Feiern/Fest

Michelle hielt kurz inne, bevor sie auf die Klingel des gelben Hauses drückte. Wieso tat sie sich das an? Gerne würde sie jetzt einfach nach Hause gehen, sich in ihr Bett legen und schlafen. Aber heute nicht.
Sie hatte sich schick gemacht, sich sogar richtig geschminkt und ihr schönstes Outfit, bestehend aus einem Crop Top und ihrer Lieblingsjeans, angezogen. Tatsächlich gab es nur einen Grund, wegen dem sie das getan hatte und ohne diesen Grund wäre sie auch eigentlich nicht gekommen.
Sie hasste Partys, generell Orte an denen viele Menschen waren und hielt sich so gut wie möglich von ihnen fern. Warum also war sie jetzt hier? Wie eben genannt gab es eigentlich nur einen Grund dafür und dieser öffnete ihr nun die Tür.
Ein dunkelhaariger Junge stand vor ihr und sah sie mit seinen wunderschönen Augen an. Eigentlich waren sie ja nur braun, doch Michelle fand, dass sie ganz besonders aussahen. Kurz verlor sie sich in ihnen, bis eine hohe Stimme sie wieder in die Realität zurück holte.
"Jonah! Wer ist da an der Tür?" Jonah, der Junge in den Michelle nun schon seit zwei Jahren verliebt war, drehte sich von ihr weg und machte Platz für seine jüngere Schwester, Alice die sich nun auf Michelle schmiss und sie etwas zu doll umarmte. Doch darüber brauchte man sich nicht wundern. Sie tat das bei so gut wie allen Leuten, auch bei denen die sie nur wenig kannte. Zu diesen Menschen gehörte Michelle, doch es störte sie nicht sonderlich.
"Komm rein", sagte sie nun, nachdem sie Michelle wieder los gelassen und Jonah aus dem Flur geschubst hatte, denn zu dritt war dort kein Platz. Sie betraten das Wohnzimmer in dem sich Unmengen von Luftschlangen und Ballons befanden. Über der Tür hing eine große 18, welche deutlich den Anlass der heutigen Party zeigte und ein Haufen von Leuten, die Michelle alle nicht kannte, tanzten oder standen herum, denn Alice war am Donnerstag 18 geworden und musste das nun feiern. Michelle, die schon vor einigen Monaten 18 geworden war, hatte nicht wirklich gefeiert. Ihre Großeltern, ihre Tante und ihr Onkel waren gekommen und hatten ihren Cousin mit gebracht. Freunde zum feiern hatte sie nicht wirklich und große Partys, mit allen Leuten die man kannte, waren nicht wirklich ihr Ding. Alice und Michelle kannten sich nur aus ihrem Englisch Kurs und das eine Mal, wo sie zusammen gearbeitet hatten, war Alice eigentlich ziemlich nett gewesen. Doch gerade war sie wie ausgewechselt. Sonst eher etwas schüchtern, tanzte das Geburtstagskind ausgelassen mit ihren Freundinnen und hatte den Spaß ihres Lebens.
Michelle sah sich nach einer Sitzmöglichkeit um und entdeckte einen freien Stuhl, etwas Abseits der anderen. Zielstrebig lief sie darauf zu, lief dabei einmal fast in einen Jungen mit blonden Haaren und schaffe es schließlich, nach viel entschuldigen zum Stuhl. Sie ließ sich außer Atem darauf fallen und es fühlte sich so an, als wäre sie sehr viel mehr gelaufen, als nur einmal durch den Raum. Ihre Ausdauer war echt am Arsch und das obwohl sie Handball spielte. Dort hatte sie auch Jonah näher kennen gelernt. Naja, was hieß denn näher? Er spielte eine Mannschaft über ihr und sie sah oft bei seinen Spielen zu. Überhaupt sah sie ihm gerne zu.
Wie auch jetzt. Er kam aus der Küche mit einigen Getränken, die er auf den Tisch stellte. Dann lief er einmal quer durch den Raum, in Michelles Richtung und es sah so aus, als wollte er zu der Tür, neben der sie saß. Doch bei ihr angekommen blieb er stehen und setzte sich neben sie. Ihr Herz fing an schneller zu schlagen und ihr Mund wurde trocken. Als er sie dann auch noch ansprach wäre sie wohl fast vom Stuhl gefallen, hätte sie sich nicht fest gehalten. "Alles gut bei dir? Du bist so alleine". Michelle seufzte innerlich. Er sorgte sich um sie.
Schnell schüttelte sie den Gedanken ab und versuchte zu antworten, was erstaunlich gut funktionierte. "Ich bin einfach nicht so ein Fan von Partys", gab sie zu und sah ihn vorsichtig an. "Ich finde sie eigentlich ganz in Ordnung. Die von meiner Schwester sind mir nur meistens etwas zu voll. Alles Leute die ich gar nicht kenne". Er lachte kurz, was verdammt süß war und sah sie dann an, so als müsste er überlegen. "Du heißt Michelle, oder? Ich habe dich beim Handball gesehen. Du spielst gut". Michelle musste sich jetzt wirklich zusammen reißen, damit sie nicht doch noch vom Stuhl viel. Sie holte kurz Luft und antwortete dann: "Ja, so heiße ich. Du bist Jonah, hab ich recht?" Natürlich hatte sie recht. Sie kannte seinen namen schon ziemlich lang, doch das wusste er ja nicht und er sollte auch nicht denken, dass sie eine Stalkerin war.
Leise fügte sie dann noch ein "Danke" hinzu, schließlich hatte er ihr eben ein Kompliment gemacht. Er lächelte sie freundlich an und wollte gerade auf ihre Frage antworten, als jemand seinen Namen rief und ihn zu sich winkte. Es waren ein paar von seinen Freunden, soweit Michelle das wusste und so stand er auf, drehte sich aber noch einmal zu ihr: "Hoffentlich können wir nochmal miteinander reden. Das war nett". Er sah sie kurz an und sagte dann im vorbei gehen. "Und du hast recht. Mein Name ist Jonah". Dann war er bei seinen Freunden angekommen und Michelle fiel nun wirklich vom Stuhl, wodurch sie sich einige abschätzende Blicke einfing. Schnell stand sie auf und sah kurz zu Jonah um sicher zu gehen, dass er es nicht bemerkt hatte, was zum Glück auch der Fall war, denn er stand ziemlich von ihr entfernt und mit dem Rücken zu ihr. Sie flüchtete sie in den Flur und in das große Badezimmer, welches dort war. Dann setzte sie sich auf den Rand der Badewanne um erstmal alles zu verdauen. Jonah war freiwillig zu ihr gekommen, kannte ihren Namen und hatte ihr sogar ein Kompliment gemacht, auch wenn Michelle fand, dass sie nicht wirklich gut im Handball spielen war. Aber das war ja jetzt auch egal, denn sie war überglücklich.

Die Badezimmertür öffnete sich und der blonde Junge, gegen den sie eben gelaufen war, kam herein. Schreckhaft und tollpatschig wie sie war, fiel Michelle vom Rand und in die Badewanne, wodurch der Junge, der gerade die Tür geschlossen hatte, sich erschrocken umdrehte. "Oh tut mir Leid". Michelle stellte sich mit etwas Mühe hin und sah ihn an. "Soll ich gehen?" fragte er verunsichert. Sie sah ihn kurz verwundert an. "Ähm...nein du kannst hier bleiben. Wolltest du auf's Klo?", fragte sie, leicht beschämt. "Nein. Ich wollte nur alleine sein", antwortete er ihr. Michelle setzte sich wieder auf den Badewannenrand. "Ist dir auch zu viel los unten", fragte sie dann und bekam als Antwort nur ein nicken. "Mir auch", sagte sie dann, mehr zu sich selbst als zu ihm. Kurz herrschte Stille. "Warum bist du dann hier?". Eine berechtigte Frage, wie Michelle fand und so sagte sie: "Es gibt da einen Jungen. Ich mag ihn und er ist auch hier. Ich traue mich nie ihn anzusprechen, also dachte ich mir, ich mache es jetzt einfach". Sie dachte an das Gespräch zurück und fand, dass es gut gelaufen war, auch wenn er sie angesprochen hatte und dann fragte sie sich, warum sie das gerade diesem fremden Jungen erzählt hatte. Sie wurde rot und versuchte das eben gesagte mit einer Gegenfrage zu vertuschen: "Und du?" fragte sie vorsichtig. "Ich wurde von meinen Freunden gezwungen". Er lachte "Ich bin übrigens Jakob und du?" "Michelle".
So redeten sie eine ganze Weile weiter, sie immer noch auf dem Badewannenrand sitzend und er stehend, bis er sich irgentwann dann neben sie setzte und so langsam fing Michelle an, ihn sympathisch zu finden. Nicht auf eine romantische Art und Weise, aber irgentwie anders. Es musste wohl Freundschaft gewesen sein, denn es fühlte sich irgentwie vertraut an. So als könnte sie ihm alles sagen. Michelle hatte noch nie wirklich Freunde gehabt, umso glücklicher war sie jetzt vielleicht einen gefunden zu haben.
Irgentwann beschlossen die beiden zu gehen und irgentwo in der Dunkelheit ein Eis zu essen, auch wenn wahrscheinlich keine Eisdiele mehr auf hatte. Vielleicht interpretiere Michelle einfach zu viel in ihre Gefühle hinen, doch für den Moment war sie so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Der Abend war toll gewesen und vielleicht würde daraus ja eine neue Freundschaft entstehen☆

amaliaflower214 ich hoffe euch hat diese Geschichte gefallen ^^ ♡