
Wenn du wüsstest, wie viel du mir bedeutest
"Und du nennst dich einen Anfänger, du Bastard?!" Eine Stimme hob sich besonders von den pöbelnden Spielern ab. Mark, wenn Dani sich richtig erinnerte. Er stand Tygran direkt gegenüber und versuchte bedrohlich zu wirken, was nicht wirklich klappte. Eigentlich war Mark weder klein, noch dünn, aber neben Tygran sah tatsächlich jeder klein und zierlich aus.
Tygran sagte nichts, aber an seinem Gesichtsausdruck konnte Dani erkennen, dass er gerade wohl ziemlich schlechte Laune bekam.
"Mit Dani haben wir schon genug, wir brauchen nicht noch einen arroganten Wichser, der uns zeigt, wie viel besser er ist!"
"Er hat Recht, verpiss dich gefälligst!!"
Tygrans Auge zuckte gefährlich, als ihm der Mob immer mehr auf die Pelle rückte. Die ungefähr acht Spieler wurden immer lauter und begannen ihn von allen Seiten zu traktieren.
"Hört zu, ich will keinen Ärger!", versuchte Tygran sie zu beschwichtigen, seine Worte trafen jedoch auf kein Gehör.
"Ach ja? Du sollst einfach nur verschwinden, du Hurensohn! Oder muss dir das noch vorher jemand auf russisch übersetzen?", brüllte Mark.
"Keine Sorge, ich habe verstanden", zischte Tygran, seine Augen funkelten, als er Mark ins Gesicht blickte. Da war es wieder, dieses krampfhafte Zucken in seinen Fingern, als würde er gleich explodieren.
"Worauf wartest du dann noch? Verzieh dich wieder zurück in das dreckige Dorf, aus dem du gekommen bist."
Ein Stoß in die Rippen von der Seite reichte aus, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Mit einer blitzschnellen Bewegung rammte Tygran dem Spieler neben ihm die Handkante in den Hals, sodass er sofort zu Boden sank.
Es verging keine Sekunde und der Rest des Teams stürzte sich auf Tygran. Das war der Moment in dem Dani hervorsprang, seine Sporttasche beiseite schleuderte und sich auf den nächstbesten Kerl warf. Schreie und Gebrüll erfüllten die Luft, doch trotz der Überzahl ließ Tygran sich scheinbar nicht so einfach ins Bockshorn jagen.
Komplett in Rage verfallen holte er aus und schlug Mark mit einem Kinnhaken zu Boden, bevor er sich den anderen widmete. Die paar Schläge, die er einsteckte, schienen ihm nicht mal etwas auszumachen. Dafür trat und schlug Tygran gezielt auf die Schwachstellen seiner Gegner. Dani sah sogar aus dem Augenwinkel, wie er einen Typen einfach hochhob und wegschleuderte als wäge er nichts.
Dani hatte zwar nie Nahkampf trainiert, aber zu einer guten Prügelei sagte er auch nicht nein. Er hatte gerade einen ziemlich heftigen Schlag in die Magengrube von Jens einstecken müssen, aber keinen Moment später landete Dani einen gekonnten Treffer direkt in sein Gesicht.
Zu spät bemerkte er jedoch, dass scheinbar das ganze Team von Tygran aus dem Verkehr gezogen wurde. Bevor er sich ihm zuwenden konnte, spürte Dani bereits dessen große Hand in seinem Nacken, die ihn hochriss.
"Hey, Tygran, nicht! Ich bin's!", hustete er und der Russe ließ ihn augenblicklich los.
"Dani...?" Er blinzelte ihn erschrocken an, doch seine Raserei schien noch nicht verflogen, als er sich zusammenkrümmte und ein paar Schritte zurück machte.
"Psychopath...", zischte Mark, der mit schmerzerfülltem Gesicht auf dem Boden lag und sich stöhnend aufrappelte. Der Rest des Teams begann ebenfalls schnellstmöglichst abzuhauen, mit Training würde das heute wohl eh nichts mehr werden.
"Tygran..." Dani näherte sich ihm vorsichtig, nachdem die anderen geflohen waren, doch Tygran wich weiter zurück. Er atmete schwer, doch nicht vor Anstrengung wie es schien, sondern vor Wut. Seine Augen glühten förmlich und sein ganzer Körper zitterte vor Anspannung.
"Ganz ruhig...", murmelte Dani langsam. Keine hektischen Bewegungen, wie seine Mutter gesagt hatte.
"Bleib weg!", zischte Tygran und entfernte sich weiter von Dani, bis er kurz vor der Wand stand.
"Hey, es ist alles gut. Gib mir einfach deine Hand."
"Nein! Hör auf damit, Dani! Hör einfach auf damit!!"
"Tygran, gib mir einfach deine Hand..."
"Hör auf!!" Mit einem lauten Schrei rammte Tygran seine Faust so heftig in die geziegelte Wand, dass Dani das Brechen mehrerer Knochen hören konnte. Tygran keuchte erschrocken auf, als er auf seine blutende Hand blickte, die Haut, die an seinen Knöcheln aufgerissen war. Es musste höllisch weh tun, doch er schrie weder, noch weinte er. Stattdessen sah er Dani an, sein Gesicht schmerzverzerrt.
"Bitte geh einfach..." Jetzt wo er seine ganze Energie aufgebraucht hatte, klang er erschöpft, als er sich gegen die Wand lehnte.
"Nein, wir müssen einen Arzt anrufen! Du hast dir gerade die Hand gebrochen!!", protestierte Dani aufgebracht, doch Tygran schüttelte den Kopf.
"Nein, es ist meine Schuld."
Erkennend, dass Dani nicht gehen würde, begann Tygran einfach in die entgegengesetzte Richtung zu schlurfen.
"Tygran!"
Dani holte ihn ein und egal was jetzt passieren würde, er schlang seine Arme um ihn und versuchte ihn sanft zurückzuhalten. Tygran erstarrte augenblicklich, was Dani einen Moment Zeit gab mit seinen Händen Tygrans Brustkorb zu umschließen und sich an ihn zu drücken.
"Du weißt doch gar nicht, wie viel du mir bedeutest", flüsterte er mit gebrochener Stimme und legte seinen Kopf in Tygrans Nacken.
"Es geht nicht, Dani", erwiderte er heiser, nachdem er sich aus seiner Starre gelöst hatte.
"Am Ende tut es immer weh..."
Tygran löste sich von ihm, ohne ihn anzublicken und Dani wusste, dass er ihn nicht aufhalten konnte. Und er war über sich selbst überrascht. Verwirrt... Über das was er fühlte.
Was empfand er für Tygran? Er wollte ihn umarmen, er wollte sich an ihn schmiegen und auf ihn aufpassen, ihm sagen, dass alles gut werden würde. Zu Hause hätte er ihn mit seiner Decke zugedeckt, er hätte ihm etwas zu Essen gemacht, seine Hand versorgt und sich um ihn gekümmert. Und dann... Dann hätte er ihn geküsst. Sanft und vorsichtig, wie es eigentlich gar nicht zu ihm passte. Bei der Vorstellung fing Danis Magen an zu Kribbeln.
Was war das bloß für ein Gefühl...? Er kannte es nicht, doch auf einmal hatte er auch nichts mehr dagegen sich darauf einzulassen. Er wollte Tygran zurückgewinnen, und das nicht nur aus dem Grund der Freundschaft. Es war... etwas anderes. Und Dani wusste, er würde es nicht länger leugnen können. Aber das war ihm im Moment völlig egal, denn alles was zählte war Tygran.
Alles in Danis Leben drehte sich auf einmal um Tygran und etwas sagte ihm, dass er sich wohl zum ersten Mal in seinem Leben verliebt hatte. Und das Hals über Kopf in einen 2,10 Meter großen Russen, der seine Hilfe brauchte. Und Liebe.
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