CHAPTER 30: Unnötige Verluste
Wir zischten an den Bäumen vorbei, der Wind pfiff in unseren Ohren. Wir hatten unsere Blicke gen Boden gerichtet, in der Hoffnung Clara stände bzw. säße an einem der Bäume. Doch je länger wir erfolglos Gas verbrauchten, desto weiter rückte diese Hoffnung in die Ferne.
,,Clara!", rief Isabel.
Die Drei suchten genauso besorgt wie ich. Clara war eine Neue, ein Frischling. Wer weiß, was ihr passiert war? Das soll nicht heißen, sie wäre schwach, doch nachdem was uns Marinette erzählt hatte, fing ich an mir ernsthafte Sorgen um das schwarzhaarige Mädchen zu machen.
,,Laurentia! Was ist wenn wir uns aufteilen und suchen?" fragte Farlan.
Ich stimmte zu: ,,Levi und Isabel und du und ich."
Farlan schoss zu mir auf und wir nahmen uns eine andere Richtung als die zwei Anderen vor.
,,Ich bezweifle, dass sie noch bei Bewusstsein ist", rief mir Farlan über den Wind hinweg zu.
Ich bemühte mich möglichst laut zu antworteten: ,,Deswegen müssen wir sie nur noch schneller finden.
Wir suchten mit unseren Augen jeden erdenklichen Fleck ab, an dem sie sich befinden könnte, doch Fehlanzeige. Clara, wo warst du nur?
,,LAURENTIA!", Isabels Stimme schallte durch den Wald zu uns hindurch.
Farlan und ich schauten uns resigniert an. Sofort schossen wir unsere Haken in die entgegengesetzte Richtung und schwungen uns zurück. Wir bemühten uns schnellstens zu Isabel und Levi zu kommen.
Von Weitem schon sah ich die zwei neben einem schlaffen Körper in der Luft hängen.
Ich hielt neben den Beiden an und schaute auf das grausam zugerichtete Mächen. Der Draht ihres Manövers schlung sich in einem Wirr-Warr um ihren Körper und schnürrte ihr somit Beine, Arme, Bauch, Finger, Brust und Hals ab. Ihr Gesicht war leicht bläulich angelaufen und ihre Augen geschlossen. Aus ihrem Mundwinkel hing eine Speichelfahne.
,,Isabel, Farlan, los wir drücken sie hoch! Levi- schneid die Drähte über ihr durch!"
Jetzt musste alles ganz schnell gehen. Wer weiß wie lange sie schon so da hing. 15 Minuten bestimmt. Vielleicht war sie bereits erstickt?
Ich riss meine Haken aus den Bäumen und ließ mich mit Clara in den Armen zu Boden fallen. Kurz bevor wir aufprallten, fing ich uns ab und schoss die Anker wieder kurz in das Holz. Ich steckte meine Manövergriffe weg und legte Clara auf den Boden, möglichst vorsichtig, damit der Draht ihr nicht stärker die Luft oder das Blut abklemmte.
,,Farlan schneide mit der Zange die Drähte durch", befahl ich und warf ihm das Werkzeug zu. Dann presste ich zwei Finger gegen den Hals des Mädchens. Ihr Puls war kaum zu spüren, aber er war da. Erleichtert atmete ich auf und Farlan durchtrennte die letzten Drähte. Ich hob Clara hoch und rannte schon los.
,,Wir müssen zurück! Schnell!"
Es war für mich kein Problem, das Mädchen zu tragen. Sie war ein Fliegengewicht. Doch trotz dessen, war ich nicht so wendig und schnell wie sonst, deshalb gab ich Levi folgende Anweisung: ,,Beeil dich und gib Hanji Bescheid. Sie soll sofort sanitäre Hilfe anfordern."
Levi nickte und verschwand mit zwei Handgriffen hoch über den Baumkronen. Ich richtete meinen Blick wieder konzentriert nach vorne. Clara, halte durch. Sie öffnete eines ihrer Augen und flüsterte: ,,Ich ..liebe...Mari..nette..", dann schloss sie ihr Auge wieder und ihr Kopf fiel gegen meine Schulter.
Der Wald schien endlich ein Ende zu nehmen und wie erhofft rannte uns Hanji mit zwei weiteren Soldaten entgegen, die jeweils Taschen trugen.
Ich riss meine Haken aus dem Holz und rammte die Fersen in die Erde, um mich und Clara abzubremsen. Ich legte sie vorsichtig auf den Boden und augenblicklich wurde sie von den zwei Soldaten in Obhut genommen.
,,Wo habt ihr sie gefun-", fragte Hanji.
,,Sie hing verdreht in den Bändern ihres Manövers an einem der Bäume und ist fast erstickt."
,,Ich spüre keinen Puls mehr!", brüllte der Soldat der ihren Puls miss und der Zweite fing direkt mit einer Herzdruckmassage an. Ich erstarrte. Clara, wehe du gibst auf. Kämpfe.
Der Sanitäter unterbrach kurz seine Massage und versuchte es mit Mund-zu-Mund Beatmung. Dann führte er die lebensrettende Technik weiter.
,,Clara..", knurrte ich.
,,Ich hab immernoch keinen Puls."
Clara. Los verdammt.
,,Wir haben sie verloren..", der Sanitäter zog seine Hand von ihrem Hals zurück. Ewas in mir wollte sie ihm brechen, etwas in mir verstand aber auch, dass er alles in seiner Macht stehende getan hatte.
,,Clara Gloss...ist am 03. Juni im Jahre 849 an Herzversagen umgekommen."
Der andere Soldat, der zuvor ihr Herz massiert hatte nahm einen Block zur Hand und schrieb sich die Daten auf. Ich war wie in einer Stockstarre.
Hanji neben mir presste ihre Hände zu Fäusten. Ich legte ihr eine Hand auf den Arm und ging auf die restlichen Rekruten zu, von denen Rick immernoch dank Mike am Boden lag. Levi kam auf mich zu gejoggt, und streckte seine Hand nach mir aus, doch ich wehrte ab und steuerte weiter auf Mike zu. Auf den Jungen, den er festhielt.
Ich blieb stehen und Mike sah mich fragend an. Ich bedeutete im mit einem Fingerzeichen Rick loszulassen und er trat augenblicklich drei Schritte zurück. Ich zögerte keine Sekunde und riss den Kopf von dem Jungen nach oben, ehe ich mein Knie auf seine Nase schlug. Ein lautes Knacken und sein schmerzhafter Aufschrei bestätigten die gebrochene Nase.
Ich schubste seinen Kopf zur Seite und drehte mich um. Zielstrebig stampfte ich auf diesen Sven zu. Seine Kameraden gingen auf Abstand und ich ging vor ihm in die Hocke, um von unten meinen Fuß in seinem Bauch zu versenken. Sven wurde nach hinten geschleudert und fiel auf die Erde.
Blitzschnell saß ich auf ihm drauf, meine Knie hielten seine Arme am Boden. Meine Fäuste bearbeiteten abwechselnd sein Gesicht.
,,Clara hätte nicht sterven müssen!", brüllte ich und hielt in meinen Schlägen inne. Neben mir schrie Marinette gequält auf und lies sich auf die Knie fallen.
,,Sie war eine exzellente Soldatin mit mehr Mut als ihr je haben werdet..", fluchte ich bedrohlich. Ich lies meine Frust weiterhin an seinem mittlerweile deformierten Gesicht aus.
,,A-aber es waren ni-nicht nur w-wir..", stöhnte Rick. Ich horchte auf und lies von Sven ab.
,,Wer?", fauchte ich und funkelte Rick an.
,,A-adelind..S-sie h-hat u-uns b-be-bezahlt..!"
,,Wer verdammt ist jetzt Adelind?!", brüllte ich die nun anderen Soldaten an. Es blieben alle wie erstarrt stehen.
,,Es treten jetzt alle einen Schritt nach hinten, die nicht den Namen Adelind tragen", knurrte ich und ballte meine blutverschmierten Hände zu Fäusten.
Die Jungen traten sofort salutierend einen Schritt nach hinten. Die Mädchen folgten eine nach der anderen.. bis nur noch ein Mädchen da stand. Sie hatte eine feuerrote Haarpracht und blaue Augen, die durch einige braune Sprenkel dreckig und verschmutzt wirkten.
,,Ich bin Adelind", flötete sie gespielt höflich: ,,Aber sie werden mich doch wohl nicht schlagen, immerhin bin ich ein Mädchen. Genau wie Sie-"
Klatsch
Adelind flog zur Seite, durch die Ohrfeige, die ich ihr soeben gegeben habe: ,,Genau wie Clara? Und trotzdem haben sie die beiden dafür bezahlt, sie umzubringen?"
,,N-nein! Sie sollten ihr nur wehtun..", heulte die Rothaarige fast, war viel zu perplex. Tränen liefen ihr über die Wangen: ,,Wie können sie es wagen Frauen zu sch-"
Ich schnappte mir die Pistole aus Mikes Gürtel und schoss einmal direkt neben die Hand von dem Mädchen: ,,Es wundert mich, dass eine von Shadis ausgebildete Soldatin sich immernoch diesem Cliché verschreibt. Beim Militär zählt nicht Mann und Frau. Wir sind alle gleich. Und du trägst die Mitschuld an einem Tod deinesgleichen-"
,,Clara war nicht so wie ich! Sie war hässlich und-"
Ich schoss dem Mädchen in den Oberarm und sie kreischte auf. Ich schmiss die Waffe zur Seite und trat ihr gegen das Schlüsselbein. Frustriert musste ich feststellen, dass es noch nicht gebrochen war.
,,Was ist hier los?", dröhnte Erwins Stimme über den Platz und Adelind drehte sich heulend und wimmernd zu dem Commander um.
,,D-diese Frau! Sie v-versucht mich zu töten!", schrie sie.
Erwin beobachtete sie aus kalten, forschenden Augen. Er schaute zu Mike und Hanji, die nur dabei zusahen, wie ich die Soldaten zurecht stuzte.
,,Sie wird einen Grund haben", stellte er lediglich leise fest und dann trat ich Adelind gegen den anderen Arm. Sie schrie wieder auf und hielt sich den unnormal verformten Arm. Ausgekugelt anscheinend.
,,Clare war clever und flink. Sie wusste wie man mit Waffen umgeht, sie wusste wie man in brenzligen Situationen handeln sollte und sie wusste-", ich warf der schluchzenden Marinette einen Seitenblick zu.
,,Sie wusste was es bedeutet, seine Freunde zu beschützen und zu kämpfen. Etwas, was Viele von Ihnen hier wohl niemals begreifen werden."
Ich spuckte Adelind vor die Füße: ,,Ich bin angewidert von Ihrer Persönlichkeit. Sie haben etwas Schlimmeres verdient, als Clara erleiden musste. Doch sie werden sich mit ihren Komplizen vor einem Gericht in dem Mordfall Clara Gloss verantworten müssen."
Ich ging gefährlich langsam auf die Rothaarige zu. Sie versuchte nach hinten auszuweichen und musterte mich ängstlich mit riesigen Augen: ,,Und glauben Sie mir, wenn ich sage, dass ich mich wenn ich Sie nochmal sehe, nicht zurückhalten werde."
Ich trat ihr mit voller Wucht auf das Schienbein und sie verdrehte gequält die Augen nach oben. Das Knacken ihres Knochens löste in mir ein kleines Wohlbefinden aus. Auch wenn es nur ganz klein war. Ich habe nie behauptet, fair, normal oder gerecht zu sein. Ich war so nicht. Mir fiel es unglaublich leicht Menschen mit Schmerzen zu strafen.
Dann trat ich von der am Boden zitternden Adelind zurück. Die Sanitäter wollten sie behandeln, doch ich hielt die Beiden auf.
,,Geben sie ihr keine Schmerzmittel. Keinem von den Dreien. Sie sollen den Schmerz spüren. Den Schmerz, den sie auch Clara haben spüren lassen."
Die Soldaten nickten leicht verstört und machten sich an die Arbeit. Ich drehte mich um und ging auf die Leiche von dem Mädchen zu, dass mich damals mit einem Messer attackiert hatte.
,,Clara-", schluchzte Marinette. Sie heulte wimmerte und vergrub ihre Hände in der Uniform ihrer toten Freundin.
,,C-clara...Ich liebe dich! Ich habe es dir noch nie gesagt, aber ich liebe dich verdammt!"
Ich war etwas überrascht, das Marinette auf diese Art etwas für Clara empfand. Die rot-blonde Marinette verschränkte ihr Hand mit der von Clara.
,,Geh nicht! Wir müssen noch so viel...noch so viel...", sie wurde erneut von schluchzern geschüttelt.
Ich hockte mich neben das trauernde Mädchen. Es brach mir das Herz sie so aufgelöst zu sehen: ,,Sie liebte dich auch. Ihre letzten Worte galten dir."
Marinette riss die Augen auf und presste ihre Lippen zusammen. Dann zuckten ihre Schultern wieder und sie holte keuchend Luft. Sie schüttelte immer und immer wieder den Kopf.
,,Egal ob du lachst, du gehst, du liegst oder stehst. Egal ob du isst, du schläfst, du weinst oder schreist. Egal wo du bist- Ich liebe dich! Wir werden für immer beste Freundinnen bleiben!"
Ihre Tränen tropften auf das Zeichen der Aufklärungstrupps, auf der Brusttasche von Clara: ,,Warte auf mich, dann werden wir beide zusammen und wieder vereint sein..", sie schluchzte und senkte ihre Stirn gegen die Brust von Clara.
,,Ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben. Ich werde dich auch nicht vergessen...", Marinette schlang plötzlich ihre Arme um den schlaffen Körper ihrer Freundin und ihrer Liebe.
,,I-ich liebe dich..", wimmerte sie, den Kopf in der Uniform einer Leiche vergraben. Es war einfach traurig. Ein gebrochenes Mädchen gesteht einer Leiche die Liebe.
Sie werden nie die Chance haben mit der ersten Liebe ihre eigenen Erfahrungen machen zu können. Sie werden nicht auf Dates gehen, sie werden nicht einander küssen, miteinander schlafen können. Sie werden nicht weiter miteinander lachen, miteinander älter werden können. Sie werden auch nicht mehr gemeinsam sterben können.
Denn jetzt waren diese Möglichkeiten durch einen Tod ins Unmögliche gerrückt.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro