perfect mess
Frederik
Angespannt lauf ich in meinem schmalen Flur auf und ab. Flynn sollte vor einer halben Stunde Eric abholen. Er ist nicht aufgetaucht und meldet sich auch nicht mehr bei mir.
Um diese Uhrzeit sollte ich schon auf dem Weg zu Serlina sein. Es ist unser erstes Date und alles läuft schief. Wütend und besorgt zu gleich rufe ich ein weiteres Mal meinen besten Freund an. Wieder geht nur die Mailbox dran. Am liebsten hätte ich mein Handy frustriert gegen die Wand geworfen. Das ist mein erstes richtiges Date nach einer langen Zeit. Er weiß, wie viel mir das bedeutet. Wie viel sie mir bereits bedeutet.
Und genau jetzt sind meine Eltern nicht da, sondern in Dänemark.
„Stimmt etwas nicht, Daddy?", fragt mich mein Sohn besorgt. Selbst ihm fällt schon auf, dass ich nicht gut gestimmt bin.
„Dein Onkel ist nur ziemlich spät dran. Aber er kommt sicher gleich. Mach dir keine Gedanken, Liebling".
Mich beruhigen meine eigenen Worte leider überhaupt nicht. Wegen des Dates war ich sowieso schon nervös und jetzt läuft alles drunter und drüber.
Auf Serlina macht es sicher keinen guten Eindruck, dass ich zu spät kommen werde. Wenn ich es noch zu ihr schaffe, dafür müsste Flynn endlich hier auftauchen.
Erneut rufe ich den Übeltäter an.
„Hallo, hier ist Flynns Mailbox. Ich bin gerade nicht zu erreichen. Versuch es doch später noch einmal, ich habe gerade wie es aussieht, besseres zu tun, als mit dir zu telefonieren. Take it easy."
Ich versuche meine Atmung zu regulieren, damit meine Wut nicht die Überhand gewinnt. Sonst bin ich nicht so aufbrausend. An jedem anderen Tag wäre es für mich kein Problem gewesen, wenn sich Flynn verspätet, doch nicht heute.
Verzweifelt gehe ich unseren Chat durch, finde jedoch keine mögliche Erklärung für sein fehlen.
Als es endlich an der Tür klingelt, versuche ich meine Wut und Verzweiflung so sehr zu verdrängen, dass sie nicht gleich an ihm auslasse.
Mit Eric an der Hand und seinem kleinen Rucksack am Arm hängend, öffne ich unsere Wohnungstür. Doch vor ihr steht kein breit gebauter Footballer.
Serlina steht in einem schwarzen Jumpsuit gekleidet mit zwei Tüten vor dem Eingangsbereich meines Hauses. Wo ist Flynn?
„Godaften, das ist doch guten Abend auf Dänisch, oder? Wie dem auch sei. Flynn hat mir geschrieben, meine Nummer hat er sicher von euch. Er wurde spontan um ein Abendessen mit einem hohen Tier der Otters gebeten und kann deshalb nicht auf Eric aufpassen. Deshalb dachte ich, verlegen wir das Date hier her. Das Essen stammt sogar von unserem ausgewählten Restaurant", plappert die wunderschöne Brünette drauf los.
Nachdem sie ihren Monolog beendet hat, lächelt sie mich schüchtern an.
„Das wird so toll. Hast du für mich auch Essen gekauft. Ich habe ganz dolle Hunger", höre ich meinen Sohn sagen, der unsern Gast ins Haus zieht.
Ich laufe den beiden hinterher ins Esszimmer. So hatte ich mir unser Date natürlich nicht vorgestellt. Mit Eric wird es sicher nicht romantisch werden. Ob es deshalb nur bei einem Treffen zwischen uns bleiben wird? Ich hatte gehofft, dass es zwischen uns beiden mehr als freundschaftlich laufen wird.
Serlina zieht langsam das Essen aus den Tüten und legt es auf unsern Holztisch. Überrascht mustere ich ihren Einkauf. Sie hat unsere Lieblingsessen aus dem Restaurant gekauft, ohne es wissen zu können.
„Woher?", verlässt ausschließlich mein Mund.
„Würdest du mir glauben, wenn ich sage, ich hätte es geträumt?", höre ich sie mit ihrer samtigen Stimme sagen.
Der Gedanke, dass sie von mir träumt, gefällt mir. Nur zu gerne wüsste ich jede Einzelheit davon.
„Ich liebe Fischstäbchen. Die sind außen so knusprig und innen schön weich", schwärmt Eric, während er sich sein Essen schon in den Mund schiebt.
Obwohl es für ihn aufgrund seines gebrochenen Arms einfacher ist, mit seiner gesunden Hand zu essen, anstatt mit Messer und Gabel, ermahne ich ihn deswegen. Außerdem sollte man warten, bis alle bereit sind zu essen.
„Wenn ich mit der Gabel esse, können wir dann heute Abend eine Deckenhöhle bauen und einen Film schauen?", verhandelt mein Sohn mit mir.
Das wird sicher kein traumhaftes Date für Serlina. Mit mir und meinem Sohn sich unter Decken verstecken und einen Kinderfilm sehen.
„Deckenhöhlen habe ich lange nicht mehr gebaut. Aber zu dritt bekommen wir das sicher hin."
Serlina überrascht mich immer wieder.
Nach dem vorzüglichen Essen und dem nicht aufhörenden Gerede meines Sohnes über seine Erlebnisse im Kindergarten verlasse ich den Esstisch, um einige Decken zusammenzusuchen. Eric wird bestimmt nicht locker lassen bei seinen Plänen für heute Abend. In einer kleinen Abstellkammer neben meinem Schlafzimmer finde ich zum Glück schnell einiges zum Bauen einer Deckenhöhle.
„Dankeschön Serlina. Im Kindergarten ist es viel besser als mit den Nannys zu Hause", höre ich meinen Sohn begeistert sagen, als ich wieder zurück ins Wohnzimmer komme.
Enthusiastisch rennt Eric mir entgegen, als er die Decken in meinen Armen erkennt. Während Eric eifrig drauflos baut, schauen Serlina und ich erst einmal nur zu.
„Du hast dir unser Date sicher anders vorgestellt, es tut mir leid", flüstere ich ihr zu, damit mein Sohn davon nichts mitbekommt. Er sollte sich keinesfalls schuldig fühlen.
Kopfschüttelnd blickt sie erst zu Eric und dann wieder zu mir.
„Du brauchst dich für rein gar nichts entschuldigen. So hatte ich es mir wirklich nicht vorgestellt, aber es ist schön", sagt sie lächelnd. Sie hat ein zauberhaftes Lächeln.
Durch Erics Rufe wird unsere Unterhaltung unterbrochen. Nun müssen wir ihn bei seinem Bau behilflich sein. Ich soll für ihm aus dem Esszimmer zwei der Stühle holen, damit er auch darüber Tücher spannen kann. Serlina assistiert ihm derweilen dabei. Als wir fertig sind, ist mein Wohnzimmer ein einziges Chaos aus bunten Tüchern und Decken.
„Kommt! Wir gehen in die Höhle. Du musst dich ganz klein machen Daddy, sonst machst du sie kaputt", schreibt Eric uns in einem möglichst tiefen, ernsten Befehlston vor.
Ich tauche Eric und Serlina unter einer grauen Decke hinterher in die Dunkelheit.
„Daddy, erzählst du uns jetzt eine Geschichte. Du kannst das so gut.", vernehme ich die leise Stimme meines Sohnes, der sich an mich kuschelt.
Auf der Suche nach Serlina streift meine Hand durch das Schwarze. Mir direkt gegenüber auf der Höhe meiner Knie erwische ich eines ihrer Beine. Als ich versuche meine Hand wieder wegzuziehen, legt sie ihre warme Handfläche darauf.
„Daddy, die Geschichte", quengelt Eric, weil ich nicht mit meiner Erzählung angefangen hat.
Da ich aufgrund Serlinas Reaktion auf Eric Zimmer, erzähle ich heute keine Feuerwehrgeschichte, sondern beginne ein Märchen.
„Es war einmal in einem großen Königreich hinter drei Hügeln. Dort erlebte ein junger Ritter mit seinem besten Freund unzählige Abenteuer. Doch eines Tages geriet er in das aufregendste Abenteuer, das er sich je vorstellen konnte. Er wurde Vater eines kleinen zauberhaften Jungen. Er war so glücklich darüber und alle haben sich für ihn gefreut. Kurz danach versuchte ein riesiger schwarzer Drachen mit sieben Köpfen den Kleinen wegzunehmen. Der Ritter bekam Angst. Niemand durfte ihm sein Ein und Alles entziehen. Deshalb musste der Ritter mit all seiner Stärke und seinem Mut gegen den Drachen kämpfen."
„Oh, wie spannend und wie geht es weiter", sagt Eric und kuschelt sich noch etwas enger an mich. Bevor ich meine Geschichte weitererzähle, streich ich ihm einmal liebevoll über seinen Kopf.
„Es war ein aussichtsloser Kampf. Doch der Ritter gab nicht auf, unermüdlich erhob er immer wieder sein Schwert gegen den mächtigen Drachen. Auch nach einigen schmerzhaften Wunden, kämpfte der Ritter weiter gegen das Monster. Niemand darf sich zwischen ihn und seinen Sohn stellen. Mit diesem Gedanken erhob er erneut sein Schwert und verletzte den Drachen so, dass dieser das Kind frei lassen musste. Erleichtert eilt der Ritter zu seinem Sohn. Der Kleine war zum Glück unverletzt und so brachte der Vater ihn zurück in seine Burg. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sich noch heute...", beende ich meine Geschichte.
Die gesamte Erzählung habe ich Serlinas weiche Hand um meine gespürt. Diese Geschichte, auch wenn ich sie als Märchen erzählt hatte, spiegelt auch ein Teil meiner Vergangenheit wieder. Serlina muss das gespürt haben, denn ihre Finger strichen immer wieder beruhigend über meinen Handrücken.
Ein wohliges Kribbeln durchzieht meinen Arm von der Stelle, an den unsere Hände sich treffen, durch meinen gesamten Körper.
„Bitte noch eine Geschichte, Daddy", bittet mich Eric leicht müde.
Da nun Eric Schlafenszeit ist, trag ich ihn aus der Höhle in sein Zimmer.
„Schlafanzug anziehen und Zähne ordentlich putze, dann bekommst du noch eine Geschichte."
Daraufhin bekomme ich von ihm ein müdes Nicken.
„Das war ein schöner Abend. Eric hat recht, du bist ein guter Geschichtenerzähler", kommt es von Serlina, als ich Erics Zimmer nach der Gute Nacht Geschichte wieder verlasse.
Ich warte auf ein Aber, doch es kommt keins. Mit geneigtem Kopf beobachte ich die Brünette, die auch schon müde aussieht.
„Du würdest also noch einmal mit mir ausgehen? Dann ein richtiges Date mit Kerzenschein und einem Sonnenuntergang", will ich neugierig von ihr wissen.
Ich hoffe sehr, dass sie mir keinen Korb gibt. Nicht das ich bereits viele erhalten hatte, sondern dass ich mich meist nicht traue, solch einen Schritt zu machen.
„Sehr gerne. Es muss auch kein Kerzenschein und Sonnenuntergang sein, um es zu einem wundervollen Date zu machen. Es braucht nur eins", sagt sie zu mir, während sie ein Schritt auf mich zu geht.
Sie steht so nah vor mir, dass ich ihr durch ihre schulterlangen Haare fassen könnte. Erwartungsvoll starre ich sie an. Was wird das wohl sein?
Sie stellt sich auf ihre Zehenspitzen und nähert sich mit ihrem Mund meinem Ohr.
„Dich", flüstert sie und mich durchzuckt ein warmer Stoß, als ihre Lippen meine Haut berühren.
„Wir sehen uns hoffentlich bald wieder und viel Glück bei dem nächsten Spiel", verabschiedet sie sich von mir.
Doch ich kann nicht anders, als ihr verträumt hinterherzuschauen.
Ich überlege das Cover zu ändern. Welches würde euch gefallen?
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