Kapitel 22
Kapitel 22
Toni schrieb schnell einen Zettel für Henry und legte ihn auf den Küchentresen. Er wollte nicht, dass Henry aufwachte und dachte, dass Toni ihn im Stich gelassen hatte. Aber er wusste auch, dass er vielleicht nicht tun konnte, was er sich vorgenommen hatte, wenn er jetzt zu Henry ins Schlafzimmer ging. Dann würde er sich seine Entscheidung vielleicht noch einmal überlegen. Deswegen nahm er seine Schlüssel und verließ leise die Wohnung.
Zuerst fuhr er zu sich nach Hause. Dort duschte er, rasierte sich und zog sich um. Er entschied sich für einen dunkelblauen Anzug mit weißem Hemd, seriös und formell. Sein Vater würde den Anzug mögen, dachte er. Denn genau dorthin würde er fahren. Als er seinen Wagen zur Upper East Side lenkte, wurde ihm bewusst, dass er wohl noch nie freiwillig zu seinem Vater gefahren war. Eine Premiere und vermutlich nicht die letzte an diesem Tag. Er betrat gerade den Fahrstuhl, der ihn zu den Privaträumen seines Vaters bringen würde, als sein Telefon piepte. Er holte es aus der Tasche und sah, dass es eine Nachricht von Henry war. „Wo bist du?"
Sein Daumen schwebte eine Sekunde über dem Antwort Button, doch dann steckte er das Telefon weg. Er konnte jetzt nicht an Henry denken. Durfte sich nicht ablenken lassen, auch wenn er das alles hier nur tat, damit Henry in Sicherheit war. Als sich die Fahrstuhltüren öffneten, stand Marcus davor.
„Guten Morgen, Anthony", sagte er in seinem ruhigen Tonfall. „Hattest du einen Termin?"
„Nein, habe ich nicht", sagte Toni und merkte, wie trocken sein Mund auf einmal war. „Ist mein Vater zu sprechen?"
Marcus sah ihn einen Moment an, dann nickte er. „Gewiss." Er deutete auf die Bürotür. Als Toni darauf zuging, hielt Marcus ihn am Arm zurück. „Anthony, ist etwas passiert, was ich wissen sollte?" Seine Stimme klang besorgt, und für einen Moment wünschte sich Toni, dass er Marcus einfach alles erzählen konnte. Von allen Mitarbeitern seines Vaters standen er und Marcus sich am nächsten. Marcus war ein kluger Kopf, er wusste, wer welche Leichen im Keller hatte. Toni war sich sicher, dass Marcus eine Lösung für seine Probleme gewusst hätte. Doch das ging nicht, denn wenn Marcus eines war, dann loyal zu seinem Vater. Deswegen schüttelte er den Kopf.
„Ich muss mit meinem Vater reden. Es ist dringend."
„Na schön", sagte Marcus, ließ ihn los und deutete wieder auf die Tür. „Dein Vater ist in seinem Büro."
Vor der Tür blieb Toni kurz stehen, atmete tief durch und zupfte seinen Anzug zurecht. Eine alberne Geste, aber er fühlte, wie sein Herz wild pochte und er versuchte, sich zu beruhigen. Er atmete noch einmal tief durch, zählte bis zehn und dann klopfte er. Als sein Vater ihn hereinbat, betrat er das Büro. Sein Vater war allein. Er saß hinter seinem großen Schreibtisch, vor sich eine Mappe mit Papieren. Sein Vater benutzte seinen Computer nicht für seine Geschäfte, er hatte zu viel Angst, dass er gehackt werden würde. Nun, dachte Toni, die Angst ist berechtigt und stellte die Tasche, die er getragen hatte, auf den Boden. Darin befand sich der Laptop, den ihm Juri gegeben hatte.
Als er eintrat hob Vincenzo Garibaldi nur kurz den Kopf. „Anthony, was willst du hier?" Sein Vater klang irritiert, so als ob Toni ihn bei wichtigen Arbeiten gestört hätte. Um sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen, stellte sich Toni ans Fenster und sah kurz hinaus. Sein Mund war so trocken, dass er sich räuspern musste. Dann sagte er: „Vater, wir müssen reden. Es ist etwas passiert, was du wissen solltest."
Sein Vater hob nicht einmal den Kopf von seinen Papieren. „Ach ja?"
„Ja", sagte Toni und nickte. „Es betrifft Onkel Frank."
Er sah, wie sich die Augen seines Vaters verengten. „Was ist mit Frank?"
Jetzt oder nie, dachte Toni, atmete tief ein und sprang dann ins sprichwörtliche Feuer. „Frank arbeitet mit dem FBI zusammen, mit diesem Agent McNamara. Er verkauft Informationen an das FBI um dich zu stürzen."
Wenn Toni erwartet hatte, dass sein Vater unglaublich wütend werden würde, dann hatte er sich nicht getäuscht. Was er aber nicht erwartet hatte, war, dass sein Vater nicht auf Frank wütend würde, sondern auf ihn. Das Gesicht seines Vaters nahm in Sekunden einen roten Farbton an. Mit vor Zorn bebender Stimme stand Vincenzo Gabribaldi auf. Seine großen Hände ballten sich zu Fäusten, die er auf die Tischplatte stützte, wie ein Gorilla, bevor er angriff. „Wie kannst du es wagen, meinen Bruder so zu verunglimpfen?" presste der Don hervor. „Frank war immer loyal, viel mehr als du es jemals warst."
Das schmerzte mehr, als Toni gedacht hätte. War er nicht auch immer loyal gewesen? Er war nie, nie aus der Reihe getanzt, hatte sich und seine Bedürfnisse immer der Familie untergeordnet.
„Aber Vater, ich habe Beweise!" sagte Toni und schnappte sich den Laptop aus der Tasche. „Hier sind genug Informationen drauf, um zu beweisen, dass Frank ein falsches Spiel spielt."
Doch sein Vater wollte davon nichts wissen. Mit vor Zorn sprühenden Augen sah er Toni an. „Du wagst es, sogenannte Beweise gegen deinen Onkel zu sammeln? Was denkst du eigentlich, wer du bist?"
„Ich bin dein Sohn, verdammt", rief Toni, der nun ebenfalls zornig wurde. Warum wollte sein Vater ihm nicht zuhören? „Und ich sagte dir, dass Frank mit dem FBI gemeinsame Sache macht. Er hat dem FBI vom dem Geschäft mit den Kolumbianern erzählt. Er will den Deal hochgehen und mich verhaften lassen, damit ich letztendlich dich und die Familie verrate."
„SILENCIO!" donnerte sein Vater und hieb die Faust auf den Tisch. Seine Brust bebte. „Kein Wort mehr. Ich will davon nichts hören."
„Aber Vater, dein eigener Bruder bricht die Omerta, er..." doch er kam nicht weiter, denn sein Vater hieb erneut mit der Faust auf den Tisch, dass es krachte. Toni zuckte zusammen.
„Schweig! Ich habe gesagt, ich will kein Wort mehr hören, hast du das verstanden? Dein Onkel war mir immer treu ergeben. Ich weiß nicht, was für ein Spiel du hier spielt, aber das hört sofort auf."
Toni ließ den Laptop sinken. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass sein Vater ihm nicht glauben würde. Was sollte er jetzt tun? Er sah seinen Vater an, der sich langsam zu beruhigen schien. Sein Gesicht nahm wieder seine normale Farbe an und er ließ sich schwer in seinen Stuhl fallen. Für einen Moment schwiegen sie. Dann sah ihn sein Vater misstrauisch an. „Angenommen, ich würde dir glauben. Was ich nicht tue. Aber rein theoretisch, wie sollte Frank das Geschäft mit den Kolumbianern an das FBI verraten? Er kennt keine Einzelheiten. Die einzigen Personen die damit vertraut sind, bin ich, Marcus und du."
Vielleicht konnte er seinen Vater doch noch überzeugen, dachte Toni und ging auf den Schreibtisch zu. „Frank hat einen Weg gefunden, an die Informationen zu gelangen."
„Wie?"
Er hatte gehofft, dass er seinem Vater nicht von Henry würde erzählen müssen, aber es schien keinen anderen Weg zu geben. Dennoch versuchte er, seine Beziehung zu Henry herunter zu spielen. „Er hat eine Person ausfindig gemacht, mit der ich zu tun habe. Er erpresst sie, damit sie die Informationen von mir bekommt, um sie dann an das FBI weiterzugeben."
„Du meinst diesen Medizinstudenten?"
Angst. Panik. Sein Vater wusste von Henry. Wie? Warum? Toni merkte, wie seine Knie weich wurden und sein Herz pochte so heftig in seiner Brust, dass er meinte, es würde gleich herausspringen. Als er seinen Vater nur stumm anstarrte, breitete sich ein boshaftes Grinsen auf dessen Gesicht aus.
„Henry Moore, nicht wahr? So heißt er doch?"
Nein, nein, nein, nein, NEIN! Toni schluckte, das konnte nicht sein. Er war doch so vorsichtig gewesen. Hatte Frank es seinem Vater verraten? Was würde sein Vater jetzt tun? Doch zu seiner Überraschung lehnte sich sein Vater nur zurück und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
„Setz dich, Junge, bevor du umkippst."
Toni tat wie geheißen und ließ sich auf den Stuhl sinken. Er versuchte, sein Pokerface aufzusetzen, aber seine Stimme klang selbst in seinen Ohren zittrig, als der fragte: „Woher weißt du von Henry?"
Sein Vater zuckte mit den Schultern. „Ich bin dein Vater und der Don. Glaubst du wirklich ich wüsste nicht, was du in deiner Freizeit so treibst?"
Konnte es sein, dass sein Vater alles wusste? Bevor er fragen konnte, was genau sein Vater damit meinte, fuhr dieser fort. „Ich weiß alles von dir und diesem Henry." Der Don schnaubte verächtlich. „Von deinen...Vorlieben." Der Don spuckte das Wort aus, als ob es seine Zunge verbrannte.
Das Blut in seinen Adern gefror zu Eis. Sein Vater wusste von ihm und Henry, wusste, dass er schwul war. Für eine Sekunde wollte Toni einfach aufspringen und flüchten, so weit weg wie er nur konnte. Aber er tat es nicht. Er schien wie festgewurzelt. Stattdessen fragte er: „Wenn du das alles von mir weißt, warum bin ich dann noch am Leben?"
„Sei nicht albern, Anthony", sagte sein Vater barsch. „Du bist mein Sohn."
„Aber so lauten unsere Gesetze." Toni verstand es wirklich nicht. Sein Vater machte sonst nie Ausnahmen, auch nicht für ihn. Gerade nicht für ihn.
„Ich bin hier das Gesetz", sagte sein Vater und schlug wieder mit der Hand auf den Tisch. „Was glaubst du, warum ich dich nach Las Vegas schicke, Junge?"
Dann war es vielleicht doch nicht der Plan, ihn dort umzubringen. Sein Vater hatte von seiner Beziehung zu Henry erfahren und schickte ihn nach Las Vegas, um sie zu trennen. Um Gerüchten vorzubeugen. Toni war verwirrt. „Wenn du weißt, was ich bin, wie ich bin, warum hast du nie etwas gesagt? Glaubst du, wenn ich in Las Vegas bin, wird das irgendetwas daran ändern, wer ich bin?"
Er konnte sehen wie sein Vater mit jedem Wort wütender wurde. Toni hatte noch nie so offen mit seinem Vater geredet, ihm noch nie widersprochen. Noch eine Premiere an diesem Tag.
Sein Vater schnaubte verärgert. „Über so etwas spricht man nicht. Wie du schon sagtest, widerspricht es unserem Gesetz. Und glaub ja nicht, dass ich es dulde. Wenn du nicht mein einziger Sohn wärest und ich deiner Mutter nicht auf dem Sterbebett versprochen hätte, mich um dich zu kümmern, hätte ich dich schon als Teenager mit Betonschuhen im Hudson versenkt."
Sein Vater atmete schwer und seine Finger trommelten auf die Tischplatte. „Aber du willst deine Lektion ja einfach nicht lernen. Also gehst du nach Las Vegas. Dann bist du wenigstens weit weg und deine Eskapaden stören meine Geschäfte hier nicht."
„Wie meinst du das?" fragte Toni verwirrt. „Welche Lektion?"
„Pah", machte sein Vater und sah für einen Moment aus dem Fenster. Er fuhr sich nachdenklich über sein Kinn. „Du weißt es wirklich nicht, Junge?"
„Was weiß ich nicht?" Nun war Toni vollends verwirrt. Diese Unterhaltung mit seinem Vater hatte nicht nur eine, sondern mehrere unvorhersehbare Wendungen genommen. Sein Vater stieß ein boshaftes Lachen hervor. „Du bist wirklich dümmer und naiver als ich gedacht hatte, Anthony. Wovon ich rede fragst du? Na, was glaubst du denn?" Vincenzo verschränkte die Hände auf der Tischplatte und sah seinen Sohn bei seinen nächsten Worten in die Augen. „Ich rede von deiner verfluchten Tändelei mit diesem Engländer vor ein paar Jahren. Als du in Europa warst. Diesem, wie hieß er noch...Richard."
„Robert", flüsterte Toni und fühlte, wie seine Welt um ihn herum zusammenbrach. Doch sein Vater schien es nicht zu merken und sprach einfach weiter.
„Robert, genau. Hast du wirklich geglaubt, ich hätte dich in Europa aus den Augen verloren? Ich wusste immer genau, wo du warst und was du gemacht hast. Es war abstoßend zu hören, was du alles getrieben hast. Aber du warst jung, zum ersten Mal von zu Hause fort. Und es ist Europa, da kann so etwas schon einmal passieren. Aber dann hast du meine Nachrichten ignoriert, hast meine Befehle ignoriert. Da musste ich eingreifen und dir eine Lektion erteilen. Und ich dachte wirklich, du hättest es verstanden, Junge. Wärest der Familie treu ergeben. Aber dann kam dieser Henry."
Tonis Gedanken fingen wieder an zu rasen, als er verarbeitete, was sein Vater gerade gesagt hatte. Als sich das Chaos in seinem Kopf ordnete, sah er seinen Vater fassungslos an. „Du hast Robert umbringen lassen. Du hast seinen Roller manipuliert, damit er einen Unfall hat."
Sein Vater grunzte nur, doch Toni wusste, dass er Recht hatte. Mein Gott, dachte er, sein Vater war ein Monster. Er hatte Robert töten lassen, nur weil Toni seine Aufforderung, endlich nach Italien zu reisen, missachtet hatte. Robert war wegen ihm gestorben. Es war seine Schuld gewesen. Alles war seine Schuld...
„Warum Robert und nicht ich, Vater? Das Gesetz besagt..."
Sein Vater schnitt ihm das Wort ab. „Ich bin das Gesetz, Anthony. Das solltest du dir allmählich einmal merken. Aber wenn du so weiter machst, Junge, überlege ich es mir vielleicht noch einmal anders. Ich habe mich dazu entschieden dieses Problem mit dem Medizinstudenten so zu lösen, dass du nach Las Vegas gehst. Zwinge mich nicht dazu, mir eine mehr permanente Lösung einfallen zu lassen."
Es war eindeutig, was sein Vater damit meinte. Wenn Toni nicht tat, was er wollte, würde er Henry töten lassen. So einfach war das. Doch in ihm regte sich Widerstand, vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Er streckte das Kinn vor. „Warum tust du es dann nicht? Warum bringst du Henry nicht einfach um? Bei Robert war es dir doch auch egal." Toni stand auf und ging im Zimmer auf und ab.
Sein Vater lachte bitter auf. „Das war Europa. Die Polizei dort ist erbärmlich. Aber hier in den Vereinigten Staaten, da sieht es anders aus. All diese neuen Methoden, diese CSI Leute mit ihren Geräten. Und dann das FBI, das nur darauf wartet, dass ich einen Fehler mache. Was glaubst du wie es aussehen würde, wenn dein Student auf einmal verschwindet? Oder wenn seine Leiche irgendwo auftaucht? Bei wem würde man anklopfen?" Sein Vater schüttelte den Kopf. „Noch vor zwanzig Jahren konnte man einfach jemanden erschießen und liegenlassen und brauchte sich keine Sorgen machen, dass ein Haar oder eine Hautschuppe den Mörder überführt. Heute ist es schwieriger. Und die Leute die man für diese Arbeit anheuert sind weniger loyal als früher." Er machte eine Pause und sah seinen Sohn an. „Aber glaube nicht, dass ich mir diese Lösung nicht durch den Kopf habe gehen lassen. Und wenn du nicht tust, was ich sage, werde ich nicht zögern."
Angewidert von der Berechnetheit seines Vaters nickte Toni nur. Er wusste, wann er geschlagen war. „Ich gehe nach Las Vegas, Vater."
„Gut", sagte dieser, griff in eine Schreibtischschublade und holte eine Zigarre hervor. Er schnitt das Ende ab und zündete sie an. „Und nur, damit wir uns verstehen, Anthony. Las Vegas ist weit weg, aber ich erfahre alles, was du dort tust. Nochmal werde ich nicht so nachsichtig sein. Du bist zu weich, zu naiv. Du musst endlich einsehen, dass dein Leben mir gehört, Junge. Wenn ich sage du springst, dann zögerst du nicht. Wenn ich sage du gehst, dann gehst du. Und wenn ich sage, du sollst jemanden erschießen, dann tust du es verdammt nochmal auch!
Wenn du dich in dunklen Hinterzimmern vergnügen willst, meinetwegen. Aber so etwas wie mit diesem Studenten wird es in Las Vegas nicht geben. Capice?"
Als Toni nicht sofort antwortete, hob sein Vater drohend die Augenbrauen. „Hast du das verstanden, Anthony? Du wirst keine Schande über die Familie bringen."
„Ja, Vater, ich habe verstanden." Sein Vater verlangte ja auch nur, dass er sein ganzes Wesen verleugnete, dass er ein Leben ohne Freundschaft, ohne Liebe leben sollte, als Krimineller, und dass nur, weil sein Vater das so entschieden hatte. Aber jetzt war nicht der Augenblick, diesen Kampf auszufechten. Toni versuchte das Gespräch wieder auf das eigentliche Problem zu lenken, weswegen er hierhergekommen war. Was er heute sonst noch erfahren hatte, war zu viel, um es jetzt zu verarbeiten. Dafür brauchte er mehr Zeit und vor allem Ruhe.
„Vater, was ich über Onkel Frank gesagt habe, war die Wahrheit. Er arbeitet mit diesem FBI Agenten McNamara zusammen. Und der erpresst Henry, damit Henry ihm sagt, wann und wo genau der Deal mit den Kolumbianern stattfindet. Er will dich stürzen und selber Don werden."
Sein Vater blies den Rauch der Zigarre aus und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wenn das mit deinem Onkel stimmt, werde ich mich darum kümmern." An seinem Ton konnte Toni hören, dass sein Vater ihm nach wie vor kein Wort glaubte. Deshalb setzte er nach.
„Es stimmt, ich habe die Beweise hier."
„Toni, genug. Basta! Ich will davon nichts mehr hören."
Doch Toni setzte noch letztes Mal nach. „Und was soll ich jetzt machen, Vater? Vielleicht wäre es das Beste, wenn ich den Deal abblase. Es ist zu gefährlich."
„Unsinn!" Don Vincenzo schürzte die Lippen. „Wenn du recht hast, weiß das FBI nicht, wann der Austausch stattfindet. Dann können sie ihn auch nicht stören. Dieses Geschäft ist viel zu wichtig, um es wegen ein paar Bedenken abzublasen. Wie würde das denn gegenüber den Kolumbianern aussehen? Ich brauche die Kolumbianer, wenn ich mein Casino eröffne. Dieser Deal soll ihnen zeigen, dass sie mit uns auch große Geschäfte machen können. Das werde ich auf gar keinen Fall wegen ein paar Hirngespinsten absagen."
„Und Henry, Vater?" fragte Toni und stütze sich auf die seine Knie. Begriff sein Vater denn nicht?
„Was soll mit ihm sein?"
„Das FBI erpresst ihn. Wenn er nicht tut, was sie sagen, geht er ins Gefängnis."
Sein Vater sah ihn an und zuckte dann mit den Schultern. „Das ist sein Problem, nicht meines. Das sind die Konsequenzen, wenn man sich mit der Cosa Nostra einlässt, Junge. Wie man sich bettet, so liegt man." Er lachte gehässig über seinen eigenen Witz.
„Aber..." setzte Toni an, doch sein Vater unterbrach ihn. Seine Stimme war eiskalt, als er sagte: „Anthony, ich sage es dir ein letztes Mal. Das ist nicht mein Problem. Und wenn dieser Henry auch nur ein Wort zum FBI sagt, werde ich mich um ihn kümmern. Dann ist das Problem ein für alle Mal aus der Welt. Haben wir uns verstanden?"
Glasklar, dachte Toni und nickte. Doch sein Vater ließ es nicht darauf beruhen. „Sag es, Junge. Sag, du verstanden hast, dass die Leiche deines Henry in einer Baugrube enden wird, wenn er auch nur ein Sterbenswort zum FBI sagt. CSI und neue Techniken hin oder her."
„Ich habe es verstanden, Vater", sagte Toni geschlagen.
„Gut", sagte sein Vater, dann deutete er auf die Tür. „Ich denke, das ist alles für heute."
Toni stand auf, griff sich den Laptop und verließ ohne ein weiteres Wort das Büro. Er zitterte, ob vor Wut, Angst oder Verzweiflung konnte er nicht sagen. Vor der Tür stand Marcus, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. „Hast du mitgehört?" fragte Toni. Der Consigliere seines Vaters nickte traurig.
„Ja, Anthony, jedes Wort. Dein Vater will, dass ich seine Gespräche mithöre, außer er verbietet es mir ausdrücklich. Und das hat er heute nicht."
„Na klar", sagte Toni und ließ den Kopf hängen. Da spürte er, wie Marcus ihm die Hand auf die Schulter legte. „Es tut mir leid, Anthony. Dein Vater ist ein strenger Mann, aber er meint es gut mit dir."
„Ach ja?" Toni sah zu Marcus und lachte fatalistisch auf. „Dann ist es gut für mich, wenn Henry ins Gefängnis wandert oder schlimmer noch, als Leiche in einer Baugrube endet nur weil er mich mag, und ich in Las Vegas ein freundloses, einsames Leben als Mafioso fristen soll?"
Marcus sah kurz zur geschlossenen Bürotür, dann führte er Toni ein paar Schritte den Flur hinunter. „Anthony, dein Vater hat nur Augen fürs Geschäft, das war schon immer so. Aber die Tatsache, dass er bereit ist, deinen Henry in Ruhe zu lassen, wenn er tut, was er sagt, ist ein Geschenk, das du nicht ablehnen solltest."
Toni atmete tief durch. Vielleicht hatte Marcus recht, aber im Moment fühlte es sich an, als ob Toni eine enorme Niederlage erlitten hätte. Mit einem letzten Blick auf die Bürotür hielt Toni Marcus den Laptop hin.
„Da drauf sind alle Informationen die beweisen, dass Frank mit dem FBI zusammenarbeitet. Er will meinen Vater zu Fall bringen und mich dafür benutzen. Mein Vater glaubt mir nicht, aber vielleicht kannst du ihn überzeugen."
Marcus nahm den Laptop entgegen. „Ich sehe, was ich tun kann."
„Danke", sagte Toni und stieg in den Fahrstuhl. Bevor sich die Türen schlossen, sah Marcus ihn traurig an.
„Viel Glück, Anthony."
Dann schlossen sich die Türen und Toni war mit sich und seinen Sorgen allein.
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Anmerkung: Okay, noch ein paar Kapitel. Die Geschichte nähert sich langsam ihrem Höhepunkt...
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