14. Türchen
by: RockTheWorld754
Flying Home for Christmas
Los Angeles, 14. Dezember 2019
Weihnachtszeit. Wie Louis sie doch liebt. Eingemummelt in einen dicken Pullover und eine Kuscheldecke Weihnachtsfilme anschauen, die man schon zu oft gesehen hat, während eine Tasse voll heißer Schokolade die Finger wärmt. Zusammen mit Freunden über den Weihnachtsmarkt schlendern, Dinge kaufen, die man nicht braucht und zu viel Glühwein trinken. Und, Louis neuste Lieblingsbeschäftigung, zusammen mit seinen Kindern und seinem Mann Harry Weihnachtsplätzchen backen, während der erste Schnee vor den Fenstern auf den Boden fällt und das Gras des kleinen Gartens, in den sein Mann im Sommer im so viel Arbeit steckt, weiß färbt.
Dieses Jahr allerdings scheinen all diese Dinge fern ab der Realität zu sein. Anstatt heute, am 14. Dezember, mit seinem vierjährigen Sohn Johnny und seiner zweijährigen Tochter Leanna ein Türchen des Adventskalenders zu öffnen, während sich Harrys Arme von hinten um ihn schlingen, sitzt er in einem Hotelzimmer in Los Angeles und sieht auf die geschäftige Straße hinab. Das Wetter hier hat rein gar nichts mit Weinachten zu tun und für Louis, als eingefleischten Briten, gibt es nichts schlimmeres als strahlenden Sonnenschein im Dezember. Wenn es Winter ist, dann muss es kalt sein. Es ist eine Qual, dass er nicht in seine dicken Mäntel schlüpfen kann, die ihn warmhalten, sondern er in Jeans und T-Shirt schwitzen muss, während in England schon der erste Schnee fällt. Aber leider kann er es nicht ändern, sein Chef hat ihn nun einmal nach LA geschickt, um einen Kollegen einer Tochterfirma zu kompensieren, der vor Weihnachten noch krank geworden ist. Wieso nicht ein anderer Kollege fahren konnte, vorzugsweise einer, der keine Familie hat, ist Louis nicht wirklich klar, aber was soll er tun? Seine Arbeit vernachlässigen und eine Kündigung riskieren, um zurück nach Manchester zu fliegen, wo er normalerweise als Songwriter arbeitet, ist nicht wirklich eine Option. So gerne er auch zurück nach Hause will, in sein kleines Cottage in einem Vorort von Manchester, um mit Harry und den Kindern dir Vorweihnachtszeit zu genießen, muss er seinen Job beenden und hoffen, dass er pünktlich zu Weihnachten wieder zuhause ist.
„Louis? Wir müssen los", ruft sein Arbeitskollege und bester Freund Niall von außerhalb seines Hotelzimmers. Louis steht auf, greift alle Unterlagen, sein Handy und die Zimmerkarte und trifft Niall vor der Tür. Immerhin hat er den. Niall arbeitet mit ihm in Manchester, seit der Ire vor gut fünf Jahren die Firma in Irland verlassen hat, um nach England zu kommen. Seitdem sind die beiden die besten Freunde und Niall ist der Patenonkel von Johnny.
„Komme ja schon", murmelt er und kann dabei nicht verhindern, dass seine Laune mit jeder Sekunde schlechter wird. Niall weiß natürlich wieso Louis momentan nicht der am besten gelaunteste Mann auf der Welt ist und kommentiert die Laune seines besten Freundes nicht weiter. Zusammen nehmen sie den Fahrstuhl in die Lobby und von dort aus ein Taxi bis zur Firma.
Die ersten Stunden der Session vergehen nur langsam und Louis ist froh, dass um 11 Uhr endlich Pause ist. Er entfernt sich aus dem Raum und ruft Harry an. Dieser müsste gerade dabei sein die Kinder ins Bett zu bringen, also könnte es sogar sein, dass Louis noch kurz mit den beiden sprechen kann. Harry nimmt nach dem ersten Tuten ab und das erste was Louis hören kann sind die lauten Stimmen seiner kleinen Engel. Sofort geht es ihm besser und er kann sich endlich entspannen. Selbst das Geräusch von Zuhause schafft es, dass er sich nicht mehr ganz so gestresst und allein fühlt.
„Hallo, mein Liebling", sagt Louis und dabei kann er förmlich sehen, dass Harry am anderen Ende der Leitung lächelt.
„Hallo, Sunshine", sagte er und Louis muss ebenfalls lächeln. „Wie ist dein Tag?", fragt er und Louis schüttelt nur den Kopf. Als ob Harry durch sein Handy sehen könnte, fragt er: „So schlimm?" Louis kann nur zustimmen. „Aber egal", winkt er ab. „Wie sieht es bei euch aus?" Harry lacht gezwungen. „Heute ist es mal wieder schwer sie ins Bett zu bekommen. Wenn du willst, kannst du dein Glück versuchen", meint er und Louis stimmt zu. Schnell hat er seine kleine Tochter am Hörer, die zwar nur gebrochen spricht, aber sich sehr zu freuen scheint.
„Hallo, meine Kleine", begrüßt er sie und er kann sie lachen hören. „Daddy!", freut sie sich. „Papa sagt ich schlafen", jammert sie und Louis muss lächeln. Er liebt sie so sehr. „Da hat Papa Recht, mein Schatz. Du willst doch Morgen wach sein, um deine Freunde zu sehen, oder nicht? Und du musst deinen Kalender aufmachen", versucht er sie zum Schlafen zu animieren. Einen Moment ist es still, als müsste sie sehr ausgiebig darüber nachdenken, dann sagt sie: „Stimmt. Nacht Daddy!" Er lacht. „Gute Nacht, meine Kleine. Ich hab dich sehr lieb!"
„Lieb dich, Daddy", sagt sie und dann ist es einen Moment still, ehe Harry wieder das Handy in der Hand hat. „Danke, Sun. Sie hat sich endlich hingelegt", meint er und Louis nickt. „Soll ich es bei Johnny versuchen, während du liest?" Harry bejaht und kurz darauf hat Louis seinen Sohn am Hörer. „Hallo Daddy", freut er sich. „Hallo Großer. Wie war dein Tag?"
Louis' Hoffnung, dass er beginnt zu erzählen und dadurch müde wird geht auf, denn nachdem er ihm vom Inhalt seines Kalenders und dem Tag im Kindergarten erzählt hat, wo sie heute kleine Weihnachtsmänner gebastelt haben, schläft er schließlich vor Erschöpfung ein. Während er darauf warten, dass Harry sich sein Handy nimmt, hört er seinem Sohn beim leisen Atmen zu.
„Danke, Sunshine", sagt Harry als er nach fünf Minuten sein Handy in Johnnys Zimmer abholt. „Kein Problem. Du, ich muss wieder los. Schreib mir, wenn du schlafen gehst, damit ich dich nicht wecke, okay?"
„Okay. Ich liebe dich!"
„Ich liebe dich auch!"
Dann ist es still und er steckt sein Handy in die Hosentasche, während er wieder nach oben geht, um Niall und den Newcomer-Artist im Konferenzraum zu treffen. Sowohl der hiesige Manager der Firma, Mr Greene, als auch der Sänger sind so dermaßen unsympathisch, dass Louis ihnen am liebsten auf den Hinterkopf schlagen würde, um sie zu Vernunft zu bekommen. Die Vorstellungen, die beide von der Zusammenarbeit haben, sind so utopisch, dass weder Louis noch Niall vor Neujahr wieder in England sein könnten. Und darauf hat Louis mal so gar keine Lust.
*****
Dieser Tag vergeht nur schleppend, so wie die nächsten vier Arbeitstage und als es dann endlich Samstag ist, würde Louis am liebsten das Handtuch werfen und den nächsten Flug nach Manchester nehmen. Die Leute hier in LA machen ihn wahnsinnig. Wieso sind Amerikaner so seltsam? Alles ist nur Quantität, niemand setzt auf Qualität und auf die kommt es bei Liedern eben an. Nein, Louis und Niall können nicht innerhalb von einer Woche ein Studioalbum schreiben und von einer Band vertonen lassen. Kunst braucht Zeit, und für Louis ist die Musik eine Kunst. Louis schwört sich, wenn er am 24. Dezember nicht zuhause ist, dann nimmt er das ganze Büro auseinander.
Das Einzige, was ihn dazu bringt weiterzumachen, sind die täglichen Anrufe von Harry und die Nachrichten, die er im Laufe von Harrys Tag immer bekommt. Kleine Texte, die ihm mitteilen was zuhause passiert. Louis liebt Harry so sehr und er würde ihm an liebsten noch einmal heiraten, um ihm zu danken, dass er ihn am Familienleben teilhaben lässt, obwohl er 8550km von Zuhause entfernt ist. Aber trotzdem ist es nicht dasselbe seine Kinder nur noch auf Bildern zu sehen, anstatt Live dabei zu sein, wenn Johnny seiner Schwester zeigt, wie man einen Schneemann baut. Abgesehen davon macht ihn das Wetter immer noch wahnsinnig, uns er ist das erste Mal neidisch auf seine Kinder, die im Schnee spielen können, während er wegen des warmen Windes schwitzt.
*****
Als am 23. Dezember der Flug nachhause noch immer in weiter Ferne lag, hält Louis es nicht mehr aus. Bereits am Vortag hat er Harry gestanden, dass es vielleicht knapp werden wird und dass er es vermutlich nicht, bis Weinachten nach Hause schaffen wird. Harry hat es natürlich mit viel Verständnis aufgenommen, obwohl Louis natürlich genau weiß, dass die Aussicht auf Weihnachten ohne ihn alles andere als Harrys Traumvorstellung ist. Und es geht Louis gehörig auf die Nerven. Der Manager des hiesigen Unternehmens, Terry Greene, ist schlicht und ergreifend ein Arschloch und hat keine Ahnung von dem was er da von seinen „Mitarbeitern auf Zeit" verlangt. Und es reicht Louis wirklich.
„Louis, mach's nicht. Ehrlich, das kann nur schief gehen", versucht Niall seinen besten Freund zur Vernunft zu bringen, aber diese will nichts von dem hören, was der Ire zu sagen hat. Er hat genug und er wird sich dieses Arschloch vorknöpfen. Und wenn es ihn seinen Job kosten wird. „Sorry, Niall. Aber es reicht, und ich lasse es nicht auf mir sitzen, wie dieser Arsch uns hier alle behandelt", meint er nur und verschwindet auf dem Hotelzimmer, um sich ein Taxi zu suchen. Eine gute halbe Stunde später verlässt er es wieder und macht sich im Gebäude der Firma auf den Weg ins Büro von Mr Greene. Ohne auf die Rufe der Assistentin zu achten, platzt er in den Raum und kann dabei zusehen, wie Mr Greene, der an seinem enormen Schreibtisch sitzt, verwirrt den Kopf hebt.
„Mr Tomlinson, wie schön Sie zu sehen. Was kann ich für Sie tun? Ich erinnere mich nicht einen Termin mit Ihnen gemacht zu haben", meint der schmierige Typ und kommt dabei um seinen Schreibtisch herum. Louis kann sofort den unangenehm starken Geruch des Parfüms vernehmen, das dieser ekelhafte Mann immer in Mengen aufzutragen scheint und ihm wird schlecht. Aber der Mut, den er in der letzten Stunde gefasst hat, verlässt ihn auch jetzt nicht.
„Ich muss mal mit Ihnen sprechen", fordert Louis und verschränkt die Arme abwehrend vor der Brust. Mr Greene zieht die Augenbrauen nach oben, nickt aber und zeigt Louis somit auf, dass er fortfahren kann. „Ich weiß nicht, ob Sie eine Familie haben, oder Kinder, Mr Greene, aber ich habe beides. Und ich habe meinem Mann und meinen beiden kleinen Kindern versprochen, dass ich zu Weihnachten wieder bei ihnen in Manchester sein werde und ich gedenke mich an dieses Versprechen zu halten. Ich habe in der letzten Zeit bereits festgestellt, dass sie nicht nur keine Ahnung von Musik und dessen Entstehung haben, sondern, dass sie zusätzlich ein enormes Arschloch sind, dass sich nicht im Geringsten für das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter interessiert. Musik, Mr Greene, und vor allem die Kunst Musik zu machen, lässt sich nicht erzwingen. Und es wird Monate dauern, bis ein komplettes Studioalbum fertig sein wird. Und das ist nicht die Aufgabe von mir oder Mr. Horan. Wir kompensieren einen Ihrer Mitarbeiter, bis dieser wieder da ist. Wenn Ihnen seine Arbeit weniger gefällt als unsere, dann ist das nicht unser Problem, und wir werden trotzdem bis Weihnachten in England sein, wie ihr Cf es uns versprochen hat. Sonst werde ich dem mal etwas über Sie erzählen und dann sind sie die längste Zeit der Manager gewesen."
Louis hat nicht wirklich vorgehabt, sich so in Rage zu reden, aber die selbstgefällige Visage seines Gegenübers macht ihn leicht aggressiv. Und als Mr Greene dann auch noch anfängt zu lachen, war es endgültig um Louis Selbstbeherrschung geschehen und er kann sich nur mit Mühe davon abhalten, ihm ins Gesicht zu schlagen.
„Mr Tomlinson, das ist alles wirklich interessant. Aber es interessiert mich nicht. Sie bleiben so lange hier, bis ich zufrieden bin und wenn es bis ins neue Jahr dauert, dann ist das allein Ihre Schuld, weil Sie zu langsam schreiben. Es ist mir ganz egal, wie gut dieses Album wird, es soll nur eins geben. Und dann können Sie gerne zurück nach England zu Ihrer kleinen, ekelhaften Familie. Es ist mir-", Louis lässt den Mann nicht ausreden.
„Ekelhafte Familie? Ekelhaft? Hören Sie mir mal zu, sie homophobes Arschgesicht. Sie können mir mal meinen Allerwertesten lecken und ich lasse mir sicher nicht von Ihnen sagen, wo ich wann zu sein habe. Sie bestimmen nicht über mich und Sie können sich darauf einstellen, dass ich nach den Weihnachtsfeiertagen sicherlich nicht mehr hier sein werde. Und nun haben sie noch einen wunderschönen Tag, Sie Wichser."
Damit verlässt er das Büro, nicht, ohne dem Mann den Mittelfinger zu zeigen und die Tür hinter sich knallen zu lassen. Bevor Mr Greene ihm die Security auf den Hals hetzten kann war er verschwunden. Musste er also nur noch einen Flug nach Manchester finden.
Manchester, 23. Dezember 2019
Harry hat gerade seine Kinder ins Bett gebracht, als er einen Anruf von Louis bekommt. Dieser klingt abgehetzt und erklärt ihm knapp, dass er vermutlich seinen Job verlieren wird, aber er alles daran setzten wird, spätestens am 25. Dezember wieder Zuhause zu sein. Harry kann, so perplex wie er ist, nicht wirklich etwas erwidern, also stimmt er nur zu und beginnt im Internet nach einem Flug zu suchen, während Louis am anderen Ende der Leitung seine Sachen packt.
Es dauerte nicht lange, da hat er einen relativ teuren Last-Minute-Flug nach Manchester gefunden, der allerdings mit drei Zwischenstopps in Washington D.C., New York und London eine wirkliche Tortur wird. Trotzdem bucht er seinem Ehemann ein Ticket und während Louis sich am anderen Ende der Welt auf den Weg zum Flughafen macht, beginnt er die Weihnachtsgeschenke für die Kinder einzupacken. Im Hintergrund lässt er leise das Radio laufen, aus dem fröhliche Weihnachtsmusik dudelt.
Als er fertig ist verstaute er die Geschenke im Wohnzimmerschrank – auf einer Höhe, die seine kleinen Kinder nicht erreichen können – und macht sich dann daran, das Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk für Louis einzupacken. Anders als seine Kinder, die sich Spielsachen gewünscht haben, hat sich Louis, mal wieder, nicht zu seinen Wünschen geäußert. Er sagt immer, dass sein Leben wie es war, ihm als Geschenk reichen würde, was zwar sehr süß ist, es Harry aber nicht leicht macht, etwas für seinen Ehemann zu finden. Zwar kennt Harry ihn besser als sich selbst, doch wirklich viele Interessen, zu denen man Geschenke kaufen könnte, hat Louis nicht. Und da Harry nicht erneut ein Fußballtrikot kaufen wollte, hat er die Zeit ohne Louis genutzt, um diverse Bilder einzuscannen und ein Fotoalbum zu erstellen. Von Bildern aus Louis' Kindheit, Pärchenbildern von ihnen beiden, aus allen Jahren, die sie sich kannten, Hochzeitsfotos und Bildern der Kinder, war alles dabei und Harry hoffte, dass Louis sich freuen würde. Zu Weihnachten bekommt Louis dann etwas weniger Aufwendiges, aber nicht minder romantisches. Harry hat seinem Ehemann bei einem Juwelier eine Kette anfertigen lassen, die einen Anhänger mit all ihren Initialen hat.
Gerade als er auch diese Geschenke im Schrank verstauen will, unterbricht der Radiomoderator die Musik und beginnt zu sprechen.
„Eine kurze Eilmeldung. Soeben hat unser Wetterkorrespondent uns mitgeteilt, dass über dem Atlantischen Ozean ein starkes Schlechtwettergebiet mit Gewitter und starkem Sturm aufgezeichnet wurde. Die Flughäfen hier in England, als auch die aller Länder, die Flüge über das Gefahrengebiet anbieten, haben den Flugverkehr eingestellt. Die Flugzeuge, die bereits in der Luft sind, wurden gebeten schnellstmöglich zwischenzulanden. Hier ist Greg Bell, und Sie hören BBC Radio One."
Harry schaut auf die Uhr. Wenn er richtig gerechnet hat, dann müsste Louis eigentlich vor circa einer Stunde den Flughafen in New York verlassen haben und sich jetzt tatsächlich über dem Atlantischen Ozean befinden. Kurz ist Harry erleichtert, dass die Kinder bereits schlafen und er ihnen nicht sagen muss, dass Daddy vielleicht doch nicht zu Weihnachten nach Hause kommt, aber schnell ergreift ihn wieder die Sorge um seinen Ehemann. Hoffentlich konnte der Pilot irgendwo Notlanden. Vorzugsweise auf dem Festland und nicht auf dem offenen Meer. Bei der Fluggesellschaft anzurufen, würde nichts bringen, der Pilot hätte sich wohl kaum mit denen abgesprochen und so blieb Harry nichts anderes übrig als zu warten. Warten und hoffen. Gegen halb zwölf legte er sich ins Bett und versuchte einzuschlafen, aber keine Chance. Er konnte es nicht lassen, alle zehn Minuten auf sein Handy zu sehen, in der Hoffnung es gäbe Entwarnung oder eine Nachricht von Louis. Wenn er noch in New York wäre, dann hätte er sicher geschrieben, also muss er sich bereits im Flugzeug befinden.
Gegen halb drei gelingt es ihm dann doch einzuschlafen, wenn auch nur kurz, da um sechs Uhr bereits Johnny auf dem Bett herumhüpfte und über Hunger klagt. Also steht Harry gerädert, wie er war auf und bereitet seinem Sohn und seiner Tochter, die er vorher aus ihrem Bettchen gehoben und angezogen hat, ein paar Weihnachtspancakes – der einzige Unterschied zu normalen Pancakes ist die rote Farbe, die er in den Teig mischt – zu. Da heute, am 24. Dezember kein Kindergarten mehr stattfindet, spielt er den Morgen über mit den Kindern im Wohnzimmer und kann sich somit wenigstens ein bisschen von seinen Sorgen ablenken. Wenn nichts passiert wäre, dann hätte Louis längst in Manchester landen sollen und er wäre sicher schon zu Hause. Aber nichts. Auch nach dem Mittagessen und während des Nachmittags, den die kleine Familie im Garten verbringt, erreicht ihn kein Lebenszeichen von Louis. Und das macht Harry langsam wahnsinnig. Wenn sie zwischengelandet hätten, dann hätte Louis doch schreiben können, oder nicht?
Als am Abend noch immer noch kein Wort von Louis gekommen war, erklärt Harry den Kindern, dass ihr Daddy vermutlich nicht zur Bescherung da sein würde. Zwar würden Oma und Opa, als auch die restliche Familie trotzdem zum Weihnachtsmittagsessen kommen, aber die Aussicht, ohne Daddy zu sein, nehmen beide nicht sehr gut auf. Harry versteht sie nur zu gut und hält Leanna im Arm, als die Kleine anfängt leise zu weinen.
Als sich die Kleine irgendwann in den Schlaf geweint hat, legt auch Harry sich ins Bett und versucht erneut erfolglos einzuschlafen. Also geht er nach unten in die Küche und beginnt damit, das Essen für den morgigen Tag vorzubereiten. Er schält Kartoffeln, schnippelt Karotten klein und wäscht den Salat. Dann kocht er das Rotkraut auf, lässt es abkühlen und stellt es in den Kühlschrank. Das Reh, dass es Morgen geben soll, wird mariniert und bereits in den Kühlschrank verfrachtet, wonach Harry sich an den Nachtisch macht. Für die Erwachsenen bereitet er Tiramisu vor, während er für die Kinder kleine Schälchen mit pürierten Beeren und Sahnecréme schichtet. Die Arbeit macht ihn langsam aber sicher müde und er setzt sich an den Küchentisch, um sich nur einen Moment auszuruhen. Sobald er allerdings sitzt, überkommt ihm die angestaute Müdigkeit und er schläft auf der Stelle ein.
Johnny ist es, der ihm am nächsten Morgen entdeckt und wachrüttelt. „Papa? Wieso schläfst du in der Küche?", fragt er und verfrachtet sich selber auf Harrys Schoß. Harry lächelt und streicht seinem Sohn durch die wuscheligen Haare. Obwohl beide Kinder nicht biologisch ihre sind, sieht Johnny Louis sehr, sehr ähnlich und auch Leanna hat einige Merkmale, die Harry bereits an Louis liebt.
„Ich muss eingeschlafen sein, Buddy. Sollen wir was zum Frühstück machen?" Johnny, der eigentlich immer hungrig ist, nickt begeistert und hilft seinem Papa dann dabei den Teig für die Pancakes zu rühren. Irgendwann meldet sich Leanna von oben und während Harry seine Tochter holen geht, versucht sich Johnny an einer Bananenpampe, die Leanna gerne zum Frühstück isst. Harry lobt ihn als er wieder in der Küche ist und während die Pancakes sich goldbraun färben, füttert er seine Tochter mit dem Brei. Dann setzt er sich zu seinem Sohn und frühstückte ebenfalls die mit Schokolade verfeinerten Pancakes. Als alle fertig sind, dauerte es keine Minute, bis Johnny nach den Geschenken fragt. Harry, der natürlich noch keine Zeit gehabt hat, diese aus dem Schrank zu nehmen, vertröstet seinen Sohn darauf, dass er erst einmal nachsehen müsse, ob der Weihnachtsmann denn überhaupt da gewesen war. Während sich Harry also auf ins Wohnzimmer macht, die Beleuchtung des Weihnachtsbaumes anmacht, Geschenke verteilt und die Kerzen des Adventskranzes anzündet, bleiben die Kinder in der Küche. Als er mit allem fertig ist, klingelte es an der Tür.
„Ich gehe.", ruft Johnny und bevor Harry protestieren kann, ist sein Sohn an der Haustür und hat diese geöffnet. Harry, der verfrüht mit seiner Schwester gerechnet hat, fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als er seinen Ehemann im Türrahmen entdeckt.
„DADDY", ruft Johnny freudig und springt auf Louis' Arme. Dieser fängt seinen Sohn auf und wirbelt ihn einmal in der Luft. Schneller als Harry gucken kann hat sich auch Leanna aus ihrem Hochstuhl befreit, wie sie das alleine geschafft hat, ist ihm ein Rätsel, aber in diesem Moment ist es ihm auch egal. Holprig läuft seine Tochter zur Tür, wo Louis sie liebevoll hochnimmt und mit Küssen übersät.
„Ich habe euch so vermisst", flüstert er seinen Kindern zu und drückt die beiden an sich. Dann wendet er den Blick zu Harry, der noch nicht ganz glauben kann, dass Louis es tatsächlich geschafft hat.
„Und dich auch, mein Liebling", haucht er und setzt die Kinder am Boden ab. Instinktiv läuft Harry die letzten Schritte auf Louis zu und wirft sich dann in die Arme des Mannes, den er so sehr liebt. Nach einer langen Umarmung treffen dann auch endlich wieder Louis' Lippen auf Harrys und die Schmetterlinge in Harrys Bauch beginnen Purzelbäume zu schlagen. Es ist schließlich Johnny, der die beiden Männer aus ihrer kleinen Zuckerwattewelt reißt.
„Geschenke", verlangt der kleine Mann und bei diesem Wort wirkt auch Leanna noch begeisterter als sie ohnehin schon ist.
„Wir kommen ja, wir kommen ja", meint Harry und nimmt Louis' and in seine eigene. Es fühlt sich so gut an, nach so vielen Wochen endlich wieder Louis' Wärme neben ihm zu spüren. Bis eben war Harry nicht klar gewesen, wie sehr ihm der Körperkontakt mit seinem Ehemann überhaupt gefehlt hat. Natürlich wusste er, dass er seinen Louis vermisste, aber bis jetzt war im nicht aufgefallen, dass er dessen Nähe wortwörtlich zum Überleben brauchte.
Die kleine Familie versammelt sich schließlich im Wohnzimmer und nach und nach packen die Kinder ihre Geschenke aus. Harry sitzt dabei halb auf Louis' Schoß und genießt schlicht das wunderbare Gefühl, dass Louis wieder bei ihm ist.
„Ich habe auch was für dich", meint Harry dann und steht auf, um die beiden Geschenke für seinen Mann unter dem Baum hervorzuholen. Als erstes übergibt er ihm sein Geburtstagsgeschenk.
„Alles Gute nachträglich, mein Schatz", flüstert er und schmiegt sich an Louis' Seite, während er dabei zusieht, wie Louis das Geschenkpapier – extra keins mit Weihnachtsaufdruck, da Harry weiß, wie sehr Louis das an seinem Geburtstag hasst – entfernt und das Fotoalbum zum Vorschein kommt. Louis schlägt die erste Seite auf und seine Augen erhellen sich merklich. Zunächst blättert er grob durch das doch ziemlich dicke Buch und küsst dann Harry innig.
„Ich danke dir, Love. Das ist wirklich wunderbar", flüstert er an die Lippen seines Ehemannes und küsst ihn gleich darauf erneut. „Habe ich gerne gemacht", antwortet Harry und greift nach dem zweiten Geschenk, um Louis auch dieses zu übergeben. „Und frohe Weihnachten."
„Das wäre nicht nötig gewesen, Haz. Mit euch zusammen zu sein reicht mir als Geschenk", meint er, packt aber gleichzeitig das kleine Päckchen aus. „Ach, papperlapapp. Es ist Weihnachten und du bekommst ein Geschenk. Keine Diskussion", lacht Harry nur und sieht dann dabei zu, wie Louis die Kette aus der kleinen Schachtel holt. Sanft streicht er über die Initialen und lächelt dann breiter.
„Danke, Liebling", bedankt er sich erneut und bittet Harry dann, ihm die Kette umzulegen. Dann steht er auf und greift nach seinem Rucksack. Aus diesem zieht er einen dünnen Umschlag. Zwar ist es nicht originell, was daran liegen könnte, dass er es erst eben am Flughafen besorgt hat, aber vielleicht würde Harry sich ja trotzdem freuen. Er übergibt Harry den Umschlag und sieht dabei zu, wie sein Ehemann die Flugtickets auspackt.
„Karibik?", fragt Harry ungläubig und Louis nickt nur lächelnd. Harry wollte schon immer in die Karibik und jetzt würde er seinem Mann und seinen Kindern diesen Wunsch erfüllen. „Ich liebe dich", meint Harry und Louis weiß, dass es Harrys Art ist sich zu bedanken. Und wirklich, eine andere Art braucht Louis nicht. Von Harry zu hören, dass er ihn liebt, wird alles sein, was Louis jemals zum Leben brauchen wird.
Das, und Momente wie diesen. Momente, in denen es ganz egal war, was in den Tagen oder Wochen zuvor geschehen war. Wie wenig sie sich gesehen hatten, ob sie sich gestritten haben oder sich geliebt haben. Momente, in denen sie Hand in Hand vor dem Terrassenfenster stehen konnten und dem Schnee beim Fallen zusehen konnten. Fröhliches Kinderlachen im Raum und so viel Unbeschwertheit und Liebe, dass der Raum davon vollkommen ausgefüllt ist.
„Ich liebe dich, Love", flüstert Louis und gibt seinem Liebsten einen sanften Kuss. „Und ich liebe dich, mein Schatz", erwidert Harry die Worte und lehnt sich dann an seinen Mann. Ja, solche Momente sind es, für die sich das Warten lohnt. Und ehrlich, ein besseres Weihnachtsfest hat Harry noch nie erlebt. Alles was er braucht, damit es perfekt wird, sind seine Kinder und Louis. Und diese Liebe, die die kleine Familie in diesem Moment umgibt, ist nun wirklich die Definition eines Weihnachtszaubers.
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