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Kapitel 11

Kapitel 11

Zwei Tage später war Toni mit Luca in einer der Autowerkstätten der Organisation verabredet. Luca hatte einen dritten Lieferwagen besorgt und Toni wollte sich die Wagen ansehen. Um Luca nicht das Gefühl zu geben, dass er ihn kontrollierte – was er aber eigentlich tat – hatte er eine Schachtel Cronuts dabei, frisch von der Bäckerei. Normalerweise waren die Cronuts um diese Uhrzeit schon lange ausverkauft, aber Toni hatte dem Besitzer das Startkapital für seinen Laden geliehen und solange dieser seinen Kredit abzahlte, konnte Toni so oft und so viele Cronuts haben wie er wollte. Manchmal, dachte er, hat es auch seine Vorteile, ein Mafioso zu sein.

In der Werkstatt angekommen sah er, wie sich Luca und einer der Reparateure über die geöffnete Motorhaube eines der Fahrzeuge beugten. „Ich hoffe, die laufen alle", sagte Toni als er zu den beiden hinüberging.

„Klar laufen die", sagte Luca. Der andere Mann wischte nervös sein Werkzeug an einem Lappen ab, bevor er Toni zunickte.

„Ich habe die Wagen selber kontrolliert, Sir, sie laufen einwandfrei."

„Gut", erwiderte Toni und streckte Luca die Schachtel mit Gebäck hin. „Hier, habe ich dir mitgebracht."

„Ah, Cronuts, die liebe ich, Mann!" Luca griff in die Schachtel und biss genüsslich in eines der Gebäckstücke. Zusammen mit Luca ging Toni zu den zwei anderen Fahrzeugen. Der andere Mann schloss die Motorhaube und wuselte dann schnell in den hinteren Teil der Werkstatt, so weit weg von Toni wie möglich. Gutes Personal ist so schwer zu finden, dachte Toni. Was bringt es mir, wenn die Mitarbeiter eine solche Angst vor mir haben, dass sie ihre Arbeit nicht richtig machen können? Wenn es nach ihm ginge, würden sie die Leute, die für sie arbeiteten, eher mit Geld und Zuwendungen an die Familie binden, als ihre Loyalität mit Angst und Drohungen zu erpressen. Aber er hatte nun einmal nicht das Sagen.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Luca mit der flachen Hand auf die Seite eines der Vans schlug. „Das Baby hier sieht nicht so aus, aber es hat ganz schön was unter der Haube. Der da drüben auch, die gehen ganz schön ab."

„Wir wollen aber gar nicht, dass es zu einer high speed Verfolgungsjagd kommt, verstanden? Die Lieferwagen sollen nur fahrtüchtig sein und die Lieferung von A nach B bringen."

„Weiß ich doch", sagte Luca und biss in seinen zweiten Cronut. „Aber wenn es hart auf hart kommt, können unsere Jungs abhauen." Beinahe liebevoll strich Luca über die Haube des Fahrzeugs. „Ich werde sie noch umlackieren und die Nummernschilder austauschen, aber dann sind sie soweit fertig."

„In Ordnung", sagte Toni und klopfte Luca auf die Schulter. „Das hast du gut gemacht, Luca."

„Danke Mann", erwiderte der und grinste. „Kinderspiel diese Wagen zu klauen. Die Leute lassen ihre Autos auch immer offen herumstehen, wenn sie einen Handwerkerjob zu erledigen haben. War zu einfach. Richtig schade eigentlich."

„Sei froh, Luca", sagte Toni und ließ seinen Blick durch die Werkstatt streifen. „Der schwierige Teil kommt noch."

Als Toni die Werkstatt verließ und in seinen Porsche stieg, rief er Marcus an und berichtete ihm, dass die Fahrzeuge bereitstanden. Als Marcus ihm eröffnete, dass sein Vater schon mehrfach nachgefragt hatte, warum Toni sich noch nicht mit dem Mittelsmann der Kolumbianer getroffen hatte, um die Details zu besprechen, knotete sich sein Magen zusammen. Konnte ihn sein Vater nicht einmal in Ruhe lassen, herrgott nochmal. Er bemühte sich doch, er regelte das schon. Dabei half es nicht, wenn sein Vater jeden seiner Schritte in Zweifel zog und ihm hinterher spionierte wie der ehemalige KGB.

Doch es half ja nichts, das wusste er. Er hatte sich vor dem Treffen mit dem Mittelsmann gedrückt, weil es den Deal so real machen würde. Aber es war schon Ende Oktober, Toni wusste, dass er es nicht mehr hinauszögern konnte. Also entschied er sich, das imaginäre Pflaster lieber mit einem Ruck abzureißen, als es langsam zu tun. Sobald er in seinem Büro war, suchte er in den Unterlagen die ihm Marcus gegeben hatte die Nummer des Mittelsmanns heraus. Der Mann sprach sehr stark akzentuiertes Englisch und Toni hatte Mühe, ihn zu verstehen. Aber am Ende einigten sie sich auf ein Treffen in der ersten Novemberwoche. Das Treffen würde in einem Hotel stattfinden, in einem Zimmer, das Toni unter falschem Namen buchen würde. Auf diese Weise würde ihr Treffen geheim bleiben, oder zumindest so geheim, dass niemand sie miteinander in Verbindung bringen konnte. Erleichtert, dass dies erledigt war, schnappte sich Toni seine Autoschlüssel und fuhr in die City. Er musste schließlich noch ein Geburtstagsgeschenk besorgen.

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Am frühen Abend der Geburtstags-Schrägstrich-Halloween Party war es trocken und relativ warm für Ende Oktober. Die Bäume in Henrys Straße strahlten in einem satten Rot und Gold, und wider Erwarten hatte Toni gute Laune, als er seinen Porsche parkte. Durch die langen Nächte im Krankenhaus, das Studium und die Partyvorbereitungen hatte Henry nur wenig Zeit gehabt. Auch Toni war es nicht anders ergangen, denn jeden Abend gab es im Corleone eine andere Veranstaltung, und Toni musste sich ebenfalls um deren Vorbereitungen kümmern.

Sie hatten sich nur einmal gesehen, seit Toni bei Henry übernachtet hatte, aber sie hatten sich viele Nachrichten geschickt. Zu Tonis Verdruss hatte Henry partout nicht verraten wollen, welches Kostüm er sich ausgedacht hatte. Umgekehrt hatte auch Toni nichts verraten. Für einen ganz kurzen Moment hatte er mit dem Gedanken gespielt, als Michael Corleone zu gehen, stilecht mit roter Nelke im Knopfloch, den Gedanken dann aber verworfen. Das war dann doch zu nahe an der Wahrheit.

Er stieg in den Aufzug und fuhr hoch zu Henrys Wohnung. Als Henry die Tür öffnete, stutze Toni kurz. Henry trug einen billigen braunen Anzug, das Hemd bis zum Hals zugeknöpft. Sein blondes Haar hatte er sich zu Seite frisiert und mit Gel glattgestrichen. Dazu trug er eine langweilige Krawatte. Auf den ersten Blick konnte Toni nicht sagen, wen er darstellen sollte.

„Komm rein", sagte Henry und ging voran ins Wohnzimmer. Dann drehte er sich um und sah Toni von Kopf bis Fuß an. Er nickte anerkennend. Toni trug einen schwarzen Smoking, stilecht mit Fliege und glänzenden Schuhen. „Lass mich raten", sagte Henry. „Dein Name ist Bond, James Bond?"

„Korrekt", erwiderte Toni und drehte sich für Henry einmal in Kreis. Er hatte sich für James Bond entschieden, weil er dann nur in seinen Kleiderschrank greifen und kein Kostüm kaufen musste. Außerdem war ihm einfach nichts eingefallen. Henry zu liebe hatte er seine Glock zu Hause gelassen. Es würde schon nichts passieren, schließlich ging er auf eine Party, nicht zu einem Deal.

Nun war Toni an der Reihe, aber er konnte beim besten Willen nicht sagen, wen Henry darstellen sollte. Ein normaler Anzug mit Krawatte? Aus welchem Film sollte das bitte sein? Als Henry sein rätselndes Gesicht sah, schlug er sich die Hand vor Stirn, griff in seine Tasche und holte eine Brille mit schwarzem dickem Gestell heraus. Er setzte sie sich auf die Nase, dann steckte er sich einen falschen Presseausweis ans Revers und breitete die Arme aus. „Na, weißt du es jetzt?"

Mit der Brille sah Henry völlig verändert aus. Und genau als er das dachte, wusste Toni auch, als wen sich Henry verkleidet hatte. Ob er wohl auch den andern Part der Verkleidung angezogen hatte? Mit einem verschmitzten Lächeln ging Toni auf Henry zu. Er blieb vor ihm stehen und begann langsam die Knöpfe von Henrys Hemd zu öffnen. Henry schluckte sichtlich, doch ein schüchternes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Als er genug Knöpfe geöffnet hatte, zog Toni das Hemd auseinander. Darunter kam das rot-gelbe Superman Logo zum Vorschein. Toni sah in Henrys blaue Augen. „Mr. Kent, es freut mich, Sie hier heute Abend zu treffen." Dann umschloss er Henrys Wange mit seiner Hand und küsste ihn leidenschaftlich aber zärtlich.

„Ebenso, Mr. Bond."

Henrys Hände fuhren an Tonis Armen entlang und ein wohliges Schaudern rieselte seinen Rücken hinunter. Er könnte ewig hier stehenbleiben und Henry küssen. Doch nach ein paar Minuten drückte Henry Toni lachend von sich. „Wir müssen los, sonst kommen wir zu spät." Toni gab ihm einen letzten Kuss auf die Wange, dann nickte er. Sie verließen die Wohnung, Henry mit einem in Geschenkpapier eingeschlagenen Karton unter dem Arm.

„Ist das das Geschenk für deine Freundin?"

„Ja, nein, eigentlich nicht. Das hier ist nur ein Spaßgeschenk." Er griff in die Tasche seines Jacketts und zog eine kleine Schachtel heraus, die ebenfalls mit Geschenkpapier umwickelt war. „Das hier ist das eigentliche Geschenk", sagte er, schüttelte die Schachtel kurz und steckte sie dann wieder weg.

„Und was schenkst du ihr?" Toni lenkte den Wagen sicher durch den Stadtverkehr, der jetzt am frühen Abend zäh dahinfloss.

„Ein Armband aus einem Antiquitätenladen", sagte Henry und sah aus dem Fenster. „Sie hat es gesehen, als wir durch die Stadt geschlendert sind, wollte es sich aber nicht kaufen, da sie es zu teuer fand." Er zuckte mit den Schultern und sah Toni an. „Aber sie hat es verdient, sie arbeitet so hart für ihr Studium, kümmert sich um ihre Freunde, ihre Familie. Da hat sie es verdient, zum Geburtstag etwas Schönes zu bekommen."

Da beschreibst du dich gerade selber, dachte Toni und schwor sich, dass er Henry zu dessen Geburtstag, wann auch immer der war, auch etwas Schönes schenken würde. Er griff hinüber und legte seine Hand auf Henrys Bein, bevor er kurz zu ihm hinsah. „Weißt du eigentlich", sagte er und sah wieder auf die Straße, „wie liebenswert das ist?" Henry legte seine Hand über seine und drückte sie kurz.

„Ach, Leo ist meine beste und älteste Freundin. Da macht man das doch gerne." Henrys Wangen hatten einen leichten rosa Farbton angenommen. Er nestelte an dem großen Karton auf seinem Schoß herum, bevor er weitersprach. „Ich habe Leo übrigens gesagt, dass wir uns von der Uni her kennen und dass wir nur gute Freunde sind. Sie hat gefragt, ob du ebenfalls auf Männer stehst."

Henry sah Toni von der Seite an, bevor er weitersprach. „Ich habe ihr gesagt, dass du hetero bist. Ich hoffe, das ist in Ordnung. Aber du willst ja nicht, dass jemand es weiß, also dachte ich, naja, ich dachte..." Henry ließ den Satz in der Luft hängen, unsicher, was er sagen sollte.

Toni griff erneut hinüber und drückte Henrys Hand. „Danke, dass du das für mich machst, Henry. Das muss dir schwerfallen, deiner besten Freundin nichts zu sagen."

Henry atmete erleichtert auf, bevor er Toni angrinste. „Glaub mir, du hast den schwereren Part in diesem Spiel."

„Was meinst du?"

„Ich meine, dass Leos Freundinnen über dich herfallen werden wie Geier über Aas. Oder wie Seemöwen über heruntergefallene Pommes." Er lachte und schüttelte den Kopf. „Sie werden dich zum anbeißen finden und versuchen, dich abzuschleppen, glaubs mir. Und wenn sie ein paar Drinks intus haben, werden sie dir an die Wäsche gehen."

„Klasse", murmelte Toni und lenkte den Wagen nach Brooklyn, wo Leo wohnte. Auf der anderen Seite war Toni Avancen von Frauen gewöhnt und nutzte diese auch, um seine Fassade aufrecht zu erhalten. Daher seufzte er nur und sagte: „Ist es okay für dich, wenn ich mit ihnen tanze? Ich meine, für einen hetero Mann wäre es doch komisch, sich nicht auf hübsche Frauen einzulassen. Ich meine, ich weiß nicht, ob ich dich das fragen muss. Ob wir....na ja, du weißt schon..." Er verstummte als er merkte, dass er nicht in Worte fassen konnte, was er meinte. Nämlich, ob er und Henry eine solche Beziehung hatten, dass er Henrys Zustimmung brauchte, um mit anderen Leuten zu tanzen.

Er merkte, wie Henry ihn von der Seite prüfend ansah. „Du machst das öfter, oder? Dich mit Frauen einlassen, damit niemand etwas merkt?" Henrys Stimme war nicht anklagend, im Gegenteil. Toni meinte einen bedauernden Unterton in seiner Stimme zu hören. Fast wie Mitleid. Aber er wollte kein Mitleid von Henry, das könnte er nicht ertragen.

„Es ist wie es ist", sagte er daher etwas schroffer, als er beabsichtigt hatte.

„Huh", machte Henry nur und sah ihn unverwandt an. „Glaubst du, dass du deinem Vater irgendwann die Wahrheit sagen kannst?"

„Nein", Toni schüttelte den Kopf und lachte bitter auf. „Niemals, nie im Leben."

„Erwartet dein Vater denn nicht, dass du irgendwann heiratest und Kinder kriegst? Ich meine, dass macht man doch so, in traditionellen katholischen Familien."

Toni starrte auf die Straße vor sich. Dann zuckte er mit den Schultern. „Ja, schon. Irgendwann."

„Und dann?"

Henry stellte diese Frage so unschuldig, ohne Hintergedanken. Doch für Toni war es seine Realität, dass sein Vater ihn vermutlich irgendwann dazu nötigen würde, zu heiraten und einen Erben zu zeugen. Die Familie musste schließlich fortgesetzt werden, damit jemand die Organisation übernehmen konnte. Sein Vater würde kein Nein akzeptieren. Toni konnte froh sein, wenn er sich seine zukünftige Braut selber aussuchen konnte. So war das nun einmal in der Familie Garibaldi. Als er Henry antwortete, versuchte er, von dem Thema möglichst unberührt zu erscheinen. „Dann werde ich heiraten, Kinder kriegen und das wars."

„Aber", Henry schien es die Sprache verschlagen zu haben. „Aber du würdest deine Frau nicht lieben. Du würdest für den Rest deines Lebens verleugnen wer du bist. Du würdest für immer unglücklich sein."

Toni sah kurz zu Henry. „Henry, glücklich zu sein war für mich nie eine Option in meiner Familie." Er sah wieder auf die Straße vor sich. „Das verstehst du nicht. Es ist kompliziert. Aber Henry", er sah wieder kurz hinüber, „das hat nichts mit dir und mir zu tun, in Ordnung? Das Thema liegt noch so viele Jahre in der Zukunft. Wer weiß, was bis dahin alles passiert."

„Das ist so schade", sagte Henry. „Immer nur lügen und den Schein waren. Bist du nicht einsam?"

„Ich hab doch jetzt dich", erwiderte Toni und sah Henry an. Als Henrys Mundwinkel nach oben zuckten und seine blauen Augen funkelten, wurde ihm warm ums Herz.

„Ja", sagte Henry sanft, bevor er spitzbübisch den Mund verzog. „Aber heute Abend, Mr. Bond, werden sie versuchen müssen, sich den unzähligen Mrs. Moneypennies zu entziehen."

„Hey", sagte Toni. „Wenn die Gefahr verschlungen zu werden zu groß wird, kannst du mich ja retten. Du bist schließlich Superman."

„Geht klar", sagte Henry und dann dirigierte er Toni durch die Straßen zu Leos Wohnung. Toni war froh, dass er das Thema Heirat nicht weiter vertiefen musste und dass Henry es scheinbar gelassen aufgenommen hatte, dass ihre Beziehung nie das werden würde, was Henry sich vermutlich wünschte.

Leonora wohnte in einem Gebäude aus rotem Backstein, ein klassisches Brooklyn Wohnhaus. Sie stiegen die Stufen der Eingangstreppe hoch, wurden hineingelassen und fuhren dann mit dem Fahrstuhl bis ganz nach oben. Leos Wohnung lag im sechsten Stock, aber die Party würde auf dem Dach stattfinden. Sie stiegen aus, traten in das Treppenhaus und nahmen die letzten Stufen bis zur schweren Metalltür, die auf das Dach führte. Sie konnten die Musik, laute Stimmen und Lachen schon durch die Tür hören. Sie bleiben kurz stehen und sahen sich an.

„Auf geht's", sagte Toni, drückte Henrys Hand ein letztes Mal und stieß dann die Tür auf. Auf dem Flachdach tummelten sich die Gäste, einer schräger verkleidet als der andere. Toni sah einen Star Trek Kadetten, zwei Harry Potters, ein Schneewittchen, Wonder Woman, Chewbakka, Batwoman und viele andere Kostüme. Das Dach selber war mit Lichterketten geschmückt, die aussahen wie kleine orangene Kürbisse. Auf den bunt zusammengewürfelten Tischen lagen Halloween Tischdecken und als Toni näher herantrat sah er, dass auf jedem Tisch Kerzen standen, sowie Snacks und Getränke. Über das Dach waren kleine schwarze Plastikfledermäuse gespannt. Lila- und orangefarbene Luftballons schwebten über der Tanzfläche, am Boden gehalten von kleinen Gewichten. In der Ecke war ein Grill aufgebaut worden, der den Geruch von gebratenem Fleisch verströmte. Von irgendwoher dudelte Musik.

„Wow", sagte er, als er sich umsah. Es war gemütlich, aber gleichzeitig auch gruselig-festlich. „Hast du das gemacht?"

„Jep, zusammen mit Leo", sagte Henry und grinste zufrieden. „Ist richtig gut geworden, oder?"

„Allerdings. Ich engagiere dich zu meiner nächsten Partynacht im Club. Das hier sieht viel besser aus, als was ich zustande bringe."

„Deal", lachte Henry, „aber ich bin nicht billig." Er drehte sich um und winkte jemanden im hinteren Teil des Daches zu. „Da ist Leo, komm, sagen wir Hallo."

Sie gingen über das Dach, wobei Henry alle paar Schritte von jemandem begrüßt wurde. Erst jetzt wurde Toni bewusst, dass er mit Henry nie über dessen Sozialleben gesprochen hatte. Wie es aussah, war er beliebt, er kannte die meisten der Leute auf dem Dach und diese schienen erfreut, ihn zu sehen. Toni durchfuhr ein kleiner Stich in der Magengebend, auch wenn er nicht sagen konnte, wieso.

Sie erreichten das andere Ende des Daches und wurden von einer bildhübschen Afro-Amerikanerin begrüßt, die sich als ägyptische Göttin verkleidet hatte. Sie kam mit ausgebreiteten Armen auf Henry zu und drückte ihn innig. „Henry, da bist du ja!" Sie küsste ihn auf beide Wangen, bevor sie sein Kostüm musterte. „Clark Kent, das ist originell, die meisten gehen als Superman." Sie lächelte breit und wischte ihren Lippenstift von seiner Wange. „Ich bin froh, dass du da bist."

Dann wanderte ihr Blick zu Toni, den sie ebenfalls stürmisch umarmte. Dann musterte sie ihn von Kopf bis Fuß. Ihre schönen Augenbrauen zogen sich zusammen. „Äh..." Sie sah zu Henry, der ihr etwas ins Ohr flüsterte. „Oh", sagte sie und lachte. „Mr. Bond! Willkommen. Ich habe sie nicht gleich erkannt." Dann lächelte sie wieder und fügte hinzu. „Du bist also Henrys Bekannter, ja? Ich bin Leo, eigentlich Leonora, aber nenn mich bloß nicht so." Ihre dunklen Augen funkelten, als sie ihn kokett ansah. Sie grinste und Henry verdrehte die Augen.

„Leo, aus!" sagte er und drückte ihr das große Packet in die Arme. „Hier, dein Geschenk, mach es auf."

Leo machte einen Schmollmund, doch dann riss sie aufgeregt das Geschenkpapier herunter. Zum Vorschein kam ein unscheinbares Packet. Sie öffnete es und lachte dann laut auf. „Henry! Du hast nicht..." Sie griff in die Kiste und holte eine ganze Handvoll Twizzlers heraus. „Henry!" rief sie wieder und warf die Süßigkeiten auf Henry, der lachend auswich.

„Da, jetzt hast du deine eigenen und musst nicht immer meine klauen", sagte er und grinste. An Toni gewandt fügte er hinzu. „Immer wenn wir zusammen lernen, isst sie meine Twizzlers weg. Ich biete sie ihr an, aber sie lehnt ab. Und wenn ich dann auf die Toilette verschwinde und zurückkomme, sind sie auf magische Weise verschwunden."

„Stimmt gar nicht", bestritt Leo, doch sie lachte. „Na gut, ein oder zwei Mal."

„Immer", sagte Henry, dann drückte er Leo an sich, holte die kleine Schachtel aus seinem Jackett und hielt sie ihr hin. „Alles Gute zum Geburtstag."

„Noch ein Geschenk? Henry, das wär doch nicht nötig gewesen, es reicht doch völlig, dass du heute mit mir feierst."

„Wenn man Geburtstag hat, bekommt man Geschenke", sagte Henry und deutete auf die Schachtel. „Machs auf, na los."

Leo tat wie geheißen. Als das Armband zum Vorschein kam, schlug sie sich die Hand vor den Mund. „Oh Henry, daran hast du dich erinnert?"

„Klar", sagte dieser, nahm das filigrane, goldene Armband und legte es ihr um das Handgelenk. „Da, es steht dir wunderbar."

„Danke", sagte Leo und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Sie hielt die Hand hoch und ließ das Armband im Licht der Lichterketten funkeln. „Es ist wunderschön".

„Gern geschehen", sagte Henry und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Happy Birthday, Leo."

Nun war Toni an der Reihe. Er zog einen weißen Umschlag aus der Innentasche seines Smokings und reichte ihn an Leonora. „Happy Birthday."

„Oh, das wäre doch nicht nötig gewesen, du kennst mich doch gar nicht." Leo nahm den Umschlag entgegen.

„Henry hat mir ein bisschen was über dich erzählt. Ich hoffe, das Geschenk gefällt dir."

Als Leonora den Umschlag öffnete und einen laminierten Pass herausnahm, wurden ihre Augen groß. „Das gibt es doch nicht. Ist es das was ich denke?" Sie sah von Toni zu Henry und wieder zurück. „Wahnsinn."

„Was ist es denn?" fragte Henry und sah auf den Pass in Leos Händen.

Es war Toni, der antwortete. „Ein Jahrespass für das Metropolitan Museum of Art und dazu einen Backstage Pass, mit dem sie mal hinter die Kulissen sehen kann. Zum Beispiel eine Tour durch die Restaurationsabteilung oder die Katakomben." Toni hatte einen Gefallen von einem spielsüchtigen Kurator eingefordert, um diesen Pass zu erhalten, aber wenn er jetzt in das Gesicht von Leonora sah, war es das wert.

„Vielen, vielen Dank", sagte Leo und umarmte Toni noch einmal. Dann sah sie Henry an und sagte: „Den mag ich, ist er Single?"

Doch Henry lachte nur und schüttelte den Kopf. „Musst du mich nicht fragen. So, ich hole uns erst mal was zu trinken." Und damit verschwand er in der Menge. Leo sah ihm nach, dann bedankte sie sich noch einmal bei Toni für das Geschenk.

„Henry sagte, ihr habt euch an der Uni kennen gelernt?"

„Ja, reiner Zufall", sagte Toni und lehnte sich an die kleine Mauer, die das Dach begrenzte. „Wir sind wohl beide ziemliche Koffeinjunkies."

„Oh ja", sagte Leo und nickte. „Henry lebt praktisch von Koffein."

Dies war ein guter Moment, um mehr über Henry zu erfahren, dachte Toni, und fragte: „Du kennst Henry schon lange, oder? Seit der Schulzeit?"

„Ja, wir waren zusammen auf der Junior High und dann auf der High School", sagte Leo. „Wir haben uns schnell angefreundet. Nach der Schule haben wir uns dann beide entschlossen, in New York zu studieren. Wegen seiner Auszeit hat Henry später als ich angefangen, sonst hätten wir uns bestimmt zusammen eine Wohnung genommen." Sie sah Toni an, als ob sie etwas Falsches gesagt hätte. „Er hat dir doch von seiner Auszeit erzählt, oder? Falls nicht, hab ich Nichts gesagt."

„Keine Sorge, ich weiß davon. Das war, nachdem seine Eltern umgekommen sind, oder? Nach dem Unfall?"

Leo nickte und sah über das Dach hinweg zu Henry, der bei einem Tisch mit Getränken stand. „Hat ihn hart getroffen, damals. Als dann auch noch seine Tante den Kontakt abgebrochen hat, musste er weg von hier. Ich wollte ihn begleiten, aber er wollte allein sein." Sie atmete tief durch und lächelte. „Aber zum Glück ist er ja wiedergekommen. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn gemacht hätte. New York war richtig öde ohne ihn."

Bevor Toni antworten konnte, trat Henry wieder zu ihnen, in der Hand ein Bier, eine Cola und ein Glas Sekt. Den Sekt reichte er an Leo, eines der Biere an Toni. Er selber behielt die Cola. „Prost!" sagte er, sie stießen an und tranken. Sie plauderten noch eine Weile, doch dann kamen neue Gäste und Leonora verabschiedete sich, um sie zu begrüßen. Henry lehnte sich neben Toni an die Mauer und ließ seinen Blick über das Dach schweifen.

„Nette Party, viele Leute. Aber Leo mag einfach jeder."

„Sie ist nett", sagte Toni und nahm noch einen Schluck von seinem Bier. Da er noch fahren musste, würde es sein einziges bleiben.

„Ja, ist sie. Dein Geschenk hat sie sehr gefreut." Henry deutete mit dem Kopf auf Leo, die gerade eine als Mary Poppins gekleidete Frau umarmte. „Das war bestimmt kostspielig."

Toni winkte ab. „Jemand im MET war mir noch einen Gefallen schuldig."

Henry zog eine Augenbraue hoch. „Du kennst Leute im MET?"

„Du nicht?" sagte Toni gespielt überrascht, bevor er noch einen Schluck von seinem Bier nahm. Bevor er Henry wieder anlügen musste, wechselte er das Thema. „Hast du Hunger? Ich besorge uns was."

„Klar", Henry deutete mit seiner Cola auf den Grill. „Riecht verdammt lecker."

„Gut, bin gleich wieder da." Toni stellte sein Bier auf die Mauer und schlängelte sich durch die Menge zum Grill. Es hatte sich eine kleine Schlange gebildet und er musste warten. Als er zurück zu Henry sah, sah er, wie sich gerade ein großer, sportlicher Typ der als Dracula verkleidet war zu ihm stellte. Sie schienen sich zu kennen und Henry lachte, als Dracula etwas sagte.

Dann, sehr zu Tonis Ärgernis, beugte sich der Vampir hinunter zu Henry und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Durch die Menge konnte Toni Henrys Gesicht nicht erkennen, aber als er ihn wieder sehen konnte, hatte Henry seine Hand auf Draculas Arm gelegt. Wer war das zum Teufel? Eifersucht, wild und ungestüm, raste durch ihn. Das war für ihn ein ganz neues Gefühl, denn er war noch nie auf jemanden eifersüchtig gewesen. Du warst auch noch nie verliebt, sagte eine innere Stimme, außer in Robert und Robert hat dir nie Anlass zur Eiversucht gegeben. Toni erstarrte bei dem Gedanken. War er in Henry verliebt? Toni presste die Lippen aufeinander und beobachtete Henry und Dracula. Sie schienen sehr vertraut miteinander zu sein.

„Das ist Henrys Ex-Freund, Matt", sagte da auf einmal eine Stimme an seinem Ohr. Als er sich umdrehte, sah er eine Prinzessin Lea in weißer Robe und zu Schnecken gedrehten Haaren neben sich stehen. Auch sie sah zu Henry und Dracula hinüber.

„Sein Ex-Freund?" fragte Toni.

„Ja, sie haben sich vor dem Sommer getrennt", sagte Prinzessin Lea. „Aber im Guten, es hat einfach nicht gepasst. Ich bin übrigens Krista." Sie streckte Toni die Hand hin und er schüttelte sie. „Du bist mit Henry hier, oder? Bist du sein neuer Freund?"

Das fängt ja gut an, dachte Toni und schüttelte den Kopf. „Ja und nein, Henry hat mich eingeladen, aber ich bin nicht sein neuer Freund." Er lächelte sie an und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, ließ er seinen Blick über ihren Körper gleiten. Zeit, in die Offensive zu gehen, dachte er, bevor das halbe Dach anfängt, mich zu fragen, ob ich Henrys Freund bin. Was er war. Irgendwie. Aber eben nicht offiziell.

„Und du, bist du mit deinem Freund hier?"

Prinzessin Lea kicherte und rückte näher zu ihm. „Nein, ich bin ganz alleine hier."

„Huhm", machte Toni und beugte sich zu ihr hinunter. „Eine Schande, wirklich. Kein Han Solo, der mit dir tanzen würde?"

„Vielleicht möchte James Bond ja mit mir tanzen", sagte sie und klimperte mit ihren Wimpern.

„Gerne", sagte Toni, „aber erst muss ich noch den Kellner spielen. Reservierst du mir einen Tanz?"

„Klar", sagte Krista und lächelte ihn noch einmal an, bevor sie über das Dach davonging. Toni sah, wie sie sich zu einer Gruppe von anderen jungen Frauen stellte, die kurz darauf erst alle zu ihm herübersahen und dann zu kichern anfingen. Perfekt, dachte er, Mission erfüllt.

Sobald er an der Reihe war, füllte er zwei Teller mit den gegrillten Fleischspießen, Soßen, Scheiben Baguette Brot und etwas Salat, bevor er die Teller zu Henry zurücktrug. Als er wieder bei Henry angekommen war, war Dracula verschwunden, dafür stand ein Paar bei Henry, dass sich im Partnerlook als Sheldon und Amy aus der bekannten Sitcom verkleidet hatte.

„Hier", sagte Toni und reichte Henry einen der Teller.

„Danke", sagte Henry und deutete auf das Paar. „Toni, das sind Mike und Clara, sie studieren mit Leo Kunstgeschichte. Mike und Clara, das ist Toni, ein Bekannter von mir."

Sie grüßte sich und unterhielten sich eine Weile. Das Essen war für eine Dachparty wirklich gut, und Toni fing an, sich zu amüsieren. Die junge Frau, die sich als Amy verkleidet hatte – Clara – war witzig und konnte gut erzählen. Es stellte sich heraus, dass sie und Sheldon – Mike – ein Paar waren und bald zusammenziehen würden. Sie unterhielten Henry und Toni mit ihren Erzählungen über die Wohnungssuche und die furchtbaren Angebote, die sie gesehen hatten, bevor sie sich verabschiedeten, um sich auch etwas zu Essen zu holen. Das Paar war gerade gegangen, als Dracula wieder auftauchte. Er nickte Toni nur kurz zu, bevor er Henry ansprach. „Wollen wir tanzen, der alten Zeiten willen?"

Toni sah, dass Henry ihm einen Blick zuwerfen wollte, sich aber im letzten Moment davon abhielt. Am liebsten hätte Toni seinen Arm ausgestreckt und ihn um Henrys Schultern gelegt, aber das ging nicht. An Dracula gewandt sagte Henry: „Ich weiß nicht, Matt."

„Na komm schon, nur ein Tanz", sagte Dracula, dann fügte er hinzu, „ich beiße auch nicht." Und er klapperte mit seinen Plastik Fangzähnen. Bevor Henry etwas erwidern konnte, schnappte sich Dracula Henrys leeren Teller, drückte ihn Toni in die Hand und zog Henry in die Mitte des Daches, wo schon einige andere Leute tanzten.

Eiversucht, brennend und ziehend, breitete sich in seinem Bauch aus. Toni zwang sich, Henry nicht hinterher zu starren, doch er konnte nicht anders als Henry zu beobachten. Es war zum Glück ein schneller Song und Henry und Dracula tanzten zu dem Beat, der aus den Lautsprechern dröhnte. Er kann wirklich gut tanzen, dachte Toni, betrachtete einen Moment Henrys breiten Rücken und sein Mund verzog sich ohne dass er etwas dagegen tun konnte zu einem kleinen Lächeln. Da trat auf einmal Prinzessin Lea an seine Seite.

„Mr. Bond, möchten sie jetzt tanzen?"

Toni riss seinen Blick von Henry los. Er wollte wirklich nicht mit Prinzessin Lea tanzen. Aber wenn er den Schein wahren wollte, würde ihm wohl nichts anderes übrigbleiben. „Gerne, Prinzessin." Er stellte die Teller auf einem Tisch ab, nahm Kristas Hand und führte sie ebenfalls auf die improvisierte Tanzfläche. Genau in dem Moment endete der Song und der nächste war ein langsames Liebeslied.

Das hatte ihm gerade noch gefehlt, dachte er, doch als Krista ohne jede Scham ihre Arme hinter seinem Hals verschränkte und ihren Kopf an seine Schulter schmiegte, legte er seine Hände auf Kristas Hüften und begann, sich im Rhythmus der Musik zu bewegen. Der Song schien nie enden zu wollen und als er endlich vorbei war, wurde der nächste langsame Song gespielt.

Über Kristas Schulter hinweg sah Toni, wie auch Henry und Dracula – Matt, sein Ex-Freund – zu dem langsamen Liebeslied tanzten. Sie sprachen leise miteinander und Toni sah, wie Dracula Henry anlächelte. Wieder regte sich die Eifersucht in Toni, aber es gab nichts, was er tun konnte. Er hatte es selbst so gewollt, hatte Henry gesagt, dass niemand wissen dürfe, dass er und Henry mehr waren als nur Bekannte. Dann durfte er sich jetzt auch nicht beschweren, wenn Henry mit seinem Ex tanzte. Trotzdem tat es weh und es frustrierte Toni maßlos.

Nach einem weiteren langsamen Song wurde endlich wieder ein schneller Popsong gespielt und für den Rest des Abends wechselte Toni zwischen der Tanzfläche und dem Getränketisch hin und her. Er verlor Henry nie aus den Augen, aber sie sprachen kaum miteinander. Henry wechselte von Gruppe zu Gruppe, begrüßte seine und Leonoras Freunde und tanzte mit diversen Partnern, sowohl Frauen wie Männern. In regelmäßigen Abständen sah er zu Toni hinüber, als ob auch er sich vergewissern wollte, dass Toni noch da war.

Als sich der Abend dem Ende näherte und Toni müde gegen die kleine Mauer des Daches sank, dachte er, dass Henry absolut recht gehabt hatte. Leonoras Freundinnen hatten ihn keine Sekunde in Ruhe gelassen. Kaum hatte er mit einer getanzt, kam die nächste auf ihn zu. Es waren alles nette junge Frauen, aber je später es wurde, desto betrunkener und anhänglicher wurden sie. Die letzte, mit der er getanzt hatte, war so betrunken gewesen, dass sie sich an seinen Arm geklammert und versucht hatte, ihn zu küssen, bis ihre Freundin sie entschuldigend wegzog.

Kurz nach zwei Uhr morgens war es so kühl geworden, dass Toni am liebsten hineingegangen wäre. Es war schließlich Ende Oktober und die Nächte wurden empfindlich kalt. Außerdem war er müde vom Tanzen. Außer ihm schienen auch ein paar der Frauen die Kälte zu spüren, denn immer mehr verabschiedeten sich von Leonora, legten sich ihre Jacken um und gingen ins Gebäude. Toni blickte über das Dach hinunter zur Straße und sah, dass die Gäste in Taxis stiegen oder zur U-Bahn Station wankten. Die Party näherte sich ihrem Ende.

Aus den Lautsprechern drang ein weiterer, langsamer Song. Toni lauschte für einen Moment, dann erkannte er ihn. „Halleluja" von Leonard Cohen. Er sah über das Dach und sein Blick blieb an Henry hängen, der mit Leonora in den Armen langsam zu dem Lied tanzte. Sie bewegten sich nur wenig, schunkelten von links nach rechts, die Köpfe auf der Schulter des jeweils Anderen. Toni beobachtete sie und wünschte sich plötzlich mehr als alles andere auf der Welt, dass er es war, der mit Henry dort unter den Lichterketten tanzen würde.

Als das Lied vorbei war gingen auch die letzten Gäste. Henry kam mit Leonora hinüber zu Toni. Seine Wangen waren von der Kälte leicht gerötet, seine Krawatte hing schief, aber er sah unglaublich glücklich aus. Er küsste Leonora auf die Wange. „Morgen komme ich vorbei und helfe dir beim Aufräumen."

„Untersteh dich Henry Moore", sage Leonora und umarmte ihn. „Du hast mir schon beim Dekorieren und Vorbereiten geholfen. Das Aufräumen schaffe ich auch alleine."

Henry lachte. „So wie ich dich kenne, lässt du einfach alles liegen bis sich die Nachbarn beschweren oder es selber aufräumen."

„Ach, du kennst mich einfach zu gut. Leonora sah sich auf dem Dach um, dann winkte sie ab. „Egal, das war es wert." Sie sah hinüber zu dem Tisch mit den Getränken. „Wie wärs, noch einen Absacker bevor ihr fahrt?"

„Für mich nicht, danke", sagte Toni. Auch Henry lehnte ab, aber Leonora winkte nur müde.

„Weiß ich doch, Henry, dass du nicht trinkst. Aber es ist höflich zu fragen." Dann gab sie ihm einen Kuss auf die Wange und lehnte sich an ihn. „Ich bin müde."

„Dann ab mit dir ins Bett, Leo", lachte Henry, nahm seine Freundin in den Arm um gemeinsam mit Toni begleitete er sie noch hinunter zu ihrer Wohnung. Dann machten sich dann auf den Heimweg. Als Toni den Porsche durch die fast menschenleeren Straßen lenkte, fragte ihn Henry: „Hattest du Spaß heute Abend?"

„Ja, sicher", Toni nickte. „Und du hattest Recht mit Leonoras Freundinnen."

Henry schnitt eine Grimasse. „Sorry, wirklich."

„Nein, schon okay." Toni gab etwas Gas, um es noch über eine Kreuzung zu schaffen bevor die Ampel umsprang. „Es war eine tolle Party. Und Leo ist eine ganz großartige Frau."

„Ja, das ist sie, nicht wahr?" Henry grinste. „Sie ist meine beste Freundin und ich bin froh, dass ich sie habe."

Sie schwiegen eine Weile, dann fragte Toni: „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du keinen Alkohol trinkst?"

Henry sah ihn von der Seite an und zuckte die Schultern. „Hat sich irgendwie nicht ergeben." Er sah kurz hinaus auf die Straße. „Stört es dich, dass ich nicht trinke?"

„Nein, wieso sollte es?" Toni musste an einer Ampel halten und sah zu Henry. „Es stört mich nicht. Aber wenn ich es gewusst hätte, hätte ich dir im Corleone etwas anderes bestellt. Ich wollte dich nicht nötigen, Alkohol zu trinken."

„Hast du nicht", sagte Henry und legte seine Hand auf Tonis. „Ich hätte ja Nein sagen können. Aber weißt du, die meisten Leute finden es komisch, wenn man nicht trinkt. Als ob man eine Spaßbremse wäre oder so."

Die Ampel wurde grün und Toni fuhr weiter. Er wusste nicht, ob er fragen sollte, was ihm durch den Kopf ging, doch dann tat er es einfach. „Ist es wegen dem, was deinen Eltern passiert ist?"

Henry nickte. „Ja. Wenn der LKW Fahrer nicht betrunken gewesen wäre, wären meine Eltern noch am Leben. Ich weiß ja, dass es okay ist mal was zu trinken. Und ich muss ja auch nicht fahren. Aber seitdem das passiert ist, da ... ich weiß auch nicht."

Toni ergriff Henrys Hand. „Ist in Ordnung, Henry. Du musst es mir nicht erklären. Das ist deine Entscheidung und ich respektiere das."

„Danke, Toni."

„Ist es okay, wenn ich ab und zu etwas trinke? Oder ..." Toni ließ den Satz unvollendet, doch Henry wusste, was er meinte.

„Es stört mich nicht, wenn andere trinken. Aber ich würde mich nie zu jemanden ins Auto setzen, der betrunken ist. Niemals."

Toni sah zu Henry hinüber und nickte. „Verstehe ich absolut. Ich würde auch nie betrunken fahren."

Den Rest der Fahrt verbrachten sie schweigend. Toni fand einen Parkplatz in der Nähe von Henrys Wohnung, dann brachte er ihn noch hoch. Henry schloss die Tür auf und als die Tür aufging, blieb Toni davor stehen. Er war sich nicht sicher, ob er mit hineinkommen sollte. Doch dann drehte sich Henry herum, sah ihn mit seinen blauen Augen an, und sagte: „Willst du noch mit reinkommen?"

Und ob er das wollte. Mit einem großen Schritt war Toni in der Wohnung und zog die Tür hinter sich zu. Bevor er zu lange darüber nachgrübeln und es sich anders überlegen konnte, presste Toni Henry an sich und küsste ihn leidenschaftlich. Henry erwiderte den Kuss genauso enthusiastisch. Er schmeckte nach Cola und Lust und Freiheit. Während Toni Henry die Krawatte abnahm und Henry Tonis Jackett von dessen Schultern strich, bewegten sie sich ins Wohnzimmer. Henry schlüpfte aus seiner Anzugjacke, bevor er die Brille abnahm und anfing, Tonis Fliege zu öffnen. Toni fühlte wie sich Wärme ihn ihm ausbreitete und er wusste, dass er an diesem Abend keinen Rückzieher machen würde. Er wollte Henry spüren, ihn schmecken und ihm nah sein.

Er zog Henry in das angrenzende Schlafzimmer. Seine Lippen fanden die weiche Haut unter Henrys Ohr und Henry stöhnte leise, als Toni seine Zähne sanft über dessen Haut gleiten ließ. Henrys ließ seine Hände über seine Schulterblätter und seinen Rücken streichen, sie wanderten tiefer und fingen an, sein Hemd aus der Hose zu befreien. Toni musste sich beherrschen, um Henry nicht einfach zu packen und auf das Bett zu werfen, so elektrisierend waren die Berührungen. Es war auch schon so lange her, seit er mit jemandem intim gewesen war. Jahre...

Doch als Henry anfing, an dem Gürtel seiner Hose zu nesteln, legte Toni seine Hände auf seine und trat einen kleinen Schritt zurück. „Warte, warte", sagte er atemlos. Sein Herz pochte so schnell gegen seine Rippen, dass er sich fragte, ob man es unter seinem Hemd sehen konnte.

„Zu schnell?" fragte Henry, seine Stimme leicht besorgt. Doch Toni schüttelte den Kopf.

„Nein, ich will nur zuerst noch etwas anderes machen." Toni fischte sein Handy aus der Tasche, tippte schnell darauf herum und legte es dann auf die Kommode. Die ersten Klänge von Leonard Cohens „Halleluja" ertönten, und Toni zog Henry zu sich. „Das wollte ich schon den ganzen Abend tun." Er küsste Henry nochmals leidenschaftlich aber sanft, bevor er sich langsam im Takt der Musik bewegte. Henry legte seinen Kopf an seinen Nacken, seine Hände auf seinen Rücken und seufzte zufrieden. Sie drehten sich im dunklen Zimmer zur Musik und als das Lied endete, zog Henry Toni auf das Bett.

Hände fanden Knöpfe und Reißverschlüsse und es dauert nicht lange, bevor sie beide nackt nebeneinander lagen. Toni sah an Henrys wohlgeformten Körper entlang, von den breiten Schultern zu den schmalen Hüften, dem straffen Bauch mit den weichen Härchen, die ihm den Weg gen Süden wiesen. Es war zu dunkel in dem Zimmer, um alle Einzelheiten sehen zu können, aber Toni brauchte kein Licht um zu wissen, dass Henry wunderschön war. Auch Henry musterte ihn, ließ seinen Blick an ihm herabwandern. Toni wurde auf einmal verlegen, denn er hatte kaum Erfahrung mit Männern und es war schon so lange her gewesen. Doch er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen.

„Du bist atemberaubend", flüsterte Henry und küsste ihn.

Toni ließ seine Finger Henrys Haut streicheln, was diesem wohlige Schauer entlockte. Toni presste einen Kuss auf die weiche Haut an Henrys Hals, dann arbeiteten sich seine Lippen weiter nach unten, über die Brust, den Bauch, tiefer, immer tiefer, bis Henry unter Tonis Berührung zu zittern anfing. Toni drückte Henrys Hüften nach unten und ließ seine warmen Lippen langsam um dessen Glied gleiten. Henry bäumte sich auf und mit einem unterdrückten Stöhnen rief er seinen Namen. „Toni, hör nicht auf, bitte, hör nicht auf." Toni grinste, dann tat er, wie Henry in geheißen hatte.

Henry zitterte und erbebte. Sein Atem ging stoßweise. Doch Toni wollte noch nicht, dass es zu Ende war. Deswegen ließ er Henrys Hüften los ließ seine Hände an Henry entlang gleiten, küsste dessen Hüfte und Schenkel, ließ seine Zunge in seinen Nabel gleiten, was Henry abermals erzittern ließ. Als Toni wieder oben angelangt war, grub Henry seine Finger in sein Haar, zog ihn heran und presste seine Lippen auf seine. Es war ein wilder, ungestümer Kuss, und Toni genoss jede Sekunde davon.

Unter Küssen erkundete nun Henry seinerseits seinen Körper und Toni fühlte wie sein Herz fast aus seiner Brust zu springen drohte. Es war so lange her, dass jemand ihn berührt hatte und Henrys Finger auf seiner warmen Haut, suchend, tastend, liebkostend brachten ihn fast um den Verstand. Als Henrys blonder Schopf zwischen seinen Schenkeln verschwand, krallte Toni seine Finger in das Bettlaken. Woge um Woge von Lust durchfuhr ihn, doch Henry ließ ihn keine Erlösung finden. Stattdessen griff Henry in die Schublade des Nachttischs und holte eine Tube Gleitmittel und Kondome heraus. Er wollte gerade die Tube öffnen, als Toni seine Hand ergriff. Mit vor Verlangen belegter Stimme brachte er hervor: „Nicht."

Henrys blaue Augen, jetzt fast grau in der Dunkelheit, fanden seine. „Du willst nicht?"

Oh Gott, und ob er wollte. Aber es war viel zu lange her. Er würde es nicht zugeben, aber er hatte ein wenig Angst davor. Toni schüttelte den Kopf. „Doch, Henry. Aber ich....ich habe schon sehr lange nicht mehr..."

Verständnis trat in Henrys Augen, bevor er die Sachen auf den Boden fallen ließ. „Na dann", grinste er und ließ seine Hände qualvoll langsam über die Innenseite seiner Schenkel wandern. „Dann müssen wir uns eben anders vergnügen." Und bevor Toni auch nur einen kohärenten Satz hervorbringen konnte, tauchte Henrys Kopf wieder ab und Toni vergaß alles um sich herum, als Henry ihn erbeben ließ.

Es war noch dunkel als Toni erwachte, aber durch das Fenster konnte er schon die ersten grauen Streifen am Horizont sehen. Die Sonne würde bald aufgehen, aber noch war Zeit. Henry lag an ihn gekuschelt neben ihm, den Kopf auf seiner Brust, ein Bein über seines geschoben. Behutsam strich Toni durch die blonden Haare und fragte sich nicht zum ersten Mal, womit er Henry verdient hatte. Dieser Mann war einfach wunderbar. Klug, charmant, liebevoll und auch noch attraktiv. Und er wollte ihn, Toni, was einfach das Unglaublichste war. Mit einem zufriedenen Seufzen versuchte Toni wieder einzuschlafen, doch er musste eine Bewegung gemacht haben, denn auf seiner Brust rührte sich Henrys Kopf. Henry streckte sich, doch er bewegte sich nicht aus seiner Position fort. „Ist es schon Morgen?"

„Nein, schlaf weiter." Toni streichelte Henrys Haar, das weich und geschmeidig unter seinen Fingern war. Es fühlte sich genauso an, wie Toni es sich vorgestellt hatte.

Henry rückte näher heran und ließ seinen Arm über Tonis Brust gleiten, bis er ihn fast umarmte. Er schloss die Augen und Toni war fast wieder eingeschlafen, als er abermals Henrys leise Stimme hörte.

„Ich fand es ganz wunderbar, gestern."

„Ich auch."

Henry zögerte kurz, aber dann fragte er: „Wie lange hast du denn nicht mehr...?"

Erinnerungen an seine Monate in Europa zuckten durch Tonis Gedanken und sein Herz wurde schwer. „Fast fünf Jahre", sagte er, beinahe so leise, dass Henry ihn kaum hören konnte.

„Oh", sagte Henry erstaunt, bevor er einen Kuss auf Tonis Brust presste. „Und in all der Zeit warst du mit niemandem zusammen?"

Toni schüttelte den Kopf und Henry musste die Bewegung gespürt haben. „Warum denn nicht? Wegen deiner Familie?"

Er war sich nicht sicher, ob er dieses Gespräch führen wollte, und jetzt, so kurz nach seiner ersten gemeinsamen Nach mit Henry, schien ihm kein guter Zeitpunkt. Aber Henry verdiente zumindest in diesem Punkt die Wahrheit. Toni blickte an die Decke des kleinen Zimmers, und während seine Finger weiter durch Henrys weichen Haarschopf fuhren, erzählte er.

„Auch wegen meiner Familie, ja. Aber auch wegen...Robert." Er machte eine Pause als er spürte, wie sich seine Brust bei der Nennung des Namens zusammenzog. Er hatte nie jemandem von Robert und ihrer Zeit in Europa erzählt, und auch nach all den Jahren tat die Erinnerung weh. Toni spürte wie Henrys Daumen kleine Kreise auf seine Haut zeichnete. Henry schien zu spüren, dass ihm das Thema naheging und Toni war ihm unendlich dankbar, dass er nicht nachbohrte und ihm Zeit gab, von sich aus zu erzählen. Er atmete tief ein und sprach weiter.

„Ich habe dir doch erzählt", begann er, „dass ich vor ein paar Jahren durch Europa gereist bin. Eigentlich hat mein Vater mich nur nach Italien geschickt, um die Familie und unsere Geschäfte dort kennen zu lernen. Aber ich war jung, wollte mehr sehen, etwas erleben. Also bin ich durch Europa gereist. Ich war in England, Frankreich, Dänemark, überall, wo es mich hinzog. In den Niederlanden habe ich dann...Robert kennengelernt. Robert war etwas älter als ich, Engländer und genauso wie ich auf einer Reise durch Europa. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und wir sind zusammen weitergereist. Wir waren in Deutschland, Polen, Österreich, Tschechien und dann sind wir nach Griechenland gefahren." Erinnerungen an den tiefblauen Himmel, weiße kleine Häuser und das funkelnde Meer bestürmten ihn, und seine Stimme wurde noch leiser, als er weitersprach.

„Der Sommer war unglaublich heiß, die Sonne brannte jeden Tag vom Himmel. Wir haben die Zeit zusammen genossen, sind von Insel zu Insel gesprungen, im Meer geschwommen, haben in kleinen Strandbars gegessen, gefeiert. Wir haben einfach das getan, worauf wir Lust hatten. Und Robert, er..." Toni schluckte schwer, dies fiel ihm nicht leicht. Lange Zeit hatte er nicht einmal gewagt, darüber nachzudenken, hatte alle Erinnerungen tief in seinem Gedächtnis vergraben. „Robert hat mir gezeigt, dass es okay ist, wenn sich zwei Männer lieben. Dass man sich dafür nicht schämen muss. Ich meine ich wusste schon lange, dass ich mit Frauen nicht viel anfangen konnte, aber mit meiner Familie, mit meinem Vater, wenn ich da auch nur versucht hätte...." Toni atmete tief durch, als er merkte, dass er abzuschweifen begann.

„Robert war sehr einfühlsam, er zeigte mir, na ja", Toni lachte leise auf, „er zeigte mir wie es geht, wenn zwei Männer zusammen sind. Wir waren glücklich, ich war glücklich. Vielleicht zum ersten Mal überhaupt."

Als er nicht weitersprach, verloren in seinen Erinnerungen, fragte Henry sanft: „Und dann?"

Toni merkte, wie ihm eine Träne die Schläfe hinab lief. „Dann ist Robert gestorben."

„Was?" Henry richtete sich auf, seine Augen groß in der Dunkelheit. „Wie ist das passiert?"

„Ein Unfall", sagte Toni und strich Henry zärtlich mit den Fingern über die Wange. „Es war ein heißer Tag, wir hatten uns Roller gemietet und wollten zu einem kleinen Strand fahren, den nur Einheimische kannten. Die Straße führte in Serpentinen einen Berg hinab. Robert ist vor mir gefahren. Dann hat er plötzlich die Kontrolle über den Roller verloren, ist durch die hölzerne Leitplanke gebrochen und den Abhang hinuntergestürzt. Als ich bei ihm ankam, war er nicht mehr ansprechbar. Er war...schwer verletzt. Er ist in meinem Armen verblutet."

„Oh mein Gott", flüsterte Henry.

Toni nickte nur, die Erinnerungen an diesen schrecklichen Tag drohten ihn zu überwältigen. „Als der Krankenwagen endlich eintraf, konnten sie nichts mehr für ihn tun. Seine Eltern haben ihn nach England überführen lassen um ihn dort zu beerdigen. Ich wollte zur Beerdigung fahren, aber...." Dieser Teil der Geschichte war genauso schmerzhaft und Toni seufzte tief.

„Aber mein Vater hat mich am Tag nach dem Unfall nach Italien beordert. Dort hätte ich schon seit Wochen sein sollen. Als ich ihm sagte, dass ich nach England fahren will, hat er es mir verboten und, na ja, am Ende bin ich nicht gefahren, sondern nach Italien gereist." Als er sich geweigert hatte nach Italien zu kommen, hatte sein Vater ein Mitglied der italienischen Mafia nach Griechenland geschickt und ihn mehr oder weniger nach Italien verschleppt. Aber das konnte Toni Henry nicht erzählen. „Ich habe es seither immer bereut, ihm nicht das letzte Geleit gegeben zu haben." Toni fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, die Emotionen so nah an der Oberfläche, dass er ein paar Mal tief durchatmen musste, um sich zu beruhigen.

„Ach Toni, das tut mir so wahnsinnig leid", sagte Henry und küsste ihn sanft auf die Schulter. Dann legte er seinen Kopf wieder auf Tonis Brust und seine Finger zeichneten weiter kleine Kreise.

„Und du konntest mit niemandem darüber reden? Das muss schrecklich gewesen sein."

Toni schüttelte den Kopf. „Ich hätte nicht gewusst, wie ich das erklären sollte. Es ging nicht."

Henry seufzte tief. „Das tut mir unendlich leid, Toni."

„Es ist schon lange her." Er ließ seine Finger weiter durch Henrys Haare fahren.

„Und seitdem warst du mit niemandem mehr zusammen?"

„Nein, es wäre zu ...." Gefährlich, dachte Toni, doch er sagte: „kompliziert gewesen."

„Aber mich hast du an dich herangelassen", sagte Henry leise.

„Ja, dich schon", sagte Toni ebenso leise. Er fühlte sich besser, jetzt wo er über Robert gesprochen hatte. Als ob er diese schrecklichen Ereignisse immer auf seinem Herzen mit sich herumgetragen hatte und sie jetzt loslassen konnte. Dennoch war die Stimmung im Zimmer düster, und Toni wollte nicht, dass ihre gemeinsame Nacht so endete. Außerdem wollte er auch etwas über Henrys Vergangenheit erfahren. Daher zog er spielerisch an einer blonden Haarsträhne. „Und was ist das mit dir und Dracula? Wie war das mit euch?"

„Dracula?" Toni konnte beinahe hören, wie Henry die Stirn runzelte. „Ach so, du meinst Matt!" Henry gluckste. „Matt und ich waren fast ein Jahr zusammen. Wir haben uns an der Uni kennengelernt, er studiert auch Medizin. Aber es hat nicht geklappt, wir waren einfach zu verschieden." Henry rieb seine Wange an Tonis Brust, offensichtlich nicht gewillt, sich fort zu bewegen. „Unsere Trennung ist jetzt etwa ein halbes Jahr her. Wir sind im Guten auseinander gegangen, jetzt sind wir Freunde, sehen uns ab und zu in den Vorlesungen und so."

„Huhm", machte Toni. „Nur Freunde? Dafür habt ihr aber eng miteinander getanzt." Er versuchte, seiner Stimme einen uninteressierten Tonfall zu geben.

„Eifersüchtig?" Henry lachte leise.

„Unsinn", Toni zog nochmals an einer Haarsträhne.

Henry gluckste wieder, dann seufzte er zufrieden. Sie schwiegen und nach einer Weile wurde Henrys Atem gleichmäßig und ruhig. Er war wieder eingeschlafen. Auch Toni versuchte noch etwas Schlaf zu finden, aber es gelang ihm erst, als die Sonne schon fast ganz aufgegangen war. Zu viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf, angefangen bei seinen Erlebnissen in Europa, über die Party und seine Nacht mit Henry. Sein letzter Gedanke, bevor er einschlief, war, dass er ganz eindeutig, unwiderruflich in Henry verliebt war.

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Anmerkung: Jetzt wisst ihr endlich, was in Europa passiert ist. Armer Toni.... :(

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