wedding ceremony
Serlina
Jeder, der behauptet, eine Hochzeit läuft genau wie geplant, lügt. Unsere hat noch nicht richtig angefangen und es läuft alles drunter und drüber. Eric weigert sich, den blauen Anzug anzuziehen, den Frederik und Flynn ihm besorgt haben. Und Alva ist heute sehr wählerisch, was ihr Haar angeht. Immer wenn ihre Frisur fertig ist, verwuschelt sie ihre Mähne wieder. Die Friseurin hat mich geschockt angeblickt, als ich ihr nach dem zweiten Versuch sagte, wir lassen sie einfach so. Irgendwie kann ich die ältere Dame auch verstehen, es sieht aus, als hätte Alva ein Vogelnest auf ihrem Kopf. Aber sie findet sich in ihrem türkisen Kleid so schön wie eine Prinzessin. Wenn sie strahlt, sind mir später die skeptischen Blicke von Maggie egal.
"Eric, bitte zieh einfach den Anzug an. Dann siehst du aus wie ich in klein.", versucht Frederik Eric zu überreden.
Ein kleines Schmunzeln legt sich um meine Lippen. Frederik wird keine Chance gegen unseren kleinen Sturkopf haben. Solange er sich in seinem roten Shirt und der braunen Hose wohl fühlt. Ich hätte ihn auch in seinem niedlichen Pyjama mit auf die Feier genommen.
Als Frederik sich geschlagen gibt, beobachte ich meinen Ehemann aus der Entfernung aufmerksam. Er trägt einen dunkelblauen Anzug, der seine Augen sicher zum Strahlen bringt. Die weiße Rose und der Eukalyptus des Anstecksträußchen an seinem Revers passen perfekt dazu. Im Gegensatz zu mir ist er schon fertig für die Trauung. Meine Haare wurden gemacht und ich wurde auch dezent geschminkt, aber mein Brautoutfit hängt noch in seinem blickdichten Kleidersack.
"Es wird Zeit, dass du den fertigen Look zu sehen bekommst. Du wurdest lange genug im Dunklen gelassen.", sagt Maggie mit dem Kleidersack, der nun über ihrem Arm liegt.
"Das ist wohl mein Zeichen, wir sehen uns später.", flüchtet Frederik nach einem Kuss auf meine Wange.
Da wir die typischen Traditionen sowieso bei unserer Hochzeit über Bord geworfen haben, haben wir uns heute auch schon vor der Trauung gesehen.
Etwas nervös bin ich, als Maggie das Geräusch des sich öffnenden Reißverschlusses höre.
"Augen bleiben zu, bis du angezogen bist!", befiehlt mir meine beste Freundin streng.
"Solange ich danach nicht wie eine glitzernde Zuckerwatte aussehe.", gebe ich mich brummend geschlagen.
Ich steige in einen samtig weichen Stoff. Ich spüre Hosenbeine, die sich um meine Beine legen und erleichtert atme ich aus. Maggie zieht den Jumpsuit weiter hoch und zieht meine Arme durch die dünnen Träger. An meinen Oberarmen streift mich leichter Spitzenstoff.
"Ich richte alles nur noch kurz, dann kannst du die Augen öffnen."
Auf Maggies Zeichnen hin öffne ich die Augen.
Sprachlos.
Selbst in meinen Gedanken herrscht Stille.
"Es ist perfekt.", sage ich, während ich mich nur kurz im Spiegel betrachte.
Dann falle ich meiner besten Freundin um den Hals und drücke sie an mich.
Nach gefühlt Hundert Komplimenten über dieses Outfit und einigen vergossenen Tränen lösen wir uns wieder voneinander.
"Du siehst wunderschön aus, Mom.", höre ich Eric sagen. Woraufhin Alva mit großen Augen zustimmend nickt. Sind sie nicht entzückend?
"Ich liebe euch so sehr, meine Süßen. Aber wir sollten euren Dad nicht zu lange warten lassen."
Eilig packen wir das Nötigste ein. Maggie reicht mir meinen himmlisch duftenden Brautstrauß und wir eilen zu Maggies Wagen. Während der Fahrt unterhält uns Eric, der wie Alva und ich einen Eukalyptus Kranz auf dem Kopf tragen wollte.
Ich hatte nicht erwartet, nervös zu werden. Doch je näher wir der Location kommen, desto größer die Aufregung. Als wir endlich den Hügel erreichen, hinter dem die Golden Gate Bridge sich auftut, bebt mein gesamter Körper. Stumm vor Anspannung bleibe ich noch sitzen, während Maggie Eric und Alva aus dem Fahrzeug hilft.
Alles ist wunderschön geworden. Die weißen Stühle stehen perfekt geordnet auf der saftig grünen Wiese. Eukalyptus und blühende Rosen lassen die Kulisse noch romantischer wirken. Ich könnte mir einen Ort für unsere Trauung nicht schöner vorstellen. Alle Gäste sitzen schon auf ihren Plätzen und warten nur auf mich. Genau so wie Frederik, der sichtbar nervös ganz hinten auf einem Podest unter einem Bogen voller Rosen steht.
Als ich diesen Anblick in mich aufgesaugt haben, verlasse ich vorsichtig Maggies Auto. Auch wenn Grasflecken Flecken auf meinem Jumpsuit auf den Hochzeitsbildern sicher urkomisch aussähen, versuche ich das Stürzen zu vermeiden.
Ein Streichquartett beginnt mit einer sanften Melodie, als Flynn und Espen zu ihren Trauzeugen Plätzen schreiten. Nun bin ich allein mit Eric und Alva. Alle starren in unsere Richtung, während das Quartett das Lied ändert. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen, als der Song der Otters ertönt. Das ist eine kleine Überraschung von mir an Frederik. Eric und Alva werfen begeistert die Blumen vor mir her und Frederik kann gar nicht aufhören uns anstrahlen. Wenn sich unsere Blicke treffen, ist die Nervosität ausgelöscht. Dann sind wir alleine mit unseren Kindern auf diesem Hügel.
Vorne angekommen kann ich mich nicht zurückhalten und drücke meine Lippen endlich wieder auf seine. Ich will in seinen Armen versinken, aber dafür ist nicht der richtige Moment. Deshalb muss ich mich mit seinem verführerischen Duft zufrieden geben.
Die Kinder setzen sich vor uns ins Gras und Eric holt Alvas Bauklötze aus seiner Hosentasche. Dankend lächelt sie ihn an. Sie hat bis jetzt noch kein Wort gesagt und wir drängen sie auch nicht dazu. Das haben sie im Kinderheim auch versucht und es hat nicht funktioniert. Wenn sie so weit ist, wird sie wieder sprechen und wenn nicht, ist das auch in Ordnung.
Mein Blick schwingt von Alva zurück zu Frederik, dabei verschwindet das Gerede des Pfarrers immer mehr in den Hintergrund. Zur Hochzeit im Standesamt sind wir tatsächlich mit Jeans und T-Shirt angetanzt und haben so einige Beamte verwundert. Und auch Frederiks und meine Mutter haben uns immer wieder gefragt, ob wir so auch kirchlich heiraten wollen. Anschließend hatten wir noch einen wichtigen Termin, was wir unseren Gästen noch auf der Feier verkünden wollen.
Und jetzt sind wir hier, mit all unseren Verwandten, Freunden und Bekannten. Maggie steht in ihrem dunkelgrünem Kleid neben Espen, der immer wieder heimliche Blicke zu Luis hinüber wirft. Vielleicht wird er auch bald seine große Liebe heiraten. Egal ob Luis und er sich dafür entscheiden, ich wünsche ihnen nur das Beste. Ich habe meinen Bruder noch nie so glücklich gesehen, wie mit ihm an seiner Seite.
Lange Finger legen sich an mein Kinn und führen mein Gesicht wieder zurück zu Frederik. Er wirkt nicht verletzt, dass ich abgelenkt war. Ganz im Gegenteil strahlt er noch immer.
"Eric, hast du auch etwas für uns in deiner Hosentasche.", fragt Frederik unseren Sohn und geht vor ihm auf die Knie.
Habe ich wirklich so viel von der Rede des Pfarrers verpasst? Verlegen kaue ich auf meiner Unterlippe, schließe mich dann aber Frederik an und hocke mich neben ihn.
Ein Lachen geht durch die Runde, als Eric endlich versteht, was gemeint ist. Stolz greift er in seine Hosentasche, die von der Schatulle vollkommen eingenommen wurde. Grinsend präsentiert er sie allen, dann wartet er jedoch auf Alva, um sie uns zu überreichen.
"River, ich werde dir nichts versprechen.", damit beginnt mein Eheversprechen und die Gesichtszüge des Pfarrers entgleiten ihm.
Ich räuspere mich kurz und blicke dann wieder zu Frederik.
"Ich habe unendlich viele Eheversprechen gelesen und im Grunde waren sie alle gleich. Alle haben sich bedingungslose Unterstützung und Liebe versprochen bis zu ihrem Tod. Ich denke, wir brauchen keine Worte mehr. Unsere gemeinsamen Höhen und Tiefen, die uns so zusammengeschweißt haben, zeigen doch genau das. Wir haben uns gegenseitig bei jedem unserer Schritte unterstützt. Und auch als es schwer wurde und wir beinahe die Hoffnung verloren haben, haben wir zusammengehalten. Ich werde dir nichts versprechen, als genau so weiter zu machen. Die wunderschönen Momente mit dir und unserer Familie genießen sowie die dunklen Stunden zu durchstehen. Hinter dir zu stehen und dich ermutigen. Jeden Tag mit jeder neuen Seite, die ich an dir entdecke, mich mehr in dich verlieben. Deshalb nehme ich, Serlina J-Horton, dich, Frederik J-Horton, zu meinem Ehemann. Mit diesem Ring hast du mich jetzt an der Backe."
Zu Beginn meines Gelübdes hat mich Frederik noch mit glasigen Augen angesehen, mit dem letzten Satz jedoch habe ich ihm raues Lachen entlockt.
Wie ich dieses Geräusch liebe. Verträumt schaue ich ihn an.
"Daggry, ich entscheide mich jeden Tag aufs neue immer wieder für dich. Du bringst die beste Version in mir zum Vorschein und das liebe ich an dir. Ich bewundere deinen Mut und deine Stärke. Ich liebe deinen brillanten Verstand, deine Leidenschaft und deine Hilfsbereitschaft und so vieles mehr. Ich werde nie vergessen, was du alles für mich und unsere Familie getan hast. Du hast recht, wir brauchen keine Versprechen. Denn unsere Erfahrungen reichen mir aus, um zu wissen, dass wir immer aufeinander aufbauen können. Und unsere Liebe wird immer weiter wachsen. Ich kann es kaum erwarten, den Rest meines Lebens mit dir an meiner Seite zu verbringen, deshalb nehme ich, Frederik J-Horton, dich, Serlina J-Horton zu meiner Ehefrau."
Kann nicht jetzt schon der Moment des Kusses da sein? Ich will seine Lippen erforschen, seine perfekt sitzenden Haare verwuscheln.
Unsere Eheringe funkeln nur so in der Sonne, während wir uns endlich küssen dürfen. Und obwohl wir umringt von allen und dem Pfarrer sind, ist dieser Kuss nicht ganz harmlos. Der Geruch von Zitrone und Minze mischt sich mit Apfel und Zimt und ich ziehe ihn noch näher an mich.
"Du siehst atemberaubend aus, wortwörtlich. Als du den Gang entlang geschritten bist, habe ich vergessen zu atmen.", flüstert er mir leise ins Ohr.
Seine Lippen wandern von meinem Ohr bis zu meinen Lippen und immer wieder verteilt er kleine süße Küsse auf meinem Gesicht. Unsere Münder verschmelzen, bis jemand an meinem Jumpsuit zieht.
Ungeduldig und mit ihren Welpenblicken schauen unsere Kinder uns an. Dann machen wir uns mal auf den Weg zur Feierlocation, wo sie mehr Spielzeug und auch Malsachen haben werden.
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