Wahrheit Mit Pflicht
Die Sommerferien waren schon rum. In London regnete es in Strömen, Regenschirm sah man schon fast überall. King's Cross war mal wieder völlig überfüllt. Muggel und Zauberer trafen sich an diesem Ort, der für beide besonders war. Ein schwarzhaariger Junge stand vor der Absperrung zwischen Gleis neun und zehn. Es war Terry Green. Auf seiner rechten Schulter nagte eine bräunliche Ratte an einer grünen Traube. Zwei fast identische Jungs gesellten sich zu ihm.
„Craig! Dylan!", rief Terry erfreut.
Schon schloss er die zwei Gebrüder in eine Umarmung. Als Terry sie wieder los ließ, zeigte er mit einem großen Lächeln auf die Ratte.
Er erzählte aufgeregt: „Die habe ich mir gekauft. Jetzt habe ich auch ein Haustier! Sie heißt Marco, wie mein Opa."
„Cool, cool. Können wir jetzt durch die Absperrung?", fragte Dylan.
Da kam auch Dennis Creevey dazu: „Erst möchte ich mich von meinen Jungs verabschieden."
Nach einer, nach Craigs Geschmack, viel zu langen Umarmung rannten die drei Freunde gegen die Absperrung. Im nächsten Moment waren sie schon im Gleis neundreiviertel. Zauberer und Hexen überall, kleine und große Lehrlinge bestiegen den dampfenden Zug. Craig erkannte einige bekannte Gesichter wieder, die von Olivia McLaggen, Lorcan, Lysander, Louis Weasley und weiteren Mitschülern. Er war von diesem Ort noch immer beeindruckt. Strahlend folgte er Terry und Dylan. Er rempelte aus Versehen eine Person an. Er drehte sich um, um sich zu entschuldigen, da klatschte man ihm eine Zeitung auf sein Gesicht.
„Wie fühlt es sich an, der große Held zu sein?", spottete Brianna, jedoch hörte man auch ihre Eifersucht heraus. „Ich habe gerade keine Zeit für Abfall."
„Dann wasch dich mal", konterte Craig.
Er entriss der Slytherin den Tagespropheten und warf ihn auf den Boden. Brianna wandte sich stirnrunzelnd ab, ihre Gefährten Martin und Lawrence folgten ihr in den Zug. Craig drehte sich nun nach vorne. Von Dylan und Terry war keine Spur. Der Gryffindor betrat den Hogwarts-Express. Mit seinem Koffer in der linken Hand kämpfte er sich durch die Mengen an Schülerinnen und Schüler. Der Zug war gigantisch, da konnte Craig Stunden brauchen, um seinen Bruder und seinen besten Freund zu finden. Er entdeckte ein Abteil mit drei Personen. Er lugte hinein. Lysander Scamander, James Potter und Mara Hupcoonoxtn saßen darin, sie unterhielten sich angeregt. Alle drei waren Stars der Quidditch-Mannschaft von Gryffindor. Craig öffnete die Tür.
„Kann ich mich hier hinsetzen?", fragte er die drei Gryffindors.
Es war James, der antwortete: „Ja, klar."
Craig setzte sich neben Lysander. Der Zug setzte sich in Bewegung, Hexen und Zauberer liefen ihm noch hinterher, während sie ihren Kindern zuwinkten, bevor der Hogwarts-Express unerreichbar für sie wurde.
„Was hältst du von Quidditch?", wollte James von Craig wissen.
Dieser erwiderte: „Ich finde es cool. Ich habe auch vor, der Quidditch-Mannschaft beizutreten."
„Dann wirst du wohl reinkommen", meinte Lysander. „Olivia hat mir von deinem Wronski-Bluff in deinem ersten Jahr erzählt."
„Denkst du?", fragte Craig den Kapitän der Quidditch-Mannschaft.
Lysander nickte. Craig konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Wolken am grauen Himmel verdichteten sich, eine Glühbirne im Abteil leuchtete sofort auf, als hätte sie erkannt, dass es dunkel wurde.
„Kennst du Wahrheit oder Pflicht?" Mara beäugte den kleinen Gryffindor.
Dieser verjahte, woraufhin sie aus ihrer Hosentasche einige lila Karten rausholte.
„Woher...?", stammelte James, aber Mara schnitt ihm das Wort ab: „In der Nokturngasse gibt es auch praktische Dinge."
Craig verstand rein gar nichts. Seit wann brauchte man für Wahrheit oder Pflicht Karten?
„Ich verstehe gerade rein gar nichts", erklärte er seine Lage den anderen.
James legte dar: „Normalerweise darf man außerhalb von Hogwarts nicht zaubern. In der Nokturngasse gibt es den Laden Stay'n'Pay, der verkauft Enigmakarten. Wenn man die in der Hand hält, kann man zaubern, wie man will, aber das Ministerium kriegt es nicht mit."
„Als erstes müssen wir alle aber den goldenen Schwur leisten", bemerkte Lysander.
Craig sprach nun: „Heißt es nicht der unbrechbare Schwur?"
„Wir meinen einen anderen", erläuterte Mara. „Holt eure Zauberstäbe raus, Jungs!"
Allesamt zogen sie ihre Zauberstäbe aus den Koffern.
„Spricht die Formel nach", verlangte Mara, „und danach den Zauber. Wer beginnt?"
„Ich", meldete James sich freiwillig. „Wahrheit oder Pflicht, steht beides vor Gericht, Lügen sind hier Sünden, das muss man nicht begründen, wenn alle sind da, die Regeln sind klar, so soll es auch gehen, in eure Geister zu sehen. Honeste!"
Craig, Mara und Lysander machten es ihm nach. Das Spiel hatte begonnen.
„Ich habe die Formel zuerst gesprochen, also bin ich als erster dran. Wen wähle ich?", fragte sich James. „Ich nehme mal dich, Mara. Wahrheit oder Pflicht?"
„Wahrheit", antwortete die Hüterin entschlossen.
James lächelte nun vergnügt: „Was war das peinlichste, was dir passiert ist?"
Mara schien auf einen Schlag nervös geworden zu sein.
Sie gab dem Gryffindor jedoch trotzdem ihre Antwort: „Als ich elf war, ist mir mal der Zauberstab in die Kloschüssel gefallen."
Wie es schien, gefiel James die Wahrheit nicht ganz, denn er sah angeekelt ihren Zauberstab an.
Mara war nun an der Reihe: „Wen nehme ich nur? Wahrheit oder Pflicht, Craig?"
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Craig stumm zugeschaut, jetzt war aber er an der Reihe. Sollte er Wahrheit wählen? Es könnten unangehme Dinge rauskommen, vielleicht sogar Craigs Geheimnis über seine Legilimentik! Wenn er aber Pflicht wählen würde, könnte er sich vorstellen, dass die Pflicht etwas mit Slytherins zu tun hatte.
Craig hatte sich nach ein paar Minuten entschieden: „Wahrheit."
„In wen bist du verknallt?", fragte Mara ihn.
Craig hatte sich eine schlimmere Frage vorgestellt, aber diese? Für ihn war es zum Lachen.
Beruhigt erwiderte er: „Bin ich nicht. Wahrheit oder Pflicht, Lysander?"
„Pflicht", beantwortete Lysander Craigs Frage ziemlich flott, als wäre er gestresst.
„Du gehst in das Abteil von Goodwin und Murray und sagst denen, dass sie viel besser in Quidditch sind als du", erwartete der Creevey. „Und das tust du mit einem neuen Look."
„Was meinst du damit?", erkundigte sich Lysander.
Craig richtete seinen Stab aber schon längst auf das Haar des Kapitäns.
„Crinus Muto!"
Lysanders Haar färbte sich pink, ihm stand es aber deutlich besser als Dylan.
„Den Zauber habe ich den ganzen Sommer lang gelernt, damit ich Brianna und ihrer Clique eins auswischen kann", erzählte er glücklich.
Das war Lysander aber nicht, seine Aufgabe war lächerlich. Aber er musste mitspielen. Die Gryffindors erhoben sich und betraten den Gang. Dieser war nur schwach beleuchtet und leer. Bald fanden sie das Abteil von Charles Murray und Heinrich Goodwin, den besten Quidditch-Spielern von Slytherin. Lysander war immer noch schlecht gelaunt. Craig, James und Mara entfernten sich etwas von ihm. Lysander trat in das Abteil ein.
„Was willst du hier?", knurrte Murray.
Lysander faselte drauf los: „Ich bin hier, um euch zu verehren! Ihr seid doch so viel besser in Quidditch als ich! Ich bin ein riesengroßer Fan von euch beiden!"
„Was laberst du da für einen Mist?", wollte Goodwin wissen.
James hielt es nicht mehr aus. Er lachte los, Mara machte es ihm gleich, auch Craig blieb nicht verschont. Neugierige Gesichter lugten in den Gang, um den Grund des Lärms zu erfahren. Murray und Goodwin starrten ebenfalls in den Gang.
„Gryffindors", zischte Goodwin.
Murray schubste Lysander aus dem Abteil, dann fiel die Tür davon ins Schloss.
„Endlich bin ich dran. Ich nehme Craig", verkündete Lysander mit einem ziemlich bösen Lächeln. „Trag das ganze Halbjahr lang nur Slytherin-Sachen."
„Was!? Das kann ich doch nicht tun!", widerredete Craig.
„Das ist schon ziemlich krass, aber Regeln sind Regeln. Lass uns zurück ins Abteil gehen", schlug Mara vor.
Lysander sah nun wieder drein wie er es sonst immer tat und Craig war mies gelaunt. Er konnte sich doch nicht wie ein Slytherin anziehen! Er wäre so doch nur eine Schande für sein eigenes Haus! Im Abteil angekommen, setzten sich die Gryffindors wieder auf ihre Plätze.
„Kannst du mein Haar wieder normal machen?", bat Lysander Craig.
Dieser erwiderte: „Also, eigentlich haben wir Gegenzauber noch gar nicht gelernt."
„Wir aber", meldete sich James zu Wort. „Finite Incantatem!"
Lysanders Haar bekam wieder ihre natürliche Farbe. Draußen war es finster geworden, aber es hatte aufgehört zu regnen. Craig stellte sich auf eine kurze Entspannung ein, da wurde die Tür plötzlich aufgerissen. Lorcan Scamander keuchte wie wild vor ihnen. Schwitzend stützte er sich am Türrahmen.
„Was ist passiert?", fragte Lysander alarmiert.
Aus Lorcan kamen nur drei Wörter heraus: „Du-weißt-schon-wer ist hier."
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