
-(8)- Puta!
Troye Sivan - Youth
Ehrlich gesagt hätte ich mir das Ganze nicht annähernd so vorgestellt, wie es wirklich ist.
Wer rechnet schon bitte damit, dass man die ersten zwei Tage zur freien Verfügung gestellt bekommt, um sich etwas ein zu leben?
Also ich nicht. Mathe ist jedenfalls nicht meine Stärke.
Nicht, dass es mir nicht gefällt, aber ich meine, wozu bin ich die zwei Tage dann schon hier?
Diese dumme Sendung, die ich mir schon den kompletten Nachmittag auf meinem Zimmer gebe, ist definitiv nicht das Highlight meines Lebens.
Überhaupt verstehe ich gerade einmal nur die Hälfte, da der Akzent der Lady nicht gerade leicht zu verstehen ist.
Aber was soll ich sagen; lieber gebe ich mir diese schlechte Sitcom als meinen Tag mit den Trotteln zu verbringen. Dieser kleine, alte Fernseher, der gut aus dem zweiten Weltkrieg stammen könnte, ist nicht gerade super, aber allemal besser als die Jungs.
Während ich mich immer wieder frage, was die Lady im Tv da überhaupt labert, gehe ich die Infobroschüre in Ruhe durch und versuche mich damit abzufinden, dass es Frühstück schon um 7.30 Uhr gibt.
Sieben Uhr dreißig!
Da befinde ich mich noch in den tiefsten Träumen!
Den Plan für meine Kur habe ich auch bereits erhalten. Und so richtig cool finde ich den ja auch nicht.
Wassergymnastik, Rückenmassage, Gelenkübungen, Waldspaziergänge ...
Hallo, wann habe ich denn bitte etwas Freizeit?
Es scheint mir wirklich, als wäre die komplette Woche bis auf's Äußerste durchgeplant.
Nein, und wann soll ich dann Tv gucken?
Mitten in der Nacht?
Ich höre, wie es laut an der Türe klopft und erhebe mich weniger motiviert von meinen Bett, auf dem ich mich ausgebreitet habe.
Als ich die Türe öffne strahlt mich ein grinsendes Mädchen an, mit langen Haaren und einer Zahnspange. Und sie sagt nichts, sie grinst mich einfach nur an.
"Hi?", sage ich dann verwirrt.
Anstatt mir zu antworten beginnt sie zu quietschen und hüpft vor mir auf und ab, nimmt meine Hand in ihre und schüttelt sie kräftig. Mein Blick wird immer irritierter.
"Ich bin Fernanda, aber nicht Veranda, das verwechseln viele. Ich bin siebzehn und ich liebe Burritos!", kreischt sie aufgeregt und beginnt auch noch auf und ab zu hüpfen.
"Aber du nennst mich bitte Nanda, ja?", verlangt sie noch, ehe ich überhaupt die Gelegenheit bekomme etwas zu sagen.
Dieses Mädchen ist doch verrückt!
Mir fällt ihr Akzent auf, den ich allerdings nicht zuordnen kann, und so zerbreche ich mir eher den Kopf darüber nach zu denken, welcher Akzent das sein könnte, als ihr zuzuhören. Ich meine, sie erzählt mir gerade was sie am liebsten auf ihrem Burrito drauf hat.
Was interessiert mich das denn? Da erscheint mir das Rätsel um den Akzent echt wichtiger.
"Hörst du mir überhaupt zu?", fragt sie mich dann schrill, und ich erschrecke völlig, weil ich eben so in meinen Gedanken vertieft war.
"Ja, ja klar", stottere ich nur ertappt und versuche das Ganze durch ein unschuldiges Lächeln zu übertuschen, was allerdings nicht wirklich klappt.
Sie schlägt mir einmal kräftig über die Wange. Und ich kann nicht anders als sie mit großen Augen und einer pochenden Backe anzugaffen.
"Wofür war das denn?", frage ich sie aufgebracht. Sie hebt ihre Nase nach oben, reckt das Kinn in den Himmel und schwingt die Haare über die Schultern nach hinten.
"Du hast mir nicht zugehört! Ich habe dir aber etwas erzählt! Das heißt du schätzt es nicht, wenn ic mit dir rede!"
"Ich kenne dich doch überhaupt nicht!", rufe ich aus und reibe mir mit schmerzendem Gesichtsausdruck die demolierte Backe. Ihr Blick wird mitleidig.
"Es war falsch von mir, oh mein Gott, kannst du mir verzeihen?", ruft sie dann und schlingt ihre Arme überrumpelnd über meinen Körper. Viel zu überrascht stürze ich mit ihr auf den Teppichboden und stöhne erst einmal auf. Dieses Mädchen wiegt mehr als man denkt!
"Bitte verzeih mir!", weint sie in meine Haare.
Womit habe ich das verdient?
"Schätze ich verzeihe dir", murmele ich in der Hoffnung sie lässt mich endlich alleine in mein Zimmer zurück.
"Du hast du so ein wundervolles Herz! Jetzt habe ich endlich eine Freundin mit der ich die nächsten Wochen reden kann, und stell dir vor, wir können uns gegenseitig die Nägel lackieren und dem gut aussehendem Personal Trainer zusammen hinterher gucken. Oh, das wird so toll!", schwärmt sie los und wendet sich von mir ab, nur um danach hüpfend den Gang entlang zu verschwinden.
Was ... war das?
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"Emma, du musst etwas essen!", sagt Liam neben mir streng als er mitbeobachtet, wie ich meinen Brokolie immer und immer wieder mit meiner Gabel ersteche. Ich drehe meinem Kopf zu ihm und blicke ihn nur stumm an.
"Wirklich. Er ist gut für dich. Gesund und er gibt dir wichtige Nährstoffe", redet er weiter, blickt die Jungs an in der Hoffnung eine Zustimmung von ihnen zu bekommen. Allerdings sind die viel zu sehr mit ihrem Pudding beschäftigt. Nur Louis nickt halb mit vollem Mund und streckt mir einen gehobenen Zeigefinger entgegen.
Meine Augen rollen sich schon von alleine, ohne dass ich etwas tun müsste.
"Lass gut sein. Ich hasse Brokolie."
"Deine zuständige Schwester meinte aber, dass du viel Gemüse essen musst!"
"Dann steck' mir doch 'ne Gurke in den Mund, wenn du so darauf abfährst mich mit gemüse zu mesten."
"Gurken bestehen aber größtenteils nur aus Wasser und fast keinen nährreichen Stoffen!"
"Woher hast du eigentlich den roten Fleck an deiner Backe?", wirft Zayn ein als er sich gerade seine Gabel voll mit Salat in den Mund stopft.
"Okay, ich glaube ich muss eine Sache klarstellen. Ihr seid nicht meine Mutter oder mein Vater oder irgendjemand, der auch nur ein Anrecht darauf hat mir zu sagen was ich essen, oder was ich machen oder wo ich mich aufhalten soll. Also um es kurz zu halten: In sechs Wochen, wenn diese Zeit vollständig verschwendet ist, werde ich mich verpissen und wir werden uns nie wieder sehen, also weshalb auch immer ihr das hier macht, lasst es sein, denn es bringt euch nicht die Bohne!"
"Ja, also Bohnen sind auch ziemlich gesund", fährt Liam fort und ignoriert meine kleine improvisierte Rede komplett. Genervt ramme ich die Gabel in den unschuldigen Brokolie und erhebe mich schnell von meinem Platz in dieser dummen Kantine, die nur so nach gedünstetem Gemüse stinkt.
"Ich verzieh' mich", murre ich nur, stecke die Hände in die vordere Tasche meines Hoodies und laufe los.
"Den Pudding ist du nicht mehr, richtig?", höre ich Niall noch schreien, aber antworten tue ich nicht.
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Dass diese Einrichtung wirklich nicht gerade wenig zu bieten hat, erkenne auch ich als ich in das Zimmer trete, dass eine Art Entspannungsraum vertritt um abends eventuell noch zusammen sitzen zu können.
Ich sehe Nanda und will am liebsten wieder umkehren und so schnell wie möglich den Raum verlassen, aber da hat sie mich schon gesehen und so bleibt mir nichts anderes übrig als zu ihr und der Gruppe zu treten.
"Hi! Oh du siehst wahnsinnig gut aus!", wirft sie mir sofort entgegen als ich in ihre Reichweite komme. Grinsend zieht sie mich in eine Umarmung und zieht mich auf den Platz neben ihr.
Zu meiner Überraschung erkenne ich auch die Lady aus der Lobby heute morgen hier, die mich wohl auch erkennt.
"Du bist doch das Bündel dieser Band, nicht wahr?", fragt sie verbissen. Schnell schüttele ich meinen Kopf und murmele ein paar klare Nein's in die Runde.
Wenn ich meinen Hassclub aufmachen will, dann muss ich auch dafür sorgen, dass ich eine ordentliche Mitgliedschaft erreiche.
"Da müssen Sie etwas falsch verstanden haben", drücke ich sofort wie auf Pistole raus. Die ältere Dame beugt sich nach vorne, wirkt irritiert und gleichzeitig auch interessiert. Auch die zwei anderen an unserem Tisch wirken nicht gerade, als würde sie unser Gespräch nicht interessieren.
"Wie ist dein Name, Kleine?", will sie wissen.
"Emma, und deiner?", frage ich zurück.
"Ich bin der Boss B", gibt sie zurück, was mich ehrlich gesagt etwas aus meiner obercoolen Fassung bringt. "Boss B?"
"Für dich immer noch Big Boss B!", verlangt sie und spuckt in einem perfekten Winkel in den Mülleimer rechts von ihr. Beeindruckt ziehe ich die Augenbrauen nach oben und klatsche ein bisschen Beifall.
"Nanda kennst du ja schon, nehme ich an. Das sind Dick und Doof", meint sie.
"Ihr heißt wirklich Dick und Doof?", frage ich nach.
"Wir wollen so heißen", lautet nur die Antwort.
Zugegeben bin ich etwas verwirrt. Ich meine, Doof ist eher der Dicke und sieht nicht annähernd so doof aus, wie er sich wohl nennen möchte.
Ich beginne so langsam zu glauben, dass wir uns hier in einer Irrenanstalt befinden anstatt einer Kureinrichtung.
"Squad!", quietscht Nanda neben mir aufgeregt und klatscht viel zu schnell in ihre Hände. Okay, mein armes Trommelfell.
"Also noch einmal: du magst diese Band nicht?", fragt mich Big Boss B in einer tiefen Stimme, während sie eine ihrer rötlichen Locken hinter ihr Ohr steckt. Zustimmend nicke ich.
"Warum bist du dann mit ihnen da?", will sie wissen. Ihre Hände tasten nach ihrer Brille, die auf dem Tisch liegt, allerdings ohne dass sie hinguckt. Ihre Augen blicken mich die ganze Zeit unangenehm an.
"Das weiß ich selbst nicht so genau", gebe ich unschlüssig zu und frage mich, wie das klingen muss. Ihre Blicke zeigen mir auf jeden Fall, dass meine Theorie nicht ganz so falsch ist.
"Ich bin im Krankenhaus aufgewacht - Gedächtnisverlust - und da waren diese Jungs und meinten wir sind befreundet gewesen. Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen, aber wenn es stimmen sollte, dann macht jeder doch Fehler, nicht wahr?"
"Gedächtnisverlust?", wiederholt Dick.
Ich nicke, beiße mir auf die Lippe und merke selbst wie dumm sich das angehört hat.
"Puta!", ruft Nanda neben mir auf und rauft sich durch die Haare. Verwirrt blicke ich nach rechts und beobachte eine Latina, die sich selbst an ihren Haaren zieht.
"Was -?"
"Nanda hatte einen Burnout", erklärt mir Doof und verdeutlicht das Ganze, indem sie sich einen Finger horizontal seitlich an den Kopf legt und diesen kreist.
"Sie dreht oftmals noch etwas durch."
Nickend gebe ich zu verstehen, dass ich es verstehe und beobachte gespannt wie Nanda sich selbst wohl durch gewisse Atemübungen zu beruhigen.
"Gurl, machst du mit?", fragt Big Boss B dann.
"Wobei?"
"Die Zeit hier ist öde. Das Spannendste sind die Streitereien zwischen der Alten da hinten und der Pflegerin einmal am Tag. Okay, der personal Trainer ist auch heiß, aber das ist nur ein kleines Sahnehäubchen."
"Was habt ihr vor?", will ich interessiert wissen und lehne mich nach vorne, lege meinen Kopf auf meine Arme, die diesen stützen.
"Sie scheint interessiert zu sein", murmelt Nanda zu Dick, der zustimmend nickt. Sie unterhalten sich, als würde ich gar nicht neben ihnen sitzen.
"Interessiert an was?", will ich wissen und frage neugierig nach.
Synchron lehnen sich alle vier nach vorne, als würde das, was sie mir sagen wollen, niemals für andere Ohren bestimmt.
"Wir wollen Aktion!", meint Nanda und drückt ihre Daumen komisch aneinander.
"Aktion klingt nicht schlecht", gestehe ich.
"Wir wissen nur nicht wie wir die bekommen", wirft Dick ein. Big Boss B nicht zustimmend.
Und da komme ich: grinsend lehne auch ich mich nach vorne, nur um meinen Kopf lässig auf meiner Hand abzustützen.
"Ich hab' da eine Idee... Und sie hat mit dieser Band zu tun."
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Irgendwelche Ideen was Emma und ihre neue Gang Vorhaben ?:D
Alina xx.
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