08. Verarztung und Verführung
Antonio alias Mr. entjungfernder Professor schaut mich überrascht an, während er versucht, meine letzten Worte zu verinnerlichen. Es legt einen Finger über seinen Mund, um sein erheitertes Grinsen vor mir zu verstecken. »Wie hast du mich gerade genannt?«, fragt er schmunzelnd und mustert mich neugierig und interessiert.
Ich blinzele und denke für einen Moment nach, um zu verstehen, auf was er denn gerade hinaus möchte. Mein Gehirn läuft auf reduzierter Leistung, was ich dem vermaledeiten Alkohol zu verdanken habe. Abwehrend hebe ich anschließend meine Hände vors Gesicht, weil mir das Nachdenken gerade nicht wirklich wohl bekommt. »Darf ich eventuell erst einmal aufstehen, bevor du mich mit Fragen bombardierst?«, zicke ich.
Er lacht kurz belustigt auf und hält mir danach eine Hand hin, um mir wieder auf die Beine zu helfen, nachdem ich über diesen blöden Mülleimer gestolpert bin. Ich frage mich sowieso, wieso er mitten auf dem Flur stand. Er zieht mich ein wenig zu hastig nach oben, sodass mir leider leicht schwindelig wird und ich mein Gleichgewicht gleich ein zweites Mal verliere. Für einen Moment dreht sich alles und mir wird schwarz vor Augen, ich habe sogar das Gefühl, langsam zur Seite zu kippen, fühle jedoch keinen schmerzhaften Aufprall, weshalb mir meine Vorstellungskraft einen fiesen Streich spielt.
»Gemütlich?«, erkundigt Antonio sich amüsiert und ich nicke selig lächelnd. Ich fühl mich ziemlich wohlig warm und kuschele mich noch näher an seine Brust, weil er mir Halt schenkt. Es dauert einen Moment, bis es endlich bei mir Klick macht.
Ich liege in seinen Armen!
Anscheinend habe ich mich doch nicht geirrt und bin ich tatsächlich umgekippt. Und als wäre das nicht genug, bin ich direkt in die Arme von Antonio gefallen. So schnell ich mich bewegen kann, ziehe ich mich zurück und blicke ihn unter schweren Lidern entschuldigend an. »Das war keine Absicht«, versichere ihn ihm und sehe auf sein weißes Hemd, weil er seine schwarze Anzugjacke nicht mehr trägt. Dort, wo vor wenigen Sekunden mein Kopf geruht hat, befindet sich ein hellroter Fleck. Ich fasse mir vorsichtig an meinen Kopf und zucke schmerzhaft zusammen, als ich eine Wunde erfühle, die sich knapp über meiner Stirn befindet. »Na toll«, seufze ich.
»Alles in Ordnung?«, fragt er, weil ich plötzlich still und geschockt bin.
Ich zeige schuldig auf sein Hemd, welches ich mit meinem Blut versaut habe. »Ich schulde dir ein neues Hemd, schätze ich, es tut mir wirklich leid«, erkläre ich ihm.
Zuerst scheint er nicht zu kapieren und zieht verwirrt die Augenbrauen zusammen, ehe sein Blick langsam an seinem Oberkörper hinabwandert und er den Blutfleck erblickt. Seine Gemütslage verändert sich schlagartig. Innerhalb einer Sekunde hat Antonio die Entfernung zwischen uns überbrückt und schaut sich besorgt meine Wunde an. »Es scheint nur eine Platzwunde zu sein, aber ich kann mir nicht allzu sicher sein, weil es zu duster ist«, erklärt er, während er die Strähnen meines Haares zur Seite schiebt, um besser sehen zu können. Es fühlt sich schön an, wie er vorsichtig durch meine Haare streicht und meine Kopfhaut streichelt. »Komm, ich will mir deine Wunde genauer anschauen«, sagt er ruhig und streckt mir seine Hand aus. »Ich habe immer einen Erste-Hilfe-Koffer im Büro.«
Nachdenklich schweift mein Blick zwischen seiner ausgestreckten Hand und ihm hin und her, um eine Entscheidung zu fällen. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob es eine gute Idee wäre, wenn ich in meinem angetrunkenen Zustand mit ihm mitgehe. Gut, ich habe wieder einen halbwegs klaren Kopf, nachdem ich ihn mir gestoßen habe, trotzdem sind meine Hemmungen noch immer ziemlich durch den Alkohol abgeschwächt. Ich weiß, was das letzte Mal passiert ist, als ich mich so leicht und luftig und mutig gefühlt habe.
»Ich glaube das ist nicht notwendig«, erkläre ich also und trete einen Schritt zurück.
Antonio hebt wegen meines Zurückweichens seine Augenbraue. »Das war keine Bitte.«
Ich verschränke meine Arme vor der Brust und schaue ihn wegen seiner Unverfrorenheit provozierend an, weil ich mich nicht von ihm herumkommandieren lasse. »Tja, Pech, denn das ist meine Antwort«, sage ich zwinkernd. Er legt seinen Kopf schräg und beobachtet meine abwehrende Haltung amüsiert. »Du bist als mein Professor zwar weisungsbefugt, doch wir befinden uns außerhalb der Unterrichtszeiten, weshalb du mich getrost kreuzweise kannst«, sprudelt es aus mir heraus, sodass ich kichern muss, weil ich sowas sonst niemals von mir geben würde. Ja, meine Hemmungen sind wirklich nicht mehr existent. Ha – ich liebe es.
»Na wenn das so ist, kann ich mich ruhig noch unbeliebter bei dir machen.«
Ich will ihn gerade fragen, was das zu bedeuten hat, als er mich innerhalb eines Augenblickes auf seine Arme hebt und mich in sein Büro trägt. »Hey, was soll denn das?«, rufe ich aufgebracht aus und schlage gegen seine Brust, damit er mich runterlässt. »Ich habe eigentlich gedacht, dass Frauen in diesem Zeitalter selbst über ihr Leben bestimmen dürfen!«, brumme ich anklagend, während ich weiter nach ihm schlage, obwohl ich diesbezüglich lieber die Klappe halten sollte, wenn man mein Leben betrachtet.
»Und du hast vergessen, dass ich ein ausgezeichneter Unfallchirurg bin. Ich habe mich dazu verpflichtet, Menschen zu retten. Und ich will doch einfach nur sicher sein, dass du durch deine Alkoholeskapaden keine Schäden davonträgst.«
»Welche Alkoholeskapaden?«
»Als ich dich kennengelernt habe, hast du auch getrunken und anschließend deine Jungfräulichkeit aus dem Fenster geworfen. Und heute hast du so viel getrunken, dass du über einen Mülleimer fällst und dich verletzt«, sagt er und schenkt mir ein Zwinkern. »Ich sage nicht, dass ich ersteres schlecht fand, doch ich will nicht, dass du dich durch zu starken Alkoholkonsum verletzt. Vertrau mir, Alkohol ist keine Lösung und du willst definitiv nicht süchtig werden«, erklärt er und lächelt mich traurig an, als er mich in seinem Büro auf einem Stuhl absetzt.
»Ich trinke eigentlich nie, wirklich. Ich habe mich wohl einfach nur ein wenig hinreißen lassen ... zu sehr ... du weißt schon, Partys, Gruppenzwang. ABer das wird nicht mehr passieren. Außerdem wird man nicht so schnell süchtig«, sage ich überzeugt, woraufhin Antonio leise seufzt.
»Glaub mir, dass passiert schneller als gedacht, Scarlet. Und im Handumdrehen hast du alles verloren, was dir lieb ist.«
Ich blinzele und denke über seine Worte nach, während er in seinem Schrank nach dem Erste-Hilfe-Koffer kramt. »Ich habe in den letzten dreiundzwanzig Jahren nur dreimal Alkohol getrunken; an meinem 18. Geburtstag, letztes Wochenende und heute Nacht. Ich habe mich also tatsächlich unter Kontrolle, selbst wenn es jetzt nicht danach ausschaut«, versichere ich ihm, weil ich nicht möchte, dass er schlecht von mir denkt. Eigentlich sollte es mir egal sein, doch ich kann dieses Bedürfnis einfach nicht unterdrücken. Ich mag ihn.
»Nur dreimal?«, fragt er, während er sich überrascht zu mir herumdreht.
»Mein Vater ist ziemlich streng. Und weil ich bis letzte Woche bei meinen Eltern gewohnt habe, hatte ich nie wirklich die Chance, mein Leben zu leben. Hätte mein Vater mitbekommen, dass ich mich spätnachts rumtreibe, hätte er mir wahrhaftig das Leben zur Hölle gemacht«, erkläre ich, als er den Koffer auf den Schreibtisch stellt und sich zu mir herunterbeugt. Seufzend füge ich hinzu: »Er würde es auch jetzt machen, wenn er wüsste, was ich treibe...«
»Darf ich?«, fragt Antonio, ohne auf meine Worte einzugehen, und bittet um Erlaubnis, die Wunde zu inspizieren. Als ich zustimmend nicke, legt er seine Hand an meine Wange und drückt meinen Kopf zur Seite, damit er einen besseren Blick auf die Wunde an meinem Kopf bekommt. »Ich habe immer gewusst, dass seine Freundlichkeit und Fürsorglichkeit gespielte Fassaden sind. Ich meine, so viel kann ihm seine Familie nicht bedeuten, wenn er nach nur zwanzig Minuten die Festlichkeiten heute verlassen hat«, murmelt er kopfschüttelnd und schaut sich konzentriert meine Wunde an.
»Dreißig.«
»Hm?«, macht er irritiert und hält inne.
»Er war nicht nur zwanzig Minuten da, sondern eine halbe Stunde«, antworte ich, weil ich nicht zugeben mag, wie sehr ich meinem Vater zurzeit egal bin.
Er lächelt mich schwach an und legt seine Hand auf meine Wange. »Eindeutig«, fängt er an und streichelt diese sanft. »... zu wenig«, gibt er mir zu verstehen.
Er ist halb über mich gebeugt und sieht mir tief in die Augen, weshalb mein Herz schneller schlägt. Dieser Mann schafft es doch tatsächlich, dass ich weiche Knie bekomme. Sein maskuliner, berauschender Duft, seine wunderschönen rehbraunen Augen und die Art, wie er lächelt, bringt mich um den Verstand. Der Fakt, dass er mir so nah ist, macht es mir wirklich schwer, mich zurückzuhalten. Ich lehne mich weiter in meinem Stuhl zurück, um ein wenig Abstand zu schaffen, doch je weiter ich wegrücke, desto näher scheint er mir dadurch zu kommen. »Scarlet, schau mich bitte nicht so an«, fleht er mich leise an und schließt für einen Moment seine Augen, um erstmal ruhig durchzuatmen.
»Dann solltest du besser deinen Abstand halten, Antonio«, flüstere ich und lege meine Hand auf die seine, welche noch immer auf meiner Wange ruht.
»Und was ist, wenn ich das nicht möchte?«, gesteht er und schaut mir erneut in die Augen, nachdem er die Kraft dazu gefunden hat. Mein Herz setzt aus, als er sich weiter zu mir runter beugt. Sein Gesicht ist nur noch wenige Millimeter von meinem entfernt und sein Finger streicht über meine Lippen, weshalb sich alles in mir zusammenzieht. Ich kann gerade nicht sagen, was ich mir mehr wünsche. Dass wir diese Grenze nicht erneut übertreten oder dass wir endlich die letzten Hemmungen über Bord werfen? Eins ist gewiss - es ist ein ziemlich, ziemlich, ziemlich gefährliches Spiel mit dem Feuer.
»Wir dürfen nicht«, flüstere ich und schließe meine Augen, um nicht erneut im Bann seiner Augen gefangen zu werden. »Wir sollten nicht«, sage ich fast tonlos, als ich den Ansatz seiner Lippen auf meinen spüre.
»Scarlet, schau mich an«, bittet er mich und ich tue ihm den Gefallen, meine Lider zu heben, doch sehe sicherheitshalber auf den Boden. Seine Hände wandern zu meinem Kinn und er hebt es leicht an, sodass ich ihm in die Augen blicken muss. »Sag nein«, fordert er und schaut mich unnachgiebig an. »Sag nein und ich werde mich zurückziehen, Scarlet«, fordert er mich halbherzig auf.
Die Welt hört auf, sich zu drehen, und alles woran ich denken kann ist, dass Antonio mich begehrt und haben will. Ich möchte in diesem Moment nicht daran denken, dass er mein Professor und dadurch verboten ist. Allerdings höre ich nach wie vor eine warnende Stimme, dass ich damit meine Zukunft aufs Spiel setze. Eine Entscheidung zwischen Herz und Kopf, zwischen Leidenschaft und Verpflichtungen und richtig und falsch. Diese Entscheidung kann jetzt mein gesamtes Leben auf den Kopf stellen und trotzdem würde ich die ganzen Risiken am liebsten eingehen. Aber ich bin wohl zu sehr die Tochter meines Vaters, um meinem Verlangen und Wünschen zu folgen. Und diese traurige Antwort werde ich ihm mitteilen müssen.
»Keine Antwort, kein nein.«
Und damit nimmt er mir die Chance mich aus dieser Affäre zu ziehen, weil mich seine Lippen treffen. Diesmal nicht mehr leicht und sanft, sondern fordernd und leidenschaftlich. Und je länger der Kuss dauert, desto weiter verschwinden die ganzen Bedenken in meinen Hinterkopf. Für mich zählt jetzt nur noch eins: Antonio. Ich will ihn fühlen, ihn spüren und erneut jede Faser seines Körpers erkunden, an welchen ich mich noch immer verdammt gut erinnern kann. Ich kralle meine Finger in sein Hemd und ziehe ihn näher an mich heran. Er kann sich nicht länger aufrechthalten, weshalb er sich auf den Boden kniet und ich mich nun zu ihm herunterbeugen muss.
Ich will ihn, jetzt.
Mit einem Ruck erhebe ich mich also von meinem Stuhl, drücke ihn auf den Boden, um mich danach auf seinen Schoß zu setzen. Seine Hände wandern zu meinen Hüften und anschließend zum Saum meines Kleides, wobei er unweigerlich meine nackten Oberschenkel streichelt. Jede Berührung entzündet ein kleines Feuerwerk in mir und ich verliere mich in seinen Zärtlichkeiten. Seine Lippen liebkosen meine entblößte Schulter, weil der Träger meines Kleides runtergerutscht ist. Meine Hände haben ein Eigenleben entwickelt und öffnen die Knöpfe seines Hemdes. Ich schiebe sein offenes Hemd über seine Schulter und berühre seine Brust. Langsam, aber fest zeichne ich mit meinem Zeigefinger sein hübsches Tattoo nach, woraufhin er aufstöhnt und den übrigen Träger meines Kleides entfernt, sodass es mir bis zur Hüfte rutscht. Seine Lippen küssen bis zu meinen Brüsten herunter, die noch immer von meinem weißen BH geschützt sind. Er drückt meine rechte Brust ein wenig nach oben, sodass diese aus meinem Cup springt und er sie mit seinem Finger streicheln kann. Mein Kopf fliegt nach hinten, als er mit der Zunge meine Brustwarze liebkost. Es ist genauso schön wie beim letzten Mal, denn er weiß, wie er mit Frauen umspringen muss, um sie verrückt zu machen. Und ja, ich bin gerade durchaus verrückt nach ihm.
»Scarlet?«, ruft Ava aus dem Flur, weshalb wir schnurstracks auseinanderfahren und die Magie der Stunde verglüht.
»Oh, Gott, was haben wir getan?«
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro