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"Ihr hättet wirklich nicht mitkommen müssen."
"Kuroo hat uns gezwungen dich zu begleiten", erwiderte Akaashi ganz trocken, weshalb Bokuto ihm unsanft in die Seite stieß.
"Hör nicht auf ihn, Taiga! Das machen wir doch gerne", widersprach er seinem Teamkollegen.
Grinsend richtete ich den Blick wieder aus dem Fenster des Busses während wir uns auf den Weg zur Nekoma machten.
Da Kuroo mit seinem Training in letzter Zeit so viel um die Ohren hatte und wir uns deshalb nicht sehen konnten, hatte ich einfach beschlossen ihm an seiner Uni einen Besuch abzustatten.
"An der nächsten Haltestelle müssen wir aussteigen", ließ Akaashi uns wissen.
Eigentlich war Bokuto um genau zu sein keine besonders große Hilfe, da er selbst nicht genau wusste wo sich die Nekoma befand. Deswegen hatte Kuroo wohl auch Akaashi gebeten mitzukommen.
Es war ein äußerst warmer Nachmittag heute, ein wenig zu schwül für meinen Geschmack, doch es war auszuhalten. Die Sonne wärmte einem angenehmen die Haut und war nicht so penetrant wie die letzten Tage.
Nachdem wir ausgestiegen waren, mussten wir ein gutes Stück laufen, was einem dank Bokutos Geschichten gar nicht so lang vorkam. Es dauerte circa 15 Minuten, bis wir endlich angekommen waren und das Gebäude sehen konnten.
"Es sieht ganz anders aus, als ich es mir vorgestellt habe", merkte ich an, während wir drei den Campus überquerten.
"Fehlt etwa das Monster, dass die heiligen Mauern beschützt?", entgegnete Akaashi so sarkastisch wie immer, weshalb ich nur lachend die Augen verdrehte.
Da es die Universität schon so lange gab, hatte ich mit uralten Gebäuden gerechnet. Allerdings war es hier viel moderner, als erwartet.
"Dort vorn ist die Sporthalle!", erkannte Bokuto erfreut, weshalb er wieder ganz hibbelig wurde.
"Man, jetzt enspann dich oder Coach Nekomata wirft dich hochkant raus!", warnte der schwarzhaarige unseren Freund, als wir uns der Sporthalle näherten, dessen Tür glückerweise offen stand.
Doch Akaashis Rat traf auf taube Ohren, denn sobald Koutarou Bokuto einen Volleyball zu sehen bekam, war er nicht mehr zu stoppen.
"Hey! Hey! Hey!", rief unser Pinselkopf euphorisch, nachdem dieser die Halle selbstsicher wie immer betreten hatte.
"Er ist und bleibt unverbesserlich."
"Das mag sein", stimmte ich zu. "Und trotzdem lieben wir ihn, nicht wahr?"
Für einen kurzen Augenblick erhaschte ich einen Blick auf Akaashis völlig überrumpelten Gesichtsausdruck, welcher ihn verriet, ehe ich auch schon von Kuroos Teamkameraden angesprochen wurde.
"Da ist ja auch die Lady unseres Kapitäns!", konnte ich Yamamoto hören und wunk deshalb erst einmal in die Runde.
Komischerweise fühlte ich mich weniger unwohl, als vermutet. Was wohl daran lag, dass ich mittlerweile mehrere Gesichter beim Namen nennen konnte und auch schon mit einigen von ihnen gesprochen hatte.
Kuroo kam mit einem fetten Grinsen auf mich zu, nachdem er sich mit seinem Handtuch den Schweiß von seiner Stirn gewischt hatte.
"Da hat es wohl jemand her geschafft." Wir lächelten uns an wie zwei Vollidioten, doch das war uns beiden egal.
"Pass diesmal aber besser auf dein Gesicht auf, Kuroo!", lachte Lev im Hintergrund.
"Halt deine Klappe, Haiba!", schoss dieser sofort sichtlich peinlich berührt zurück.
Als sein Training schließlich weiter gehen musste und Kuroo sich von mir entfernte traf mein Blick auf den seines Trainers. Da ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, verbeugte ich mich bloß höflich vor ihm, was er mit einem anerkennenden Nicken erwiderte.
Ich ging rüber zu Akaashi, der damit beschäftigt war Bokuto zurückzuhalten.
"Ach bitte, Akaashi. Nur für zehn Minuten!", bettelte er mit einem perfekten Hundeblick.
"Nein, du störst so bloß das Training!"
Während ich den muskulösen jungen Mann vor mir so musterte, stellte ich erschrocken fest, dass seine Hände und Finger übersät mit Rissen und Schwielen waren. Sie waren noch ganz frisch.
"Bokuto!", entkam es mir schockiert, als ich nach seinen Händen griff, damit ich diese näher begutachten konnte.
"Was hast du bloß gemacht?"
Seine goldenen Augen lagen auf seinen Händen, als ich ihn besorgt ansah.
"Ach, nichts schlimmes. Ich arbeite nur an einer neuen Technik." Als sein Kopf sich hob sah er erst kurz zu Akaashi rüber, bevor er mich anschaute.
"Nichts schlimmes? Das sieht total übel aus! Du solltest dich besser um deine Hände kümmern oder du hast nicht mehr lange dein Stipendium."
Ehrfurcht stand in seinen goldenen Augen, als ich ihm diese kleine Moralpredigt hielt.
"Es ist lieb das du dich um mich sorgst, Taiga~" Der Größere fing an meinen Kopf zu tätscheln wie einen Hund, weshalb ich gegen sein Bauch boxte, damit er aufhörte.
"Das ist mein ernst, also lass den Quatsch!", zischte ich streng, während er sich wehleidig krümmte.
"Du machst mir Angst, Nana-chaaaan!", beschwerte er sich und versteckte sich schließlich hinter Akaashi.
"Sie hat recht, Koutarou. Du solltest besser auf deine Hände acht geben, wenn du Volleyballspieler werden willst", stimmte mir dieser jedoch zu.
Wir schafften es Bokuto davon zu überzeugen, dass es besser für ihn wäre, wenn er seine Wunden verarzten lassen würde. Deshalb verschwanden Akaashi und er zur Krankenschwester, die hoffentlich noch da war.
Ich stattdessen konnte mir seelenruhig Kuroos Anblick gönnen.
"Hey, Lev!", der schwarzhaarige mit seiner Sturm-Frisur wunk sein Teammitglied zu sich rüber, damit dieser seine Position übernahm.
Als er dann plötzlich auf mich zukam, war ich um ehrlich zu sein ein wenig überfordert.
"Du kriegst doch sicher ärger, wenn du bei mir rumhängst", erinnerte ich ihn stirnrunzelnd.
Doch darauf reagierte der junge Mann überhaupt nicht und als er dann nach meiner Hand griff und mich unsanft hinter sich her schliff, bemerkte ich erst, dass er irgendwie grimmig aussah.
"Wohin gehen wir?", fragte ich ihn, als wir die Sporthalle bereits verlassen hatten und nun bei den Umkleiden vorbeikamen.
Er antwortete mir nicht, sondern blieb an der Wand hinter den Stufen, welche zur Tribüne führten stehen und ließ meine Hand los.
"Alles okay?" Ich legte den Kopf schief, während ich zu ihm herauf sah.
Seine Züge wirkten gehemmt. Als wäre er furchtbar verärgert, aber wolle es mir nicht zeigen. Stattdessen starrte er einfach mit gerunzelter Stirn in die Ferne.
"Tetsurō?" Mit einem frechen Grinsen fing ich an ihn zu piesacken. Ich kniff ihn beispielweise spielerisch in seinen Arm, oder piekste ihn mit meinen Zeigefingern, doch darauf reagierte er überhaupt nicht.
Doch als ich meine Arme um seinen Hüften schlang und unsere Körper sich berührten, erlangte ich endlich eine Regung seinerseits.
"Lass das, Taiga", bat er mich und klag dabei so, als würde er genau das Gegenteil meinen.
"Ich will aber nicht", gab ich zurück, weshalb er mir endlich den Blick zuwandte.
In seinen braunen Augen brodelte eine Emotion, die ich bisher nicht identifizieren konnte.
"Ach, nein?"
Kuroo drängte mich plötzlich zurück, weshalb ich ungeschickt nach hinten stolperte. Sein Gesichtsausdruck war so intensiv, dass es mich total überforderte.
Erst als ich die Wand in meinem Rücken spürte, blieb ich stehen. Kuroo beugte sich zu mir vor, raubte mir damit all meinen Atem.
"Du verstehst dich ziemlich gut mit Bokuto."
Verwirrt blinzelte ich ihn an und verstand ehrlich gesagt nicht wie er jetzt darauf kam.
"Und?"
Die Falte zwischen seinen Augenbrauen wurde augenblicklich noch tiefer.
Freute er sich denn nicht darüber, dass ich mich so gut mit seinen Freunden verstand?
"Stört es dich, dass ich mit deinen Freunden befreundet bin?", wollte ich von ihm wissen, während sich in meinem Magen ein Knoten gebildet hatte.
Kuroo platzierte seine Hände neben meinem Kopf und seufzte tief.
"Das ist es nicht. Nein, ich finde es sogar richtig gut, aber... ihr steht euch so nah... das nervt." Er wich für einen Moment meinem Blick aus und musste sich fangen, ehe er mir erneut in die Augen sah.
Eifersucht?
"W-was? Aber das ist doch total bescheuert!"
Eifersucht war eine der vielen Dinge, die ich von Raiden nie gekannt habe. Er war einfach nicht der Typ der eifersüchtig wurde. Vielleicht weil er ein zu großes Ego hatte oder weil er einfach viel Selbstvertrauen besaß oder weil er einfach zu gut wusste, wie sehr ich ihn geliebt hatte.
Natürlich war es gut keinen Kontrollfreak als Freund zu haben, der ständig wissen wollte mit wem ich zusammen war und der mir verbot mich mit anderen Jungs außer ihm zu treffen.
Aber damals hätte ich mir das manchmal gewünscht. Zu sehen, dass ich ihm wichtig war und er mich nicht an jemand anderen verlieren wollte.
Doch jetzt wo ich hier vor Kuroo stand und mir diese Absurdität zu Ohren kam, machte es mich einfach nur fassungslos.
"Ich weiß, dass es dämlich ist... aber als du vorhin seine Hände so gehalten hast... Ach, verdammt ich komme mir vor wie ein Neandertaler!" Kuroo ließ beschämt den Kopf sinken.
"Du Vollidiot", sagte ich lachend und nahm schließlich sein Gesicht in die Hände, damit er mich ansehen musste.
"Bokuto ist wie ... ein trotteliger großer Bruder für mich und du bist... naja ... eben du."
Verzeih mir Pinselkopf.
Nun schlich sich auch auf seine Lippen ein Schmunzeln, welches er nicht verbergen konnte.
"Stört es dich nicht, dass ich so verschwitzt bin?" Vorsichtig legte der lange schwarzhaarige seine Hand auf meine linke Wange, so als könne ich jeden Augenblick daran zerbrechen.
"Überhaupt nicht." Ich schüttelte meinen Kopf verneinend.
"Dann..." Kuroo lehnte sich noch ein ganzes Stück vor, sodass sein Atem meine Lippen kitzelten.
Der Knoten in meinem Magen hatte sich längst zu Schmetterlingen verwandelt.
"Darf ich dich küssen?", hauchte er nur noch, weshalb ich als Antwort meine Augen einfach schloss.
Denn es waren keine Worte dazu mehr nötig.
Seine Lippen streiften die meinen ganz zärtlich, doch genau in derselben Sekunde hörten wir auf einmal auch Bokutos penetrante Stimme.
"Taiga kann richtig gruselig sein!", beschwerte er sich.
Wir beide hatten unsere Augen weit aufgerissen und starrten uns schweigend an.
Als ich eine Säule entdeckte hinter der wir uns verstecken konnten, packte ich Kuroo beim Handgelenk und zerrte ihn mit.
"Was machst du?!", flüsterte er, doch ich drückte ihn nur gegen den Pfeiler und hielt ihm den Mund anschließend zu.
"Pass in Zukunft besser auf dich auf. Kannst du mir das versprechen?"
Ich schürzte die Lippen, als ich Akaashi hörte, denn sonst hätte ich wohl losgeschrien.
"Keiji...", entkam es Bokuto ganz erstaunt."Hast dir etwa auch sorgen gemacht?"
"Natürlich, schließlich bist du doch unser Kapitän."
Enttäuscht lugte ich über den Rand der Säule hinweg, damit ich die beiden sehen konnte.
"Achso." Auch Bokuto schien diese Antwort nicht gefallen zu haben.
"Und außerdem brauche ich dich noch", fügte Akaashi plötzlich hinzu und nahm eine von Bokutos Händen, die mit Bandagen behandelt worden waren.
"Also versprich es mir. Okay?"
Ich versteckte meinen Kopf schnell wieder hinter der Steinsäule und entdeckte dann auch Kuroos dreckiges Grinsen.
"V-versprochen."
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