🍭Midnight Sanctuary 🍭
Der Regen klatschte schwer gegen das Autodach.
Ich war klitschnass. Wasser tropfte von meiner Nasenspitze, rann meinen Hals hinunter und hinterließ eine Gänsehaut auf meiner Haut.
Mr. Bahng – Chan – musterte mich durch die Windschutzscheibe. Seine Stirn war leicht in Falten gelegt.
Dann entriegelte er die Tür.
„Soll ich dich mitnehmen?“ Seine Stimme war ruhig, fast beiläufig, als wäre es das Normalste der Welt.
Es hätte eine einfache Entscheidung sein sollen.
Ja oder nein.
Aber stattdessen war da dieses nervöse Flattern in meiner Brust.
Reiß dich zusammen.
Ich setzte mein gewohntes Grinsen auf und beugte mich leicht vor. „Wäre nett.“
Ein Tropfen fiel von meinen Haaren auf den Sitz, als ich mich ins Auto schwang. Der Innenraum war warm, der Kontrast zur Kälte draußen fast schmerzhaft.
Ich zog die Tür zu.
Für ein paar Sekunden saßen wir einfach nur da, während der Regen gegen die Fenster trommelte.
Chan startete den Motor.
„Wo wohnst du?“
Ich nannte ihm meine Straße. Mein Hals fühlte sich plötzlich eng an.
Der Wagen setzte sich in Bewegung.
Ich beobachtete, wie Lichter vorbeizogen, verwischt durch die Regentropfen auf dem Glas. Mein Herz pochte unangenehm, als wir uns meinem Viertel näherten.
Ich wollte nicht nach Hause.
Ich konnte nicht nach Hause.
„Also …“ Ich lehnte meinen Kopf gegen das Fenster, tat so, als wäre das, was ich sagen würde, nichts weiter als ein beiläufiger Kommentar. „Ich bin heute Abend allein. Meine Mom ist nicht da.“
Chan schien kurz zu überlegen. „Kommt das oft vor?“
Ich lachte leise. „Sagen wir mal so: Mein Kühlschrank ist besser für spontane Selbstversorgung ausgestattet als für Familienessen.“
Stille.
Ich biss mir auf die Unterlippe. Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren.
„Um ehrlich zu sein … Ich hasse es, allein zu sein.“ Ich ließ meine Stimme beiläufig klingen, als wäre es nichts Bedeutendes. „Das macht mich irgendwie …“ Ich zögerte. Ließ das Wort ungesagt.
Chan warf mir einen kurzen Seitenblick zu, seine Finger fest am Lenkrad.
„Mhm.“
Mehr nicht.
Aber ich kannte diesen Ton.
Zweifel.
Er würde mich trotzdem absetzen. Weil es das Richtige war.
Ich musste ihn überzeugen.
„Ich könnte heute bei Felix bleiben, aber … seine Familie ist ziemlich chaotisch.“ Ich schnaubte gespielt genervt. „Seine kleine Schwester würde mir wahrscheinlich die Haare flechten, während seine Mom mir peinliche Fragen stellt.“
Chan schwieg.
Mein Herz raste.
Komm schon. Komm schon.
Ich schaute zu ihm hinüber, zog eine Schnute. „Haben Sie zufällig Lust auf einen Mitbewohner für eine Nacht?“
Chan schnaubte leise. „Du meinst, ich soll meinen Schüler einfach so mit zu mir nach Hause nehmen?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich nehme auch nicht viel Platz weg.“
Er sah mich an, nur für eine Sekunde.
Dann wieder auf die Straße.
Der Scheibenwischer quietschte leicht über das Glas.
„Und du bist sicher, dass du nicht nach Hause willst?“
Ich wusste nicht, ob er es ahnte. Ob er wusste, dass ich log.
Aber ich nickte.
„Hundertprozentig.“
Stille.
Dann – ein leises Seufzen.
„Du schläfst auf der Couch.“
Ich grinste. „Natürlich.“
Aber in mir drin schrie etwas vor Erleichterung.
Ich musste nicht nach Hause.
Nicht heute Nacht.
🍓🍭🍓
Die Tür fiel hinter mir ins Schloss.
Und plötzlich war alles … still.
Nicht diese unangenehme Stille, die sich in leeren Räumen ausbreitete. Keine Stille, die nach Einsamkeit schmeckte.
Sondern eine angenehme. Eine, die sich wie eine warme Decke um die Schultern legte.
Ich stand in Chans Wohnung und sah mich um.
Wow.
Es war schlicht – aber nicht langweilig. Stilvoll, durchdacht. Der Boden war aus dunklem Holz, die Wände schwarz gestrichen, doch das Licht, das von einzelnen, strategisch platzierten Lampen fiel, ließ den Raum warm wirken.
Hier und da waren Pflanzen verteilt, sattgrüne Blätter, die sich über die Kanten von Töpfen ergossen, oder hochgewachsene Stiele, die Richtung Decke strebten.
Auf dem Couchtisch lag ein Buch. Daneben stand eine Kerze, halb abgebrannt, mit Wachs, das sich über den Rand ergossen hatte.
Ich ließ meine Finger über die glatte Oberfläche des Esstisches gleiten.
Es fühlte sich nicht an wie eine Lehrerwohnung.
Es fühlte sich an wie ein Zuhause.
Ein Zuhause, das nicht meins war.
Ein Zuhause, das ich mir wünschte.
„Ich hoffe, du magst Schwarz.“
Chans Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
Ich drehte mich zu ihm um. Er zog sich gerade die Jacke aus, fuhr sich durch das noch feuchte Haar.
Ich zuckte mit den Schultern. „Passt zu meinem dunklen, melancholischen Künstlerherzen.“
Ein leichtes Schmunzeln huschte über seine Lippen.
Ich hätte es mir einbilden können, aber irgendwas an ihm wirkte … anders hier. Weniger angespannt.
Natürlich.
Hier musste er keine Rolle spielen.
Hier war er einfach nur Chan.
Ich trat einen Schritt weiter in den Raum. Mein Blick glitt über die Bücherregale, die sich fast unauffällig in die Wände einfügten.
„Sieht nicht so aus, als würden Sie oft Gäste haben.“
„Hab ich auch nicht.“
Er sagte es ruhig, ohne Bedauern. Als wäre es eine einfache Tatsache.
Ich grinste. „Dann bin ich wohl was Besonderes.“
Er schnaubte leise, schüttelte den Kopf, während er in Richtung Küche verschwand.
„Ich mach uns Tee. Oder willst du was anderes?“
„Tee ist gut.“
Ich ließ mich auf die Couch fallen, fuhr mit der Hand über den Stoff. Weich, aber fest.
Ich sah mich um.
Hier zu sein fühlte sich falsch an.
Aber gleichzeitig fühlte es sich so verdammt richtig an.
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