chapter 51
„Wie kann es sein, dass Ramiels Beeinflussung nicht bei euch funktioniert hat? Wieso seid ihr so entspannt und nicht voll am Ausrasten? Wie könnt ihr so ruhig hier sitzen, obwohl sich unsere ganze Welt verändert hat? Azael hat mir gesagt, dass ihr in großer Gefahr seid, wenn ihr von der Existenz von Übernatürlichem wisst!" Ich konnte die Fragen, die in meinem Kopf schwirrten, gar nicht schnell genug in Worte fassen.
Alex, Sumi und Ellie wechselten ein fast schon diabolisches Grinsen. „Schon klar, wir wissen, dass das gefährlich ist, aber das gilt nur, wenn sie wissen, dass wir es wissen." Sumi grinste schelmisch. „Und wir haben nicht vor, sie darauf aufmerksam zu machen."
„Wie bitte?", entfuhr es mir. Ich war einfach zu schockiert. „Ihr habt vor weiter zur Uni zu gehen und so zu tun, als wäre nichts? Wollt ihr Ramiel etwa auch vorspielen, dass seine Beeinflussung funktioniert hat?"
„Ganz genau!" Alex nickte feierlich. „Wir werden sie mit ihren eigenen Waffen schlagen. Ich weiß, wir hatten nicht viel Zeit, um uns an den Gedanken zu gewöhnen, aber das ist jetzt eben so. Und wir sind im Vorteil und nicht so dumm, den nicht zu nutzen!"
„Warum die Beeinflussung nicht funktioniert hat, wissen wir auch nicht. Aber es könnte an dem hier liegen." Sie zeigte auf ihre Ohrringe. „Sie sind ein Erbstück von meiner Uroma, aber wieso es bei euch beiden nicht funktioniert hat, entzieht sich meinen Erklärungsversuchen."
„Aus was bestehen sie?", fragte ich und musterte die metallisch glänzenden Anhänger. Sumi zuckte mit den Schultern und mein Blick wanderte weiter zu Alex und Ellie. Ich fand kein besonderes Schmuckstück oder irgendetwas Verdächtiges an ihnen.
„Was ist..." dachte Ellie laut, „wenn es nichts ist, was wir tragen." Sie räusperte sich. „Sondern eher etwas, was in uns ist." Wir sahen uns einen Moment an. Und brachen dann in hysterisches Gekicher aus. Als wäre das alles nur ein schlechter Scherz, den nur wir verstehen.
Tränen kullerten mir über die Wange und Ellie war vor Lachen vom Sofa gerutscht und hatte mich dabei halb mitgezogen. Alex Lachen war in ein Kreischen übergegangen und Sumi sprang auf dem Sofa auf und ab und drehte kichernd Pirouetten.
„Hilfe! Wenn meine Mum uns so sieht!" Sumi japste und nach einer Weile sanken wir alle schlaff zurück in die flauschigen Kissen. Das hatten wir gebraucht. Die Anspannung war vertrieben. Ellies Aussage war nicht unrealistisch, im Anbetracht, was wir jetzt wussten, und dennoch gleichzeitig so absurd, dass wir diesen Moment brauchten, um unsere Leichtigkeit zurückzuerobern. Um klarzukommen.
„Welcher Tag ist heute eigentlich?", fragte ich, nachdem ich wieder zu Atem gekommen war. Den Abend, bevor Alicia und Olivia mich in die Hölle geschickt hatten, war Montag gewesen. Wir waren wie üblich in die Bibliothek eingebrochen und hatten es uns im Turm gemütlich gemacht. Der Gedanke daran ließ mich melancholisch werden. Ich hoffe, es gibt noch weitere dieser Abende, wenn sie erst einmal wissen, was ich bin, dachte ich unsicher.
„Samstag." Kaum zu glauben, dass hier nicht einmal eine Woche vergangen war.
„Oh." War meine einzige Antwort.
„Keine Sorge, wir haben uns um alles gekümmert. Morty Bescheid gesagt und in den Vorlesungen gesagt, dass du krank bist. Das war nachdem keiner dein Verschwinden ernst genommen hat und wir deine Notizen gefunden hatten, irgendwie die einfachste Möglichkeit." Ich nickte dankbar. Sumi holte tief Luft. „Also, die alles entscheidende Frage. WO WARST DU?"
„Wir haben schon wilde Vermutungen aufgestellt", fügte Alex hinzu.
„Nachdem wir verstanden haben, dass Ramiel und Azael Dämonen sind, war alles dabei! Warst du in einem mystischen, versteckten Schloss, in der Hölle, im Himmel, einem anderen Planeten, in einer Parallelwelt? Gibt es dort seelenfressenden Monster, bluttrinkenden Vampire, schillernden Drachen, Außerirdischen oder Walküren?"
„Walküren kennst du doch nur aus Das Reich der sieben Höfe!", zog ich sie grinsend auf und ignorierte die Erwähnung von bluttrinkenden Wesen gänzlich.
„Na und?", erwiderte Sumi schnippisch und streckte mir die Zunge raus. „Kann doch trotzdem sein!"
„Zurück zum Thema. Also bitte, Vio." Ellie grinste aufgeregt und ich sah das mir so vertraute Funkeln in ihren Augen. „Berichte uns alles!"
„Ganz von vorne." Sumi lehnte sich begierig vor.
Ich atmete tief ein und wieder aus. Dann leerte ich meinen Tee und begann bei der Nacht, in der ich auf dem Rückweg von der Party im Park verfolgt wurde. Ich erzählte, wie mich die drei in die Bibliothek verfolgt hatten, wie Ramiel mir immer wieder aufgelauert hatte und mich zur Clayton gefahren hatte, als Mortys Auto nicht angesprungen ist. Von dem besonderen Moment der Verbundenheit zwischen uns. Seinem Geburtstagsgeschenk. Vom Angriff der Engel und der Tatsache, dass ich Ramiel bezeichnet hatte, einer zu sein. Sumi kicherte und Alex grinste vieldeutig und sehr verschmitzt, während Ellie mich genau beobachtete.
Ich erzählte selbst von der merkwürdigen Situation im Wald, als Ramiel wie vom Erdboden verschluckt war, was mir damals viel seltsamer erschien, als es jetzt war. Ich kam zu Alicias und Olivias Rolle in den Ereignissen.
„Deshalb hast du uns vor ihnen gewarnt!", schlussfolgerte Alex.
Ich nickte. „Genau. Den beiden ist alles zuzutrauen."
„Und wie bist du da jetzt wieder rausgekommen? Aus der Situation im Waschraum? Hat Ramiel dich gerettet?" Ellie hielt noch immer meine Hand, die ich jetzt dringend brauchte, weil wir jetzt zum wirklich pikanten Teil kamen. Immerhin wussten sie bisher noch nicht, dass auch ich über besondere Fähigkeiten verfügte.
„Nicht wirklich", gab ich widerstrebend zu. Ich überlegte hin und her, aber meine Meinung hatte sich nicht geändert. Ich wollte sie auf keinen Fall anlügen. „Irgendwie...", begann ich vorsichtig. „Ist es mir gelungen, sie zu überrumpeln."
„Mit unseren Selbstverteidigungsskills?" Sumi wirbelte wild herum, um zu demonstrieren, wie sie die beiden fertig gemacht hätte.
Ich grinste halbherzig. „Schon, aber auch..." Ich wich den erwartungsvollen Blicken aus und nahm den Saum meines T-Shirts genau unter die Lupe. „Weil ich erfahren habe, dass mein Vater einEngelwarundicheineNepehlinemitübernatürlichenFähigkeitenbin." Die zweite Hälfte nuschelte ich und wurde immer leiser, sodass ich in der darauffolgenden Stille hoffte, dass sie es einfach überhören würden.
Dann gings los. Sumi war kreischend aufgesprungen. „OH MEIN GOTT!" Sie begann sich wie wild zu verbeugen. „Danke BTS Götter, dass ihr mich erhört habt. Ich danke euch tausend Mal! Ich werde euch und eurer Religion für immer treu ergeben sein." Sie begann rumpelstilzchenmäßig um die Sofas herumzuspringen.
„Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?" Mrs Chang stürmte in den Raum und scheuchte ihre Tochter zurück auf das Sofa. Sumi grinste, weniger zerknirscht, als noch immer voller Übermut und Mrs Chang verließ kopfschüttelnd den Raum mit einem warnenden Blick zu ihrer Tochter, nachdem sie uns kurz begrüßt hatte. Ich meinte sie grinsen zu sehen.
„Also hast du es ihnen auf die übernatürliche Ninja-Assasinin-Weise gezeigt? Wie funktioniert das? Ich will alles wissen!" Das überraschte hier niemanden. Sumi rückte so nah, dass ihr Po kaum noch das Sofa berührte und sie kurz davor war vornüber zu kippen.
„Das ist schwer zu erklären. Es ist nicht bewusst geschehen. Mehr aus einem Instinkt heraus." Ich suchte nach den richtigen Wörtern. „Sie haben irgendwas von Ramiel und seinem wahren Gesicht gefaselt und ich war dermaßen wütend auf sie, weil sie vorher abfällig über Menschen geredet hatten und mich dann ohne Grund angegriffen haben. Da habe ich es irgendwie geschafft, sie wegzuschleudernd."
Sumi nickte, als wäre das das Selbstverständlichste überhaupt. „Was kannst du noch? Hast du Flügel? Was können Engel allgemein? Und Dämonen? Sind sie unsterblich? Haben sie..."
Ellie unterbrach Sumis Fragenansturm. „Hast du deine Kräfte danach nochmal benutzt?"
Ich nickte.
„Und was kannst du noch? Erzähl schon", forderte Sumi und mein Blick wanderte zu Alex.
„Erinnerst du dich an den Tag der Party, als wir vor Layken geflüchtet sind?"
„Du meinst, als du vor Layken geflüchtet bist", korrigierte sier mich grinsend.
„Wie auch immer", winkte ich grinsend ab. „Auf jeden Fall glaube ich, dass ich mich da, genau wie später in der Nacht auch, unsichtbar gemacht habe. Bevor du fragst, Sumi, nein, ich habe es seitdem weder probiert noch erneut unabsichtlich gemacht." Ich überlegte. Ansonsten gab es da noch dieses Beeinflussending, aber das war echt heftig und ich glaubte, das würde ich einfach erklären, wenn ich gleich bei der Flucht aus der Hölle war.
Ich fuhr mit meiner Erzählung fort und berichtete dann in einer vorsichtigen Version von der Hölle und meiner Flucht.
„Warte, warte, warte." Ich hatte mit meiner Ankunft im Zimmer geendet und Alex hatte sich aufgesetzt und sah mich jetzt mit großen Augen an. „Du willst mir also erzählen, dass du auf dieser Dämonen-Sex-Party warst und keinen Sex hattest?!" Bei ihrem fassungslosen Blick konnte ich nicht anders. Ich brach in lautes Lachen aus, wobei Sumi und Ellie einstimmten und Alex dabei blieb mich mit fassungsloser Miene zu taxieren.
„Ich finde es schön, dass du von allem was ich erzählt habe, genau da hängen bleibst." Ich lachte leise und war unfassbar froh, dass es keine misstrauischen Blick gab, als ich von meinem Dämonen-beeinflussen-Manöver erzählt hatte.
„Klar, dass mit der Prüfung und der Finsternis alles voll heftig, aber diese Party! Ich wusste ja, dass ich im falschen Körper geboren bin, aber auch als falsches Wesen? In der falschen Welt? Damit hatte ich bisher nicht gerechnet." Sier fächelte sich Luft zu und grinste kopfschüttelnd. „Und hast du da mit Ramiel getanzt oder dieser Ale und ihrer Freundin? Erzähl schon! Wie sah es aus? Ich brauche Details."
Froh über die lockere Stimmung berichtete ich von dem heißen Typen in dem roten Kleid, der Spiegeldecke und den gläsernen Plateaus, auf den man tanzen konnte.
Stillschweigend hatten wir uns darauf geeinigt, dass wir für heute genug über krasse Themen geredet hatten und uns morgen weiter damit befassen würden. Wir zogen in Sumis Zimmer um und nachdem wir die übernatürliche Party bis aufs letzte Detail analysiert hatten, widmeten wir uns dem neuesten Klatsch. Denn Shane hatte Alex erzählt, dass der neue Newsletter bald erscheinen würde und da Jessica das Gerücht bestätigt hatte, war Alex jetzt restlos überzeugt.
Ich hatte augenblicklich ein schlechtes Gefühl. Die anderen befürchteten, wie ich, dass Alicia und Olivia die Drahtzieherinnen sein könnten und wir begannen mit einem Brainstormen, wie wir den beiden am besten einen Strich durch die Rechnung machen konnten. Ramiel hatte ich zwar in meiner Erzählung nicht ausgelassen, aber die... anzüglichen Stellen erstmal ausgelassen. Ich wusste, dass sie mich damit nicht ewig durchkommen lassen würden, das wollte ich auch nicht, aber für einen Abend war es genug.
Ellie machte Notizen und Mrs Chang brachte uns noch eine Runde Tee, Kakao und Sandwiches, auf den Lippen ein zufriedenes Lächeln. Sie zwinkerte mir zu, als würde sie wissen, wie sehr ich diesen Abend gerade brauchte. Noch immer war da dieses flatternde Gefühl der Erleichterung in mir. Ich hatte nicht geahnt, wie wichtig es mir war, meine Lieblingsmenschen an meiner Seite zu haben.
Und jetzt, als wir hier zusammensaßen, Ellie mit der Notfallpackung Pringles, die Sumi unter dem Bett gebunkert hatte, mit Toffee Schokolade und Oreos auf dem Boden zwischen uns ausgebreitet, wurde mein Herz ganz leicht und unbeschwert. Ich hatte so viel Glück. Damit, dass ich diese Menschen in meinem Leben hatte.
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Noch ein überdurchschnittlich langes Kapitel und das zweite heute. Ich hoffe, es gefällt dir 💛
Die Neuigkeit kommt auf jeden Fall noch, ob ich noch ein Kapitel schaffe, weiß ich noch nicht genau. Da musst du dich überraschen lassen 😅🙈
Nachtrag:
In folgenden Kapitel habe ich etwas hinzugefügt: 11,18, 21, 22, 27, 33, 34 und 37. Dadurch beantwortet sich vielleicht die ein oder andere Frage. Sag mir gerne Bescheid, was du von der Idee und der Umsetzung hältst ✨ (heute kommt leider kein Kapitel mehr, gute Nacht und schlaf gut 🌙)
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