chapter 73
„Nicht wenn es um Geschichten geht", entgegnete Cordelia. „Bei Geschichten besteht der springende Punkt nicht darin, dass sie objektiv wahr sind, sondern dass der Kern der Geschichte wahrer ist als die Wirklichkeit. Diejenigen, die über Erfundenes spotten, tun dies nur, weil sie die Wahrheit fürchten." - Cassandra Clare
„Es gibt Geschichten, die größer sind als andere, bedeutender", begann er und ich kuschelte mich näher an ihn. „Diese hier war nicht dazu bestimmt." Seine warme Stimme hüllte mich ein. „Sie handelt von einem gefallenen Engel."
„Einem Engel, der alles besaß, was er sich jemals erträumt hatte. Eine Familie, Eine Frau, Verbündete und Menschen, die ihn anbeteten. Doch ihm fehlte dennoch etwas und es verging Jahrhundert um Jahrhundert, bis er herausfand, was es war. Als er merkte, wie übel ihm die Schicksalsgöttinnen zugespielt haben und wie sehr sein eigener Vater ihn hintergangen hatte, begann er alles zu hinterfragen. Seine Macht, seine Motive, alles, was ihm zu dem gemacht hatte, was er war." Ramiels Stimme war immer leiser geworden. Ich lauschte jedem Wort bedächtig, genau wie dem Schlagen seines Herzens.
„Und er begann Pläne zu schmieden, Nachforschungen anzustellen, zu rekrutieren. Er gab alles auf, um für die Gerechtigkeit zu kämpfen, die er so sehr ersehnte. Nicht nur für sich, sondern auch für alle, die so waren, wie er." Die Geschichte erwachte vor meinen Augen zum Leben, so ähnlich wie in den Büchern, die ich als Kind so gerne gelesen hatte.
„Und er kam weit. Er kam weiter, als sein Vater, die Schicksalsgöttinnen und alle anderen jemals zu glauben bereit waren. Doch er scheiterte, und wie er scheiterte.
Sein Vater verbannte ihn. Zu einem einsamen Leben in der Dunkelheit, schnitt ihm seine Flügel ab, nahm ihm das letzte, was ihn ausmachte und zerstörte alles Gute in ihm.
Zurück blieb ein gebrochener Engel, tiefer gefallen als jeder vor ihm. In einer Mission gescheitert, in der er nur Liebe über die Welt bringen wollte, sie von den geißelhaften Klauen seines Vaters befreien wollte.
Die Dunkelheit, in der er sich befand, wurde ein Teil von ihm. Er wurde zu alldem, was sie über ihn sagten. Er spürte, wie er sich veränderte, wie er der Dunkelheit erlaubte, immer mehr zu nehmen, damit er all das nicht mehr fühlen musste. Die Qualen und Schmerzen. Und mit jedem Tag, jedem Jahr, jedem Jahrhundert fand er sich besser zurecht in seiner neuen Rolle, in seinem neuen Reich.
Und er wurde zu etwas Besserem, als er sich je erträumt hatte. Er wurde zu etwas, was die Menschen mehr fürchteten als den Zorn der Engel. Er wurde zum Protagonisten in Gruselgeschichten, zum Bösewicht in Sagen und Märchen. Er wurde zur Legende.
Und alle in seinem Umfeld, seine Frau, die er verstieß, nachdem sie ihm einen Sohn geboren hatte, seine Untergebenen, alle lernten sie seinen Zorn kennen. Die rohe, brutale Gewalt, die die am meisten zu fürchten hatten, die ihm an nächsten waren. Qualen und Schmerzen waren zu der einzigen Sprache geworden, die er verstand, waren alles, was ihm geblieben war und somit rutschte er immer tiefer in jene unbeschreiblichen Dimensionen der Hölle ab, die niemand vor ihm gesehen hatte.
Seinen Frust, seine Wut auf die Welt und die, die ihm das angetan hatte, wuchs, doch die einzigen, die dieser Wut wahrhaftig ausgeliefert waren, waren seine Frau und sein Sohn. Eine Frau, die er nicht liebte, nicht mal, als er noch zu lieben fähig war und einen Sohn, dem er unaussprechliches antat, damit er so wurde wie er, damit er verstand, wieso er so wurde und mit ihm gemeinsam sein einziges großes Ziel anstrebte.
Den Fall der Engel und den Untergang der menschlichen Welt."
Als ich aufwachte, prickelte meine Haut. Ich tastete nach Ramiel, doch der Platz neben mir war leer. Blinzelnd öffnete ich die Augen und sah mich in meinem Zimmer um. Auf meinem Handy waren einige Bilder, Sprachnachrichten und Videos in unseren Gruppenchat eingegangen, der aktuell Meine Heldinnen hieß. Ich überflog sie reagierte auf Selfies der drei und auf das mit Ellie und Ty. Ich war froh, dass sie gefahren waren. Ellie strahlte ihren kleinen Bruder an, wie es nur eine große Schwester tun konnte. Dann erinnerte ich mich plötzlich an Ramiel in der vergangenen Nacht und hielt irritiert inne.
Habe ich seine Berührungen geträumt? Seine Stimme? Seine Präsenz? Oder ist diese nervige Barriere inzwischen gefallen und er war tatsächlich hier?
Ich kochte mir Kaffee und schleppte mich in mein Studierzimmer. Ich hatte nicht das Gefühl schlecht geschlafen zu haben, aber irgendwie wurde ich müder je länger ich wach war. Und das war gerade einmal eine halbe Stunde lang.
Nachdem ich die Kerzen zur Seite geräumt und den Eichenholztisch wieder an seinen Platz gerückt hatte, machte ich es mir auf der Fensterbank gemütlich und antwortete in aller Ruhe auf die Nachrichten in der Gruppe. Dann verlor ich mich etwas bei Instagram und als ich es da raus geschafft hatte, manövrierte ich mich in eine fast zweistündigen Pinterest Sucht.
Meine Augen waren danach so fertig, dass ich sie erst recht kaum noch offenhalten konnte. Ich versuchte mich zu konzentrieren. Immerhin wollte ich der Lösung unbedingt ein Stück näherkommen. Aber es war sinnlos, bei dieser bleiernen Erschöpfung, die mich überfiel. Innerlich verfluchte ich die Schicksalsgöttin, die für Ironie zuständig war. War es doch mein eigener Schild, wegen dem Ramiel mich nicht mehr berühren konnte, der jetzt auch noch dermaßen viel meiner Energie fraß, dass ich kurz davor stand mich selbst auszuknocken?
Ich träumte, dass ich Sam Winchester war und der gelbäugige Dämon sein Blut in meinem Mund getröpfelt hatte und wachte dermaßen erschrocken auf, dass mir alles von meinem Zusammenzucken wehtat. Auch noch eine halbe Stunde später, die ich brauchte, um wieder klarzukommen. Ich kochte wieder Kaffee und nahm gleich eine volle Thermoskanne mit nach oben. Dann setzte ich mich an den Schreibtisch und schrieb eine Checkliste. Eine übernatürliche, wie-kann-es-sein,-dass-ich-Dämonenblut-in-mir-habe-Checkliste. Und dann begannen sich endlich die Rädchen in meinem Hirn zu drehen, doch was sich da zusammenspinnte, war deutlich furchterregender als der gelbäugige Dämon.
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Es ist an sich ein wahres Wunder, dass ich es geschafft habe, ein Kapitel hochzuladen, denn ich fühle mich genau wie Vio. Ich bin seit kurz nach sechs wach, wir haben heute den größten Teil der Möbel in die neue Wohnung gebracht, dann musste ich was für meine Prüfung nächste Woche machen und jetzt sitze ich bis 6.50 Uhr bei der Nachtschicht. So viel schlimmer, kann es Vio kaum gehen, oder?
Aber dafür kommt morgen eine Freundin und wir gehen zusammen Möbel und Deko einkaufen. Was machst du morgen und die Woche noch Schönes?
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