chapter 48
Wir hatten den anderen Dämon mühelos abgeschüttelt und ich wies den, in dessen Armen ich lag an, weit von der Goldenen Stadt weg zu fliegen. Ich wollte so schnell und so viel Abstand wie möglich zwischen mich und den Offizier bringen und betete, dass Ale, Azael und Cael Ramiel in Sicherheit gebracht hatten. Schuldgefühle nagten hartnäckig an mir, aber ich versuchte es realistisch zu sehen, ich wäre niemals in der Lage gewesen ihn zu retten. Mich selbst zu retten, war nur mit Müh und Not gelungen.
Nach einer Ewigkeit befahl ich zur Landung anzusetzen. Meine Beine waren weich wie Pudding und ich brauchte einen Moment, um mein Gleichgewicht zurückzufinden. Ungeschützt, dem brennenden Höllenfeuer ausgesetzt, war die Hitze wieder unerträglich. Während des Flugs hatte mich wenigstens einen leichter Wind gekühlt.
„Du fliegst zurück und vergisst, wo du mich abgesetzt hast", befahl ich dem Dämon, der sich inzwischen in einer Art Trance Zustand befand. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was ihn zurück im Palast erwarten würde. Aber andererseits, was hätte er mit den Mädchen gemacht? Oder mit mir, wenn der Offizier mich gekriegt hätte? Mein schlechtes Gewissen hielt sich in Grenzen.
Erleichtert beobachtete ich den sich immer weiter entfernenden Dämon. Geschätzt an der Zeit, die wir hierher geflogen waren, und an seinem Kraftverlust würde er doppelt so lange für den Rückweg brauchen und ich hatte einen guten Vorsprung, falls sie es schafften, meine Manipulation rückgängig zu machen. Darüber, dass ich dazu tatsächlich in der Lage war, wollte und konnte ich nicht länger nachdenken. Deshalb machte ich mich in die entgegengesetzte Richtung auf den Weg. Weg von dem Dämon und der Goldenen Stadt, endete ich wieder da, wo meine Reise begonnen hatte. In der roten Ebene, umgeben von nichts weiter außer Sand, hohen Dünen und glühender Hitze.
Ramiel hatte mal gesagt, dass er mich spüren konnte und aus Angst, dass der Offizier das auch konnte und mich dadurch finden würde, entstand eine spontane Idee. Ich übte meine Magie zu formen und sie unterschiedlich stark einzusetzen. Zuerst waren die Auswirkungen entweder nicht vorhanden oder nahezu zyklonmäßig. Wobei der entstehende Wind eine nahezu willkommene Abwechslung bot. Es dauerte, bis ich auch nur anfing den Dreh herauszubekommen. Doch dann, ich konnte es kaum fassen, gelang es mir meine Magie fast gezielt einzusetzen und da der Dämon inzwischen sicherlich wieder im Palast angekommen war, konnte ich nicht weiter zögern. Ich formte meine Magie zu einer Klinge, atmete tief durch und schnitt dann so kontrolliert wie möglich in meinen Unterarm.
Blut quoll hervor und ich fing es mit den Fingern der anderen Hand auf und malte eine Rune auf meinen unverletzten Arm.
Mein Blick wanderte zum wiederholten Male über die haushohen Dünen, das rötliche Schimmern und die endlose Fülle an Sandkörnern. Ich versuchte einen Erkennungspunkt zu finden, doch alles sah gleich aus. Ich irrte weiter, während ich es immer wieder schaffte mein Wohnheimzimmer zu sehen, doch es blieb verschwommen und visionsartig. Hielten mich meine Sorgen um Ramiel davon ab, endgültig von hier zu verschwinden oder besaß ich diese Fähigkeit schlussendlich einfach nicht?
Es gab keinen Schatten, weil der ganze Himmel leuchtete und es keine umherwanderte Sonne gab und so ruhte ich mich aus, indem ich kleine Löcher grub und mich in den tiefer liegenden, nicht ganz so stark erhitzen Sand setzte. Ich würde wetten, dass es eine Möglichkeit gab, sich mit Magie abzukühlen und ziemlich viel dafür geben, zu wissen, wie.
Mein Zeitgefühl war lange verflogen und wie beim letzten Mal verschwanden meine körperlichen Bedürfnisse nach Essen, einer Toilette, Schlaf oder Wasser. Ich hatte Durst, ja, aber mein Körper funktionierte dennoch. Meine Beine waren müde, ich sehne mich nach Schatten und einem Schlafplatz, aber ich ging weiter.
Das Blut an meinem Arm war inzwischen mehrmals getrocknet und abgeplatzt, deshalb hatte ich die Schutzrune erneuert. Ob sie funktionierte, konnte ich nicht sagen, aber da sich bisher keine Dämonen in meinem Sichtfeld befanden, wertete ich es als gutes Zeichen.
Immer wieder schnappte ich mir meine Haarspitzen und überprüfte das rosa, wobei ich mir einbildete, dass es immer schwächer zu sehen war. Aber solange ich überhaupt noch Farbe sehen konnte und sich nicht alles um mich herum in schwarz und Grautönen erstreckte, war alles okay.
Um Kraft zu sparen, machte ich längere Pausen zwischen meinen Versuchen zurück in meine Welt zu kommen. Ein paar Mal hatte ich das Gefühl es fast geschafft zu haben, doch immer wieder scheiterte ich.
Meine Verzweiflung war inzwischen einer lähmenden Hoffnungslosigkeit und purer Erschöpfung gewichen, die sich wie eine schwere Decke auf meine Schultern legten und mich zu Boden drücken wollten. Es war unmöglich zu sagen, wie viel Zeit verging, bis meine Beine am Fuß einer Düne nachgaben und ich auf dem Rücken landete, den Blick Richtung Höllenfeuer. Erneut blätterte das getrocknete Blut von meiner Haut, meine Lider waren schwer und die Hitze kaum noch zu spüren. Nicht einmal die des Sandes, auf dem ich lag.
Lichtfunken tanzten vor meinen geschlossenen Augen und der seichte Wind hatte sich vollständig gelegt. Einmal noch, drängte ich mich selbst. Ein letztes Mal. Ich schnitt mit der magischen Klinge in meinen Unterarm, neben die zahlreichen anderen Schnitte und malte die Rune wieder neu. Mein Blutverlust musste inzwischen enorm sein.
Als ich fertig war, zerriss ich die Reste meiner zerstörten Jeans und begann auch auf den Beinen Runen zu malen. Die Rune für Stärke, die mich früher immer an einen Baum erinnerte. Eine weitere für Kraft und Gesundheit auf meinem anderen Oberschenkel. Eine blitzförmige für Sieg und Erfolg. Ich malte immer weiter und dann, ich war bereits in einem Stadium, kurz vor dem Bewusstseinsverlust, schickte ich meine Magie erneut aus. In mein Wohnheimzimmer, in mein Zuhause, zu meinen Büchern und meiner selbstgewählten Familie.
Ich sah Alex, Ellie und Sumi. Sie saßen auf meinem Bett. Schweigend. Sumi hielt Crush an ihre Brust gedrückt. Ellie das Foto von uns, das auch mein Whatsapp Profilbild war. Alex Blick war auf das Sternenbild über meinem Bett gerichtet. Die Sternenkonstellation zum Zeitpunkt meiner Geburt. Der Geruch von abgestandenem Kaffee hing in der Luft, von verrauchter Wut und salzigen Tränen. Ich will bei ihnen sein, zu jedem Preis!
Alex und Sumi saßen auf meinem Bett, Ellie davor. Ich stellte mir vor, neben ihr zu sitzen. Meine Haut begann zu brennen. Ich wollte mich an Ellies Schulter lehnen, ich wollte noch viele Montage mit meinen Lieblingsmenschen in die Bibliothek einbrechen. Ich wollte meine Oma wiedersehen. Ich wollte mein Notizbuch voll schreiben. Zu Vorlesungen gehen, tanzen, feiern. Ich wollte noch so vieles.
Ich stellte mir vor, wie es wäre zu landen, auf dem harten Boden zwischen Ellies und meinem Bett. Ich schmeckte meinen eigenen Tränen, die mir über die Wange liefen. Ich will zu ihnen! Mein Hirn war kurz davor einen Kurzschluss zu erleiden. So sehr konzentrierte ich mich. Und dann, wie bei den letzten Malen auch, war es plötzlich vorbei. Als hätte jemand die Verbindung gekappt.
Ein stechender Schmerz fuhr durch meinen Körper und anders als bei den letzten Malen hörte ich Schreie, aufgeregte, nicht verständliche Wörter und das letzte, was ich fühlte, bevor ich in die Dunkelheit abdriftete, war der harte Boden unseres Wohnheimzimmers.
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Hast du Lust auf eine Lesenacht morgen?✨
Oder soll das nächste Kapitel noch heute kommen?💛
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