CHAPTER 9: Neuer Leutnant
Es war bewundernswert, wie schnell die Kutschen heutzutage waren. Unglaublich schnell waren wir angekommen. Erwin stieg zuerst aus und wollte mir seine Hand reichen, um mir beim Aussteigen zu helfen. Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und stieg alleine aus. Ich dachte das hatten wir schon durch.
,,Weder trage ich ein pompöses Kleid, noch habe ich eine schwerwiegende Verletzung oder sie darum gebeten."
Erwin schloss kopfschüttelnd und ich glaube auch leicht schmunzelnd die Tür und gab dem Fahrer ein Zeichen, woraufhin dieser losfuhr.
,,Versuchen sie sich bitte zu benehmen, Cabucho. Pixis ist ein ziemlich hohes Tier."
Ich verdrehte die Augen: ,,Als würde ich ihm ins Gesicht spucken und auf seinem Schreibtisch tanzen."
,,Dann sind wir uns ja einig", Erwin begab sich in Richtung Eingang des großen Gebäudes. Ich folgte ihm. Es sah nicht unbedingt anders aus, als das Hauptquartier der Freiheitslegion. Nur das bei uns die Flügel der Freiheit als Wappen zu erkennen waren und hier das Wappen der Mauer Garnison. Ich wäre dem Commander beinahe in den Rücken reingerannt, als dieser apprupt vor einer Tür hielt und klopfte.
,,Name und Anliegen?"
,,Commander Erwin Smith und Soldatin Laurentia Cabucho. Sie haben nach einem Treffen gewünscht."
,,Kommen sie rein."
Erwin nickte mir noch zu, dann drückte er die Klinke herunter und wir betraten das Büro von Dodt Pixis. Ein Mann, ich denke in seinen frühen 60ern oder späten 50ern saß an einem Schreibtisch und hieß uns mit einem freundlichen Lächeln willkommen. Commander Erwin und ich salutierten, dann reichte ich ihm den Steckbrief.
,,Commander Smith meinte sie hätten sich so etwas gewünscht?"
,,Danke für ihre Mühe, junge Dame."
Ich nickte und stellte mich zurück neben den Commander. Als er den Zettel auffaltete und auf seinen Schreibtisch legte, kroch ein komisches Gefühl meinen Körper hinauf.
Als Pixis mich dann ansah, wurde mein Körper von Gänsehaut überzogen. Erst jetzt wurde mir bewusst, in welcher Situation ich mich befand. Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie stark mich seine autoritäre Aura beeinflusste.
Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen und atmete tief durch. Ich bin Laurentia Cabucho. Soldatin der Freiheitslegion. Beste der 102. Trainingseinheit. Ich schaffte das.
Die Hände hinter dem Rücken gefaltet, den Blick starr geradeaus gerichtet, stand ich vor einem der einflussreichsten Männer innerhalb der Mauern. Dodt Pixis. Der ältere Herr strich mit seiner rechten Hand über seinen Bart und tippte mit der freien Hand auf den Zettel, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag.
,,Sie ist wirklich gut, Pixis", versicherte der Commander dem alten Kauz.
Dieser nickte nur und nahm sich den Zettel zur Hand. Er begann vorzulesen: ,,Laurentia Cabucho. Genaues Alter ist unbekannt, wird jedoch auf 18-19 geschätzt. Augenfarbe: Grün-Grau. Haarfarbe: Gold-Blond. Nationalität: Ebenfalls Unbekannt. Als beste die 102. Trainingseinheit abgeschlossen. Weiterführender Miltärszweig: Aufklärungstrupps. Beweggründe; Unbekannt. Vorlieben; bei Nacht spazieren gehen. Leibliche Familie ist genauso wie die wirkliche Herkunft der jungen Dame hier ebenfalls unbekannt. Abneigungen: Titanen und..", Pixis runzelte kurz die Stirn, lächelte dann kurz, ehe er seine förmliche Miene wieder aufsetzte.
,,Levi Ackermann."
Ich wagte es nicht in die Richtung von Erwin zu sehen, dessen wütender Blick sich in meinen Kopf einbrannte. Als ich Pixis ansah, lag sein belustigter und zugleich prüfender Blick bereits auf mir.
,,Dürfte ich nach dem Grund für diese Abneigung fragen?"
Genervt atmete ich aus und sah zu Boden. Wenn es so einfach wäre, zu antworten.
,,Es gibt keinen genauen Grund... ich kann es einfach nicht besonders ab, wenn wir zusammen in einem Raum sind... Sir."
Gezwungener Maßen drängte sich die Szene im Krankenzimmer in meinen Kopf. Ich wusste doch an diesem Ort würde nie Gutes passieren. Zumindest nicht mir.
,,Nun denn, Pixis, um auf das eigentliche Anliegen meinerseits zurückzukommen..", räusperte sich Augenbraue angespannt.
,,Darf Laurentia Cabucho zu einem Leutnant befördert werden?"
Ich riss die Augen auf und sah Erwin überrascht an. Ich? Eine Teamleiterin? Beförderung?
,,Wenn Miss Cabucho damit einverstanden ist, sehe ich keine Einwände in dieser Angelegenheit."
Erwin salutierte: ,,Vielen Dank für ihr Eiverständnis. Wenn sie entschuldigen, verständlicher Weise haben wir nun viel zu erledigen."
,,Nur zu", Pixis deutete mit einer ausladenden Handbewegung zur Tür.
Ich salutierte nochmals, ehe ich mit Erwin den Raum verließ. Ich ein Lieutnant? Ein Captain? Ein Corporal? So viel Verantwortung.
,,Hören sie Sir.."
Erwin hielt inne und wandte sich erwartend zu mir um.
,,Es geht um die Beförderung.."
,,Nun, Miss Cabucho. Sie sind eine der stärksten Soldaten innerhalb der Mauern. Ich denke es ist ziemlich gewöhnlich, dass ich sie befördern möchte. Sie haben doch nichts dagegen?"
Ich schluckte. War es wirklich sinnvoll mich zu befördern?
,,Nein. Keinesfalls."
,,Dann wäre das geklärt. Sie werden Teamleiterin einer neu zusammengestellten Gruppe, bestehend aus Isabel Magnolia, Farlan Church und Levi Ackermann."
Ich blieb stehen. Erwin ging weiter.
Das ist doch nicht ernsthaft sein scheiß Ernst oder? Er weiß jetzt, dass ich Levi nicht gerade mag und steckt mich trotzdem in ein Team mit ihm? Diese Augenbraue ist buschiger als ich dachte. Am liebsten würde ich sie ihm zupfen. Oder sie anzünden.
Meine Wut in meinen stampfenden, festen Schritten ausdrückend, schloss ich zu dem Mistkerl auf, der mir gerade den kurzen, wirklich minimalen Moment der Unsicherheit über die Verantwortung zu nichte gemacht hatte.
In der Kutsche herrschte eisiges Schweigen. Ich sah meinen Vorgesetzten noch nicht einmal an. Der konnte sich morgen, wenn ich mich abgeregt hatte wieder bei mir melden. Jetzt habe ich die Nase voll von ignoranten Holzköpfen mit monströsen Augenbrauen, superwichtigen Machthabern der Mauer Garnison und schwarzhaarigen, vielseitigen Idioten.
Ich wollte einfach bequeme Sachen, einen Tee und meinen Balkon. Das war doch nicht zu viel verlangt, oder? Als wir am Hauptquartier ankamen, sprang ich aus der noch fahrenden Kutsche, die Rufe Erwins ignorierdend. Ich stapfte an allen möglichen Soldaten vorbei, die mir alle eingeschüchtert hinterhersahen.
Ich tauschte meine Gurte und meine Hose gegen einen knielangen, dunkelblauen Rock ein. Meine Haare öffnete ich, schüttelte sie durch und wechselte auch von den Stiefeln in etwas leichteres Schuhwerk.
Ich verließ mein Zimmer und begab mich in die Küche, um mir einen Tee zu machen. Auf den Fluren war bereits Ruhe eingekehrt. Es müsste jetzt auch schon gut halbzehn sein.
Ich versuchte die Tür zur Küche so leise wie möglich aufzumachen, doch meine Vorsicht war umsonst. Denn plötzlich sprang das Licht an und jemand fing wie wild an zu brüllen.
,,HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH LAURENTIA!!"
Ich schreckte bei der Lautstärke zusammen, die Hanji und Isabel verursachten. Farlan grinste über beide Ohren, da er die geplatzte Tüte in der Hand hatte, welche den lauten Knall verursacht hatte. Mike war ebenfalls da und hob seinen Krug in die Höhe. Hanji und Isabel warfen sich auf mich drauf.
,,Ich bin so stolz auf dich, dass du befördert wurdest, Laurentia-saan~~~", schnurrte Hanji und rieb ihren Kopf an meiner Wange.
,,Laura-chaaaan~ Oder eher Captain Cabucho~ Willkommen im Dienst!!"
Mike und Farlan pfiffen beide in ihre Finger, alle vier sahen mich glücklich an. Ich konnte nicht anders, als langsam mitzulächeln.
,,Dankeschön. Vielen Dank, ehrlich. ...Doch ihr versteht sicherlich, dass ich jetzt gerne meine Ruhe haben würde. Also bitte räumt das hier auf und geht dann schlafen."
Ich nickte ihnen aufmunternd zu und ging in den Zwischenraum um mir einen Tee aufzugießen. Als ich mit der heißen Tasse wieder die Küche betrat, war von den Bierkrügen sowie von meinen Freunden keine Spur. Erleichtert schaltete ich das Licht aus und verließ die Küche.
Auf dem Weg nach draußen gabelte ich eine kurze Wolldecke auf, die ich mir um die Schultern legte. Wir hatten jetzt Mai, es wurde wärmer, doch ganz so warm war es nun auch wieder nicht. Ich nahm einen Schluck von dem Tee und sein volles Aroma füllte meinen Mund. Ich stellte die Tasse auf der Fensterbank eines Fensters ab und öffnete die daneben liegende kleine Tür.
Kühle Nachtluft lies meinen Rock um meine Beine flattern, zog an meinen Haaren und meiner Decke. Ich genoß die Frische und beschloß eine kleine Runde zu drehen. Vielleicht sollte ich am kleinen Bach vorbeilaufen? Ich lies meine Füße den Weg bestimmen und schaute mit einem kleinen Lächeln in die Sterne hinauf.
Die Sterne waren unglaublich schön. Und in einigen Punkten ähnelten sie mir. Man konnte sie nur bei Nacht sehen, und auch nur dann, wenn keine Wolken sie verdeckten.
So erging es mir manchmal mit meinen Gefühlen. Ich wusste nicht ob ich weiterhin die harte, kalte und ernste Laurentia oder das warme, fürsorgliche Mädchen wie im Umgang mit meinen Freunden und Familie sein soll. Machmal kam einfach die schönere Seite zum Vorschein.
Dabei hatte ich mir geschworen, ich würde diesen Job wie eine Maschine ausführen. Präzise und schnell, ohne jegliche Gefühle oder Reaktion. Dass es so schwer sein würde, konnte ich mir vor zwei Wochen beim besten Willen nicht vorstellen.
Eigentlich merkte ein kleiner Teil in mir, dass die offene Seite mein eigentliches Sein ist, doch mein Verstand versprach, dass die abgehärtete Fassade besser für mich sei. Und dieser Levi machte es mir auch nicht gerade einfach. War erst total abweisend und salbt danach meine Wunde ein, als wäre er mein engster Vertrauter.
Ich blieb wie erstarrt stehen. Sag mal, was habe ich verbrochen, dass das Karma es so sehr auf mich abgesehen hatte?
Keine zehn Meter von mir entfernt, saß Levi auf dem Holzsteg von dem Bach, den ich gerade besuchen wollte.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro