es knallte, wenn sie sagte, dass es knallte.
"Wir unterhalten uns nur, nicht wahr, Hunrock?" Wieder legte er eine Hand in Jungkooks Nacken. Er meinte das wohl freundschaftlich, doch Thannam kannte das Gefühl, wenn man einfach! Nicht! Gern! Abgefasst! Wurde! Armer, kleiner, dünner, sich nicht zu wehren wissender Nerd. Er war einfach geduldig.
"Ich sagte fass ihn nicht an. Außerdem ist sein Name Jungkook, du Idiot. Und jetzt zieh Leine, ich hab was mit ihm zu klären. Komm mit mir, Nerd." Wenn das mal keine Ansage war. Jae verzog den Mund und schien nicht erfreut zu sein, dass sie seine Konversation störte, doch das war ihr egal.
Jungkook befreite sich und lief die paar Schritte zu Thannam rüber, während sich Jae mit einem "Is ja gut." seinen Freunden zuwendete. "Bis morgen... äh... Hyungkook." Der machte das nicht mal mit Absicht. Der war nur einfach blöd.
Jungkook sagte nichts, doch er verkniff sich immerhin das Augenrollen. Thannam setzte ihren Weg fort und der Mensch folgte ihr einfach. Stumm lief sie in den nächsten Gang. Er würde irgendwann schon abhauen.
Der junge Mann räusperte sich und blieb stehen. "Wo gehen wir hin? Was willst du klären...? Wenn es um Tae geht...", begann er und folgte ihr mit den Augen. Sie war noch ein paar Schritte gegangen, dann blieb sie ebenfalls stehen.
"Juckt mich nicht. Ihr seit erwachsen, klärt das selbst." Klar war sie auch der Meinung, Jungkook könnte netter sein, doch wer wäre bitte gerade sie, da was zu sagen? War sie besser? Kein bisschen. Sie wäre die Letzte, die sich reinhängen würde.
Verwirrt sah er sie an.
"Der Typ ist lästiger als eine Wanze in der Arschfalte. Also gern geschehen", sagte sie nur und setzte ihren Weg fort. Nach ein paar Schritten folgte er. "Aber... Ich dachte du hasst Menschen? Warum hast du mir geholfen?"
Gute Frage. Ziemlich gute Frage.
Sie blieb wieder stehen. Dann sah sie die halbe Portion forschend an.
"Ich kann nicht wirklich hassen. Ich bin eine Landare. Aber es stimmt schon, dass Menschen viel Leid in meinem Leben verursacht haben... dennoch... an euch habe ich mich gewöhnt und naja - du bist wie ich." Sie zuckte mit den Schultern. Sein Blick schien ins Leere zu gehen. Er überlegte ein paar Minuten, sagte aus, so, wie sie es von sich selbst kannte und kratzte sich dann am Kopf.
"Die Matebindung", stellte er fest. "Noch mehr", antwortete sie und wollte wieder los stiefeln, als er enger aufschloss und sie von der Seite ansah. "Hast du gerade Zeit? Wo willst du hin?"
"Essen", antwortete Thannam kurz angebunden und er nickte. "Kann ich mitkommen? Ich muss mit jemandem reden, der mich versteht." Sie sah ihn kurz an, dann nickte sie knapp. "Okay." Wenn er denn unbedingt wollte. War jetzt nicht so, als sei sie scharf drauf, dass er sie zuquatschte, aber was wollte man machen?
Sie betraten die Essenshalle und stellten sich an die Ausgabe. "Was machst du, wenn ich jetzt nach Jin rufe." "Ich würge dich." "Okay." Damit blieb er stumm bei ihr stehen und sie bekamen je eine Portion Kartoffelauflauf. Damit suchten sie sich ein sichtgeschütztes Plätzchen.
"Wie hast du es geschafft ihm, aus dem Weg zu gehen? Was wenn er jetzt einfach nach vorn kommt?", fragte Jungkook interessiert und Thannam nahm sich was von ihrem essen. "Wird er nicht, weil er gerade nicht vom Herd weg kann. Er brät irgendeinen Scheiß. Das macht er immer, wenn er nicht sofort liest. Dann ist er zu beschäftigt, dann kann ich essen gehen. Klappt bisher wunderbar." Sie zuckte nur erneut mit den Schultern. "Wie rennst du denn vor Tae weg?", fragte sie nur rhetorisch, denn er war doch auch nicht besser. Sie waren beide gut darin und sie seufzten unisono.
"Sprich", sagte sie dann zwischen zwei Bissen. "Hm?", war das Einzige, was sie zur Antwort bekam. "Du wolltest reden, also sprich." Der junge Mann zögerte kurz. Dann neigte er den Kopf. "Ich hab gedacht, ich könnte mich bei dir ausheulen, weil ich das alles nicht auf die Reihe bekomme mit der Matebindung und du eben auch nicht, aber... ich bin noch gesprächig."
Thannam, winkte mit einem leichten Lächeln ab. Sie wusste was er meinte. Beide wussten sie, was ihr Problem war und sie genossen einen Augenblick die Gesellschaft eines anderen Idioten, der auch zu dämlich war, ein Geschenk anzunehmen, nur weil es eben ungefragt daherkommt, aber taten Geschenke das nicht eigentlich immer?
"Hör zu, Nerd." "Warum Nerd?" "Hast ne Brille und hakst Banken, das reicht für mich, um dich abzustempeln." "Ah", nahm das Jungkook einfach hin. "Und jetzt sperr die Ohren auf, ich hab gesagt du sollst zuhören. Also halt den Rand." Sie räusperte sich. "Ich weiß was dein Problem ist. Ich weiß wie schwer es ist, jemanden an sich ranzulassen, vor allem wenn dieser Jemand offenbart, was man verdrängt hat, wie in deinem Fall Homosexualität." "Ich bin nicht..." "ich sagte halt den Rand, Jungkook, also halt den Rand. Du mein lieber mochtest Männer auch schon vorher, denn sonst würdest du ausflippen, so wie ich. Ich dreh hier nämlich durch."
"Du mochtest vorher Frauen?", riet er und die Rose schüttelte den Kopf. "Ich mochte gar nichts. Ich mochte allein sein. Ich konnte mit Körperlichkeiten gar nichts anfangen. Meine Hormone machen mich noch komplett Banane, wenn das so weiter geht."
Jungkook lachte. Sie gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, was ihn aber nicht wirklich verstummen ließ. "Du hingehen bist nur angepisst, weil du es nicht mehr leugnen kannst." Er verschränkte die Arme. "Okay, vielleicht. Aber es ist tatsächlich so, dass ich nie auf einen Mann gekommen wäre. Bin wohl gut im Verdrängen einzelner Gedanken, ich hab auch besseres zu tun gehabt. Meinen Arsch retten zum Beispiel." Punkt für ihn. Das war ja zum Glück jetzt vorbei.
"Also, was auch unser gemeinsames Problem ist, ist, dass wir uns eingeschränkt fühlen, weil die Wahl von etwas größeren getroffen wurde. Das ist schwer zu verstehen. Man kennt die andere Person nicht, also verabscheut man diese merkwürdigen Gefühle, vor allem, wenn man sowas vorher noch nie hatte. Doch du und ich, wir müssen uns einer Sache klar werden: Niemand entscheidet selbst, in wen man sich verliebt. Es ist nie eine Entscheidung die getroffen wird. Man geht nicht hin, gibt sich die Hand und sagt: Jup. Ich hab entschieden: zu dir fühle ich mich hingezogen. Also ist es egal. Ob es nun schleichend kommt, oder ob die Matebindung das ganze beschleunigt. Wir hätten uns sowieso in diese Trottel verliebt. Also sollten wir es hinnehmen." Sie schluckte und legte den Kopf auf die Hand.
Sie schwieg kurz. Damit hatte sie eigentlich schon ihr Pensum an Worten für den ganzen Monat aufgebraucht. Doch sie war noch nicht fertig. "Ich verstehe das. Du tust das auch. Trotzdem kommen wir nicht klar und weißt du auch warum?" "Wir haben Angst." "Genau." Sie lächelte verhalten. Was sollten sie also tun? Sich zusammenreißen wahrscheinlich, doch es war wirklich schwierig für sie beide.
"Ich kenne inzwischen gute Verstecke", meinte Jungkook locker. "Ich auch", antwortete Thannam und aß ihre Portion auf. "Willst du teilen?", fragte Jungkook und schob den Teller von sich weg, als sei auch er fertig. "Sicher. Aber nur wenn du aufisst." Er rollte mit den Augen und zog sich den Teller wieder ran.
"Ist okay, Noona."
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