17. Türchen
by: Tauperle
Laute Weihnachtsmusik dröhnt in Louis' Ohren, sein Blick starr auf die bunt blinkende Lichterkette gerichtet. Sie ziert den pompösen Weihnachtsbaum, gepaart mit unzähligen Christbaumkugeln, Strohsternen und - Lametta. Louis hasst Lametta. Diese bunten Plastikspaghetti zerstören jeden Weihnachtsbaum. Sein Blick wandert umher, gleiten über das überladene Buffet bis hin zum lodernden Kamin, an dem rote Socken angebracht sind. Zudem steht in jeder Ecke, auf jedem Regal und auf jeder noch so kleinsten Fläche irgendeine Weihnachtsfigur. Ja, Niall liebt Weihnachten. Hat er schon immer und das wird sich vermutlich niemals ändern.
Es ist nicht so, dass Louis Weihnachten doof findet. Nein, im Gegenteil. Er mag Weihnachten, sehr sogar. Nur mag er nicht diese völlig überladene Deko. Er mag es lieber schlicht, weniger bunt. Aber gut, er muss zum Glück nicht mit Niall in einem Haus wohnen. Nicht mehr. Dieses Privileg pflegt mittlerweile einzig und alleine Liam.
Louis' Blickt bleibt bei seinem ehemaligen Bandkollegen hängen. Liebevoll hat dieser seinen Arm um Niall gelegt, unterhält sich mit einem Freund und scheint sich nicht im Geringsten von dieser lauten Musik gestört zu fühlen. Aber selbst wenn es so wäre, würde er es niemals zugeben. Niall zuliebe. Leise seufzt der Braunhaarige auf und schnappt sich ein Glas Eierpunsch. An Tagen wie diesen erinnert er sich gezwungenermaßen an seine Vergangenheit zurück. An glücklichere Tage. Nicht, dass er jetzt nicht auch glücklich wäre - aber es ist anders.
„Hey, Dickhead!" Erschrocken zuckt der Braunhaarige zusammen und beginnt im nächsten Moment anzugrinsen.
„Das glaube ich jetzt nicht". Kopfschüttelnd breitet Louis seine Arme aus und schließt einen weiteren, ehemaligen Bandkollegen in seine Arme. Viel zu lange ist es her, dass die beiden sich gesehen haben.
„Ich kann nicht glauben, dass du wirklich hier bist", kommt es lachend und überglücklich aus Louis' Mund, ehe er sich von Zayn löst und diesen breit grinsend in die Augen sieht. Die vergangenen Jahre hat der Schwarzhaarige sich immer vor der jährlichen After-Christmas-Party von Niall gedrückt. Was die ersten Jahre vielleicht an Louis selbst lag, da die beiden Freunde viele Jahre kein Wort mehr miteinander gesprochen haben, doch seit drei Jahren sind sie wieder vereint. Sie haben sich ausgesprochen und sind erneut ein Herz und eine Seele, wenn es der Zeitplan zulässt.
Die beiden Freunde beginnen eine angeregte Unterhaltung, tauschen sich über die Neuigkeiten in ihrem Leben aus und bekommen schon sehr bald Besuch von Liam und Niall, die den Schwarzhaarigen ebenfalls entdeckt haben und begrüßen.
„Dann fehlt ja jetzt nur noch einer", lacht Niall und sieht durch das große Wohnzimmer, wo sich bereits an die zwanzig Menschen tummeln. Sofort verkrampft Louis sich und sieht Niall mit wachsamen Augen an. Der Ire bemerkt den Blick natürlich sofort und löst sich aus Liams Armen. Er kommt einen Schritt auf Louis zu, legt diesem einen Arm um die Schulter und zieht ihn etwas zur Seite.
„Ich dachte ihr seid okay miteinander?", will der mittlerweile Braunhaarige wissen und mustert seinen Kumpel nachdenklich. Sofort nickt Louis eifrig. „Ja!...ja. Das sind wir".
Niall zieht skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. Eine Geste, für die Louis ihn heimlich beneidet. Er kann das nicht.
„Louis". Mahnend sieht Niall seinen Freund an, doch dieser starrt lieber auf einen Punkt am Boden.
Man sollte meinen, dass man nach fünf Jahren über seinen Ex hinweg ist. Aber so einfach ist das eben nicht. Nicht, wenn man sich andauernd über den Weg läuft und daran erinnert wird, wie beschissen ein Leben ohne seine große Liebe ist.
Und sie wollten sich ja auch eigentlich nicht trennen. Sie hatten es nie vorgehabt und doch ist es vor fünf Jahren dazu gekommen. Es war im Effekt. Ein heftiger Streit und dann führte eines zum anderen und am Ende hatte das Paar beschlossen, dass es vielleicht doch eine kluge Entscheidung ist, getrennte Wege zu gehen.
Die Zeit in der Band war schon hart für das verliebte Paar, doch die Zeit nach der Band war um einiges schlimmer.
Sie hatten wenig Zeit, sahen sich durch die ganzen Projekte nur selten und wenn sie sich sahen, wurde heftig gestritten.
Es war keine schöne Zeit und da schien die Trennung der einzige Ausweg zu sein.
Doch insgeheim leidet Louis noch immer darunter. Er vermisst seinen Lockenkopf. Schrecklich sogar.
„Ist schon okay, Niall", lügt Louis und versucht zu lächeln. Immerhin reden Harry und Louis ja miteinander. Ab und an mal. Also sind sie ja irgendwie okay damit. Mit der ganzen Situation.
Aber auch nur irgendwie. Es ist jedes Mal seltsam zwischen ihnen.
Die Party ist zwei Stunden später im vollen Gange.
Mittlerweile sind alle etwas beduselt von dem Eierpunsch, viele singen die Weihnachtslieder mit und Louis hört sich Geschichten über Zayns Tochter an, die gerade beginnt, ihre ersten Schritte zu machen. Doch plötzlich ändert sich etwas im Raum.
Irgendetwas erweckt Louis' Aufmerksamkeit und als er seinen Blick hebt,
begegnet er den grünen Augen, die sein Herz noch immer schneller zum Schlagen bringen.
Immer noch.
Die beiden Männer starren sich einen Moment an, ehe Liam ins Sichtfeld von Louis tritt und diesem somit den Blick auf Harry versperrt. Der Braunhaarige begrüßt den Lockenkopf mit einer innigen Umarmung, ehe Harry von Liam weggezerrt wird und komplett aus Louis' Blickwinkel verschwindet.
„Heilige Scheiße".
Louis sieht zu Zayn, der seinen Kumpel grinsend ansieht. „Na, wenn das mal kein Augensex war, dann weiß ich auch nicht."
„Spinnt nicht rum", brummt der Wuschelkopf, verdreht seine Augen, kann die Gänsehaut auf seinem Körper allerdings nicht verbergen. Solche Dinge sind es, die es für Louis so unheimlich schwer machen.
Immer, wirklich immer, wenn Harry und Louis aufeinander treffen sind da diese Blicke. Blicke, die tief in die Seele gehen, die Zeit stehen lassen und einem den Atem rauben.
Und in diesen Momenten will Louis sich einfach nur an den Hals des Lockenkopfes schmeißen und die Zeit zurückdrehen.
„Habt ihr eigentlich nach dem besagten Abend noch einmal miteinander gesprochen?", möchte Zayn wissen und bekommt sofort einen panischen Blick von Louis, gefolgt von einem schnellen Blick durch den Raum.
„Schrei doch noch lauter", motzt der Wuschelkopf und geht sicher, dass ihnen niemand zuhört. Er hat es Zayn im Vertrauen gesagt, niemand soll davon erfahren.
„Und hört keiner zu, bleib mal locker".
Nun ist es Zayn, der seine Augen verdreht und sich ein Bier öffnet. Er hat genug vom Eierpunsch.
Frustriert atmet Louis aus, ehe er sich ebenfalls ein Bier öffnet und dann etwas näher an Zayn rutscht, damit auch wirklich niemand zuhört.
„Also?". - „Nein."
Ungewollt muss Louis an den besagten Abend zurückdenken. Ein besagter Abend, der erst drei Monate her ist.
Es war auf einer Party. Louis wusste nicht, dass Harry auch eingeladen war. Umso größer war also seine Überraschung, als der Lockenkopf auf einmal vor ihm stand.
Natürlich haben sie sich kurz unterhalten. Etwas Smalltalk gehalten, ehe es zu seltsam wurde und die beiden sich in unterschiedliche Richtungen unter die Menschen mischten.
Louis hatte sich recht schnell abgeschossen. Er ertrug es einfach nicht so lange mit Harry in einem Raum und der Lockenkopf hatte anscheinend den gleichen Gedanken, zumindest war dieser nach kurzer Zeit genau so betrunken wie sein Ex. Und dann - ja dann hatte Louis einen verdammten Filmriss und kann sich eigentlich nur noch daran erinnern, wie er am nächsten Morgen neben Harry aufgewacht ist. Nackt und mit Spuren auf seinem Körper, die nicht verheimlichen konnten, was zwischen den beiden vorgefallen war. Als Louis dann aus der Dusche gekommen ist, war Harry allerdings verschwunden und seitdem haben die beiden sich nicht mehr gesehen, geschweige denn miteinander gesprochen.
„Ihr solltet darüber reden".
Der Wuschelkopf lacht auf und schüttelt seinen Kopf. „Worüber denn? Ich kann mich ja nicht mal daran erinnern."
Auch, wenn er es gerne würde.
Eine weitere Stunde vergeht und Louis steigt auf Wasser um. Er muss morgen zu einem Termin und kann nicht schon wieder betrunken dort auftauchen.
Zayn aus den Augen verloren steht der Wuschelkopf also etwas planlos in der Gegend herum, beobachtet die Menschen im Raum und merkt nicht, wie sich jemand neben ihn stellt. Erst als dieser jemand sich räuspert, erschrickt Louis und neigt seinen Kopf, erkennt Harry und will am liebsten wegrennen.
Doch er bleibt stehen. Er ist ja kein Feigling. „Ganz schön voll hier".
Louis nickt. Er weiß nicht, was er sagen soll. Harry verschlägt ihm die Sprache. Zayn taucht in Louis' Blickfeld auf. Hinten in der Ecke, neben Niall. Die beiden sehen Harry und Louis an. Beobachten sie und Louis ist sich sicher, dass sie auch gerade über die beiden reden.
„Ich... ich wollte noch einmal mit dir reden", beginnt Harry dann leise und hat wieder komplett die Aufmerksamkeit von Louis. Unsicher sieht er seinen Ex- Freund an, welcher sich kurz räuspert und dann sein Gewicht verlagert, sodass er sich mit der Schulter gegen die Türzarge lehnen kann. „Ich wollte nicht so einfach abhauen, aber...ich hatte einen Termin und...also ich wusste nicht, wie du...ob du-", Harry bricht ab und schüttelt seinen Kopf. Er ist ein Feigling.
Louis hingegen spielt es herunter. Er lächelt matt und zuckt mit den Schultern. „Schon okay."
„Hmmm. Okay."
Harry ist sich unsicher. Ist er immer, sobald Louis in seiner Nähe ist.
„Na, schaut mal an!", ertönt es auf einmal laut von Niall, der wie aus dem Nichts vor den beiden erscheint.
„Ach, guck!", erklingt nun auch die Stimme von Liam, welcher neben Niall auftaucht, gefolgt von Zayn, der hingegen einfach nur vor sich hin grinst. „Was?"
Louis schnallt es nicht. Nur weil er und Harry hier nebeneinander stehen und reden?
„Ihr müsst euch küssen".
Die beiden Männer reißen synchron ihre Augen auf und starren den Iren vollkommen baff an.
Küssen? Was?
„Mistelzweig."
Grinsend deutet Zayn nach oben und als Harry und Louis ihre Köpfe in den Nacken legen, sehen sie ihn. Direkt über ihren Köpfen. „Na, los. Solche Traditionen darf man nicht missachten. Oder wollt ihr Pech haben?"
Louis wird Niall umbringen.
„Pech brauche ich wirklich nicht", brummt Harry und sieht unsicher zu Louis, welcher geschockt seine Luft angehalten hat. Zieht er das wirklich in Erwägung? Ist ihm da bewusst, was er damit in Louis anrichtet?
Und wäre das nicht alles schon schlimm genug, merkt der Wuschelkopf auf einmal, wie jemand eine Hand gegen seinen Hinterkopf legt und im nächsten Moment wird sein Kopf nach vorne gedrückt und seine Nase landet unsanft in Harrys Gesicht. Lautes Lachen erklingt, doch das blendet Louis aus, als er Harrys Hände auf seinen Wangen merkt.
Diese und Harrys Lippen, die einen sanften Kuss ausüben. Einen Kuss, der Louis vollends den Verstand raubt.
Als sich ihre Lippen dann voneinander lösen, fühlt sich Louis wie in einer Trance. Alles scheint unwahr und auch kann er Niall, Liam und Zayn nicht mehr sehen.
„Wir sollten noch einmal reden, Lou. Über alles...über uns."
Louis' Herz überschlägt sich bei diesen Worten beinahe und sofort nickt er. „Jetzt?"
Harry schmunzelt und schüttelt seinen Kopf. Erneut umfasst er das Gesicht des Wuschelkopfes und raubt diesem mit seinem Blick erneut den Atem.
„Wir sollten komplett nüchtern sein und...und vielleicht unter uns. Ohne lästige Parasiten, die einen belauschen."
„Ey! Selber Parasit." Niall wirft ein Kissen nach Harry, doch dieser weicht aus und sieht stattdessen wieder zu Louis.
„Ich kann morgen Abend zu dir kommen?"
Erneut nickt Louis und bekommt gerade noch ein leises „Sehr gerne.", heraus, bevor sein Herz erneut einen Hopser macht.
Sie sind doch noch nicht gescheitert. Es gibt eine Chance.
Und diese Chance ergreifen die beiden Männer.
Es dauert keinen Monat, bis Harry und Louis wieder zu dem Powerpaar werden, welches sie früher waren.
Und wenn die beiden nach weiteren vier Wochen beschließen, dass sie ab nun zusammenwohnen wollen, ihre Zukunft eifrig planen und schon einen Termin
für ihr öffentliches Coming-out haben, dann ist das ganz alleine ihre Sache.
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