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Kapitel 7

Kapitel 7

Der nächste Tag war wolkenverhangen und es war merklich kühler geworden. Vom sonnigen Spätsommerwetter des letzten Tages war nichts geblieben. Als er aufgewacht war, hatte Toni Henry eine Nachricht geschickt, dass er sich gerne mit ihm am Kaffeewagen treffen würde. Wie verabredet wartete er dort auf Henry, bevor sie mit ihren Getränken in den nahegelegenen Washington Square Park schlenderten. Auf ihrem Weg kamen sie an einem Mann vorbei, der von einem Klapptisch aus Bücher verkaufte und Henry war kurz abgelenkt, aber er blieb nicht stehen. Toni hätte es nichts ausgemacht, aber er sagte nichts. Als sie den Park erreichten, ergriff er das Wort.

„Ich muss mich nochmal entschuldigen, dass ich gestern einfach so gegangen bin", sagte Toni.

„Ach, schon in Ordnung", Henry zuckte mit den Schultern. „Ich hoffe, der Anruf war nichts Schlimmes. Du hattest so einen Ausdruck im Gesicht, weißt du."

„Wie man es nimmt", murmelte Toni in seinen Kaffee, bevor er einer Taube auswich, die es sich mitten auf dem Weg gemütlich gemacht hatte und keine Anstalten machte, wegzufliegen. Sie gingen eine Weile schweigend weiter, bevor Henry sich räusperte. Es war ihm anzumerken, dass er sich nicht sicher war, wie er anfangen sollte.

„Also, gestern", sagte er und sah zu Toni, „das ... kam unerwartet. Aber es war schön", beeilte er sich, hinzuzufügen. Er gab Toni ein kleines Lächeln, bevor er ihm die Hand auf den Arm legte und sich vorbeugte. „Als du nicht mit in meine Wohnung kommen wolltest, dachte ich, ich hätte mich in dir getäuscht. Weißt du, bei dir weiß man nie, was du denkst, was du fühlst. Aber dann, na ja." Er grinste anzüglich. „Wenn du willst, können wir das gleich hier wiederholen."

Tonis Augen landeten auf Henrys Lippen, dem weichen Schwung, dem warmen Rot, wanderten am starken Kinn hinauf zu den geschwungenen Wangenknochen, bis er in Henrys wunderbar blaue Augen blickte. An diesem Tag hatten sie nicht das Blau des Mittelmeeres, sondern ein helleres Blau, wie ein Sommerhimmel. Wärme breitete sich in seiner Brust aus und sein Atem stockte für einen winzigen Moment. Wie gern er Henry jetzt küssen würde, ihn schmecken. Seine Augen hingen an Henrys und er lehnte sich leicht vor, wie in Trance. Gestern war es schön gewesen, so schön...

Da brauste ein Fahrradfahrer an ihnen vorbei und verfehlte sie nur knapp. Es löste die Trance, in der Toni sich befand. Mit plötzlicher Klarheit realisierte er sich, dass er nur wenige Zentimeter von Henry entfernt stand, in einem öffentlichen Park mitten in New York, der zu neunzig Prozent von Studenten bevölkert wurde. Und von den Soldaten seines Vaters.

Heftiger als er beabsichtigt hatte entwand er Henry seinen Arm und trat ein paar Schritte zurück. Verwirrung und dann Kränkung huschten über Henrys Gesicht, und Toni wollte sich am liebsten in den Hintern treten. Er wollte Henry nicht weh tun, schließlich war es nicht seine Schuld. Aber bevor er etwas sagen konnte, schürzte Henry die Lippen. „Also was war das gestern? Ein Versehen?" Henrys Stimme war seine Kränkung anzuhören.

„Henry, bitte, lass es mich erklären", versuchte Toni zu beschwichtigen.

„Was gibt es da zu erklären? Du lädst mich ein, kaufst mir was zu Essen, gehst mit mir Go-Kart fahren, dann kommst du zu mir nach Hause und küsst mich." Henrys Stimme war mit jedem Wort lauter geworden und Toni verzog das Gesicht. „Henry, bitte, nicht so laut."

Doch Henry schien sich nicht beruhigen zu wollen. „Wieso, bin ich dir peinlich? Du hast versucht mich abzuschleppen, nicht umgekehrt. Hast für alles bezahlt und was? Wolltest du dir dann deine Belohnung abholen? Was glaubst du wie ich mich da fühle?"

„Henry, bitte sprich leiser," zischte Toni und als er sah, dass seine Worte Henry nur noch zorniger machten, packte er Henry kurzerhand am Arm und schleifte ihn ein paar Meter weiter zu einem Springbrunnen, dessen Wasser laut plätscherte. „Lass es mich erklären, Henry, bitte."

Henry verschränkte die Arme vor der Brust, sagte aber nichts. Er war wütend, gekränkt und verletzt. Toni wusste nicht, wie er anfangen sollte. Er konnte Henry nicht die Wahrheit sagen, aber was konnte er ihm dann sagen, was sein Verhalten erklären könnte? Er hatte Henry nicht fair behandelt, hatte widersprüchliche Signale ausgesendet, das war ihm klar. Und eigentlich wusste Toni doch selber nicht, was er hier tat. So etwas hatte er noch nie getan, er hatte keine Beziehungen, nicht einmal One-Night-Stands. Aber er wollte Henry nicht kränken, ihn nicht verlieren. Henry war ihm wichtig geworden. Toni wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, als Henry fragte: „Was hast du da?"

„Was?" Toni wusste nicht, was Henry meinte. Der zeigte auf seinen Hals und bevor Toni reagieren konnte, hatte Henry seinen Hemdkragen zur Seite gezogen. Als Henrys Finger seine Haut berührten, durchdrang ihn wieder ein kleiner elektrischer Schlag, so als ob er statisch aufgeladen gewesen wäre. Er wusste, was Henry gesehen hatte. Um seinen Hals zog sich ein dunkelblauer Bluterguss, genau da, wo ihn sein Onkel gepackt hatte. Toni wollte Henry nicht schon wieder vor den Kopf stoßen, daher ließ er ihn einen Moment gewähren, bevor er seinen Kopf behutsam wegdrehte. Henrys Hand fiel von seinem Hemd und seine Stimme war voller Sorge, als er fragte. „Was ist passiert?"

„Nichts", erwiderte Toni. Noch eine Sache, die er Henry nicht erklären konnte.

„Das ist nicht, Nichts", sagte Henry und deutete auf Tonis Hals. „Jemand hat dich gewürgt. Im Krankenhaus hab ich solche Blutergüsse schon oft gesehen, vor allem nach Polizeieinsätzen." Henrys Stimme wurde wieder lauter und Toni hörte, dass der Ärger zurückkehrte. Nicht nur, dass Toni noch keine Erklärung für sein Verhalten von gerade eben gegeben hatte, jetzt log er auch wegen der blauen Flecken. Er entschied sich, mit der einfacheren Lüge anzufangen.

„Der Anruf gestern Abend hat damit zu tun. Ich musste in den Club, weil es Ärger gab. Die Situation ist einfach außer Kontrolle geraten."

Henrys Augen weiteten sich vor Unglauben. „Ein Gast hat das getan?"

„Das kommt vor", sagte Toni, zuckte mit dem Schultern und versuchte so zu tun, als ob es wirklich ganz normal wäre, von einem Besucher des Clubs fast erwürgt zu werden.

„Hast du wenigstens Anzeige erstattet?" Henry sah besorgt aus und Toni schämte sich, dass er Henry wegen der blauen Flecken anlügen musste. Doch er konnte schlecht die Wahrheit sagen. „Die Sache ist geklärt, der Typ wird nie wieder einen Fuß in den Club setzen."

„Aber...", setzte Henry an, doch Toni unterbrach ihn. „Mir geht es gut, sowas passiert."

Toni konnte Henry ansehen, dass das Thema für ihn noch nicht erledigt war, aber Henry erwiderte nichts mehr. Sein Ärger schien aber erst einmal verflogen. Henry kannte ihn erst seit ein paar Wochen und dennoch machte er sich ganz offensichtlich Sorgen um seine Sicherheit. Das berührte Toni, denn in seiner Welt kam es nicht oft vor, dass man sich um einander kümmerte, für einander da war. Da kämpfte jeder für sich. Der einzige Mensch, um den Toni sich sorgte, war Luca. Aber wenn er ehrlich war, hätte er nicht seine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass Luca sich auch so um ihn sorgen würde, wenn es hart auf hart kam. In der Mafia waren sie alle Freunde, bis man jemanden um einem Gefallen bitten musste.

Da Toni wusste, dass Henry noch immer auf eine Erklärung für sein vorheriges Verhalten wartete, setzte er sich auf den Rand des Brunnens und strich unbewusst einen Fussel von seinem Ärmel. „Henry, wegen gestern und gerade eben ..."

Als er nicht weitersprach, kam Henry einen Schritt auf ihn zu. „Ja?"

Frustriert zerquetsche Toni seinen Kaffeebecher zwischen den Fingern. „Es ist kompliziert, verstehst du?"

„Nein, das verstehe ich nicht", erwiderte Henry und breitete die Arme aus. „Was ist daran kompliziert? Du magst mich ganz offensichtlich und ich mag dich. Was soll daran kompliziert sein? Erklär es mir." Er fuhr sich durch seine blonden Haare, sodass sie in alle Richtungen abstanden. In Tonis Augen machte ihn das nur attraktiver und er sah schnell zu Seite, damit er sich konzentrieren konnte. Diese Lüge, die er Henry gleich erzählen würde, musste überzeugend sein. Es half, dass es teilweise wirklich der Wahrheit entsprach, es war nur eben nicht die ganze Wahrheit.

Toni holte tief Luft bevor er zu sprechen begann. „Ich stamme aus einer sehr alten, sehr reichen und sehr katholischen amerikanisch-italienischen Familie. Mein Stammbaum lässt sich bis zum Anfang des neunzehnten Jahrhunderts zurückdatieren, als der erste Garibaldi von Italien nach Amerika kam. Meine Familie geht Sonntags in die Kirche, zu allen hohen katholischen Feiertagen kommt man zusammen, mit fünf bekommt man den ersten Rosenkranz geschenkt, kein Sex vor der Ehe, keine Scheidung. Man widerspricht seinen Eltern nicht, tut was sie sagen und führt ein gottesgläubiges Leben."

Das meiste davon stimmte sogar, auch wenn es seine Familie mit den zehn Geboten nicht so genau nahm. Die Familie hatte ihre eigenen Gebote, die immer befolgt werden mussten, ohne Ausnahme. Toni schaute über die Rasenfläche des Parks, als er leiser weitersprach. „Eine Abweichung von der Norm wird nicht geduldet. So was wie wir...ich...wäre für meinen Vater eine Todsünde. Wenn er erfahren würde, dass ich ...das ich..." als er nicht weitersprach, half ihm Henry auf die Sprünge. „Dass du auf Männer stehst?"

Unwillkürlich verzog Toni das Gesicht, aber er nickte. „Ja, wenn er das herausfinden würde, würde er mich aus der Familie ausschließen. Alle würden das tun, die gesamte Familie würde mir den Rücken kehren. Ich wäre ein Aussätziger, schlimmer noch, es wäre, als ob ich gar nicht existieren würde. Mein Vater würde mich nicht nur hinauswerfen und enterben, er würde dafür sorgen, dass ich in ganz New York geächtet wäre. Und der Arm meines Vaters reicht weit über die Grenzen von New York hinaus. Ich müsste New York verlassen, mein ganzes Leben aufgeben..." Toni stoppte, als er merkte, dass seine Emotionen die Oberhand gewannen. Was er sagte war zwar nur die halbe Wahrheit – wenn sein Vater sein Geheimnis erfahren würde, würde er ihn höchstwahrscheinlich einfach verschwinden lassen – aber der Kern blieb derselbe. Toni durfte nicht sein, wer er wollte.

Henry setzte sich neben ihn. „Meinst du nicht, du übertreibst da etwas?"

Toni schnaubte und schüttelte seinen Kopf. „Oh nein, kein bisschen. Du kennst meinen Vater nicht."

Henry sagte für einen Moment nichts, dann deutete er auf den Park um sie herum. „Okay, aber warum stört es dich, wenn man uns hier zusammen sieht?"

„Aus genau demselben Grund", erwiderte Toni. „Weil du meine Familie nicht kennst." Als er Henrys fragenden Blick sah, erklärte er es. „Meine Familie ist groß und egal wo ich in New York hingehe, du kannst damit rechnen, dass dort irgendjemand ist, der jemanden aus meiner Familie kennt. Auch in diesem Park. Und wenn mich jemand sehen sollte, wie ich...", Toni senkte die Stimme noch weiter, „dich berühre oder dich küssen würde, wenn nur der Verdacht aufkommen sollte, dass du für mich mehr bist als nur ein Kumpel, dann würde mein Vater davon hören."

„Okay", sagte Henry. „Das verstehe ich." Er machte eine Pause, in der er über Tonis Worte nachdachte. Dann erwiderte er: „Und was heißt das jetzt genau? Das das gestern nur ein Ausrutscher war und du mich nicht mehr treffen willst?"

Toni schüttelte schnell den Kopf. „Nein, Henry, so meinte ich das nicht." Er holte tief Luft. „Henry ich...ich mag dich. Sehr sogar. Aber mein Leben ist kompliziert." Toni sah kurz zu Boden und sprach dann leise weiter. „Wenn herauskommt, dass ich schwul bin, hätte das schlimme Konsequenzen." Dann sah er Henry an. „Ich möchte das was wir haben nicht aufgeben, was auch immer es ist. Aber ich kann in der Öffentlichkeit nicht...nicht ...", Toni brach ab, unfähig in Worte zu fassen, was er sagen wollte.

Doch Henry schien ihn dennoch zu verstehen. „Na gut, wenn du es so willst, dann ist das für mich okay. Kein Händchenhalten in der Öffentlichkeit. Für einen Moment dachte ich, dass ich dir peinlich bin. Ich meine, ich komme ganz offensichtlich nicht aus denselben Kreisen wie du."

„Henry, das ist mir doch nicht wichtig", sagte Toni und versuchte, Henrys Blick einzufangen. Er hätte wissen müssen, dass es Henry belastete, wie er mit seinem Geld umging, wie er mit seinem Reichtum prahlte.

Neben ihm schürzte Henry die Lippen, dann nickte er und fuhr fort. „Okay, wenn du das sagst. Und du hast Recht, wenn du sagst, dass ich deine Familie und deine Situation nicht kenne und ich mische mich da nicht ein. Ich finde es traurig, dass deine Familie dich nicht akzeptiert, aber das ist nicht meine Sache. Das musst du mit dir selber ausmachen. Und wenn du nicht willst, dass es jemand erfährt, dann ist das für mich okay." Henry stand auf, streckte sich und sah dann zu Toni herunter. „Aber eine Sache muss ich noch wissen." Ein schelmisches Funkeln trat in seine Augen und seine Mundwinkel zuckten verräterisch. „Ich bin also mehr für dich, als nur ein Kumpel, ja? Und magst mich sehr, huh?"

Toni lachte erleichtert auf. „Das ist es, was du aus meinem Monolog behalten hast?"

„Na ja", erwiderte Henry und zuckte die Achseln, „ich war schon immer gut darin, mich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren."

Toni fuhr sich durch seine dunklen Haare und stand ebenfalls auf. Die Sonne brach durch die Wolken und beschien Henrys Gesicht. Toni konnte die Sommersprossen sehen, die sich über dessen Wangen und Nase zogen. Gott, wie gerne er sie mit dem Finger nachzeichnen wollte. Er sah in diese schönen blauen Augen, die auf eine Antwort warteten. Leider war er nie gut darin gewesen, seine Gefühle auszudrücken, schon gar nicht, seitdem er aus Europa zurück war. Aber wie er Henry da vor sich stehen sah, in Erwartung seiner Antwort, gleichzeitig erfreut aber auch zweifelnd, da wusste Toni, dass Henry die Wahrheit verdient hatte. Wenn er ihm schon nicht die Wahrheit darüber sagen konnte, wer und was er war, so verdiente Henry doch auf jeden Fall die Wahrheit über seine Gefühle für ihn.

„Henry, ich mag dich wirklich sehr, sehr gerne." Wie gerne hätte er jetzt Henrys Hand in die seine genommen. „Für mich bist du mehr als nur ein Kumpel. Und ich würde gerne mehr Zeit mit dir verbringen."

Da, er hatte es gesagt. Die Wahrheit. Als er Henry ansah, sah er, wie ein Lächeln über sein Gesicht huschte. „Gut", sagte dieser und legte den Kopf schief. „Mir geht es genauso." Zum ersten Mal seit dem gestrigen Abend fühlte Toni sich erleichtert, beinahe glücklich.

Zusammen verließen sie den Park. Henry ging Richtung U-Bahn, um für seine Schicht ins Krankenhaus zu fahren und Toni ging zu seinem Wagen, da er ins Corleone fahren würde. Kaum hatte Toni seinen Porsche erreicht, piepte sein Handy.

Morgen kann ich leider nicht, da muss ich arbeiten. Aber übermorgen? Selbe Zeit, selber Ort?"

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Zwei Tage später traf sich Toni in seinem Büro im Club mit Marcus, um die Details des Drogendeals mit den Kolumbianern zu besprechen. Sie hatten beide eine dampfende Tasse Kaffee vor sich und Marcus überreichte Toni ein paar Blätter Papier.

„Das sind die Kontaktdaten der Verkäufer", sagte er, und deutete auf das Blatt. „Die Lieferung kommt über den Hafen herein. Da drauf stehen auch die Namen und Kontaktdaten der Lieferanten. Von ihnen bekommst du die Ware."

„Kennen wir die Männer?" Toni überflog die Liste mit Namen, aber sie sagten ihm Nichts.

„Dein Vater kennt die Verkäufer und die Transporteure. Die Lieferanten selber sind kleine Fische." Marcus nahm einen Schluck Kaffee, dann reichte er Toni ein weiteres Blatt Papier. „Hier stehen die Details für die Ablieferung. Datum, Ort, Zeit, Name des Schiffs, Containernummern, alles was du brauchst."

Toni überflog auch diese Liste und das Herz wurde ihm schwer. Er hatte noch nie eine so große Lieferung abgewickelt und wusste nicht, wo er beginnen sollte. „Marcus, wie läuft das genau ab? Ich kann ja nicht einfach einen Lieferwagen mieten, am Hafen vorfahren und die Kisten einladen."

„Nein, natürlich nicht", Marcus schüttelte den Kopf. „Die Lieferanten sorgen für die Löschung der Container. Sobald die Container vom Schiff gelöscht sind, wird die Ware aus den Containern geholt. Ich weiß nicht ob die Ware zusammen mit Bananen oder Kaffee verschifft wird, das erfahren wir noch." Toni wusste, dass Bananen und Kaffee den Geruch von Drogen überdecken konnten. Richtige Drogenspürhunde würde das nicht täuschen, aber viele Zollbeamte machten sich nicht die Mühe, Hunde einzusetzen. Marcus fuhr fort: „Alles was du tun musst ist, dich um die Hafenmitarbeiter zu kümmern, damit diese an dem bewussten Tag woanders hinschauen. Und du musst dich um den Transport vom Hafen zur Verteilerstelle kümmern. Dafür dürften ein paar kleine Lieferwagen reichen. Lade nichts alles in einen Wagen, sondern teile die Ware auf, damit nicht alles verloren ist, falls ein Wagen einen Unfall hat oder gestoppt wird."

Toni nickte, dankbar für die Unterstützung von Marcus, der in diesen Dingen sehr erfahren war. Für einen Moment blätterte Toni in den Papieren, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Dann sagte er: „Und das Geld? Ich kann wohl kaum mit 35 Millionen Dollar Bargeld herumlaufen. Allein das Gewicht..."

„Das geht heute viel moderner", sagte Marcus und konnte ein kleines Schmunzeln nicht verbergen. „Hat deinen Vater gar nicht gefreut, aber die Kolumbianer verlangen nur eine Anzahlung von vier Millionen Dollar in Bargeld. Der Rest des Kaufpreises soll vor Ort, bei der Übergabe, in Bitcoins gezahlt werden."

Überrascht schaute Toni auf. „Bitcoins? Tatsächlich?" Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und hob die Augenbrauen. „Hätte nicht gedacht, dass mein alter Herr sich darauf einlässt. Weiß er überhaupt, was das ist?"

Marcus lachte kurz auf. „Ich habe versucht, es ihm zu erklären, aber er hält nichts davon. Vermutlich auch einer der Gründe, warum du den Deal abwickeln sollst." Er nahm einen weiteren Schluck Kaffee. „Ich habe einen Account einrichten lassen und sorge dafür, dass zu gegebener Zeit genug Bitcoins vorhanden sind. Du nimmst einen Laptop mit zur Übergabe und überweist die Bitcoins vor Ort."

„Und das Bargeld?" fragte Toni.

„Das kannst du dir kurz vor der Lieferung bei mir abholen. Ich sorge dafür, dass es bereitsteht." Als Toni nur nickte, beugte sich Marcus in seinem Stuhl vor. „Kopf hoch, Anthony. Du machst das schon."

„Ich weiß nicht, Marcus." Toni deutete auf die Blätter vor ihm auf den Tisch. „Das ist eine große Sache. Wenn ich das mache, gibt es keinen Weg zurück." Er seufzte, dann fuhr er sich durch seine dunklen Haare. „Ich weiß nicht, ob ich..." sagte er leise, doch Marcus unterbrach ihn.

„Anthony, ich weiß, dass du gerne denkst, dass du nicht so bist wie dein Vater und dass du nicht in seine Fußstapfen treten wirst. Aber so wie ich das sehe, hast du deine Entscheidung doch schon getroffen." Als Toni ihn verwundert ansah, fuhr er fort. „Seit du ein kleiner Junge warst arbeitest du für deinen Vater. Du hast Schmiergelder überbracht, Schutzgelder eingetrieben, Drogen, gefälschte Papiere, gestohlene Autos und was weiß ich verkauft. Und jetzt leitest du das Corleone. Ich weiß, die versuchst den Club halbwegs legal zu führen, ich habe die Bücher gesehen. Aber seien wir einmal ehrlich, Anthony. Im Corleone verkauft dein Vater mehr Drogen als in seinen anderen Etablissements. Der Barkeeper kopiert die Daten der Kreditkarten, die dann ebenfalls verkauft werden. Und von den ganz reichen Besuchern verschwinden die Uhren, der Schmuck und ab und an ein Autoschlüssel."

Als Toni protestieren wollte, hob Marcus einen Finger. „Ah ah, ich weiß, alles nur kleinere Delikte. Das redest du dir zumindest gerne ein. Aber Anthony, wenn du ehrlich zu dir bist, dann befolgst du die Befehle deines Vaters schon seit Jahren. Du bist ein Rad in der Maschinerie der Familie. Es war nur der logische Schluss, dass dein Vater eines Tages mit größeren Aufgaben an dich herantritt." Marcus sah ihn traurig an. „Vermutlich denkst du, dass du noch immer eine Wahl hast. Dass du noch aussteigen kannst, dass du eine weiße Weste behalten kannst. Oder zumindest, eine graue. Aber Anthony", Marcus schüttelte bedauern den Kopf, ehe er fortfuhr, „das ist nur eine Illusion. Du steckst schon viel zu tief drin. Wenn du hättest aussteigen wollen, hättest du dies vor Jahren schon tun müssen, aber auch dann hätte dich dein Vater nicht gelassen."

Toni konnte darauf nichts erwidern, denn Marcus hatte recht. Marcus kannte ihn besser, als er sich selber kannte, dass erkannte er jetzt. In der ganzen Zeit hatte sich Toni eingeredet, dass er nur kleinere Straftaten begangen hatte. Dass er kein Krimineller war, sondern eben nur ein Sohn, der die Befehle seines Vaters ausführte. Dass er, wenn es so weit war, noch die Wahl haben würde, welchen Weg er einschlagen würde. Aber Marcus' Worte führten ihm vor Augen, dass es diese Wahl gar nicht gab. Nicht mehr. Vielleicht nie gegeben hatte.

„Also kann ich gar nichts tun?" Toni sah Marcus an, aber er kannte die Antwort schon.

„Ich fürchte nicht. Du bist nun einmal Don Vincenzo Garbaldis Sohn und Erbe. Für dich gab es, so leid es mir tut, nie einen anderen Weg."

„Na dann", sagte Toni, stand auf und ging zum Sideboard, auf dem die Getränke standen. Er goss sich einen großen Scotch ein, prostete Marcus zu, und leerte das Glas in einem Zug. Er schenkte sich ein zweites Glas ein, trat auf das große Fenster zu und sah in den leeren Club. In ein paar Stunden würden hier wieder Gäste tanzen und trinken, feiern als gäbe es kein Morgen. Er hörte, wie sich Marcus erhob und auf ihn zukam. Der ältere Mann legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Nimm es nicht so schwer, Anthony. Dass du ein Garibaldi bist, macht dich nicht zu einem schlechten Menschen."

„Ach nein?" erwiderte Toni verärgert. „Das würden die Behörden und der Rest von Amerika aber ganz anders sehen."

„Ach, mein Junge", sagte Marcus und klopfte ihm auf den Rücken, bevor er sich wieder auf seinen Stuhl sinken ließ. „Du bist jung, du bist idealistisch. Warte noch ein paar Jahre, dann wirst du merken, dass der Rest von Amerika sich gar nicht so von uns unterscheidet. Ein Anwalt kann mit einem Aktenkoffer mehr stehlen, als hundert Männer mit Kanonen, da hatte Coppola schon ganz recht. Nenn mir einen Menschen, der noch nie das Gesetz gebrochen hat und ich esse meinen Hut."

„Aber brechen diese Leute auch Finger und Beine wenn jemand Schulden hat? Oder betonieren sie die Füße ein und schmeißen jemanden in den Hudson?" sagte Toni verbittert und nahm noch einen Schluck Scotch.

„Das mit den Betonfüßen machen wir heute nicht mehr", sagte Marcus. „Heutzutage gibt es andere, moderne Methoden." Als er Tonis sarkastischen Blick sah, lenkte er ein. „Wir sind keine Chorknaben, das stimmt. Aber wenn du mich fragst, kann man ein Mitglied der Mafia und trotzdem ein ehrenvoller Mann sein. Das hat nichts damit zu tun, ob man das Gesetz bricht oder nicht. Gesetze sind nur dazu da, die Bevölkerung im Zaum zu halten. Was wirklich wichtig ist, sind die Werte, nach denen man lebt. Ehre. Loyalität. Familie."

„Du meinst die Gesetze der Cosa Nostra, Marcus." Toni lehnte sich mit dem Rücken an das Fenster und steckte seine freie Hand in seine Hosentasche. „Wie besagt das Sprichwort? Es gibt keine Ehre unter Ganoven."

„Ah, aber du weißt, dass das nicht stimmt. Wenn du loyal zur Familie bist, ist die Familie loyal zu dir."

„Bis du irgendetwas tust, was meinem Vater oder Onkel nicht passt. Wenn du einen eigenen Kopf hast. Dann scheißen sie auf die Loyalität und sie verwenden.... wie sagtest du?" Toni malte Anführungszeichen in die Luft, „Moderne Methoden um das Problem zu lösen."

„Anthony, bitte keine vulgäre Sprache", sagte Marcus. „Die Anschuldigungen deines Onkels waren ärgerlich. Aber dein Vater weiß, dass du sorgfältig bist, in dem was du tust."

„Das sah aber nicht so aus, als er mich in sein Büro zitiert hat."

„Das hat er nur für deinen Onkel getan." Als Toni ungläubig die Augenbrauchen hochzog, erläuterte Marcus seine Worte. „Dein Onkel scheint in letzter Zeit unruhig zu werden. Ich möchte nicht sagen aufmüpfig, aber du kennst ihn. Irgendwas ist im Busch. Dein Vater hat gerade viel um die Ohren, du weißt er beabsichtigt sein Territorium auszubauen und in Las Vegas eine Zweigniederlassung zu gründen."

Toni nickte, auch wenn er fand, dass der Begriff „Zweigniederlassung" viel zu sehr nach legalem Business klang. Sein Vater wollte an die gute alte Zeit der sechziger und siebziger anknüpfen, als die Mafia in Las Vegas die Spielkasinos baute und Las Vegas so von einem kleinen Wüstenprovinznest zu einer Hochburg des Geldes machte. Im Moment verhandelte sein Vater noch über den Bau des Casinos. Es mussten Hände geschüttelt und Brieftaschen geschmiert werden.

„Dann verstehst du sicher auch", fuhr Marcus fort, „dass dein Vater gerade keine Ablenkung gebrauchen kann. Er hat dich in sein Büro gebeten, damit dein Onkel Ruhe gibt. Das ist alles."

Wenn das stimmte, dachte Toni, war sein Vater ein noch größerer Arsch, als er dachte. Er hatte ihn behandelt wie Dreck, nur damit er seinen eigenen Bruder für eine Weile vom Hals hatte. Und sein Onkel Frank musste dies so auffassen, als ob der Don ihm mehr glaubte als seinem eigenen Sohn. Dies würde seinen Onkel nur noch mehr befeuern, Toni das Leben schwer zu machen. Der Angriff im Fahrstuhl war vermutlich nur der Anfang gewesen. Und alles nur, weil er seinem Vater egal war. Ein Bauer auf dem Schachbrett, den er verschieben konnte wie er wollte.

„Verstehe", sagte Toni, leerte sein Glas und stellte es wieder auf das Sideboard. Dann stellte er Marcus eine Frage, die er sich schon seit Jahren stellte, aber sich nie getraut hatte, zu fragen.

„Warum arbeitest du für meinen Vater, Marcus? Du bist nicht wie er, nicht so grausam, so gemein. Warum?"

Für einen Moment sah ihn Marcus an, dann atmete er tief ein und legte den Kopf schief. „Ich habe mich schon gefragt, wann du mich das fragen würdest. Weißt du Anthony, als ich deinen Vater traf, war ich noch sehr jung, jünger als du heute. Und ich war arm, hatte schlecht bezahlte Arbeit, konnte mich kaum über Wasser halten. Aber ich hatte Pläne, Träume." Er lachte kurz auf. „Und ich war verliebt."

Marcus drehte seine Kaffeetasse in Händen und sah hinein, in Erinnerungen versunken. Doch dann fuhr er fort. „Ich war verliebt und arm wie eine Kirchenmaus. Ich wusste, dass ich ihr so nie den Hof machen konnte. Es waren damals noch andere Zeiten, da musste man seiner Angebeteten etwas bieten können. Ein Haus, ein Auto eine Zukunft. Dann traf ich deinen Vater. Weißt du, damals in den Achtzigern war dein Vater noch nicht der Don, er war ein Capo für den damaligen Don, deinen Großvater. Dein Vater war jung, charmant, ehrgeizig. Aber noch nicht so wie heute, so kalt und ...gemein.

Dein Vater half mir. Er versprach mir gut bezahlte Arbeit, Wohlstand und Sicherheit. Ich fing als Soldat an und verdiente gutes Geld. Damit machte ich meiner großen Liebe den Hof. Sie verliebte sich in mich und wir heirateten." Marcus sah auf seinen Ringfinger, doch dort steckte kein Ring. Ein Schatten legte sich über sein Gesicht. „Sie starb, nur wenige Jahre nach unserer Hochzeit. Krebs."

„Das tut mir leid", sagte Toni, ehrlich betroffen. „Das wusste ich nicht."

„Ach, das ist schon so lange her", erwiderte Marcus. „Nach ihrem Tod ging es mir sehr schlecht. Ich habe viel getrunken, mich geprügelt." Marcus sah die erstaunte Miene von Toni, der Marcus nur als einen freundlichen, stillen Mann kannte. „Ja, ich war jung, vergiss das nicht, und ich hatte gerade die Frau verloren, die ich über alles geliebt habe. Eines Tages habe ich mich mit dem Falschen angelegt. Das hätte wirklich böse enden können. Aber dein Vater hat mich gerettet. Hat die Sache für mich geklärt, dafür gesorgt, dass ich trocken werde und mir wieder Arbeit gegeben. Dann starb dein Großvater, dein Vater wurde der Don und ich Capo. Ich stürzte mich in die Arbeit, wollte keine freie Zeit haben, damit ich nicht an meine verstorbene Frau dachte. Ablenkung, verstehst du. Und bevor ich mich versah, waren zehn Jahre vergangen. Dein Vater machte mich zum Consigliere und ich steckte so tief drin in allen Geschäften und Geheimnissen, dass es keinen Weg zurück gab."

„Also wolltest du eigentlich gar kein Mitglied der Familie werden", stellte Toni fest.

„Ach, Anthony, ich wusste genau wer dein Vater war, als ich anfing für ihn zu arbeiten. Aber genau wie du habe ich mir damals gesagt, dass ich nur ein paar kleine Aufträge erledige. Bis ich genug Geld hätte, damit ich heiraten konnte. Und nach der Heirat wollte ich genug Geld für ein eigenes Haus sparen. Und dann....dann war alles anders."

„Das...tut mir leid", sagte Toni erneut. Er hatte nicht gewusst, dass Marcus verheiratet gewesen oder dass seine Frau gestorben war. Eigentlich, dachte er, wusste er so gut wie gar nichts über Marcus. Er schämte sich, dass er nie gefragt hatte, obwohl er Marcus schon seit seiner Kindheit kannte und immer ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt hatte.

Mit einem Seufzen stand Marcus auf und nahm seine Tasche. „Das muss es nicht, Anthony. Das ist alles lange her. Ich habe meine Wahl getroffen, genau wie du deine getroffen hast. Und es war kein schlechtes Leben." Mit einem kleinen Lächeln reichte er Toni die Hand. „Ich muss jetzt gehen, dein Vater wartet." Toni schüttelte ihm die Hand und öffnete für ihn die Tür. Auf dem Flur drehte sich Marcus noch einmal zu ihm um. „Kopf hoch, mein Junge. Du machst das schon. Das erste Mal ist immer am schwierigsten, danach wird es einfacher." Damit dreht er sich um und verließ den Club.

Toni schloss die Tür und ging langsam zu seinem Schreibtisch zurück. Die Geschichte, die Marcus ihm erzählt hatte, drehte sich in seinem Kopf. Nach dem Tod seiner Frau hatte es für Marcus kein Zurück mehr gegeben. Er war hineingezogen worden in die Mafia, ohne es wirklich zu merken. Aber bei Toni war es anders, oder nicht? Er wusste genau was er tat und wie es enden würde. Er sah auf die Papiere, die Marcus ihm gebracht hatte. Lange Zeit stand er so da, den Blick auf den Unterlagen, aber mit den Gedanken ganz weit weg.

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Anmerkung: Also, ich mag Marcus. Hach...Und was wird Toni jetzt tun??

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