Kapitel 4
Kapitel 4
Am nächsten Tag wartete er vor dem Kaffeewagen auf Henry. Dabei fühlte er sich ungewohnt nervös. Herrgott, er war der Sohn des Paten von New York, er war eigentlich nie zappelig. Aber jetzt wäre er am liebsten herumgewandert um seine nervöse Energie loszuwerden. Toni ertappte sich dabei, wie er die Fenster des Gebäudes auf der anderen Straßenseite zählte und sah angestrengt weg. Wenn er nervös war zeigten sich bei ihm leichte Züge einer Zwangsneurose. Dann zählte er Dinge oder wiederholte er bestimmte Gesten und Handlungen immer wieder. Dabei hatte er ganz abstruse Gedanken, wie zum Beispiel, dass etwas Schlimmes passierte, wenn er sich verzählte. Er hatte damit angefangen, nachdem er aus Europa zurückgekehrt war und er hasste es. Er wusste, dass es nicht logisch war, was er tat. Immer, wenn er sich dabei ertappte, zwang er sich, sofort damit aufzuhören. Es klappte nicht immer, aber oft genug.
Der Himmel war bewölkt, doch noch hatte es nicht angefangen zu Regnen. Toni stellte seinen Kragen gegen den Wind hoch und las als Ablenkung seine E-Mails, während er wartete. Die meisten E-Mails betrafen das Corleone; Lieferungen, die Anfrage eines noch unbekannten DJs der gerne auflegen wollte, eine E-Mail seines Buchhalters, dass er Papiere unterschreiben sollte. Toni wollte seine E-Mails gerade schließen, als eine E-Mail seines Vaters eintraf. Toni hätte das Telefon fast fallenlassen. So sehr sich sein Vater gegen die moderne Technik bei ihren Geschäftsfeldern sträubte, gegen E-Mails und verschlüsselte Nachrichten hatte er dann doch nichts einzuwenden, sofern der Inhalt unverfänglich war.
„Anthony,
wir haben uns schon länger nicht gesehen. Komm morgen vorbei, dann trinken wir einen Kaffee und du kannst mir erzählen, wie die Geschäfte laufen. Auch ich habe Neuigkeiten.
Bis morgen, 15 Uhr.
Vincenzo"
Für einen Außenstehenden war der Inhalt der E-Mail harmlos. Eine kurze Nachricht von einem Vater an seinen Sohn. Aber Toni wusste es besser. Welcher liebende Vater unterschrieb eine E-Mail an seinen einzigen Sohn schon mit seinem Vornamen? Es war der Befehl des Don, morgen um 15 Uhr in seiner Wohnung zu erscheinen, damit sie über die Geschäfte reden konnten. Für einen Moment überlegte sich Toni, einfach abzusagen, aber er wusste, dass er das nicht tun konnte. Niemand widersetzte sich einem direkten Befehl seines Vaters. Also antwortete er kurz und knapp, dass er morgen um 15 Uhr zum Kaffee vorbeikommen würde.
Seine gute Stimmung war verflogen. Was mochte sein Vater von ihm wollen? Das Corleone lief gut, dafür hatte ihn der Don sicherlich nicht einbestellt. Und was hatte es mit dieser Neuigkeit auf sich, die sein Vater erwähnt hatte? Toni sah die belebte Straße hinab, doch er sah die vielen Leute, die an ihm vorbeihasteten, gar nicht. Bei ihrem letzten Gespräch hatte sein Vater nichts erwähnt und auch sein Consigliere, mit dem Toni mehr Kontakt hatte, hatte nichts angekündigt. Toni fühlte sich wieder wie 16 auf der High School, als er genau wusste, dass er seine Prüfungen verhauen hatte, und angstvoll auf die Noten wartete. Er hatte gewusst, dass er miserabel abgeschnitten hatte und dass sein Vater unglaublich wütend werden würde. Auf der einen Seite wollte er die Noten gar nicht wissen und auf der anderen Seite hatte er die Notenvergabe nicht abwarten können, damit es endlich vorbei war.
Er war so in seine Gedanken vertieft, dass er nicht bemerkte, dass Henry an seine Seite trat.
„Penny für deine Gedanken."
Erschrocken sah Toni auf. Das war schon das zweite Mal, dass Henry ihn überrascht hatte. Henry trug seinen Rucksack auf dem Rücken, seine langen Beine steckten in Jeans und er trug eine hellbraune Lederjacke, die ihm in Tonis Augen einfach umwerfend gut stand. „Henry, hallo." Verlegen, dass er so abgelenkt gewesen war, verstaute er sein Handy in seiner Jackentasche und wandte sich Henry zu. „Fertig mit den Vorlesungen für heute?"
Seufzend rückte Henry seinen Rucksack auf der Schulter zurecht. „Leider nein, ich habe gleich noch eine Vorlesung in Psychologie."
Zusammen stellten sie sich in die Reihe am Kaffeewagen, die heute relativ kurz war. Als sie an der Reihe waren, bestellte Toni für sich einen Cappuccino und Henry bestellte einen doppelten Espresso, in den er vier Tütchen Zucker rührte. Toni schüttelte den Kopf. „Nimmst du noch Kaffee zu deinem Zucker?"
„Sorry." Henry verzog entschuldigend den Mund. „Aber ich brauche heute einfach was zum wachbleiben. Wie um seine Aussage zu untermauern, musste er herzhaft gähnen, wobei er sich schnell die Hand vor den Mund hielt. „Sorry."
„Lange Nacht?" fragte Toni mitfühlend. Henry sah müde aus.
„Kann man wohl sagen." Er nippte an seinem Espresso und ging langsam Richtung Broadway. Toni lief neben ihm her. Am Rande fiel ihm auf, dass er und Henry fast gleich groß waren, Henry war nur wenige Zentimeter kleiner. „Eigentlich hätte meine Schicht gegen Mitternacht enden sollen, aber meine Ablöse ist nicht aufgetaucht. Also habe ich noch vier Stunden drangehängt. Ich war erst gegen fünf im Bett und habe vielleicht vier Stunden geschlafen, bevor ich zur ersten Vorlesung musste." Er unterdrückte wieder ein Gähnen.
Toni konnte die dunklen Augenringe unter Henrys blauen Augen sehen und wie abgespannt er aussah. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie Henry dieses Pensum schaffte, ohne zusammenzubrechen. Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her, bis auf einmal Henrys Magen so laut knurrte, dass Toni es sogar auf der belebten Straße hören konnte.
„Und gegessen hast du heute wohl auch noch nichts?"
„Ich hatte einfach keine Zeit. Eine Vorlesung jagt die nächste und ich hab heute Morgen meine Essenskarte zu Hause vergessen." Henry zuckte mit den Schultern, als wäre es nicht schlimm, einen ganzen Tag ohne zu essen Vorlesungen zu besuchen. Als Henry seine Essenskarte erwähnte, realisierte Toni sich, dass Henry vielleicht auf die Essenskarte der New York University angewiesen war. Sie erlaubte es allen Studenten zu reduzierten Preisen in den Restaurants der Universität, die über ganz Manhattan verteilt waren, zu essen. Der Preis der Karte war in den Studiengebühren inbegriffen.
Kurzentschlossen deutete er in Richtung der U-Bahn. „Dann komm, ich lade dich zum Essen ein. Ich kenne da ein nettes Lokal, nur ein paar Stationen entfernt. Die machen die beste Pasta in ganz Little Italy."
„Das ist furchtbar nett von dir, aber ich hab noch eine Vorlesung." Henry sah ihn entschuldigend an.
„Na und?" Toni legte den Kopf schief. „Mit leerem Magen studiert es sich nicht gut."
„Ich hab noch nie eine Vorlesung verpasst." Henry klang fast schockiert, dass Toni so etwas auch nur vorschlug.
„Streber." Toni verdrehte die Augen, doch dann nickte er. „Na gut. Wird die Vorlesung aufgezeichnet?"
Er sah wie Henry sich zierte, doch dann sagte er: „Ja, wird sie."
„Na worauf wartest du dann noch? Schau dir die Vorlesung am Wochenende an. Jetzt gehen wir essen. Ich lade dich ein."
Ohne eine Antwort von Henry abzuwarten, ging er selbstbewusst auf die U-Bahnstation zu und stieg die Treppe hinunter. Für einen winzigen Augenblick fürchtete er, dass Henry ihm nicht folgen würde, doch dann tauchte ein blonder Schopf an seiner Seite auf.
„Ganz schön bossy", sagte Henry und sein Mundwinkel zuckte.
Toni lächelte verschmitzt, dann ging er durch das Drehkreuz auf den Bahnsteig. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Henry ihn beobachtete und grinste, als er sein Lächeln sah. Für einen Moment wollte Toni sein Pokerface aufsetzten, doch er tat es nicht. Henry war kein Geschäftskontakt, es machte nichts aus, wenn er Gefühlte zeigte. Es war okay. Sie fuhren mit der U-Bahn bis zur Spring Street Station und gingen vor dort noch ein paar Straßen weiter, bis Toni vor einem kleinen Restaurant stehen blieb. Von außen sah es aus wie jedes andere kleine Restaurant in Little Italy. Dunkle Holztische, rot-weiß karierte Tischdecken, Kerzen in alten Weinflaschen auf den Tischen.
Doch Toni kannte das Restaurant sehr gut, denn es war eines der ersten gewesen, bei denen er als Junge für seinen Vater die Schutzgelder kassiert hatte. Dabei hatte er den Eigentümer Renato recht gut kennengelernt. Damals war er erst 14 Jahre alt gewesen und immerzu hungrig. Jedes Mal, wenn er vorbeigekommen war, hatte ihm Renato ein Stück Pizza, Knoblauchbrot oder Focaccia mitgegeben. Auch wenn Toni heute wusste, dass er dies vermutlich nur getan hatte, weil er der Sohn des Don war, so hatte er doch gute Erinnerungen an diese Zeit.
Als Toni älter wurde und kein Schutzgeld mehr abholte, sondern wichtigere Aufgaben in der Familie übernommen hatte, war er trotzdem noch regelmäßig zum Essen gekommen. Und jedes Mal hatte er ein so großzügiges Trinkgeld dagelassen, dass sich Renato keine Sorgen um die zweiwöchentliche Schutzgeldzahlung machen musste. Toni würde es abstreiten, wenn ihn jemand danach fragen würde, aber er mochte das Restaurant, Renato und die guten Erinnerungen, die er an diese Zeit hatte. Als alles noch so viel einfacher gewesen war.
Toni betrat das Restaurant und hielt die Tür für Henry auf. Es war mittlerweile fast 18 Uhr und die ersten Tische waren schon besetzt. Drinnen roch es nach Knoblauch, Thymian und frisch gebackenem Brot. Toni zog den Duft tief in seine Nase und merkte, dass auch er hungrig war.
„Anthony!" rief ein grauhaariger Mann hinter der Theke und kam mit ausgebreiteten Armen und sie zu.
„Renato, buonasera", sagte Toni und reichte Renato die Hand zum Gruß. Der ergriff sie mit beiden Händen und schüttelte sie.
„Lange nicht gesehen, Anthony."
„Ja, ich hatte viel zu tun." Toni deutete auf Henry. „Das ist ein Freund von mir, der am verhungern ist. Hast du einen Tisch für uns?"
Renato schüttelte auch Henry die Hand, dann deutete er auf einen Tisch am Fenster. „Certo, per te sempre, für dich immer."
Sie setzten sich und Renato gab ihnen die Speisekarten bevor er einen Korb mit Brot und ein Schälchen Olivenöl und Meersalz auf den Tisch stellte. Toni bestellte ein Glas Rotwein, Henry ein Wasser. Danach vertieften sie sich in die Speisekarte. Toni, der alle Gerichte auf der Karte schon wenigstens einmal versucht hatte, hatte sich schnell entschieden, doch Henry blätterte vor und zurück. „Kannst du etwas empfehlen?" fragte er schließlich.
„Bist du Vegetarier oder Veganer?" fragte Toni und tauchte ein Stück Brot in das Olivenöl.
Zu seiner Erleichterung schüttelte Henry den Kopf. „Nein, ich bin Allesfresser." Wenn Henry Vegetarier oder Veganer gewesen wäre, hätte es kaum etwas auf der Karte gegeben. Renato war ein Verfechter des Fleisches und er hatte nur zwei vegetarische Alibigerichte auf der Karte und nichts veganes. Nach Renatos Ansicht konnte man traditionelles italienisches Essen nicht vegan kochen. Nachdem Toni seinen Bissen Brot heruntergeschluckt hatte, sagte er: „Eigentlich ist alles gut. Die Portionen sind riesig. Wenn du richtiges italienisches Essen willst, dann nimm keine Pizza, sondern das Saltimbocca. Das ist wirklich gut hier."
Henry nickte und legte die Karte zur Seite. Als Renato ihre Bestellung aufnahm, bestellte Henry in der Tat das Saltimbocca, was ein warmes Gefühl in Toni auslöste. Er selber nahm das Pilzrisotto mit Rinderfiletstreifen und dazu bestellte er für sie beide eine große Antipastiplatte.
Als Renato in der Küche verschwunden war, saßen sie sich eine kleine Weile schweigend gegenüber. Irgendwie wusste keiner von beiden, wie er ein Gespräch in Gang bringen sollte. Doch Toni wollte diese Gelegenheit nutzen, mehr über Henry zu erfahren. Um die Sache langsam angehen zu lassen, begann er unverfänglich und stellte Fragen zum Studium. Er erfuhr, dass Henry in seinem letzten Studienjahr war und nächstes Jahr seinen Abschluss machen würde. Im Juli des nächsten Jahres würde er, wenn alles wie geplant lief, im St. Elizabeth als Assistenzarzt anfangen. Nach dem Unfalltod seiner Eltern hatte er ein Jahr verloren, da er sich nicht in der Lage gefühlt hatte, das Studium in New York zu beginnen. Er hatte sich eine Auszeit genommen und war eine Weile mit dem Rucksack durch die USA gereist. Er erzählte gerade davon, wie er in Kalifornien zum ersten Mal auf einem Surfboard gestanden hatte, als Renato die Antipastiplatte auf ihrem Tisch ablud.
„Buon appetito", sagte Renato, füllte ihre Gläser nach und ließ sie wieder alleine.
Henrys Augen wurden groß, als er die riesige Platte vor sich stehen sah. „Das soll eine Vorspeise sein?"
Toni schmunzelte. „Ich sagte ja, die Portionen sind groß."
Aber auch Toni musste sich eingestehen, dass Renato es wirklich gut mit ihnen gemeint hatte. Vor ihnen stand ein großes Holzbrett mit eingelegten Oliven, gebratenen Tomaten, Mozzarella, Gürkchen, Salami, Schinken, Kräuterbrot, kleinen eingelegten Zwiebeln, Pilzen in Knoblauchsoße und in Olivenöl eingelegten gegrillten Paprikas. Dazu gab es gute Butter, Knoblauchcreme und Kräuterdip.
„Guten Appetit", sagte Toni und belud sich seinen Teller mit ein paar Oliven, Brot und Mozzarella. Auch Henry griff beherzt zu. Als er die eingelegten Pilze probierte, schloss er genüsslich die Augen. „Oh man, die sind wirklich gut."
„Dann warte bis du das Saltimbocca versucht hast", antwortete Toni und schob sich eine Olive in den Mund. Er sah mit Freude, dass Henry das Essen zu schmecken schien. In einem rasenden Tempo leerte er seinen Teller und nahm noch eine zweite Portion.
„Du bist also herumgereist, ja?" nahm Toni den Faden wieder auf. Henry nickte. „Ja, für fast ein Jahr. Ich bin von New York aus nach Kalifornien und wieder zurück. Ich bin meistens getrampt. Dabei habe ich eine ganze Menge gesehen und jede Menge interessante Leute kennengelernt. Viele Erfahrungen und Erinnerungen gemacht." Er wischte sich den Mund an seiner Serviette ab und sah Toni an. „Und du? Bis du auch gereist?"
Toni zögerte für einen Moment. Jede Erinnerung an seine Zeit in Europa löste einen dumpfen Schmerz in ihm aus. Doch dann nickte er. „Ja, vor ein paar Jahren habe ich einige Monate in Europa verbracht."
„Europa." Henry grinste. „Hätte ich mir ja denken können."
Als Toni ihn verständnislos anschaute, wurde Henrys Grinsen breiter. „Fahren nicht alle Kinder reicher Eltern nach der High School nach Europa?"
An Henrys Ton merkte Toni, dass er es nicht gehässig meinte, und er fasste es auch nicht so auf. Niemand konnte sich seine Eltern aussuchen, ob arm oder reich oder Oberhaupt der Cosa Nostra von New York. Daher gab er sich geschlagen, lehnte sich zurück und nahm noch einen Schluck Wein. „Mein Vater meinte, dass ich die Wurzeln unserer Familie kennenlernen sollte, bevor ich in das Familienunternehmen einsteige. Ursprünglich sollte ich nur einige Wochen in Italien bleiben, aber ich dachte mir, wenn ich schon rüberfliege, dann schaue ich mir ganz Europa an."
„Und hat es dir gefallen?"
Ob es ihm gefallen hatte? Ja, es hatte ihm gefallen. Die Freiheit die er vom ersten Tag an gespürt hatte war wie eine Droge gewesen, von der er nicht genug bekommen konnte. Er hatte einfach das tun können, was er wollte. Niemand der ihn beobachtete, der seinem Vater Bericht erstattete. Keine Angst, dass er etwas Falsches sagen könnte oder dass die Behörden seine Gespräche abhörten. Er hatte reisen können wohin er wollte. Heute Berlin, morgen Prag, Wien, London, Paris...er war überall gewesen, hatte das Leben in vollen Zügen genossen. Und dann hatte er Robert kennengelernt. Robert, mit seinen dunklen Haaren, den Grübchen wenn er lachte, den strahlenden Augen und der unbeschwerten Leichtigkeit die er an den Tag legte....
„Toni? Alles in Ordnung?" Henrys Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah auf und merkte, dass Henry ihn besorgt ansah. Er räusperte sich und setzte sich gerader hin. „Ja, ich war nur gerade in Gedanken versunken. Aber um deine Frage zu beantworten, ja es hat mir gefallen. Für eine Weile zumindest."
Toni sah Henry an, dass dieser vermutete, dass es zu diesem Thema mehr zu sagen gab, doch Henry wechselte höflich das Thema, wofür Toni dankbar war.
„Und jetzt arbeitest du für deinen Vater?"
„Ja, genau. Ich leite das Corleone und übernehme auch sonst diverse Aufgaben für ihn, für die Familie."
In dem Moment kam Renato mit der Hauptspeise. Der Duft von Zitrone und Salbei zog ihm in die Nase und als Toni die üppig gefüllten Teller sah, lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Henry schien es nicht anders zu gehen. Sobald sein Teller vor ihm stand, stürzte er sich auf das Kalbfleisch. „Wahnsinn." Seufzend ließ er sich das Gericht auf der Zunge zergehen. „Das ist das Beste was ich seit langem gegessen habe."
„Freut mich, dass es dir schmeckt. Du sahst auch richtig ausgehungert aus."
Henry nahm einen Bissen von den im Ofen gebratenen Rosmarinkartoffeln und nickte. „Zwischen den Vorlesungen und der Arbeit im Krankenhaus komme ich kaum dazu, richtig zu Essen. Zum Kochen schon gar nicht. Und naja, gutes Essen in New York ist teuer."
„Hast du ein Stipendium?"
„Nein, schön wärs. Meine Eltern hatten eine Lebensversicherung abgeschlossen und nach ihrem Tod habe ich alles verkauft, was ich geerbt hatte, darunter auch das Haus meiner Eltern, ihr Auto, alles. Nach Abzug der Hypothek und der Kosten, blieb genug übrig für die ersten drei Studienjahre. Für das letzte Jahr musste ich einen Kredit aufnehmen. Durch die Arbeit verdiene ich mir was dazu, aber ich will so wenig wie möglich leihen müssen, deswegen spare ich, wo ich kann."
Henry sagte dies ganz nüchtern und ohne jegliche Scham, wofür Toni ihn bewunderte. Viele seiner Kommilitonen schämten sich dafür, dass sie Studienkredite aufnehmen mussten, dabei war es in der heutigen Zeit ganz normal. Außerdem war die NYU eine der teuersten Universitäten des Landes, ganz zu schweigen von den Lebenshaltungskosten in New York. Dass Henry nach der Tragödie, die er erlebt hatte, überhaupt die Kraft gefunden hatte um zu Studieren, sagte nach Tonis Meinung einiges über dessen Willensstärke. Dennoch wollte er auf das Thema Geld nicht weiter eingehen, um zu vermeiden, dass Henry ihn weiter zu den Familiengeschäften befragen würde, oder dass er sich unwohl fühlte. Freundschaft und Geld war wie Wasser und Öl, das hatten der berühmte Hollywood Pate schon ganz richtig verstanden. Außerdem war es ihm irgendwie unangenehm.
Daher sagte er: "Hast du noch andere Familie?"
„Ja, eine Tante. Sie heißt Betty. Eigentlich Bethany, aber sie hasst es, wenn ich sie so nenne. Allen nennen sie Betty." Henry strich sich die Haare aus der Stirn und nahm einen Schluck Wasser. „Sie ist die Schwester meiner Mutter und war ein paar Jahre älter als meine Mom. Sie hat gleich nach der Schule ihren High School Schwarm geheiratet. Als Mom und Dad gestorben sind hat das Ganze sie ziemlich mitgenommen. Sie und ihr Mann, Dave, wohnen in Connecticut. Er ist Lehrer und sie Hausfrau. Aber jetzt wo ihre Kinder aus dem Haus sind arbeitet sie halbtags in der Verwaltung irgendeines Telefonanbieters." Er zuckte mit den Schultern. „Sie ist glücklich. Zufrieden."
„Siehst du sie oft?"
Toni sah, dass Henry auf einmal bedrückt aussah. „Nein, leider nicht. Wir reden auch nicht viel miteinander. Seit dem Tod meiner Eltern habe ich sie nur einmal zu Weihnachten besucht und sie hat Besuche immer wieder abgesagt. Wir...entfremden uns irgendwie. Ich weiß auch nicht." Er seufzte, doch dann zuckte er mit den Schultern. „Aber egal. Mein Leben ist hier, in New York. Und das Leben ist zu kurz, um Trübsal zu blasen wegen etwas, was man nicht ändern kann."
„Da hast du recht", stimmte Toni ihm zu. Sie aßen auf und bestellten dann noch jeweils einen Espresso. Renato hatte gerade den Kaffee gebracht, als Henry sich zu ihm vorbeugte. „Also, ich wollte nicht fragen, aber jetzt will ich es doch wissen. Wie hat sich dein Freund die Nase gebrochen?"
„Luca?" Toni schüttelte den Kopf. „Würdest du mir glauben, wenn ich dir erzähle, dass er in der Dusche ausgerutscht ist?"
Henry lachte und Toni wurde ganz warm, als er sah, wie das Lachen Henrys ganzes Gesicht veränderte Es stand ihm gut, zu Lachen. „Nein, auf keinen Fall."
„Also gut." Toni trank seinen Espresso. „Er hat sich mit der Freundin eines wirklich eifersüchtigen Kerls eingelassen. Als dieser das herausfand, hat er ihm eine verpasst. Luca hatte Glück, dass es bei der gebrochenen Nase geblieben und nichts Schlimmeres passiert ist."
„Na, das hat er dann ja verdient. Das macht man auch nicht." Toni sah, dass Henry schmunzelte und musste ebenfalls lächeln. „Wenn du Luca kennen würdest, wüsstest du, dass Luca sich seinen Spitznamen „Lucky Luca" nicht umsonst verdient hat."
„Lucky Luca?" Henry grinste breit. „Irgendwie möchte ich ihn besser kennenlernen, nur um die Geschichten zu hören, die zu diesem Spitznamen geführt haben."
„Wer weiß, vielleicht ergibt sich die Gelegenheit." Toni stellte seine Tasse ab und sah zu Henry. Wie er da vor ihm saß, entspannt und gut gelaunt, als ob er nicht eine Sorge hätte und mit einem Lächeln im Gesicht, führte Toni vor Augen, dass er eigentlich nie einen Abend wie den heutigen verbrachte. Einfach mit einem Freund ein Essen genießen, ein gutes Gespräch führen und sich einmal keine Sorgen machen. Wenn er mit Luca zusammen war, ging es früher oder später immer ums Geschäft. Sie sprachen nie über Gefühle, das war zwischen ihnen einfach kein Thema. Außerdem, dachte er, als er Henry ansah, sah Henry einfach unglaublich gut aus.
Als sie mit dem Essen fertig waren, verschwand Henry auf die Toilette und Toni bezahlte ihre Rechnung. Dabei gab er Renato ein so hohes Trinkgeld, dass Renato es rundheraus ablehnen wollte. Doch Toni wollte nichts davon hören und als Henry zurückkam, war Renato bereits wieder in der Küche verschwunden.
Während sie gegessen hatten, hatte es geregnet. Die Straßen glänzten und die vorbeifahrenden Autos spritzen durch die Pfützen. Sie gingen zusammen zur U-Bahn, wo Toni Henry noch zu seinem Gleis begleitete. Als sie auf die U-Bahn warteten, bedankte sich Henry noch einmal für die Einladung.
„Das habe ich gerne gemacht", sagte Toni. „Und außerdem habe ich so auch endlich mal wieder Renato einen Besuch abgestattet."
Henry machte den Mund auf, um etwas zu erwidern, doch da rauschte seine Bahn heran. Die Türen gingen auf und der Strom von ein- und aussteigenden Menschen machte es schwer, noch etwas zu sagen. So stieg Henry in die Bahn und winkte ihm noch kurz zu, als die Bahn losfuhr. Toni drehte sich um und stieg die Treppe hoch, um zu seinem Gleis zu kommen. Er hatte gerade das Ende der Treppe erreicht, als sein Mobiltelefon vibrierte.
„Morgen? Selbe Zeit, selber Ort?"
Sein Bauch machte einen kleinen Purzelbaum. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht drängte sich Toni in die Menschenmenge und wartete auf seinen Zug. Wenn er nicht aufpasste, bekam er von dem ganzen Lächeln noch Falten ins Gesicht.
–
Toni stand vor dem Spiegel in seinem Schlafzimmer und fluchte leise. Warum wollte dieser vermaledeite Krawattenknoten nicht richtig sitzen? Er zog an dem Stoff, doch anstelle dass sich der Knoten zuzog, wurde er lockerer. Mit einen frustrierten Knurren zerrte Toni die Krawatte unter seinem Hemdkragen hervor und warf sie auf Bett. Mit in die Hüften gestemmten Händen und gesenktem Kopf stand er einen kurzen Moment da, dann schnappte er sich resigniert erneut die Krawatte.
Er musste in etwas weniger als einer Stunde bei seinem Vater sein und hatte keine Zeit, sich mit dem Binden der Krawatte aufzuhalten. Dennoch zwang er sich, tief durchzuatmen und fing dann an, den Knoten erneut zu binden. Sein Vater war von der alten Schule, was bedeutete, dass er von seinem Sohn erwartete, dass dieser in Anzug, Krawatte und geputzten Lederschuhen vorständig wurde. Eine Ausrede würde sein Vater nie gelten lassen. Nicht, dass Toni oft etwas anderes als einen Anzug trug. Aber wenn er seinen Vater besuchte, musste es das Beste vom Besten sein.
Nach einem weiteren prüfenden Blick in den Spiegel strich sich Toni die Haare glatt, nahm seinen Autoschlüssel und verließ die Wohnung. Genauso wenig wie sein Vater legere Kleidung schätzte, tolerierte er es, wenn man unpünktlich war. Daher lenkte Toni seinen schwarzen Porsche durch den nachmittäglichen Verkehr und ignorierte dabei das flaue Gefühl in seinem Magen. Während er durch die Häuserschluchten fuhr, fragte er sich, was sein Vater von ihm wollte. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, seinem Vater aus dem Weg zu gehen. Die geschäftlichen Belange des Corleone beredete er meist mit dem Consigliere, Marcus. Sein Vater befahl ihn nur zu sich, wenn er in dessen Augen etwas falsch gemacht hatte.
Aber wie er sich das Hirn auch zermarterte, er wusste nicht, was er falsch gemacht haben könnte. Gut, der Deal mit den Kreditkarten war nicht ganz so gelaufen, wie erhofft, aber er hatte das Problem gelöst. Er glaubte nicht, dass sein Vater ihn deswegen zu sich rufen würde. Für eine ganz kurze Schrecksekunde kam ihm der Gedanke, dass sein Vater von Henry erfahren haben könnte, aber dann schalt er sich in Gedanken einen Narren. Zwischen ihm und Henry war nichts vorgefallen, was ihm sein Vater hätte vorwerfen können. Sie waren ein paar Mal Kaffee trinken, mehr nicht. Als er merkte, dass er einen Rhythmus auf das Lenkrad trommelte, zwang er sich die Hand auf den Schaltknüppel zu legen und dort zu lassen.
Dennoch rumorte es in seinem Magen, als er die Treppe zum Wohngebäude seines Vaters an der Upper East Side hinaufstieg. Es war ein imposantes Gebäude aus weißem Stein, nur eine Straße vom Central Park entfernt. Sein Vater hatte es in den frühen Achtzigern gekauft – oder besser gesagt erpresst – und auch wenn auf den Nummernschildern verschiedene Namen standen, wohnten nur sein Vater und dessen Entourage in diesem Gebäude. Die Namen waren nur Show.
Als Toni die schwere Flügeltür zum Gebäude aufstieß, wurde er in der Eingangshalle von zwei Security Männern durch Kopfnicken begrüßt. Sie kannten ihn, aber wenn ein Fremder versuchte, in das Gebäude zu gelangen, wurde er schon draußen auf der Treppe aufgehalten. Um und im gesamten Gebäude gab es unzählige versteckte Kameras, die jeden Winkel im Blick hatten. Toni betrat den Aufzug und fuhr ganz nach oben. Er zupfte nervös an seiner Krawatte. Als sich der Fahrstuhl seinem Ziel näherte, zwang er sich, seine Muskeln zu lockern und er die steckte die Hände in die Hosentaschen. Als er den Fahrstuhl verließ und die Privatwohnung seines Vaters betrat, strahlte er nur kühle Gelassenheit aus, obwohl es in seinem Inneren rumorte.
Er war keine fünf Schritte weit gekommen, als der Consigliere seines Vaters in den Flur trat. Als er Toni sah, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Anthony, pünktlich wie immer."
„Fünf Minuten vor der Zeit, da beginnt die Pünktlichkeit", sagte Toni und schüttelte dem älteren Mann die Hand. „Das hast du mir beigebracht."
„Habe ich das?" erwiderte Marcus und rückte seine Brille zurecht. „Nun, das kann gut sein. Als Junge warst du schrecklich unpünktlich. Das hat deinen Vater immer sehr aufgeregt."
„Ja, ich erinnere mich", sagte Toni trocken und deutete mit dem Kinn in Richtung des Büros seines Vaters. „Ist er da drin?"
Marcus nickte. „Ja, er erwartet dich bereits."
Toni hätte den Consigliere gerne gefragt, warum sein Vater ihn einbestellt hatte, doch er wusste, dass der es ihm nicht sagen würde. Das hätte die Befehle des Don untergraben und obwohl Marcus Toni sehr mochte, würde er nie die Autorität des Don in Frage stellen oder entgegen seiner Wünsche handeln. Daher dankte ihm Toni und ging auf die Bürotür seines Vaters zu. Er klopfte und trat ein, als er die Stimme seines Vaters hörte.
Sein Vater hatte sich nicht verändert, seit Toni ihn das letzte Mal vor ein paar Wochen gesehen hatte. Sein Haar war immer noch tiefschwarz, nur leicht an den Schläfen ergraut. Vincenzo Garibaldi war Mitte Sechzig, sah aber eher aus wie Anfang Fünfzig. Er war groß, kräftig gebaut und füllte den ganzen Raum mit seiner Anwesenheit aus. Am kleinen Finger der linken Hand trug er einen goldenen Siegelring, am Handgelenk eine teure Rolex. Genau wie Toni trug er einen sündhaft teuren italienischen Anzug.
Als Toni das Zimmer betrat, stand sein Vater vor einem der großen Fenster des Büros, eine Zigarre im Mundwinkel. Als er seinen Sohn sah, wandte er sich ihm zu und musterte ihn von oben bis unten. „Du hast zugenommen", sagte Don Garibaldi und sog an seiner Zigarre. „Pass auf, dass du nicht fett wirst."
„Ich wünsche dir auch einen guten Nachmittag, Vater", erwiderte Toni und blieb mitten im Zimmer stehen. Sein Vater war kein Mensch emotionaler Gesten und schon seit er ein kleiner Junge war wusste Toni, dass sein Vater ihn nicht in den Arm nehmen oder auf andere Weise begrüßen würde, wie Familienmitglieder dies normalerweise taten. Sein Vater musterte ihn noch einen Moment, dann wandte er sich ab und setzte sich hinter seinen großen Schreibtisch. Er deutete auf den Stuhl, der vor dem Tisch stand, und Toni setzte sich. Das hier war kein privates Treffen, es ging nur ums Geschäft.
„Wie laufen die Geschäfte?", frage sein Vater und lehnte sich zurück.
„Gut. Den Bericht des letzten Quartals über das Corleone habe ich dir geschickt." Toni rutschte auf seinem Stuhl zu Seite, doch als sich die Augen seines Vaters verengten, zwang er sich, ruhig sitzen zu bleiben. „Jeden Monat steigt der Gewinn."
„Huhm", machte sein Vater und sah ihn unverwandt an. Der Don hatte eine Art, den Leuten in die Augen zu sehen ohne zu blinzeln. Die meisten Menschen hielten diesen Blick nicht lange aus, und auch Toni senkte nach einer Weile die Augen. „Gut. Aber du könntest mehr Drogen verkaufen, dann würde der Gewinn besser sein."
Obwohl er widersprechen wollte, tat Toni es nicht. Es hatte keinen Zweck mit seinem Vater über dieses Thema zu streiten. Es brauchte nur eine Razzia und das Corleone würde schließen müssen, zumindest für eine Weile. Aber was sein Vater befahl, war Gesetz. Daher nickte er und sagte: „Wie du willst."
„Gut, dann ist das geklärt", sagte sein Vater und drückte seine Zigarre im Aschenbecher aus. „Dein kleiner Club ist aber nicht der Grund, aus dem ich dich hergebeten habe".
In diesem Moment ging die Bürotür auf und Marcus betrat den Raum. Ohne ein Wort zu sagen, legte er eine lederne Mappe auf den Schreibtisch, bevor er das Büro wieder verließ.
„Anthony", begann sein Vater und lehnte sich vor, „es ist an der Zeit, dass du dich mehr in die Familiengeschäfte einbringst. Die letzten Jahre war ich nachsichtig mir dir, habe dir Freiraum gelassen. Aber ich denke, du bist bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen."
Vincenzo sah seinen Sohn an und obwohl er Ruhe ausstrahlte, wusste Toni, dass sein Vater wie eine Katze vor einem Vogel auf seine Antwort wartete. Sein Vater wusste genau, dass er zwar durchaus bereit war, Geschäfte für die Mafia zu tätigen, dass er aber Skrupel hatte, sofern es darum ging, Leute aus dem Weg zu räumen. Außerdem mochte er keine Gewalt, was für ein Mitglied der Mafia eindeutig kein Einstellungsmerkmal war. Gewaltbereitschaft war sozusagen eine Kernkompetenz. Auf der anderen Seite würde ihm sein Vater gar keine andere Wahl lassen, als zu tun, was er verlangte. Daher schlug Toni nur die Beine übereinander und sagte: „An was hast du gedacht?"
Toni sah Genugtuung in den Augen seines Vaters aufblitzen und schämte sich, dass er so einfach klein beigegeben hatte. Aber nicht lange, denn das, was ihm sein Vater dann eröffnete, ließ ihn alles andere vergessen.
„Ich habe ein Geschäft abgeschlossen", sagte sein Vater. „Mit den Kolumbianern. Kurz vor Weihnachten werden sie eine große Lieferung ins Land bringen. Ich will, dass du diese Lieferung koordinierst und sie persönlich in Empfang nimmst."
Eine Drogenlieferung von einem der kolumbianischen Kartelle. Das Oficina de Envigado Kartell, vermutlich. Sein Vater hatte sich vor Jahren aus dem Kokainhandel zurückgezogen, kurz nachdem der berüchtigte Pablo Escobar ermordet worden war. Danach waren die Drogenlieferungen in die USA explodiert, die verschiedenen kolumbianischen Kartelle hatten versucht, die Macht an sich zu reißen. Sein Vater war klug genug gewesen, sich aus diesem Krieg herauszuhalten. Heute kaufte er ab und an eine kleinere Menge, ein paar Kilo hier und da. Wenn er Drogen verkaufte, dann viel mehr Partydrogen und Methamphetamine die gleich in den USA hergestellt werden konnten. So hatte er nicht nur die Kontrolle über den Vertrieb, sondern auch über die Produktion.
Wenn sein Vater jetzt groß sagte, ging es nicht nur um ein paar Kilo Kokain, sondern um eine Containerladung. Wenn Toni beim Kauf einer so enormen Lieferung Drogen vom FBI oder der DEA, der Drug Enforcement Agency, erwischt wurde, würde er für mindestens dreißig Jahre im Gefängnis verschwinden. Doch das machte Toni weniger Sorgen als die Tatsache, dass sein Vater – wenn er diese Lieferung abwickelte – einen Trumpf gegen ihn in der Hand haben würde.
Sein Vater lebte immer in der Furcht, dass sich einer seiner Männer gegen ihn wenden konnte. Er vertraute niemandem. Daher sammelte er über jeden seiner Männer Informationen, mit denen er sie erpressen konnte. Toni jedoch hatte bisher nichts getan, was in die Kategorie „30 Jahre bis lebenslänglich" fallen würde. Aber sein Vater würde durch diesen Drogendeal genug Beweise gegen ihn in der Hand haben, um ihn den Haien zum Fraß vorzuwerfen, wenn es ihm passte. Toni hatte nicht die Illusion, dass diese Lieferung von Drogen irgendwie mit seinem Vater in Verbindung gebracht werden könnte. Nein, dafür war Vincenzo Garibaldi schon lange genug im Spiel. Er würde genug Spuren legen die nur seinen Sohn belasten würden. Und wenn Toni aus der Reihe tanzte, könnte er diese Beweise wie ein Damoklesschwert gegen ihn verwenden. Sein Vater hatte dies schon mit anderen Mitgliedern der Familie und mit sehr vielen Feinden getan. Auf diese Weise garantierte er, dass seine Leute loyal blieben. Wenn er eines aus den Mafiakriegen gelernt hatte, dann, dass Loyalität Alles war. Loyalität band einen Mann besser an die Organisation als Furcht.
Sein Herz hämmerte so schnell in seiner Brust, dass er meinte, sein Vater müsste es hören. Toni merkte, wie sein Mund ganz trocken wurde. Er hatte kein Problem damit, den Club zu leiten, Geld zu waschen oder Partydrogen zu verkaufen. Schließlich war er mit der Mafia aufgewachsen, sie war sein Geburtsrecht, seine Familie. Aber das hier? Das was eine ganz andere Liga. Wenn er diesen Deal abwickelte, gab es kein Zurück mehr, dann war er mit Haut und Haaren Mafioso. Zwar hatte er immer gewusst, dass er diese Brücke irgendwann würde überqueren müssen, doch rebellierte es in ihm.
Noch nicht jetzt, nicht heute. Er brauchte Zeit. Obwohl er wusste, dass es keinen Sinn hatte, musste er versuchen, seinen Vater umzustimmen. Es war zu früh, er war noch nicht bereit, sein bisheriges Leben aufzugeben. Er lehnte sich in seinem Stuhl vor und sagte: „Vater, ich bin mir sicher, dass diese Lieferung wichtig für dich ist, für uns. Aber ich denke, ich bin nicht geeignet, dieses Geschäft abzuwickeln. Im Moment habe ich mit dem Club einfach zu viel zu tun."
„Das war keine Bitte, Anthony", erwiderte sein Vater kühl.
„Das verstehe ich ja, Vater, aber..." doch Toni kam nicht dazu, seinen Satz zu Ende zu führen. Sein Vater schlug mir der flachen Hand auf die Tischplatte, dass es krachte.
„Du wirst tun, was man dir sagt." Sein Vater zeigte mit dem Zeigefinger auf ihn. „Hast du mich verstanden?"
Für einen kurzen, flüchtigen Moment wollte Toni widersprechen, doch da sagte sein Vater mit leiser, kalter Stimme: „Wenn ich du wäre, würde ich mir jetzt ganz genau überlegen, was du sagst. Familie oder nicht, du weißt, dass ich keine zweiten Chancen gebe."
Ja, dass wusste Toni nur zu gut. Daher senkte er nur demütig den Kopf. „Ja Vater, das verstehe ich. Natürlich werde ich tun, was du verlangst." Er hätte sich auf die Zunge beißen können, dass er „verlangt" gesagt hatte und nicht „wünschst" oder „bittest", aber jetzt konnte er seine Worte nicht mehr zurücknehmen. Doch zu seiner Erleichterung ging sein Vater nicht weiter darauf ein. Vincenzo Garibaldi nickte und sagte: „Gut, Marcus wird mit dir die Einzelheiten klären." Dann widmete er sich der Mappe mit Papieren auf seinem Schreibtisch und Toni wusste, dass er entlassen war. Er stand auf und verließ das Büro, ohne sich noch einmal zu seinem Vater umzudrehen.
Sobald er im Flur stand und sein Vater ihn nicht mehr sehen konnte, wurden seine Knie weich. Für einen Moment schien sich alles um ihn zu drehen. Wut stieg in ihm auf und er ballte die Hände zu Fäusten. Eine Containerlieferung Drogen! Wenn er das Geschäft abwickelte, gab es kein Zurück mehr. Dann wäre er für den Rest seines Lebens ein Schwerkrimineller. Und schlimmer noch, dann würde ihn sein Vater auf Ewig in der Hand haben.
Toni spürte eine Hand auf seiner Schulter. Er drehte sich um und sah in das Gesicht von Marcus, der ihm auf den Flur gefolgt war.
„Marcus, meint er das ernst? Eine Drogenlieferung von einem kolumbianischen Kartell?" Toni strich sich durch sein dunkles Haar und schüttelte den Kopf. „Das kann nicht sein Ernst sein."
„Ich weiß, du willst das jetzt noch nicht, aber du hast keine andere Wahl", erwiderte der ältere Mann sanft und drückte kurz seine Schulter. „Du hast dich lange gescheut, deine Position als Erbe einzunehmen, aber du wusstest, dass es früher oder später so weit sein würde. Ich hatte gehofft, dass dein Vater wartet, bis du etwas älter bist, aber nun ist es anders gekommen."
Marcus seufzte und führte Toni zum Fahrstuhl. „Fahr erst einmal nach Hause und lass es sacken. Die Details besprechen wir ein andermal."
Toni betrat den Fahrstuhl, doch bevor sich die Türen schlossen, musste er zumindest noch eine Frage stellen. „Wie viel?"
Marcus wusste anscheinend genau, was er meinte. Mit einem fast mitleidigen Ausdruck sagte er: „Eine Tonne Kokain."
Dann schlossen sich die Fahrstuhltüren und Toni sackte an die Wand. Eine Tonne Kokain. Eine verfluchte Tonne. Toni überschlug im Kopf schnell den Einkaufspreis. Sein Vater musste sicherlich 35 Millionen bezahlt haben bzw. zahlen. Der Straßenverkaufswert dahingegen lag bei circa bei 60 Millionen Dollar, je nachdem, wie sie die Drogen verschneiden würden. Er würde einen Drogendeal im Wert von 35 Millionen Dollar abwickeln müssen. Als sich der Fahrstuhl wieder öffnete, ging Toni langsam aus dem Gebäude und zu seinem Wagen. Niemand sah ihm an, dass ihm gerade eine Pistole auf die Brust gesetzt worden war und sein Vater den Abzug in Händen hielt. Wenn er nicht so viel Übung darin gehabt hätte, wäre er wohl nicht in der Lage wegen, nach außen hin so ruhig, gelassen und unberührt zu erscheinen.
Innerlich raste sein Herz so sehr, dass Toni einige Minuten in seinem Wagen sitzenblieb, bevor er sich in der Lage fühlte, den Porsche sicher durch die Straßen New Yorks zu lenken. Er war wütend. Auf seinen Vater aber vor allem auf sich selber. Er war der Sohn vom Paten, er hatte gewusst, dass er irgendwann die richtig illegalen Geschäfte abwickeln würde, herrgott er sollte irgendwann die Geschäfte von seinem Vater übernehmen! Er hatte gewusst, dass es bald so weit sein würde. Aber es war eine Sache, gefälschte Kreditkarten zu kaufen und eine ganz andere, sich mit den Kolumbianern zu einem 35 Millionen Dollar Deal zu verabreden. Wenn bei diesen Deal etwas schief lief, gab es Tote, keine leeren Drohungen. Toni startete den Porsche und rammte den Gang rein, dass es knirschte, doch es war ihm egal. Er drehte das Radio auf und gab Gas.
Als es Abend wurde, war Toni immer noch aufgebracht. Er wusste, dass er ins Corleone fahren müsste, um nach dem Rechten zu sehen, doch allein der Gedanke an die laute Musik, den Alkohol und die tanzenden fröhlichen Menschen stieß ihn ab. Er musste sich beruhigen, musste runterkommen. Er fühlte sich, als ob er jeden Moment vor Frustration explodieren würde. Daher schnappte er sich seine Sporttasche und fuhr in das Boxstudio, dass er besuchte.
Das Studio lag genau auf der Grenze zwischen dem Hoheitsgebiet der Cosa Nostra und der Bratva, der russischen Mafia in New York. Das Studio war eine neutrale Zone, in der keine Kämpfe oder Rivalitäten geduldet wurden. Der Eigentümer war ein Ex-Profi, der das Studio zur neutralen Zone erklärt hatte, die Schweiz in New York, sozusagen. Toni hätte auch ein anderes Studio aufsuchen können, doch er mochte den alten Charme, die ledernen Boxsäcke und die rustikale, fast schon heruntergekommene Atmosphäre. Es war nicht vergleichbar mit den neumodischen Boxstudios, in denen die Boxer Gesundheitsdrinks tranken und alles hell, weiß und so sauber war. Nein, Toni stand nicht der Sinn nach dieser Art Sport und an diesem Tag schon gar nicht.
Über eine Stunde ließ Toni seine Frustration und Wut an dem Sandsack aus. Warum hatte sein Vater entschieden, dass er unbedingt jetzt voll einsteigen sollte? Gerade jetzt, wo das Corleone gut lief, er seine eigenen kleine Geschäfte machte und Henry kennengelernt hatte? Als er an Henry dachte, wurde er nur noch wütender. Diesen Deal mit den Kolumbianern zu koordinieren würde ihn Zeit kosten, Zeit die er eigentlich für Treffen mit Henry hatte nutzen wollen. Das war ein irrationaler Gedanke und Toni wurde noch wütender auf sich selber. Er verpasste dem Sandsack einen heftigen rechten Schwinger.
Natürlich war er kein Chorknabe, er war immerhin der Sohn des Bosses der Cosa Nostra. Er hatte für seinen Vater Schutzgelder eingetrieben, gestohlen, gefälschte Papiere ge- und verkauft und er leitete seinen Nachtclub. Aber bisher hatte Toni nie etwas getan, was ihn für Jahrzehnte ins Gefängnis bringen könnte. Er hatte nie diese durch ihn selber gezogene unsichtbare Grenze überschritten, die ihn in die Kategorie der „schweren Jungs" katapultieren würde.
Seine Schläge auf den Sandsack wurden heftiger. Toni wusste, dass das FBI und die DEA und auch die Polizei von New York nur darauf warteten, dass sein Vater einen Fehler machte. Und dazu gehörte auch, dass er, Toni, einen Fehler machte, wodurch sie seinen Vater würden drankriegen können. Oder zumindest Toni wegsperren, um damit die Struktur der Cosa Nostra zu schwächen. Toni war schließlich der einzige Sohn seines Vaters und damit sein Nachfolger. Er knurrte als er daran dachte.
Was das FBI aber nicht bedacht hatte, war, dass sein Vater sich einen Dreck um Toni kümmerte. Für ihn war Toni nur Mittel zum Zweck. Sein Vater würde keinen Finger krumm machen, wenn er ins Gefängnis müsste, ganz im Gegenteil. Sobald Toni einmal hinter Gittern wäre, würde es vermutlich keine zwei Wochen dauern, bis er tot in seiner Zelle gefunden wurde. Der Don akzeptiere keine Schwäche und er tolerierte es nicht, wenn jemand etwas gegen ihn in der Hand hatte. Nein, sein Vater müsste befürchten, dass Toni über ihn und die Familie auspackte und einen Deal mit den Behörden schloss. Bevor das geschehen konnte, würde er Toni beseitigen lassen. Oder eine rivalisierende Familie würde jemanden anheuern um ihn zu töten. Was das betraf, hatte Toni keinerlei Illusionen.
Wütend gab er dem Sandsack einen so kräftigen Stoß, dass dieser weit zurückschwang. Zwei Hände umklammerten den Sandsack, bevor er zurückschwingen konnte. „Wow, immer mit der Ruhe", sagte eine tiefe Stimme. „Oder willst du mich mit diesem Sandsack K.O. schlagen?"
Toni wischte sich das verschwitze Haar aus dem Gesicht und sah auf. Hinter dem Sandsack stand ein alter Freund von ihm.
„Juri...ich habe dich gar nicht reinkommen sehen." Er kannte Juri schon seit ein paar Jahren, denn auch Juri war in der Mafia. Allerdings in der Bratva. Genau wie Toni war er der Sohn des Mafiabosses, doch hatte Juri noch drei Brüder. Sie hatten sich in der Privatschule kennengelernt, die sie beide als Teenager besuchten. Juri war nur kurz auf der Schule gewesen, aber sie hatten sich dennoch gut verstanden. Ihr gemeinsamer Hintergrund verband sie und sie wussten auch, dass sie eines Tages an die Stelle ihrer Väter treten und die jeweiligen Familien leiten würden. Was konnte es da schaden, wenn man sich gut verstand?
Was sie aber von einander unterschied war, dass Juri das Leben als Mafiagröße in vollen Zügen genoss. Er liebte das Leben als Gangster und das sah man ihm auch an. Bratva Tattoos zogen sich über seine Arme und Hände und Toni wusste, dass auch sein Rücken und seine Brust mit Tinte bedeckt waren. Ein Zeichen seiner Loyalität zur Bratva, denn einige der Tattoos bekam man nur, wenn man bestimmte Verbrechen im Auftrag der Russenmafia begangen hatte. Dennoch verstanden sich Toni und Juri gut.
„Kein Wunder", sagte Juri und ließ den Sandsack los. „Du warst ja wie in Trance." Toni ging zu seiner Sporttasche, nahm eine Flasche Wasser heraus und trank gierig. Er merkte erst jetzt, wie trocken seine Kehle war. Juri setzte sich auf die Bank und sah zu ihm auf. „Probleme?"
Auch wenn Toni seinem alten Freund gerne erzählt hätte, was los war, konnte er das nicht. Er kategorisierte ihre Beziehung zwar als Freundschaft, doch es gab Grenzen, die er nicht überschreiten konnte. Und eine davon war, Juri von den Interna der Cosa Nostra zu erzählen. Genauso wenig würde Juri ihm jemals etwas über seine Geschäfte erzählen. Daher zuckte er nur die Schultern. „Das Übliche." Doch Juri durchschaute ihn. „Toni, erzähl mir doch nichts. Wenn du gekonnt hättest, hättest du den Sandsack da zu Staub verpulvert."
Toni seufzte. „Du weißt ich kann dir nichts erzählen."
„Da", sagte Juri, „ich weiß. Eure Omerta." Omerta war das italienische Wort für die Schweigepflicht, die jedem Mitglied der Cosa Nostra oblag. Wenn man mit jemandem außerhalb der Familie über Geschäfte sprach, brach man die Omerta, was mit dem Tode bestraft werden konnte.
Doch Juri ließ nicht locker. „Wir kennen uns jetzt schon ziemlich lange, Toni. Ich merke doch, dass irgendwas ist. Wenn ich dir helfen kann, sag es einfach." Toni ließ sich neben Juri auf die Bank fallen und begann, die Stoffstreifen um seine Handgelenke und Fingerknöchel abzurollen. Er dachte eine Weile nach, dann sagte er: „Was würdest du tun, wenn dein Vater etwas von dir verlangt, was du nicht tun willst?" Diese Formulierung war unverfänglich genug, dachte er.
Juri musste nicht lange nachdenken ehe er antwortete. „Dann tue ich es dennoch. Und trinke eine Flasche Wodka danach, um es zu vergessen." Er lachte. „Und genehmige mir vielleicht eine Frau oder zwei." Als er sah, dass sein Ratschlag Toni nur noch deprimierter machte, legte er ihm eine Hand auf die Schulter. „Toni, du und ich, wir kennen unseren Platz. Aber das bedeutet nicht, dass ich alle Aufträge gerne ausführe." Toni sah verwundert zu ihm auf. Bisher hatte er nicht gedacht, dass auch Juri ab und an Probleme mit seinen Aufträgen hatte.
Juri musste ihm seine Verwunderung angesehen haben. „Schau nicht so verwundert, Toni. Ich bin kein Unmensch und manchmal...manchmal wünschte ich, dass der Kelch an mir vorübergeht." Juri zuckte mit den Schultern. „Aber das gehört nun einmal dazu, wenn man wie wir ist. Wir haben keine Wahl. Es ist Familie."
„Aber wünscht du dir nicht manchmal, du hättest eine Wahl? Dass du selbst entscheiden kannst?" Schon als er die Worte aussprach, bereute er es. Juri war zwar sein Freund, aber er war auch ein Konkurrent und es war nicht klug, seine Schwäche vor ihm auszubreiten. Doch zu seinem Glück schien Juri seine Worte falsch zu verstehen. Denn dieser nickte und erwiderte: „Doch, sicher. Aber du kannst deinen alten Herrn genauso wenig aus dem Weg räumen wir ich, um endlich ganz am Steuer zu sitzen."
Juri stand auf und schulterte seine eigene Sporttasche. „Toni mein Freund, wenn ich dir einen Rat geben darf, dann diesen. Es wird eine Zeit für uns beide kommen, in der wir endlich selber entscheiden können. Aber bis dahin halten wir den Mund und tun, was uns gesagt wird, wenn uns unser Leben lieb ist. Aber das heißt nicht, dass wir nicht auf unsere Art rebellieren können. Such dir etwas, was dein Vater niemals gutheißen würde und immer wenn er dich besonders nervt, denke daran. Und genieße es."
„Und was hast du gefunden, um zu rebellieren?"
„Ah", sagte Juri und hob mahnend den Zeigefinger. „Das, mein Freund, ist für uns Omerta." Dann grinste er, gab Toni noch einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und verschwand dann im hinteren Teil des Studios, wo vermutlich seine Bodyguards auf ihn warteten, ohne die Juri nur selten herumlief. Nachdenklich lehnte sich Toni an die Wand in seinem Rücken. Etwas finden, was nur ihm gehörte und was seinen Vater unglaublich Stören würde. Oh ja, dachte er, da fiel ihm schon etwas ein.
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