Küken
„Und ihr Vater meinte auch noch so ‚Ja, ich hab Momo aufs Internat geschickt!' und wer stand zwei Tage später bei uns?" Pip grinst breit und legt einen Arm um Ramonas Schultern, er kann es nicht lassen mit ihr so ein wenig bei seinen Kollegen anzugeben. „Gibs zu, du wolltest einfach wieder nach Hause, stimmts?" Die braunen Augen sehen ihn aus dem Augenwinkel an. „Besser als um Acht Uhr Bettruhe zu haben." Sein Grinsen wird noch breiter. „Ich wusste doch dass du uns wiedersehen wolltest!" Pips Augen weiten sich als einer ihrer Mundwinkel kurz hochgeht. „Hast du- Hast du gerade gelächelt?" Kurzes Schulterzucken ihrerseits, bevor er sie an sich drückt. „Das kleine Küken kann Lächeln." „Ich bin auch ein Mensch." „Glaub mir- Manchmal dachte ich mir echt du bist ein Stein oder so. Wie heißen diese hässlichen Dinger an den Häusern?" Einer der anderen Söldner springt ein. „Meinst du nen fucking Gargoyle?" Ramona wird wieder losgelassen und lehnt sich nach hinten, legt ein Bein über das andere und beobachtet die Truppe die Pip sich wohl selbst zusammengestellt hat. Sie kennt noch einen anderen von früher, der Rest ist komplett neu. Genau dieser eine andere erwidert ihren Blick, zuckt leicht mit den Augenbrauen und ihr Blick geht kurz nach unten bevor er wieder hochgeht, sie kratzt sich mit Zeige- und Mittelfinger an der rechten Schläfe. Er streicht sich wiederum über das Kinn, wobei sie nun das andere Bein über das vorherige legt, ein kurzes Nicken seinerseits. Pip seufzt. „Ihr könnt auch normal reden, das wisst ihr schon." Ernest, mit dem sie stumm kommuniziert hat, steht auf und streckt sich kurz. „Dann weißt du ja was los ist, wir gehen an die frische Luft." Ramona steht neben ihm auf und legt ihm eine Hand auf die Schulter, seine Augen weiten sich als er spürt wie sie den mittleren und den Zeigefinger fester reindrückt als alle anderen, dennoch lässt er sie gehen. Dann hebt er den Kopf und sieht sich kurz um, Tatsache. Sie wurden beobachtet und belauscht, von Alucard selbst.
„Dich auf meine alten Tage mal wieder zu sehen lässt die Erinnerungen hochwirbeln, Küken." Ramona mustert Ernest und nickt leicht, durchaus. Er holt einen Flachmann aus einer seiner Taschen raus und öffnet ihn, hält ihn ihr entgegen. „Auf deinen alten Herrn und meinen alten Kameraden?" Sie nimmt ihn und nickt leicht. „Sturer Sack." Die Ärztin nimmt einen Schluck und gibt ihn zurück, wobei Ernest leicht amüsiert schnaubt. „Aber ein guter sturer Sack." Hat er auch wieder recht. Der Whiskey brennt ihm die Kehle hinunter, ehe er absetzt und wieder zudreht. „Eine Schande dass ihn die Tretmine zerfetzt hat." Die Braunhaarige dreht leicht den Kopf. „Wer suchet der findet, wer drauftritt verschwindet." Dann aber bleibt sie stehen und dreht den Kopf komplett. Mit fragend hochgezogenen Augenbrauen sieht sie an Alucard runter und wieder hoch. „Mich wundert es nur dass Sie schon wieder hier sind, Doktor Nechita." Ernest blickt zwischen den beiden hin und her, bevor er Ramona zunickt. Die leckt sich über die Unterlippe, wobei er dann aber an Alucard vorbeigeht und sie allein lässt. „Seit wann braucht man eine Geheimsprache um sich hier zu verständigen?" Er ist auf rumänisch umgesprungen, seine Stimme hat sich automatisch ein wenig verändert und ist tiefer geworden. Ramona wartet allerdings nur auf die Antwort der stummen Frage warum er ihnen hinterherschleicht. „Sie wollten frische Luft schnappen, das sollten wir tun."
Er geht an ihr vorbei, wobei Ramona skeptisch zu Ernest blickt der in einiger Entfernung gewartet hätte. Nach kurzem Überlegen hebt sie schnell ihr Kinn und wendet sich ab, geht hinter Alucard her der sich zu ihr zurückfallen lässt und die Hände in die Manteltaschen steckt. „Ist es nicht komisch, dass das alles sich bei uns aufbauscht und urplötzlich fällt Ihnen ein dass sie Pip besuchen wollen?" Die Ärztin sieht nach vorn, versucht sich den Weg zu merken. „Ich wurde her zitiert." Ach, das ging von Pip selbst aus? „Und sie hätten ihn einfach allein gelassen wenn er Sie nicht angerufen hätte?" Was hätte sie sonst tun sollen, mit Blumen aufkreuzen und ihn vollquatschen? „Sie beschweren sich wenn ich einfach hergekommen wäre und beschweren sich auch wenn ich es nicht tun würde, Sie reden einem gern ein schlechtes Gewissen ein." Alucard will etwas erwidern, sieht aber die Sache von der sie redet und zuckt mit den Schultern. „Ich sterbe hier vor Langeweile, was soll ich sonst tun außer mich zu beschweren?" Sie gehen nach draußen, der Atem ist vor Ramonas Gesicht erkennbar und durch die Außenbeleuchtung sieht sie mehr als genug. „Unser Stall kann immer Stallburschen gebrauchen." Der Urvampir verzieht leicht das Gesicht, wenn sie mal spricht dann ist es nicht sonderlich nett was da rauskommt. „Ich verzichte. Dankend." Huh, dabei würde er in engen Reitklamotten wahrscheinlich nicht einmal schlecht aussehen. Ein leises Räuspern. „Ein weiterer Grund warum ich das nicht in Betracht ziehe, ich stehe auf Schmerzen- Aber wenn es mir alles abklemmt, dann hat das nichts mehr mit mögen zu tun." Ach, in ihrem Kopf ist er auch schon. „Natürlich, was denken Sie denn?" Sollte er nicht wissen was sie denkt?
In den folgenden Tagen kommt Ramona aber öfters zu besuch und selbst wenn die Lady das anfangs skeptisch gesehen hat, beobachtet sie die Söldner nun zufrieden beim Training. Scheinbar hat die Ärztin ein paar Dinge aus ihrer Vergangenheit verlernt und Pip drängt sie schon fast dazu sich wieder in das Training einzufinden. An Ausdauer und Kraft fehlt es ihr nicht! Lediglich an der Technik die ein wenig eingerostet ist. Und sie ist sich auch nicht zu schade einfach mitzumachen, sobald sie mit den Pferden fertig ist, an sich wird die Ärztin bald zu einem gewohnten Anblick. „Tch, lasst sie doch gleich hier einziehen.", murrt Alucard und steht mit verschränkten Armen hinter der Lady, die am Fenster steht und dem Außentraining zusieht. „Huh, warum nicht. Eine Ärztin könnten wir gebrauchen." Dann sieht sie ihn durch die Spiegelung des Fensters an und schnaubt leise. „Eifersüchtig dass Pip sich beschäftigt und sauer, weil du seine Vergangenheit nicht so kanntest wie du dachtest sie zu kennen?" Ja, das nagt so ein wenig an ihm. Personen aus der Vergangenheit zu kennen ist eigentlich verdammt wichtig, um eben solchen Überraschungen auch irgendwie zuvor zu kommen und mögliche Risiken in Betracht ziehen oder ausschließen zu können! „Ich hoffe für sie dass sich Seras nicht benachteiligt fühlt. Wenn ich auch nur ein Wort von ihr hören sollte dass Pip keine Zeit wegen dem Dok hat..." Er lässt den Rest der Warnung unausgesprochen, aber Integra weiß genau was er davon hält wenn man seiner Schülerin auch nur ein einziges Härchen krümmt. „Seras ist im Augenblick so oder so in der Mongolei, mach dir darum mal keine Sorgen."
Nach dem Training in der Kälte gibt es erst einmal etwas warmes zum Aufwärmen und man macht eine kurze Pause. „Hätte nicht gedacht dass du SO eingerostet bist, Küken!", lacht Pip und klopft ihr auf die Schulter, während ihr Blick verrät dass sie es hasst so unterlegen zu sein. „18 Jahre Trainingspause machen sich bemerkbar.", murmelt sie nur und überlegt sich gerade, wie sie das Trainingszimmer im Keller aufrüsten könnte. Offensichtlich reicht das noch lange nicht. „Naja... was du an Technik nicht hast, machst du mit deiner Schnelligkeit wieder wett!" Na toll, das ist nicht der Sinn der Sache und er weiß das ganz genau. „Und außerdem musst du erst wieder reinkommen, das wird Wochen- wenn nicht sogar Monate dauern! Wir kriegen dich wieder auf den Damm, Kleines!" Ist das jetzt eine Drohung oder ein Versprechen? Aber Wochen, vielleicht Monate? Sie wird doch etwas dagegen tun können, oder? Schnellere Ergebnisse. Bessere Ergebnisse? Pip seufzt und schüttelt den Kopf. „Küken, ich kenn den Blick. Lass es langsam angehen! Du bist zu lange draußen, du musst es langsam angehen lassen um deinen Körper nicht zu überanstrengen." Ihre Mundwinkel zucken kurz nach unten, Ernest steht auf und stellt sich hinter sie. „Wir mussten da alle durch, klar? Wenn man eine Pause hat, dann muss man die Dinge eben neu lernen." Sie hat dieses Training vermisst, die Übungskämpfe- Ihr Körper und ihr Geist haben sich sehr lange danach gesehnt wieder in so einer Art eingesetzt zu werden! Sie hat nicht aufgehört weil sie es nicht wollte, sie hat es ihm Vater zuliebe getan. Er wollte dass sie etwas anständiges lernt und dieses Versprechen hat sie gehalten! Sie war vielleicht nicht die Klassenbeste und ihr Abschluss war auch nicht unter den Top-Drei, aber es hat für das gereicht was sie jahrelang ausgeübt hat. Etwas ehrliches, ohne einer großen Gefahr ausgesetzt zu sein.
„Sag mir nicht dass du mal in Gedanken versunken bist...", murmelt Ernest und legt seinen Kopf von hinten auf ihren drauf. Er mochte das kleine, komische und extrem neugierige Mädchen von damals und hat ihr immer- Moment, das ist es. „Hey, Küken. Das hätte ich fast vergessen." Aus einer Tasche holt er was raus, hält er vor sie hin und legt seinen Kopf wieder auf ihren. Perplex blickt sie auf den verpackten Lolli-Diamantring, den man für ein paar Kröten bei jedem Kiosk kaufen kann. Früher hat er ihr die immer gekauft und heimlich zugeschmuggelt, an ihrem Vater vorbei sodass sie diese heißbegehrte Süßigkeit haben konnte. Und es war ihr immer eine willkommene Abwechslung wenn es um Mord oder Totschlag ging. Ramona presst die Lippen aufeinander, dass sind gute alte Erinnerungen. Ernest zieht eine Augenbraue hoch, gar keine Reaktion? Er will schon fragen was los ist, wobei sie plötzlich den Kopf in den Nacken legt und ihr Gesicht sich in seinem halben Rauschebart vergräbt. Seine Mundwinkel gehen hoch, er hätte sich keine Sorgen machen müssen. „Hey! Wieso kriegt er- Hallo? Ich bin dein Haupterzieher nach deinem Vater? Was ist mit mir?!" Pip zieht ein ziemliches langes Gesicht als er sieht wie sie bei Ernest ist nur wegen diesem doofen Lolli. Den hätte er ihr auch besorgen können! Ernest grinst nur breit und erwidert seinen Blick gelassen. „Vielleicht bin ich ihr neuer Haupterzieher? Wer weiß?" Ramona setzt sich wieder normal hin, das Lächeln hat sie sich aus dem Gesicht gewischt und sie lässt die beiden sich ein wenig streiten. Zwischen ihren Fingern rollt sie diesen Kinderlolli hin und her, das waren Zeiten...
Und sie ist genau hier weil...? Es ist schon riskant dass Ramona mit Alucard unterwegs ist, sie beide zusammen sind ein explosives Team mit instabiler Zündung. Aber dass sie von Billy UND der Lady gebeten wurde als außenstehender Mittelsmann zwischen Billy und Alucard zu fungieren, beziehungsweise für Billys Nerven weil er schnell gemerkt hat dass die beiden sich ein wenig verstehen- Ein Glück dass sie keinen Rufdienst hat. Sie versteht Null von dieser Sache, soll aber kompetent wirken. Fake it 'til you make it sollte hier eigentlich nicht gelten. Laut Alucard ist sie die spontane Vertretung von Seras und Pip, die eine ist weg und der andere soll sich noch nicht zu viel bewegen, scheiße wenn man die Ärztin ist die das angeordnet hat. Alles was sie, als einziger Mensch in einem Raum voller Vampire machen kann, ist Kaugummi kauend dasitzen und darauf aufpassen dass Alucard nicht austickt. Wobei das Vertrauen schön und gut ist, aber was soll sie gegen den ersten aller Vampire machen? Schon einmal daran gedacht? Sie kann ihn vom Stuhl treten, das wars. „Wage es und ich bring dich ohne zu zögern um.", brummt der Schwarzhaarige und schnalzt mit der Zunge, wobei Ramona weiterhin ruhig bleibt und nur eine Kaugummiblase erzeugt, die mit einem lauten Geräusch platzt. Ein Schulterzucken, mehr bekommt er schon wieder nicht von ihr. Noch hat es nicht angefangen, weswegen die Gespräche noch ein wenig laufen können. Billy lehnt sich ein wenig zu ihr. „Hast du deine Gedanken wieder offen?" Alucard schnaubt entgeistert. „Als ob ihr der Schutz bei mir viel nutzt." Hat es das nicht beim ersten Mal? Konnte er beim ersten Mal eben NICHT rein? Die roten Augen des Urvampirs starren sie entgeistert an, sie soll die Klappe halten.
Billy schluckt, nickt aber leicht. Etwas dagegen zu sagen würde nichts bringen und nur Probleme bringen, das brauchen sie wirklich nicht. Er blickt in die Runde, es fehlen immer noch zwei Gruppensprecher, wobei die immer ein wenig später kommen. Eine der Draculinen dreht sich zu Ramona und mustert sie schon fast herablassend, als wäre sie die Plage um die es geht. „Wäre es möglich dieses elende kauen zu unterlassen? Als Mensch mögen Sie nicht die passenden Ohren haben, aber wir hören es mehr als nur deutlich." Irgendwie hätte sie schon Lust den Kaugummi direkt auf die Stirn zu spucken, aber bei sowas war sie noch nie so wirklich zielsicher. Stattdessen sieht sie an ihr runter und wieder hoch und macht schon fast eine Show daraus den Kaugummi zu schlucken. Dann öffnet sie den Mund weit und streckt die Zunge raus, um zu verdeutlichen dass sie ihn auch wirklich geschluckt hat. Unbeeindruckt von dem angeekelten Gesicht schließt sie den Mund wieder und verdreht nur leicht die Augen, dass man hier aber auch die Puffmuttis von der nächsten Straßenecke rausgezogen hat... „Sei froh dass deine Gedanken nicht allen hier zur freien Verfügung stehen.", murmelt der Urvampir, dennoch zucken seine Mundwinkel kurz nach oben. Diese Damen haben durchaus einen sehr... eigenen Kleidungsstil der nicht unbedingt üblich für die obere Schicht ist. Normalerweise besitzt diese Schicht Klasse und Eleganz, kann man von diesen betuchten Damen nicht behaupten. Billy seufzt leise, sieht sie bittend an. „Bitte fang hier nichts an."
Es ist schon eine Ausnahme dass sie überhaupt hier dabei sein darf! Ramona schnaubt leise, lehnt sich nach hinten und legt ein Bein über das andere. „Ich fange nichts an, Billy. Ich beende es höchstens." Ihr Ex-Gatte lehnt sich weiter zu ihr und schüttelt den Kopf. „Momo, man beendet höchstens dich!" Alucard lehnt sich ebenfalls zu ihr, grinst Billy zufrieden an. „Niemand beendet sie, dafür sorge ich." Wäre doch gelacht wenn er einen Menschen nicht vor ein paar ordinären Vampiren schützen könnte. Und außerdem heult Pip ihm die Hucke voll wenn er etwas zulassen würde was ihr mehr als nur ein paar Kratzer oder Prellungen zufügt. Und er bekommt vielleicht noch länger Beschäftigungsverbot von der Lady, denn dass er hier ist, ist auch nur dem Fakt geschuldet dass niemand sonst hinkönnte. Sie hat ein Meeting mit dem Table, auch deswegen war sie wegen dem Termin so genervt. Die Tür geht auf und kurz herrscht Stille, bevor nun auch die letzten zwei Mitglieder vorsichtig eintreten. Sie haben die Anwesenheit von Alucard schon von draußen gespürt und beobachten ihn skeptisch, bevor sie sich langsam hinsetzen und sie schnell auf den neuesten Stand gebracht werden was den Grund seiner Anwesenheit und der Anwesenheit eines Menschen angeht. Nur gibt es der Sache mehr Anspannung, als dass es sie entspannen sollte und so ist es kein Wunder, dass der Beginn dieses Treffens nicht nur ein wenig holprig ist, sondern auch versehen ist mit vielen nervösen Blicken und dem Wunsch dass man das hier ohne Zwischenfälle schafft zu besprechen. Und dass man sich in diesen Communitys darum kümmert, dass Vampire in die Gesellschaft integriert werden und wissen, wie sie sich in der Nähe von Menschen zu verhalten haben.
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