CHAPTER 46: José und seine Familie
José ritt mit mir aus dem Bezirk heraus, quer durch die weite, grüne Landschaft.
Wir ritten nach Osten, also entfernte ich mich noch mehr als ohnehin schon von Levi. Wir ritten so schnell unsere Pferde uns tragen konnten. Nach etwa drei Stunden erkannte man trotz der Dämmerung bereits die Mauer Rose. Als ein dünner Streifen zeichnete sie sich am Horizont ab.
,,Wir sind da", erklärte José.
Ich schaute ihn prüfend an. Hier? Wir standen mitten im Nichts. Um uns herum waren vereinzelt kleine Baumgrüppchen und weitesgehend Weizenfelder angelegt.
,,Was du glaubst nicht zu sehen, beweist nur, wie sorgfältig die Resistencia sich versteckt hat", meinte José stolz. Er stieg ab und lief zu einer kleinen Felsformation zwischen den Bäumen. Er zog einen preparierten Stein beiseite und enthüllte somit einen breiten Schacht, der in die Tiefe führte.
,,Was soll ich sagen, la nesesidad hace maestros ", erkärte der Mann mir lächelnd. Er nahm sein Pferd an den Zügeln und führte es den Schacht langsam herunter.
,,Und das heißt?"
,,Not macht erfinderisch."
,,Kommst du nun?", fragte José.
Ich schluckte: ,,Ich hoffe für sie, dies wird nicht dem Untergrund gleichen", zischte ich und stieg ebenfalls ab.
Ich führte Noche langsam dem Typen hinterher, der kurz darauf wieder nach oben eilte und ächzend den Stein wieder über die Öffnung zog.
,,Nur einer der Eingänge", erklärte José.
Wir bogen oft ab. Ich verlor die Orientieung bei der 7. Kreuzung.
,,Weitere Sicherheitsvorkehrung, damit niemand in das Herz des Widerstands gelangen kann."
,,Welches Herz?", fragte ich, beantwortete meine Frage dann jedoch selbst, als wir zum Stehen kamen.
Vor uns eröffnete sich eine gigantische Höhle, die eine komplett andere Atmosphäre besaß, als der Untergrund. Man fühlte sich, wie als würde man nach Hause kommen. Die vielen Lichter an der Decke, an den Wänden und generell überall, kamen mir so vertraut vor.
,,Es gibt einen Gang, der direkt in den Untergrund führen würde, aber er ist am Ende versiegelt, sowie zwischendurch und auch am Eingang hier verschlossen. Wir leben in dem wohl sichersten Punkt auf der Welt, selbst sicherer als in Mauer Sina, wenn ich das so behaupten darf."
Wir gingen durch die Straßen, auf denen einige Menschen einfach stehen blieben und mich erführchtig anschauten.
,,José, was haben die alle?", flüsterte ich nervös dem Mann neben mir zu.
,,Sie sind überrascht. Sie haben ihre Hoffnung aufgegeben und sich damit abgefunden bis an ihr Lebensende hier unten zu verweilen, im Schutze der Resistencia. Und jetzt läufst du hier lang, das Ebenbild deiner Mutter? Und nun komm mit, du wirst ziemlich müde sein müssen", meinte José.
Ich folgte ihm einfach, schaute mich bewundernd in dem untergrundähnlichen Versteck um. In der Mitte, zentral von allen Hütten und Häusern lag ein großes Gebäude. Es hatte vier Eingänge, für jede Himmelsrichtung einen und über jedem dieser Eingänge hing eine Flagge nach unten. Sie war rot und Golden, mit einem schwarzen Zeichen darauf.
,,Das, was du dort so anstarrst, ist das Wappen der Resistencia. Der grüne Hintergrund, für die Hoffnung auf ein wiedervereintes, traditionelles Spanien. Das Wappen, mit den Farben der spanischen Flagge und dem Zeichen des Widerstandes in seiner Mitte. Die Ketten, für das Festhalten an unserer alten, in Vergessenheit geratenen Tradition. Die Krone über dem Wappen in Gold und Rot, wegen der Ehre und dem Respekt vor dem Königshaus, welches Opfer für sein Volk bringen musste und in Reinlichkeit regierte. Der schwarze Rand um das Wappen, als Zeichen für die in Erinnerung bleibenden Verluste, die ein jeder machen musste."
,,Das klingt wie aus einem Buch zitiert", gab ich leise zu.
,,Ist es auch. Nur, dass das Buch unsere Ordnung innerhalb des Widerstandes ist. Jedes Kind wird mit der Bedeutung unserer Flagge von klein auf belehrt."
Ich nickte und musterte das Wappen genau. Es hatte etwas Verlorenes, etwas Leidendes und dennoch dieses Etwas, welches einen zum Nachdenken brachte. José führte uns an dem Gebäude vorbei und steuerte auf ein Haus zu, welches anscheinend mehrere Stockwerke hatte.
,,José, wie ich sehe, hast du ein Mädchen mitgebracht", rief eine junge Dame mit langem, brünetten Haar und kam in dem Moment aus dem Haus gelaufen.
,,Nicht nur irgendein Mädchen, Maria."
,,Mí Querida, du schleppst mir doch keine Prostituta ins Haus? Bin ich dir nicht genug?"
,,Mí Esposa, das ist Laurentia el Cabucho y Gloria* -"
Die bernsteinfarbenen Augen der Augen der Frau weiteten sich.
,,Die letzte Tochter von Francisco und Lucía... eso es imposible!", rief sie und beäugte mich überrascht. José wandte sich an mich.
,,Laurentia, darf ich vorstellen: meine einzig wahre Liebe und Ehefrau, Maria."
Die angesprochene Frau fing an zu lächeln und klopfte dem sympathischen Mann auf die Schulter: ,,Ich sage Diego und Manuel Bescheid, sie werden sich um eure Pferde kümmern."
Als Maria wieder im Haus verschwand, bemerkte José meine beginnende Verzweiflung mit den ganzen neuen Namen und erklärte lachend: ,,Diego und Manuel sind meine ältesten Söhne, 18 und 17 Jahre alt."
Ich nickte und plötzlich wurden mir die Zügel von einem schwarzhaarigen Jungen aus der Hand genommen: ,,Hola Chica~", summte er und sah mich verführerisch an.
Ich zog eine Augenbraue nach oben, als der Playboy aus dem Weg geschubst wurde und ein Junge mit hellbraunem Haar mich angrinste.
,,Entschuldige bitte meinen Bruder, Diego. Mein Name ist übrigens Manuel..", Manuel errötete, wurde, dann auch aus dem Weg geschubst, von einem Mädchen mit einem rötlich, braunen Pferdeschwanz.
,,Ich bin Nerea. Und du bist..?"
,,Laurentia. Laurentia Cabucho."
Nerea verschränkte ihre Arme und musterte mich misstrauisch: ,,Also hat sich die letzte Königstochter doch gedacht, reiß ich mich mal am Riemen und rette Spanien? Oder arbeitest du für Felipe, putilla ?"
,,Nerea, zügle deine Zunge", mahnte José erbost hinter ihr.
,,Kein Problem", flötete ich und ging an Nerea vorbei, um Noche meine Taschen und das Manöver abzunehmen : ,,Ich hatte mit sehr vielen 'temperamentvollen' Menschen zu tun, ich selbst bin ziemlich misstrauisch, also macht es mir null aus, so durchleuchtet zu werden."
Ich zog meine Taschen auf und hob mein Manöver hoch.
,,D-du bist Soldatin?", fragte Nerea überrascht. Meine Miene verdunkelte sich. Konzentriere dich, Laurentia.
,,Ich war Soldatin. Lieunant, um genau zu sein. Captain des Elitetrupps der Freiheitslegion."
Ich drehte mich zu dem Familienvater um: ,,José, wir haben einiges zu besprechen, würdest du mir deshalb zeigen, wo ich meine Sachen abstellen kann?"
,,Natürlich, Nerea, zeig ihr bitte das Gästezimmer."
Nerea verdrehte die Augen und lief voraus. Manuel meinte, eine junge Frau wie ich solle keine schweren Dinge heben und fragte, ob er mir das Manöver abnehmen dürfe.
Ich bejahte und übergab es ihm, verkniff mir allerdings das Kichern, als er schockiert über das Gewicht, welches ich leichtfertig trug, beinahe zusammenbrach. Als ich das Haus betrat, wurde ich von einem kleinen, schwarzhaarigen Jungen begrüßt.
,,Álvaro, lass das Mädchen durch", rief Maria und zog ihren jüngsten Sohn aus dem Weg.
,,Seid ihr nur vier Kinder oder noch mehr?", fragte ich Manuel, während ich meinen Kopf reckte, um Nerea wiederzufinden.
,,Nur vier-"
,,Wir vermehren uns nicht wie die Kanickel", zischte Nerea, die auf eine Tür zunickte.
Ich betrat den Raum und ließ meine Tasche auf der Matratze nieder. Manuel bemühte sich, das Manöver nicht fallen zu lassen, was ihm auch relativ gut gelang.
,,Ich sag Mamá Bescheid, dass du noch kein Bettzeug hast", verabschiedete sich Manuel und zog die Tür hinter sich zu.
Seuzend öffnete ich meinen schwarzen Mantel und legte ihn auf der Matratze ab. Ich schaute mich im liebevoll eingerichteten Zimmer um. Ein Bett, eine Lampe an der Decke und auf dem Nachttisch, eine kleine Kommode und ein Spiegel über einem Waschbecken. Unter dem Waschbecken stand ein kleines Regal mit Handtüchern und kleinen Seifendöschen.
Als ich in den Spiegel schaute, erschrak ich. Meine Bluse, sowie einst weiße Hose war mit eingetrocknetem Blut besprenkelt, mein Gesicht und meine nun freien Arme hatten einige Schrammen, meine Hose war am Oberschenkel aufgerissen und gab den Blick auf eine verkurstete Schnittwunde frei.
Ich berührte mit meinen Fingerspitzen mein Gesicht, um sicher zu gehen, dass dies wirklich ich war.
Die Tür öffnete sich und Maria begann:,,Hier ist frisches Bettzeug, wenn du noch etwas brauchst da- Oh Mierda *!"
Mi Querida ~ Mein Lieber
Prostituta ~ Freudenmädchen/Prostituierte
Mi Esposa ~ Meine Ehefrau
Laurentia el Cabucho y Gloria ~ In Spanien hat man zwei Nachnamen, den des Vaters zuerst und danach den der Mutter
Hola Chica ~ Hallo Mädel
Putilla ~ Schlampe
Oh Mierda ~ Ach du scheiße
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