chapter 71
"I believe in everything until it's disproved. So I believe in fairies, the myths, dragons. It all exists, even it's in your mind. Who's to say that dreams and nightmares aren't real as the here and now?" - John Lennon
„Layken?"
„Hey Vio." Er stand an den Türrahmen gelehnt vor meinem Wohnheimzimmer und grinste schief. Als er die Arme vor der Brust verschränkte, bemerkte ich das Logo der Uni auf seinem dunkelblauen Ávila University Hoodies, die im Campus Laden verkauft wurden.
„Ich wollte mal wegen des Artikels bei dir vorbeikommen. Hast du einen Moment?" Den Artikel hatte ich vollkommen vergessen. Jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Er war schuld daran, dass ich Alicia unterschätzt hatte. Weil sie sich auf dieses Gossip Girl Spielchen eingelassen hatte.
„Klar, komm rein." Layken setzte sich auf den Schreibtischstuhl und ich mich auf mein Bett.
„Nur um das klarzustellen, ich wollte einfach nur nicht mit ihr reden, das hatte nichts mit dir zu tun." Er spielte mit seinem Armband, was ihn nervös wirken ließ.
„Das habe ich auch nicht gedacht. Also, alles gut." Ich hatte keinen Moment daran gedacht, dass Layken mir schaden wollte.
„Erinnerst du dich an das blonde Mädchen auf der Party vor ein paar Monaten?"
„Ja, was ist mit ihr?" Als könnte ich diese Party, diese Nacht besser gesagt, je vergessen.
„Wir haben uns ein paar Wochen lang getroffen, aber jetzt ist sie wie vom Erdboden verschwunden." Seine Miene war besorgt und ein wenig verkrampft. Unschlüssig fuhr er sich durch seine Haare. „Ich habe gedacht, weil..." Layken sah mich an, als würde ich wissen, was er meinte. Ich hob ratlos die Schultern. „Na, weil du doch mit diesen Austauschstudenten rumhängst, die die alle hier vergöttern. Dass du deshalb irgendwelche special Informationen hast."
Kopfschüttelnd wollte ich zu einer Antwort ansetzten, stockte dann aber. „Ist sie vielleicht einfach über die Semesterferien nach Hause gefahren?"
„Kann schon sein, aber sie hat mir nicht Bescheid gesagt und antwortet jetzt auf keine meiner Nachrichten. Ich finde das irgendwie komisch. Und du bist ja auch mit deren Anführer zusammen." Layken sah mich aufmerksam an, ein fragender Unterton lag in den letzten Worten.
„Ähm." Ich fühlte mich leicht überrumpelt. Layken schien das zu merken, denn er stand auf und ging zu Tür. „Wenn du was über Amelia Lancaster hörst, kannst du dich ja bei mir melden, ja?"
„Mache ich." Ich stand ebenfalls auf und fand mich überrascht in seinen Armen wieder.
„Du bist wirklich toll, Vio. Ich hoffe, er weiß das." Dann ging er und ließ mich leicht perplex zurück. Wenn ich mich nicht täuschte, war seine süße Freundin nicht bei ihrer Familie, jedenfalls nicht so, wie er es dachte, sondern eher bei ihresgleichen. In der Hölle.
Ich holte den Karton unter meinem Bett hervor und nahm meinen Skizzenblock hinaus. Eigentlich wollte ich noch einen Blick auf meine Skizze von heute morgen werfen, aber als ich den Block aufschlug, verschlug es mir beim Anblick der ersten Skizze augenblicklich den Atem. Ich brauchte nicht besonders lange um den Ort, den ich vor vielen Jahren gezeichnet hatte, wiederzuerkennen. Ich schaute auf den Umschlag. Der Block war ursprünglich für die Schule gedacht, deshalb stand dort mein Name und meine Klasse. Sieben A.
Ich erschauderte und der Block glitt mir aus der Hand. Ich wollte einen kühlen Kopf behalten, das wollte ich unbedingt, aber wie konnte es sein, dass ich in der siebten Klasse bereits die Hölle gemalt hatte. Und das derart detailgetreu.
Und dann noch dieser Ort. Denn ich hatte nicht irgendeinen Ort in der roten Ebene, der Sandwüste oder der Vulkanebene gemalt. Nein, nicht einmal in der Finsternis.
Nein, was ich gemalt hatte, war die Aussicht von Ramiels Balkon. Die Aussicht über die Goldene Stadt, die Stadtmauer und die Vulkaneben. Samt ihrer goldenen Feuer, den Ascheflocken, den goldenen Zinnen und verwinkelten Erkern.
„Das ist unmöglich." Unmöglich. Unmöglich.
Und dann blätterte ich weiter. Da war ein Bild von dem Schlangenkopf, dem Eingang zur Finsternis. Ein Bild von dem Labyrinth. Eins von dem Thron mitten im Fegefeuer, den ich gesehen hatte.
Das letzte Bild zeigte einen Kerker. Es war so düster, dass kein Fleck weißes Papier mehr zu sehen war. So dunkel, dass nicht einmal das beständige Leuchten des Fegefeuers in der Lage war der Zelle einen Funken Licht einzuhauchen. Tief in den Schatten dieser Zelle saß jemand. Mit dem Rücken zu mir, die Flügel eng angelegt, versuchte er so wenig Raum wie möglich einzunehmen.
Ich sah die Ketten um seine Gelenke und Spuren all der grausamen Dinge, die ihm in dieser Zelle angetan wurden. Die Messer fein säuberlich aufgereiht, eine Peitsche und einen weiteren Stuhl mit metallenen Fesseln an der Armlehne. Wie eine ständige Drohung stand er dort. Unheilversprechend.
Ich musste mit meiner Oma sprechen. Sie erschien mir als die einzige Person, die mir helfen konnte. Ich musste einfach.
Ich schlug den Zeichenblock zu, nahm mein Handy und rief die Clayton an. Ein Pfleger meldete sich und bat mich einen Moment zu warten, nachdem ich meinen Namen und mein Anliegen vorgebracht hatte.
„Hallo Miss Cartwright, hier ist Isabelle. Ich komme gerade aus dem Zimmer ihrer Oma. Es ist ein witziger Zufall, sie wollte gerade, dass ich sie anrufe und schon habe ich sie in der Leitung." Sie sprach weiter, aber ich hörte nicht mehr zu. Meine Oma wollte mich anrufen. Es ging ihr gut! „Ich verbinde sie mit dem Zimmer ihrer Oma."
Ich murmelte einen Dank und hielt dann den Atem an, bis ich das vertraute Klicken hörte.
„Viona?"
Mir traten Tränen der Erleichterung in die Augen. „Oma!" Meine Stimme klang erstickt. „Soll ich zu dir kommen? Ich kann sofort losfahren." Ich würde sie so gerne sehen.
„Nein, nein, Kind. So viel Zeit ist nicht. Hast du meine Warnung gekriegt? Ich konnte es nicht sehen. Du musst zu deinem Dämonenprinzen. Alicia kommt und das nicht allein. Nimm dich in Acht. Du musst die Klinge finden, Vio. Dann bist du in Sicherheit." Sie redete ohne Punkt und Komma.
„Ich habe befürchtet, dass es so kommen wird, aber sie wollten ja nicht hören. Nicht hören. Dabei wusste ich es. Schon damals. Als wir deine Fähigkeiten zurückgesperrt hatten. Da sind auch ein paar Erinnerungen verschwunden, was haben sie getobt. Hätten sie gesehen, was ich gesehen hätte, wäre das alles ganz anders gelaufen."
„Oma." Nach mehrmaligen Anläufen gelang es mir endlich ein Wort rauszukriegen. „Ich verstehe nicht..." Der Kloß in meinem Hals saß wie festgeklebt.
„Du musst zu Balthazar. Er wird dir alles erklären. Durch die Schatten musst du ihn rufen, hörst du?" Ihre Stimme war plötzlich eindringlicher geworden. Ein Kribbeln an meiner Kopfhaut ließ mich hochfahren, so hatte es sich angefühlt, als Ezrael versucht hatte mich zu beeinflussen. „Vio, du musst einfach, denn ansonsten..."
Ich nickte stumm. Das war alles nicht richtig. „Die Schatten sind dir wohlgesinnt, hast du das inzwischen bemerkt? Die Schatten, die Flammen, das Feuer. Sie sind eins. Und sie sind dir wohlgesinnt. Wie die Sterne. Aber du musst dich beeilen, Vio, finde Balthazar." Dann brach sie plötzlich ab. Sie redete weiter, aber auf einer anderen Sprache. Es klang unheilvoll, düster, sie redete immer schneller und schneller und mein Kopf drohte zu platzen, so sehr versuchte ich ihr zuzuhören, zu verstehen, was sie sagte.
Dann war die Leitung tot.
Und ich wusste nur eins. Ich würde ihn finden. Diesen Balthazar und er würde mir Klarheit verschaffen.
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